Purojekuto Nebyura: Project Nebula von BassGS ================================================================================ Prolog: Prolog/ Prologue: Kälte/ Froidure ----------------------------------------- Es war still und stockfinster. Nicht ein Geräusch, welches wahrnehmbar war. Nichts. Nur Leere, Dunkelheit und Kälte. Nicht einmal ein kleines Licht, das den Raum erhellen würde. Nichts. Nur Leere, Dunkelheit und Kälte... Doch dann Stimmen, von ganz weit weg, nur dumpf erkennbar. „Los, mach fertig Makoto, der Boss wird langsam wütend, wenn wir ewig länger brauchen!“, sagte die eine zur anderen Stimme. Lange keine Antwort und wieder diese gähnende Stille... Dann: „Ich soll schneller machen?! Wer wollte ihr denn unbedingt das Geld abnehmen?!“, beschwerte sich die andere Person, mit erschöpfter Stimme. Die Stimmen wurden immer lauter und dann schien es als stünden sie direkt vor dem Raum. Plötzlich wurde das Licht eingeschaltet, der gesamte Raum erhellte, Gerede und auch ein schwaches Wimmern durchbrachen die Stille. Auf einmal hatte sich die ganze Atmosphäre geändert, keine Stille mehr und auch finster war es längst nicht mehr, doch eines sollte sich einfach nicht ändern, der Raum strahlte immer noch dieselbe Kälte wie vorher aus... Die beiden Personen, offensichtlich beides Männer, da ihre Stimmlage sehr tief war, hatten jemanden bei sich. Eine dritte Person, eine Frau um genau zu sein. Sie war am weinen, doch traute sie sich nicht ihren Gefühlen freien Lauf zulassen, sie unterdrückte ihre Tränen und damit schloss sie wohl schon fast ein stückweit mit der Situation ab. Überall hatte sie schlimme Blessuren und zudem war ihre Schuluniform überall mit Dreck bedeckt. Hinzukam dass sie sehr schwach und erschöpft war und ihre komplette Kleidung war von Nässe nur so durchtrieft, genau wie auch die der beiden männlichen Personen. Anscheinend regnete es draußen. Die männlichen Personen, die beide übrigens recht „stark“ gebaut waren, legten die Frau auf einem Tisch an der Seite ab, der nicht einmal größer war als die Frau selbst. Sie versuchte sich nicht zu wehren, da vorherige Versuche deutliche Misserfolge waren. Sie hatte sich nämlich schon zuvor, auf der Straße, versucht sich ihnen zu entreißen, doch waren jene Männer einfach schneller und so würde auch dieser Versuch nichts, dachte die Schülerin... „Arghhh, ehh...“, versuchte die Frau ihre Schmerzen, die sowohl physisch, als auch seelisch vorhanden waren, zu unterdrücken. „Ruhe! Sei still, du blöde Kuh!“, rief sofort einer der beiden Männer. Jener hatte neben zahlreichen Muskeln schwarze, kurze Haare und trug einen schwarzen Mantel, mit einer schwarzen Hose. «Was wollen sie von mir?!? Oh Gott, warum ich? Diese Schweine...», dachte die junge, gutaussehende Frau. „Hey Makoto, bring es mir, du weißt schon was, hahaha...!“, rief der Schwarzhaarige auf einmal seinem Kollegen zu. „Ahh, dann können wir also endlich anfangen? Alles klar, Hidetoshi. Und das wo sie doch so ein hübsches Mädchen ist. Ha! Hey du blöde Kuh, dann bringen wir das wohl mal schnell hinter uns, was? Keine Sorge, wird auch gar nicht wehtun!“, erwiderte Makoto. «?!? Was wollen sie? Diese widerwärtigen Schweine...», dachte das Mädchen, als sie in noch größeren Tränen ausbrach. Auf einmal kamen Hidetoshi und Makoto auf sie zu. „Los, zieh sie aus Makoto!“, sagte Hidetoshi. „Hai!