Vampire von abgemeldet (sie sind unter uns) ================================================================================ Kapitel 1: Karen ---------------- Martin schreckte zusammen, als der Wind das nur angekippte Fenster klappern ließ und ein eisig kalter Luftzug das kleine Büro durchflutete. Schon seit dem ersten Leichenfund dieser brutalen Mordserie war er hypernervös und erschrak praktisch vor seinem eigenen Schatten. Was vielleicht aber auch an den grausigen Alpträumen liegen konnte, die ihn fast jede Nacht schlagartig und desorientiert aufwachen ließen und ihn so um seinen wohlverdienten Schlaf brachten. Martin zog noch einmal an seiner Zigarette, dann drückte er sie aus. „Warum tut jemand so etwas?“ flüsterte er zu sich selbst. Seine Augen blickten mit Abscheu auf die Aufnahmen des Tatortes in seinen Händen. Es war schon der Achte, innerhalb der letzten drei Wochen und trotzdem waren die Bilder eigentlich vollkommen überflüssig. Zu deutlich waren die eigenen Eindrücke in seinem Kopf festgebrannt. Er hatte die Schreie der Opfer förmlich hören und ihre Todesangst spüren können, als sie zu dem ersten Tatort gerufen worden waren. Der Mörder, wenn es nicht sogar mehrere waren, hatte sich nicht darauf beschränkt einen Menschen zu entführen und sein Leben zu beenden. Nein, an jedem Tatort hatte sie vier teils verweste Leichen gefunden, die in starren, absolut unmöglichen Körperhaltungen auf dem unsauberen Fußboden lagen. Bisher hatte man mit bloßem Auge nur kleinere Verletzungen und Knochenbrüche, bei keinem der Opfer aber eine direkte Todesursache bestimmten können. Einzig die Obduktion hatte gezeigt woran sie gestorben waren: ihre Körper waren ausgetrocknet, ohne jede Spur Blut oder anderen Körperflüssigkeiten. Die Haut dieser bedauernswerten Kreaturen war rau und trocken wie Pergamentpapier und ebenso empfindlich. Die Spurensicherung hatte sich schwer getan die Opfer und den Tatort zu untersuchen, denn die Leichen bröckelten ihnen geradezu unter den Fingern weg. Der Pathologe Dr. Anders, den Martin schon seit Jahren kannte und der bei dem ungewöhnlichen Anblick in einen Zustand aus Erschrockenheit und ehrlicher Faszination gefallen war, hatte ihm bestätigt dass die Toten innerhalb kürzester Zeit regelrecht vertrocknet sind. Und das ihm keine Methode bekannt war, bei der dieser Effekt erreicht werden konnte. Es sei den man hätte sie in der Wüste ausgesetzt. Auf den Aufnahmen, die erst ein paar Sunden alt waren, gab es allerdings eine bedeutende Veränderung im Verhalten des Mörders, die dem armen Mann der das alte Lagerhaus geöffnet hatte, fast einen Herzstillstand beschert hatte. Neben zwei halb bekleideten Männern, die auf dem verdreckten Holzboden, mit seltsam abgewinkelten Gliedmaßen lagen - die wie schon bei den vorherigen Tatorten auf einige Knochenbrüche schließen ließen-, gab es noch eine dritte Leiche. Eine junge Frau, deren mit blonden Haaren umrahmter Kopf auf einer ungeschickt zusammen gezimmerten Holztruhe thronte und mit leeren glasigen Augen dem Mann entgegenstarrte, als er ahnungslos das große Tor öffnete um der Ursache des bestialischem Gestankes auf den Grund zu gehen. Ihren Körper fanden sie später weiter hinten im Dunkeln, übersäht mit groben Schnittwunden aus den Fleischfetzen herausgerissen worden waren. Aber das Seltsamste, das sich unter diesem schrecklichen und abstoßenden Bild verbarg war, das sich nirgendwo, an keinem der acht Tatorte, auch nur ein Tropfen Blut befand. Nicht bei den Leichen die schon halb verwest waren, nicht bei denen die durch furchtbare Schnitt- und Risswunden zerfetzt wurden. Ja, nicht einmal bei der jungen Toten, der ihr Kopf vom Körper getrennt worden war. An den Wundrändern an ihrem Hals war eindeutig zu erkennen, das die Enthauptung nicht mit einem scharfen Gegenstand wie etwas einer Axt durchgeführt worden war, sondern durch eine schier riesige Gewalteinwirkung praktisch herab gerissen worden war.„Was hat dort stattgefunden?