“ - Makoto ging, mit schnellen Schritten, zu ihr hin und zog sie aus. Plötzlich schien alles so klar, das Mädchen wusste was diese Typen wollten. «Kranke Mistkerle», dachte sie, aber ihr fiel etwas auf, « dann heißt das, dass sie mich töten werden, oder?!» Ihr Atem stockte. Hidetoshi eilte Makoto zur Hilfe, in seiner linken Hand den Gegenstand, den er von Makoto bekommen hatte, haltend. Es war eine Pistole, aber irgendwie sah sie sehr merkwürdig aus. Als das Mädchen diese bemerkte, war sie sich hundertprozentig sicher, sie hatte nicht mehr lange zuleben, «aber wieso töten diese Schweine mich nicht einfach sofort?!?», dachte sie...Sie weinte... Geschwächt sah sie ihren Tätern ins Gesicht, Träne für Träne an ihren Wangen hinunterlaufend. „Sayonara!“, sagte Hidetoshi und zielte mit der Pistole auf sie. Verstummt und irgendwie wie paralysiert konnte sie ihren Blick nicht vom Lauf abwenden. Die Angst stand ihr ins Gesicht geschrieben, aber irgendetwas war merkwürdig. Ihre Mimik war plötzlich total verschwunden, als hätte sie noch nie in ihrem Leben auch nur irgendeinen Gesichtsmuskel bewegt. Alles völlig emotionslos, eben wie erstarrt. Vielleicht durch die Kälte, die von diesem Raum ausging? Eines hatte sich nämlich immer noch nicht geändert, der Raum strahlte eine enorme Kälte aus und es fühlte sich fast so an, als würde es sogar immer kälter. Es war fast so, als würde sie dem Teufel ins Gesicht schauen... ... ... Plötzlich hallte ein Schuss durch den Raum, der auch prompt als Echo zurückkam, und ein Licht blitzte auf. Keine Stille und keine Finsternis mehr, noch immer nur diese schaurige Kälte... ---------------------------------------------------------------------------------Begriffserklärungen: - Sayônara= jap. „Auf Wiedersehen“ (im Kontext ähnlich wie «abayo»); «abayo»= ungefähr: „Auf Nimmer Wiedersehen!“ -hai= jap. „ja“ hier: jawohl *NOTE* ô=ou Kapitel 1: Chapter 1/ Chapitre 1: Ein folgerschwerer Entschluss/ Un décision très grave --------------------------------------------------------------------------------------- Chapter 1/ Chapitre 1: Ein folgenschwerer Entschluss/Un décision très grave 07. Juni, Dienstag Tôkyô, Kantô-Region, High School, 11:55 Uhr „Also, weiß wirklich keiner die Antwort? Also kommt schon Leute, das ist doch wirklich nicht so schwierig... Schön, wie ihr wollt, also...“ Das Gerede wurde leiser, zumindest für zwei der beiden Schüler. „Pssst...Yamada-san... pssst...“, flüsterte eine Stimme. „Huh? Ich? Wer...? Ahh Moment mal, Kusaki-chan, stimmt’s?“, erwiderte eine freundlich und wohlbesonnene Stimme. „Ja, genau. Man du kannst dir ja gut Namen merken, und das wo wir uns noch gar nicht richtig kennen.“, antwortete eine junge, weibliche Stimme. „Du bist aber auch nicht schlecht“, musste Yamada-san lachen. „Was ist denn eigentlich, Kusaki-chan?“, fügte er hinzu. „Langweilig, nicht?“, sagte sie und lächelte den jungen Schüler freundlich an. Er erwiderte ihren Blick und schaute ihr in die Augen. Plötzlich mussten bei ganz stark lachen, sie konnten sich einfach nicht zurückhalten. „Hmm-mhm...Wie ich sehe haben sie beide ja wirklichen Spaß, aber ich muss sie bitten still zu sein. Tun sie lieber was für ihre Noten, auch wenn das Schuljahr gerade erst angefangen hat.“, mahnte der Professor, der vorne am Lehrerpult stand. Yamada-san und Kusaki-chan schauten sich erneut an, beide mit einem breiten Grinsen im Gesicht, bis sie schließlich erneut durch den Prof. unterbrochen wurden. „Schön, Yamada-san, sofort die Aufgabe lösen!“ „Hai!“ Yamada-san stand auf und begann vorzurechnen. „Wenn man von f(x) die Ableitung bildet, braucht man sie nur gleich null setzen und erhält die möglichen Extremstellen. Anschließend prüft man dies noch durch die Hauptbedingung. Erfüllt die Funktion beide Kriterien, rechnet man noch die Punkte aus, Nakashima-sensei!“, antwortete er eifrig und voller Ehrgeiz. „Ausgezeichnet, Yamada-san. Wenn sie jetzt noch weniger reden würden, könnten wir beide gute Freunde werden.“, meinte der Lehrer, der kurz in Lachen ausbrach und anschließend das nächste „Opfer“ gefunden hatte... „Und Inoue-san, wie berechnet man diese Punkte...?“ Yamada-san hatte sich wieder gesetzt und drehte sich erneut zu dem hübschen Mädchen um, welches hinter ihm saß. Wieder fingen beide an zu grinsen. „Din-don-don“, ertönte es und dieser ohrenbetäubende Ton beendete den Unterricht. Es war sehr schön, die Sonne schien und man konnte höchstens vereinzelte Windchen hören, die der Atmosphäre aber keineswegs schadeten, ganz im Gegenteil. Alles wirkte dadurch, und dass viele schöne Sakurablätter auf den Boden fielen, um einiges lebendiger. Yamada-san holte sich einen Happen Essen an der schulinternen Mesa und wollte sich gerade setzen als plötzlich jemand hinter ihm herrief. „Matte!!“ Die Person lief zu ihm hin. „Man, du bist ganz schön schwerhörig.“ Es war das Mädchen von vorher, auch sie hatte sich Essen geholt. „Echt? Oh, tut mir Leid, aber...“, begann Yamada-san, wurde aber prompt unterbrochen. „Ich bin Kusaki Sayuri. Aber du darfst mich auch einfach Sayuri nennen. Kusaki geschrieben mit den Kanji für Gras und Baum. Freut mich dich ‚richtig’ kennen zulernen“, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht. Yamada-san’s Mundwinkel zogen nach oben und auch er lächelte und verriet seinen Namen. „Ich bin Yamada Isamu. Yamada mit den Kanji für Berg und Feld. Freut mich DICH kennen zulernen, Sayuri.“ „Komm setzen wir uns, Isamu-san. Ist dir doch recht, wenn ich dich so nenne, oder?“, fragte Sayuri. „Selbstverständlich, Sayuri-chan.“, entgegnete er. „Draußen ist es echt schön, diese Wärme, das Zwitschern der Vögel, die Sakurablüten. Ich mag den Sommer.“ „Du hast vollkommen Recht, Sayuri-chan. Weißt du was ich am tollsten finde?“ „Mädchen im Bikini?“, scherzte Sayuri mit zur Seite geneigtem Kopf und einem Schmunzeln im Gesicht, das sie sich einfach nicht verkneifen konnte. „Ehhh...!? Wofür hältst du mich?? So einer bin ich nicht...“ „Hihi, war doch nur ein Scherz, du Dummerchen.“ „Hey, das ist nicht fair, so dumm bin ich doch gar nicht, Sayuri-chan!“ „War doch nicht so gemeint. Stell dich nicht so an, Isamu...“ Sayuri lachte und fuhr fort. „Ganz im Gegenteil, ich hab schon viel vom Schulbesten gehört. Das du `nen 1,0 Durchschnitt hast hätte ich jetzt irgendwie nicht von dir erwartet.“ „Sigh, komisch, aber irgendwie hör ich das oft.“ „Ach, komm Isamu, liegt wahrscheinlich daran, dass du soviel laberst. Hihihi.“ „Öhh, vielleicht. Naja, lassen wir das.“ Isamu musste lachen, Sayuri schloss sich an. „Also, Sayuri-chan, du bist neu an dieser Schule, was? Ich hoffe doch es gefällt dir hier.“ „Und ob, meine alte Schule war... ach egal, sie war blöd. Aber diese Schule, und dann gleich solche coolen Typen wie du.“ Wieder fing das braunhaarige Mädchen, mit den wunderschönen braunen Augen an zu lachen. Ihre Augen strahlten eine unglaubliche Stärke aus, in ihrem Blick konnte man Willensstärke und Entschlossenheit erkennen. Isamu gefielen diese mysteriösen Augen. Er selbst hatte blau-graue Augen und dunkelbraune Haare, mit einem etwas durcheinander gewuschelten Scheitel. Gerade als Isamu antworten wollte, rief jemand: „OOI, ISAMU-SAN!!!“ „Ehh...“, wurde Isamu gerade unterbrochen, er drehte sich um und sah Akusuru-senpai und Inura-kun. „Uhyaa, Isamu-san, was machst’n du hier? Ohh, bist du die neue, Sayuri-san?