“ sprach Martin, jetzt lauter, in den Raum hinein. Die Tür des Büros wurde knarrend geöffnet und der Geruch von frischem Kaffee stieg Martin in die Nase. Er drehte sich zu seinem Kollegen Robert herum, der mit zwei dampfenden Tassen in den Händen weiter in den Raum trat. "Na wusste ich doch, das du noch hier bist." Robert trat zu ihm an den mit Akten voll beladenen Schreibtisch und reichte ihm eine Tasse. Sein Blick fiel auf die Aufnahmen. "Schrecklich" Martin nickte stumm. "Wo ist Karen?", erkundigte er sich nach kurzem Schweigen, mehr um sich abzulenken, als aus echtem Interesse. "Ich hab sie nach Hause geschickt." Ein tiefes Grinsen überzog Roberts Gesicht. "Wolltest du vielleicht mit ihr gehen?" Es war ein unausgesprochenes Geheimnis, dass Martin schon seit einer kleinen Ewigkeit hinter Roberts Partnerin aus der Kriminalabteilung her war. Im Grunde wusste es auch Karen aber irgendwie hatten sie es bisher nie geschafft miteinander auszugehen. Martin seufzte genervt. Seit ihm dieses kleine pikante Detail auf einer Betriebsfeier durch reichlich Alkohol entlockt worden war, ließen seine lieben Kollegen keine Möglichkeit aus um ihn damit aufzuziehen. Er überging die Bemerkung wortlos und nahm einen großen Schluck Kaffee. Das heiße und stärkende Getränk rann durch seine Kehle. Roberts Handy klingelte. Mühsam zog der Mann, der etwas kleiner als Martin – und deutlich jünger- war, aus der Hosentasche und klappte es auf. "Na kuck mal, wenn mal vom Teufel spricht." Er grinste Martin unverschämt an. "Aber offensichtlich hat sie Sehnsucht nach mir, und nicht nach dir." Mit einer flinken Bewegung öffnete er die eingegangene SMS. Überrascht runzelte er die Stirn. "Hm? Karen hat mir eine leere SMS geschickt." Martin erhob sich und blickte ebenfalls auf das Handy. Es war eindeutig Karens Nummer. Sein Herz machte einen Aussetzer. "Oh verdammt. Das ist ein Notrufzeichen." Martin riss seinen Mantel an sich und stürmte schon zur Tür, bevor Robert überhaupt begriffen hatte worum es geht."Nun komm schon!" Wenige Minuten später saßen beide bereits im Auto und Martin wählte Karens Nummer, bekam aber immer nur die gleiche Mitteilung: "Der gewünschte Teilnehmer ist zurzeit nicht zu erreichen." Er drehte sich zu Robert."Schneller." Robert grinste."Gut, halt dich fest." Er drückte das Gaspedal nach unten durch, der Wagen zog kräftig an und Robert schlängelte sich in einem irrsinnigen Tempo durch den Nachmittagsverkehr in Richtung Karens Wohnung. "Was ist da los? Soll ich Verstärkung rufen, Martin?" Martin überlegte fieberhaft. Wenn Karen wirklich in Gefahr schwebte, würden mehrere Einsatzwagen der Polizei die ganze Situation bestimmt nicht entspannen. Andererseits was wollten sie mit zwei Mann alleine ausrichten? "Ja, melde der Wache, dass sie ein paar Wagen zu ihr nach Hause schicken. Aber sie sollen ohne Blaulicht hinfahren und nicht direkt vor dem Haus parken." Robert nickte und gab die Angaben über Funk an die Kollegen weiter. Keine zehn Minuten später hielten sie auf dem Hinterhof. Martin hatte die Tür geöffnet, bevor das Auto überhaupt zum Stehen gekommen war und rannte zum Hausaufgang. Die Haustür wurde von einem Putzeimer offen gehalten, den Martin fast umrannte.Er hämmerte ungeduldig auf dem Knopf für den Fahrstuhl herum. "Treppe", sagte Robert, der mittlerweile ebenfalls im Hausflur angekommen war. Als Sie sich beide dem Treppenhaus näherten, hörten sie ein Scheppern und dann das Summen des Aufzugs hinter ihnen. Die breite Tür öffnete sich und der Hausmeister kam rückwärts heraus. Er zerrte eine Karre mit einem Stoß von Müllsäcken an ihnen vorbei, während Robert den Arm ausstreckte, um die Aufzugstür daran zu hindern, dass sie sich wieder schloss. Martin sprang ebenfalls hinein. Als Die Tür sich zu schließen begann, sah Robert eine Bewegung in einem der Säcke. "Martin!", brüllte er. Martin drehte sich um und wollte den Aufzug verlassen, doch der Mann der in der Arbeitsuniform des Hausmeisters steckte, beugte sich vor und schlug ihm schnell und hart ins Gesicht. Martin taumelte nach hinten, seine Hände waren