“, fragte der etwas kleingeratene Inura. Seine Größe störte ihn aber noch nie, im Gegenteil, er fand es sogar besser so. Inura galt als Mädchenschwarm, doch musste er sie bisher alle enttäuschen, er hatte nämlich einen Freund namens Raiko. Beide waren schon seit Beginn der Mittelstufe glücklich ineinander verliebt. Dabei sah er doch so süß aus mit seiner unwiderstehlichen Haar-Augen-Kombination, braun-braun, wie die Mädchen fanden... Neben ihm stand Isamu’s bester Freund, Akusuru. Akusuru war im Prinzip genau das Gegenteil von Inura, er war sportlich, still und sehr oft traurig. Nach einem Autounfall, bei dem seine Mutter und sein Vater ums Leben kamen und er eine schwere, sichtbare Narbe am linken Auge davontrug, scheute er soziale Kontakte mit Wildfremden. Umso wichtiger waren ihm seine beiden Freunde Isamu und Inura, die er schon seit der Grundschule kannte. Er brachte Sayuri gegenüber nur ein schüchternes „Hi...“ hervor. „Freut mich euch beide kennenzulernen und richtig, ich bin Sayuri. Darf ich denn auch fragen, wie ihr heißt?“ „Natürlich, ich bin Inura und der stille Mann neben mir hier ist Akusuru.“ „Hmm? Lass das Inura, nenn mich nicht dauernd stillen Mann!“ „Uhh, wieso das denn auf einmal? Vorher...“, doch Isamu unterbrach. „Er hat recht Inura, stiller Mann hört sich ja nun wirklich beschissen an...“ „Nandeeee?! Du auch noch Isamu-san? Eeeee...“, fragte Inura, mit gesenktem Kopf. „Seid gefälligst nicht so kindisch, Sayuri-chan ist immer noch hier, schon vergessen?“, merkte Yamada an. „Nein, nein nicht schlimm Isamu, sie sind doch lustig“, fügte Kusaki-chan hinzu, wieder einmal mit einem fröhlichen Grinsen. „Aber...“, stöhnte Isamu. „Hey wieso denn so ernst, Yamada-san? Sind wir dir etwa peinlich? AH! Jetzt weiß ich, du kleiner Schlingel, du!“, stellte Inura fest. „Hä? Wovon redest du da Inura-kun?“ „Ach komm, zwischen euch läuft doch was, stimmt’s? Komm schon, wir sind doch deine Kumpels.“ „W-Was?! N-Nein!! Wie zur Hölle kommst du darauf ?“ „Hallo?! Hört mal auf, ihr BEIDE seid peinlich! Komm schon Inura-kun, lass ihn. Wenn er wollte, würde er es uns erzählen.“, mischte sich Akusuru ein. „Wie du bist auf seiner Seite Akusuru-senpai?“, fragte Inura, der erstaunt war, dass Akusuru seinen Mund aufgemacht hatte. „Na Gott sei Dank. Danke Akusuru... Hey Moment mal, was soll das heißen, ich würde es euch erzählen?! Ich hab es euch doch gesagt, da läuft nichts, stimmt‘s Sayuri-chan?“, schrie der aufgebrachte Superschüler schon beinahe. „Doch, doch, ihr habt recht Jungs.“, meinte Sayuri. „Naniiiiii?! Wieso sagst du so was, Sayuri-chan?“, rätselte Yamada. Dann schellte es zum ersten Mal, ein lauter, tiefer Ton kam aus dem Gong, der signalisierte, dass die Pause zu Ende war und die Schüler wieder in ihre Klassenzimmer zurück mussten. Das Gerede der Schüler wurde immer weniger, da die meisten sich zu ihren Räumen aufmachten. Die verbliebenden waren nun besser zu hören, genauso wie der Wind, der draußen auf dem sonnigen Schulhof schwach wehte. „Naja, lassen wir das. Komm schon, Isamu, du musst doch zum Student Council! Bis später, Sayuri-chan. Sehr erfreut, hoffentlich sieht man sich bald wieder. Akusuru, komm.“ Auch Akusuru verabschiedete sich von den beiden und zusammen schlenderten er und Inura in Richtung Nikai, zu den Naturwissenschaftsräumen. Zurückblieben also Sayuri und Isamu. Es schellte erneut und damit war die Pause offiziell beendet. „Tut mir leid, Sayuri, die beiden sind etwas komisch, aber wenn man sie besser kennt sind sie echt coole Typen. Und dass unser Gespräch so abrupt beendet wurde tut mir auch leid, aber das holen wir auf jeden Fall nach, ja? Bitte verzeih, aber ich muss jetzt wirklich los zum Student Council. Ist echt ziemlich wichtig.“, sagte er, als würde es ihm nicht gefallen das Gespräch beenden zu müssen. „Kein Problem, komm ja selber zu spät und dann auch noch am ersten Schultag.“, seufzte sie. „Bis später.“ „Okay, bis nachher auf der Konferenz des Direktors. Mata ne!“ Isamu lief in Richtung des Konferenzraumes des Student Council, der gegenüber vom Nikai war. Sayuri blieb stehen und dachte noch ein wenig nach. Student Council also? „Hmm, cooler Typ und überhaupt, diese Schule ist toll.“ Dann machte auch sie sich auf den Weg. Als Isamu den Konferenzraum betrat, sahen ihn alle sofort verärgert an. „Aha, der Herr ist auch endlich mal da. Na dann können wir ja endlich anfangen...“, seufzte der Vorsitzende. Isamu, dem das Ganze etwas peinlich war, setzte sich. Normalerweise war er doch immer derjenige, der zuerst hier war. Der Student Council fing langsam, aber zielstrebig an das Programm durchzugehen und brachte diese ganze Chose bereitwillig hinter sich. Ihre Aufgabe bestand darin, jetzt wo das neue Schuljahr angefangen hatte, Schulbeschlüsse zu prüfen, Wünschen der Mitschüler nachzukommen und so weiter und so fort. Im Prinzip waren sie also das politische Gebilde der High School, so wie ein Parlament. Normalerweise hätte das Schuljahr schon im April angefangen, aber aufgrund mysteriöser Vorfälle in Tôkyô hatte sich der Beginn um zwei Monate verschoben. Natürlich war dies nicht so einfach, doch der Zeitplan der High School war zu dem Zeitpunkt günstig angesetzt. Die Schülervertreter sprachen über viele Sache, eine mögliche Renovierung der Schule, die Ausbauung des Unterrichts um mehr Fächer, dem Bauen einer größeren Turnhalle und noch über vieles andere mehr. Sie kamen in den meisten Fällen aber nicht zu einer Einigung. Das war Grund Nummer eins, Grund zwei war, dass einfach das Geld nicht vorhanden war, um so viele neue Sachen zu finanzieren. Desweiteren sprachen sie über den Vortrag des Direktors der nachher stattfinden sollte, so wie zu jedem Beginn eines neuen Schuljahres. Vermutlich würde er einfach nur wieder über belanglose Dinge labern und dass sich die Schüler anstrengen sollten, aber ehrlich gesagt interessierte das eh keinen, wahrscheinlich nicht einmal den alten, mürrischen Direktor selbst. Dann kamen sie zur letzten Tagesordnung... „Okay“, sagte der selbe Typ, der vorher Yamada-san runtergemacht hatte. „Als letztes auf der Tagesordnung steht...“ Und er suchte den Punkt auf seinen vielen Notizen. „Ah, da steht, beziehungsweise stehen die mysteriösen Vorfälle der letzten Monate. Irgendeiner der nicht Bescheid weiß?“, fragte er anschließend. In der Zwischenzeit machte ein Mädchen die Fenster auf, damit die Wärme aus dem Raum „fliehen“ konnte, und damit es nicht mehr so stickig sein würde. Draußen zwitscherten immer noch Vögel, doch hatte sich der Himmel nach bereits zwei Stunden Konferenz zusammengezogen und es sah so aus, als würde es gleich anfangen zu regnen. Sie setzte sich im Anschluss wieder. „Keiner, na gut, dann-“, doch er wurde unterbrochen. „Ich, Nakayama-senpai!“, rief ein Schüler dazwischen. „Also gut, dann werde ich euch die gesamte Situation noch mal erklären. Matsuhiro-kun, würdest du mir bitte `nen Kaffee bringen?“ „Hai!“ Und während dieser den Kaffee holte, erzählte Nakayama schon weiter. „Minna! Es ist so, dass in den letzten Monaten mysteriöse Taten geschehen und damit meine ich Verbrechen! Irgend so ein kranker Serienmörder entführt Leute und bringt sie dann vermutlich um, allerdings ist das nur eine Vermutung, denn bisher wurden noch keine Leichen gefunden. ABER, die Opfer wurden auch nicht wieder gefunden, es fehlt weit und breit jede Spur von ihnen und das, wo doch insgesamt schon 27 Personen vermisst werden. Das Ganze geht jetzt schon knapp zwei Monate so, weshalb wir nicht mit einem Einzeltäter rechnen sollten, sondern mit einer Organisation.“ Matsuhiro-kun betrat erneut den Raum, in seiner linken Hand den Kaffee, in der anderen einen kleinen Snack, den er sich offenbar mitgebracht hatte. Er stellte den Kaffee vor Nakayama auf den Tisch ab, ging dann zu seinem Platz und setzte sich. Nakayama, der nach der Kaffeetasse griff und ein, zwei Schlücke nahm, ihn danach wieder abstellte, wollte fortfahren, als sich gerade ein Konferenzmitglied meldete. „Chotto. Nakayama-san, gerade hast du doch noch von EINEM Serienmörder gesprochen und jetzt soll das auf einmal ’ne ganze Organisation sein?!