voll mit dem Blut das aus seiner Nase schoss. Ein Zweiter Schlag ließ ihn gegen die Wand stolpern und zusammenbrechen. Der Schmerz explodierte in seinem Körper und für einen Moment hatte er das Gefühl nicht atmen zu können. Robert war ebenfalls aus dem Fahrstuhl gesprungen, und versuchte seine Waffe, die halb verdeckt an seiner Hüfte an einem Sicherheitsriemen untergebracht war, zu ziehen. Er hatte keinerlei Chance. Der Mann, der definitiv nicht ihr Hausmeister war, zog einen kleinen Schraubenzieher aus der Hosentasche, machte einen blitzschnellen Schritt vor und rammte ihn Robert direkt in den Hals. Robert griff nach seiner Kehle und würgte. Ein gezielter Schlag des hünenhaften Fremden brachte ihn zu Fall. Er lag da und krümmte sich. Der Mann ging seelenruhig neben ihm in die Hocke und zog die spitze Waffe mit einem Ruck heraus. Mit einem Knie drückte eine von Roberts Schultern auf den Boden, mit der freien Hand zerrte er an den schwarzen Haaren seines Opfers und riss so seinen Kopf unnatürlich weit nach oben. Entsetzt weiteten sich Roberts Augen, als der Mann mit einem grotesken Lächeln zwei strahlend weiße Fangzähne entblößte. Sein Schrei wurde in all dem Blut erstickt, das aus seiner Halswunde sickerte, als sich das Gebiss des Fremden tief in sein Fleisch versenkte. Martin versuchte auf die Beine zu kommen, doch das eben gesehene verwirrte ihn so sehr, dass ihm die Knie den Dienst versagten. Das konnte nicht sein, was er da sah! Das widerwärtige saugende Geräusch erstarb plötzlich und zwei dunkelgrüne Augen blickten ihn unverwandt an. Der Mann hatte ihn entdeckt. Martin versuchte verzweifelt auf die Beine zu kommen. "Bleiben sie liegen", sagte der Mann. "Ich bin mir ziemlich sicher, das ich ihnen gerade ein paar Rippen und die Nase gebrochen habe. Wenn sie sich bewegen, bringe ich sie um. Dem hier können sie eh nicht mehr helfen." Er stieß mit dem Fuß gegen Roberts leblosen Körper. Martin missachtete die Warnung, kam auf alle Viere hoch und griff nach dem Kugelschreiber in seiner Tasche und rammte ihn dem Mann in die Wade. Ein kurzer Aufschrecken, mehr darüber das Martin sich noch bewegte, als über den Schmerz, durchzog den Mann. Dann trat er heftig zu. Martin lag da, zusammengekrümmt und nach Atem ringend. Die Schmerzen in der Brust machten es ihm unmöglich sich erneut aufzusetzen. Der Mann drehte sich zu der Karre herum und warf ein paar Müllsäcke herunter. Der nächste Sack war offen. Er zog ihn bis nach unten, bis Karen zu sehen war, die Arme mit einem Seil gefesselt, den Mund mit Klebeband verschlossen. Sie war bewusstlos, rührte sich auch nicht, als er sie mühelos hochhob und sich über die Schulter warf. Martin versuchte sich weiter in ihre Richtung zu schieben, aber er bekam nicht genug Luft. Er lag einfach nur da und starrte dem Mann hinterher, der mit seinem Opfer den Hausaufgang passierte. Die dunkle Stimme des Fremden drang noch an sein Ohr, bevor er ohnmächtig wurde. "Ihr hättet euch nicht einmischen sollen!" Kapitel 2: ----------- Karen erwachte im Dunkeln mit brüllenden Schmerzen in ihrer Armen. Ihr gesamter Körper fühlte sich eisig an. Sie streckte die Beine, und versuchte ihre Schultern zu bewegen. Die Arme waren ihr auf dem Rücken mit einem Seil zusammengebunden, dass ihr die Handgelenke wund scheuerte. Sie versuchte ruhig zu atmen. Mit einiger Mühe setzte sie sich auf und starrte in die Dunkelheit. Wo war sie? Denk nach, Karen! Okay, sie war in einem Raum, der entweder keine Fenster hat oder sie waren verdunkelt worden. Hinter sich konnte sie eine eiskalte Wand, aus grobem Backstein spüren. Mit den Füßen tastete sie den Boden unmittelbar vor sich ab. Hölzerne Bretter. Sie strich vorsichtig mit einem Fuß über den Boden. An manchen Stellen war das Holz weich und gab leicht nach unten nach, wenn sie mehr Gewicht darauf brachte.Sie konzentrierte sich. Also. Sie war gefesselt in einem Backsteinraum mit einem Boden aus alten Holzbrettern. Vielleicht ein Lagerhaus? Sie lauschte angestrengt aber Geräusche konnte sie nicht