“ „Richtig, Tetsu-san. Eine Organisation!“, erwiderte Nakayama. „Das meinst du doch nicht ernst, oder? Wie sollte den eine Organisation so viele Menschen umbringen, ihre Leichen dann so verscharren, dass sie keiner findet und dabei unentdeckt von der Polizei bleiben? Das ist praktisch unmöglich, Nakayama-san. Nach den Vorfällen von vor einigen Jahren, bei den so viele Straftäter, egal ob Vergewaltiger oder Mörder, und auch Polizisten umgekommen sind, hat die Polizei von Tôkyô die Sicherheitsmaßnahmen deutlich verstärkt (*). Es heißt sogar das Interpol hier Leute zur zusätzlichen Verstärkung hat. Die Polizei geht jetzt heftiger gegen Verbrecher vor, es ist unmöglich bei solchen „Taten“ in einer Organisation unentdeckt zu bleiben. Die Polizei steht einem ja fast schon auf den Füßen.“ „BAKA NA! Glaubst du das wirklich, Tetsu-san? Es gibt immer einen Weg das Gesetz auch nur im Geringsten zu verletzen! Nach den Vorfällen vor einigen Jahren wurde die Polizei zwar auf eine höhere Alarmstufe gesetzt, aber nur vorübergehend! Oder glaubst du das zieht die Polizei durch?! Glaubst du die lassen hier überall ’nen Polizisten stehen, damit gar nichts passiert?! Vollkommener Schwachsinn! So was kann man gar nicht organisieren! Und Interpol? Das ich nicht lache, die haben sowieso schon genug am Hals, da werden die hier Leute haben, um sich um die Kleinkriminellen zu kümmern. Die haben Fälle von richtigen Kalibern, die interessiert es nicht ob hier einer überfallen wird oder nicht! Eine Organisation hat wahrscheinlich sogar weniger Schwierigkeiten aufzufallen, da sie alles planen und sich gegenseitig unterstützen können. Oder glaubst etwa diese Entführungen sind allesamt erstunken und erlogen?!“, schrie Nakayama beinahe durch die ganze Schule. In seinen Augen brannte es lichterloh. „I...iie...“, sagte Tetsu-san, dem die ganze Situation sichtlich unangenehm war. „Also...“ Nakayama pausierte kurz. „Wie ich schon sagte, wir müssen von einer Organisation ausgehen, aber ich habe weder eine Ahnung wer das sein könnte, noch was ihr Motiv sein könnte. Vielleicht eine Sekte? Chigau... Es müssen Leute sein, die nach außen hin ein normales Leben führen und wenn es Zeit wird, zu regelrechten Bestien werden. Ich weiß es nicht, doch eines steht fest, ich, nein, wir müssen als Student Council etwas unternehmen! Das verlangt die Gerechtigkeit! Es geht hier ja auch immerhin um potenzielle, zukünftige Opfer aus unserer Schule. Wir müssen etwas unternehmen, ich ertrage es nicht tatenlos mit anzusehen, wie jeden Tag immer neue Menschen entführt werden! Und da die Polizei irgendwie nicht viel unternimmt, müssen wir das machen! Ich als Vorsitzender des Student Council frage euch alle: Seid ihr damit einverstanden? Seid ihr damit einverstanden diesen widerwärtigen Unmenschen den Garaus zumachen?! Seid ihr damit einverstanden euer Leben unter Umständen zu riskieren?! Wer mir helfen will, der bleibt bitte hier, alle anderen möchte ich bitten zu gehen, das ist eh der letzte Punkt auf der Tagesordnung. Also wie sieht es aus, Leute?“ Alle Anwesenden waren erschüttert und verwirrt. Manche dachten, Nakayama hätte sich in die ganze Angelegenheit vielleicht zu stark hineingesteigert, andere wiederum gaben ihm vollkommen Recht. Jeder der zehn Schülervertreter machte sich Gedanken. Es fiel nicht leicht so viele schlimme Verbrechen hinzunehmen, aber deshalb gleich sein eigenes Leben aufs Spiel setzen? Vielleicht sollte man das lieber den Behörden überlassen, obwohl die ja nicht einmal richtig bemüht waren die Täter zu finden. Sie gaben nur den Anschein als wollten sie den Fall aufklären, doch in Wirklichkeit hatten selbst die Beamten Panik etwas zu unternehmen... Passend zu der recht unangenehmen Entscheidung, die bevorstand, hatte es dann tatsächlich angefangen zu regnen. Die Straßen waren menschenleer und der Regen prasselte auf den bereits ohnehin vollkommen unter Wasser stehenden Boden. Nicht ein Geräusch war wahrzunehmen, ja es schien fast so, als sei nicht eine einzige Person draußen unterwegs. Und auch wenn die High School etwas abgelegen, am Rand der Stadt lag, so war es doch verwunderlich, dass noch nicht einmal Motorgeräusche von Fahrzeugen hörbar waren. Nur der Wind, der immer heftiger umher schlug und natürlich der Regen, der fast proportional zum Wind selber an Heftigkeit zunahm. Plötzlich kroch eine unangenehme Kälte durchs Fenster und jagte jedem Schüler einen Schauer über den Rücken. Während draußen also der Regen pausenlos die Oberflächenspannung der Pfützen durchbrach, schienen die meisten so, als hätten sie einen Beschluss gefasst... „Also, habt ihr euch endlich entschieden?“, fragte Nakayama, der sich offenbar etwas abreagiert hatte. Nach und nach gingen seine Kolleginnen und Kollegen zu ihm hin und entschuldigten sich bei ihm, aber sie hatten einfach keine Lust ihr Leben zu riskieren, zumal sie nur Student Council waren und keine ausgebildete Polizeitruppe. Insgeheim dachte Nakayama daran, was für Feiglinge diese Leute doch waren. Mit den Worten „Hey sorry, Alter, aber ich hab einfach keinen Bock mich von so ’nem Psycho umbringen zu lassen.“, verabschiedete sich auch der Letzte. „Heh, was für Feiglinge, wegen solchen Einstellungen kommt es erst zu so was.“, grummelte Nakayama. Sichtlich betrübt sah er sich um, vielleicht war ja doch noch jemand geblieben und tatsächlich! Mitten im Raum stand Isamu zusammen mit Matsuhiro. Beinahe sicher, dass auch sie verschwinden wollten, fragte Nakayama, ob sie nicht gehen wollten. Sie nickten... seitwärts. „Eeee, ihr wollt mir echt helfen? Ausgerechnet du Isamu-kun, wo ich dich doch zum Anfang so dumm angemacht hab?“, fragte der verwunderte Vorsitzende des Student Council. Diesmal nickten beide und Isamu begegnete ihm. „Ach, komm schon, kein Problem. Ich sehe ja, dass dich die Sache hier verärgert und ich war ja wirklich zu spät. Also mach dir mal keine Gedanken über so was, lasst uns lieber besprechen, wie wir weiter vorgehen werden.“ „Gut. Doch zuerst möchte ich euch beiden danken. Dômo arigatô gozaimasu! Also, damit wir irgendwas unternehmen können, brauchen wir zuerst Informationen. Informationen über Zeitpunkt der Tat, über die Opfer, deren Familien und so weiter. Die Frage ist bloß, wie wir an solche Infos kommen. Ich glaube kaum, dass irgendjemand einem Wildfremden Auskunft über seine Bekannten, geschweige denn einem verstorbenen Familienmitglied herausgibt. Aber es muss doch eine Möglichkeit geben.“, stellte Nakayama, dessen Vorname übrigens Yoshio lautete, fest. «Denk nach, denk nach Yoshio....», dachte er. Plötzlich meldete sich Isamu zu Wort. „Hey, mein Vater ist doch Oberinspektor bei der Polizei. Vielleicht kann ich ihn ja mal fragen. Das ist doch eine gute Idee, findet ihr nicht?“ „Ja.“, sagten Matsuhiro und Yoshio, denen beiden ein Stein vom Herzen fiel. „Okay, aber wie gehen wir dann weiter vor und was wenn er nichts weiß?“, bemerkte Matsuhiro. Alle drei schienen ratlos, doch schnell machte Isamu einen weiteren Vorschlag. „Passt auf, ich gehe tôsan fragen, ob er irgendetwas weiß, während ihr beide euch einfach mal in der Schule und den Medien umhört. Und einer sollte auch gucken, ob irgendeine Verbindung zwischen diesem Kira* von damals besteht. Gut möglich, dass er einen Nachahmer, beziehungsweise einen Verehrer gefunden hat.