vernehmen. Sie war nach wie vor angezogen, und es fühlte sich nicht so an, als ob sich jemand an ihren Sachen zu schaffen gemacht hätte. Jeans, BH, Slip und ihr Tshirt waren an ihrem Platz. Okay, gut ihr Verstand gehorchte ihr noch. Dadurch das sie rational dachte hatte sie eine ungefähre Vorstellung davon wo sie war. Allerdings konnte sie sich nicht erinnern was genau passiert war. Das Letzte woran sie sich erinnerte, war, dass sie nach einem anstrengenden Tag das Präsidium spät verlassen hatte und dann die kurze Strecke mit ihrem Fahrrad nach Hause radelte. Sie hatte die Tür kaum hinter sich geschlossen, als es klingelt hatte. Doch an der Tür war, nicht wie angenommen, ihr Nachbar gewesem, der sich mal wieder über ihr Fahrrad, das sie im Hausflur abgestellt hatte, beschweren wollte. Sie hatte einem großen, dunkel gekleideten Mann geöffnet und in zwei tief grüne Augen geblickt, bevor sie das Bewusstsein verlor. Karen zerrte an ihren Handfesseln, bewegte probehalber ihre Schultern, die Beine und den Kopf. Nichts. Sie konnte außer der eisigen Kälte und den rauen Stellen vom Seil nichts spüren. Keine Wunden, keine Schmerzen. Nicht, das sie sich beschweren wollte, aber durch irgendetwas musste sie ja ohnmächtig geworden sein. Kapitel 3: Krankenhaus ---------------------- Als Martin erwachte, war es hell. Er lag in einem Bett, genauer gesagt in einem Krankenhausbett. Zwei weitere leere Betten standen noch im Raum. Durch das Fenster fielen wärmende Sonnenstrahlen auf die weiße Bettdecke. Er machte eine Bewegung, wollte aufstehen, aber seine gesamte Brust fühlte sich an wie ein Brocken aus zerquetschen Fleisch und gebrochenen Knochen. Martin sog scharf den Atem ein, und eine Welle aus Schmerz überrollte ihn. Auf dem Monitor neben seinem Bett konnte er seinen Herzrhythmus verfolgen. Er hob langsam die rechte Hand und zog das grobe, blaue Krankenhaushemd auseinander. Unter einem durchsichtigen Folienpflaster verschwand ein kleiner Schlauch in seiner Brust, teilweise verborgen von einer Mullkompresse. Die Tür ging auf und eine junge Schwester kam ins Zimmer. Sie lächelte ihn mitfühlend an. „Schön, dass sie war sind, Herr Gerber.“ Er nickte mit trockenem Mund. „Welchen Tag haben wir heute? Wie lange bin ich schon hier?“ Seine Stimme war brüchig. „Heute ist Donnerstag. Sie wurde gestern eingeliefert“, antwortete sie während sie erst den Monitor und dann den aus seinem Körper austretenden Schlauch inspizierte. „Sie sind ein echter Glückspilz! Sie haben sich zwar einige Rippen und die Nase gebrochen, aber sowohl die Lunge als auch der Kopf sind fast unverletzt.“ Sie besah das breite Pflaster auf seinem Nasenbein. „Diesen Bruch haben wir operativ gerichtet. Aber die Rippen müssen alleine zusammenwachsen.“ Sie kritzelte einige Notizen in die braune Akte, die auf dem kleinen Nachtschrank lag und schob ihm anschließend ein Thermometer in den Mund. „Wollen sie schon etwas essen?“ Martin schüttelte den Kopf. Er zog sich das Thermometer aus dem Mund. „Was ist mit meinem Kollegen? Er müsste mit mir eingeliefert worden sein.“ Ihr Gesicht verdüsterte sich. „Ich werde ihnen den Doktor rufen.“ „Nein, warten sie.“ Martin griff nach ihrem Arm. „Bitte sagen sie es mir.“ Sie zögerte. „Der Mann der mit ihnen eingeliefert worden ist wurde sofort notoperiert und dann auf die Intensivstation verlegt.“ Sie hielt kurz inne. „Sein Zustand war sehr kritisch. Er hat die Nacht nicht überlebt.“ Martin´s Kopf sank auf das Kissen zurück. „Und meine Kollegin? Karen Becker. Hat man sie gefunden?“ Die Schwester blickte ihn traurig an. Sie schüttelte den Kopf. „Sie ist verschwunden. In der Zeitung stand heutemorgen das sie von einem unbekannten Mann entführt wurde.“ Keinem Mann, einer Bestie, korrigierte Martin sie in Gedanken. Der professionelle Ausdruck kehrte auf das Gesicht der Schwester zurück. „So nun werde ich ihnen aber mal den Doktor rufen.“ Sie wandte sich zum gehen und er schloss die Augen. Robert war tot und Karen verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)