“ „Ausgezeichnet! So machen wir das, wenn auch du damit einverstanden bist, Matsuhiro.“ „Ja klar!“, erwiderte dieser und fügte anschließend noch „Yoshio und ich werden uns, wie du’s gesagt hast hier in der Nähe mal genauer umhören. Du, Isamu, frag deinen Vater und dann kommen wir einfach in zwei Tagen wieder hier zusammen.“ „Einverstanden. Aber, zum letzten Mal, jeder von uns muss sich über die möglichen Konsequenzen im Klaren sein. Wir könnten hierbei ums Leben kommen. Seid ihr gewillt davon abzusehen?“, wollte Yamada-san wissen. Yoshio und Matsuhiro nickten und riefen: „Jawohl! Für die Gerechtigkeit!“ „Für die Gerechtigkeit! Gut, dann sollten wir an die Arbeit gehen. Wir treffen uns hier wieder in zwei Tagen um die selbe Uhrzeit, verstanden? Wir sollten außerdem in Kontakt bleiben, um die jeweils anderen über mögliche Erfolge informieren zu können. Bei potenzieller Gefahr heißt es unverzüglich flüchten. Ach und erzählt niemanden über unseren kleinen Trupp hier, ja? Wir sind lediglich Student Council Mitglieder und tun das hier im Geheimen aus eigenem Antrieb. Zudem ist klar, dass wir jetzt nicht mehr zu der Rede des Direktors gehen. Gibt es noch Fragen?“, antwortete Isamu. „Hö, Glück gehabt, dann brauch ich mir den alten Sack nicht schon wieder reinziehen. Der labert jedes Mal dasselbe. Macht dies, macht das, beinahe so, als wär der nur `ne Statue und die Lehrer würden gleichzeitig `n Tonband abspielen... Ach und ich finde wir bräuchten noch `nen Namen. Meint ihr nicht?“, fragte Matsuhiro. „Gute Idee“, stimmte Yoshio zu. „Aber was für einen?“ „Wie wär’s mit SCIF(*)?“, fragte Yamada. „Und wofür soll das stehen?“, wollte Matsuhiro wissen. „Student Council Investigation Force.“, kam sogleich die Antwort. „Da auch das jetzt geklärt ist, sollten wir noch einen Anführer bestimmen. Ich bin für dich, Yamada-san.“ „Ich? Aber du hattest doch die Idee, Nakayama-senpai...“ Gerade, als sie Isamu zum neuen Anführer machen wollten, stieß ein heftiger Windstoss in den Raum der Eiseskälte mit sich brachte. Plötzlich, fast zeitgleich zum Windstoss, öffnete sich die Tür. Es war ein Schüler, sichtlich mitgenommen und aus der Puste. Anscheinend war er zu ihnen gesprintet. Auf die Frage von Yoshio, was los sei, sagte er: „Ihr wisst doch von den Verbrechen in letzter Zeit, stimmt’s?“ „Ja und?“, rätselte Nakayama-senpai. Es wurde kälter. „Mami-chan’s Eltern haben offenbar eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Mami-chan wurde verschleppt!!“ Jetzt war es eiskalt. Nicht still, nicht dunkel, sondern eiskalt. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------ -ooi= jap. „hey“ // -nikai= jap. „2. Etage“ // Akusuru-gespr. „Axel“ // nani= jap. „was“ // nande= jap. „warum“ -senpai (gespr. sempai)=Mitschüler in höherer Klasse -kun= ca. Gegenteil von senpai; ein senpai sagt zu einem Mitschüler, der Klassen unter ihm ist –kun -mata ne= jap. „bis dann“ // -chotto= jap. ungef. „Moment; Augenblick“; hier Kritikeinwand *Anspielung auf Death Note(Tsugumi Ohba): gemeint ist hier der „Vorfall Kira“ -baka na= jap. „idiotisch“, hier: unglaublich o.D. -iie= jap. „nein“ // chigau= jap. „nein“ (sehr entschlossen und aussagekräftig) -dômo arigatô gozaimasu= jap. „danke“ (sehr höfl.) -tôsan von otôsan= jap. „Vater“ Kira= Charakter aus Death Note(s.o.); *DEATH NOTE SPOILER AHEAD* =“()/§()/(&/(%&/(%!/(%/&“%/&%§ Kira=//()/))=& Yagami Light /&%/ =“()/§()/(&/(%&/(%!/(%/&“%/&%§ *DEATH NOTE SPOILER END* *SCIF= engl. Aussprache à „ Ess Si Ei Eff“ = Student Council Investigation Force; in etwa „Untersuchungstrupp des Schülerkonzils“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)