Golden Sun - Atarashi i Densetsu von SolarRhapsody (500 Jahre nach Golden Sun) ================================================================================ Prolog: -------- „Fünfhundert Jahre sind vergangen, seit jene legendäre Helden die Feuer der Leuchttürme der Elemente entfacht und somit unsere Welt, Weyard, gerettet haben. Große Gefahren mussten sie bestehen, denn nicht jeder wollte Weyard retten. Ein Adept des Wassers mit Namen Alex, merkt euch den Namen gut, zog aus, um die legendären Helden an ihrer Aufgabe zu hindern. So wartete er auf der Spitze des Aleph-Berges darauf, seine Widersacher nieder zu strecken. Jedoch hatte er nicht mit dem alten Weisen gerechnet, der Alex mitsamt dem Aleph-Berg verschwinden ließ. Jedoch – so sagt man – soll Alex auch heute noch unter den Massen der Erde begraben liegen und nur darauf warten, wieder die Erdoberfläche zu betreten um sich an den Nachfahren jener legendären Helden zu Rächen.“ Kapitel 1: Der Auftakt ---------------------- Ein Raunen durchfuhr die Menge, als der Geschichtenerzähler geendet hatte. „Und er will sich wirklich an uns rächen?“, fragte ein kleines Mädchen mit welligen blonden Haaren. Der Geschichtenerzähler lächelte sie an und antwortete sanft: „Das ist nur eine Legende. Niemand weiß, ob sie wahr ist. Und wenn, dann bräuchtest du nichts zu befürchten, da du ja von keinem legendären Helden abstammst.“ Die Augen des Mädchens leuchteten auf und sie drückte dem Geschichtenerzähler fröhlich einen dicken Kuss auf die Wange, woraufhin dieser leicht rot anlief. Nicht weit von ihnen entfernt unterhielten sich zwei Frauen so leise, dass es kaum einer wahrnahm. „Mir wäre es nur Recht, wenn dieser Kerl wieder erwacht.“, flüsterte die Eine. Die andere nickte. „Ja, dann sind wir dieses schreckliche Weib endlich los.“ Die andere Frau schaute sich um, beugte sich dann zu ihrer Freundin vor und flüsterte: „Ich habe gehört, dass sie neuerdings einen auf „große Kriegerin“ macht.“ Die andere schaute sie empört an. „Was bildet sich dieses Weib ein? Mag sein, dass sie die Tochter dieses Säufers ist, aber so, wie die sich benimmt beschmutzt sie unser Dorf!“ Die andere nickte zustimmend. „Sehe ich genauso. Ein Glück, dass dieses Weib unser Dorf bisher nicht verlassen hat.“ Ein leises Klackern ertönte, jedoch überhörten die Frauen dieses. Sie hatten gar nicht mit bekommen, dass sie belauscht wurden. Riku wandte sich ab und ging die kleine Seitenstraße entlang. Sie hatte genug gehört. Würde sie diesen Tratschtanten weiter zuhören, würde sie Gewiss sauer werden und ohne zu überlegen ihre Psynergy anwenden. Sie strich mit der Hand über den Griff ihres Schwertes, welches sie an ihrer Hüfte trug. Sie hasste dieses Dorf, sie hasste die Bewohner und sie hasste diese alte Legende, hatte sich aber längst damit abgefunden. Eine leichte Windböe wehte durch die Gasse. Riku drehte sich um und schaute Richtung Dorfplatz. „Ob ihr wollt oder nicht, ich werde dieses Dorf verlassen.“, murmelte sie. Schon seit sie klein war träumte sie davon, das Dorf zu verlassen. In Vale war sie schon immer nur als „die missratene Nachfahrin eines legendären Helden“ bekannt und die meisten Bewohner hätten sie am liebsten Tod gesehen. Jedoch hatte sich bisher niemand getraut, ihr auch nur ein Wort ins Gesicht zu sagen. Riku war das nur Recht. Sie konnte gut darauf verzichten, viel mit diesen Dorftrotteln zu tun zu haben. Sie wandte sich wieder ab und beschleunigte ihre Schritte. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Sonne untergeht. Das wäre dann er Zeitpunkt, an dem Riku das Dorf endlich verlassen konnte. Sie konnte es auch am Tag probieren, jedoch würden die anderen Dorfbewohner sie aufhalten wollen und sie konnte unmöglich gegen das ganze Dorf kämpfen. Ihren Gedanken nachhängend erreichte sie eine Kreuzung zwischen den Gassen. Sie folgte einem der Wege, der sie in einen abgelegenen Teil des Dorfes führen würde. Dort würde sie dann auf den Augenblick warten, an dem die Sonne endlich untergegangen war und die meisten Dorfbewohner von den Straßen verschwunden waren. „Planst du immer noch, Vale zu verlassen?“, fragte eine ihr bekannte Stimme hinter ihr. Riku drehte sich zu dem Jungen mit kurzen dunkelbraunen Haaren um, der plötzlich hinter ihr stand. „Ich wünsche dir auch einen Guten Abend, Daichi.“, sagte sie leicht genervt. Sie hatte keine Lust, sich wieder mit anhören zu müssen, wie er ihr diese Idee ausreden wollte. Daichi war einer der wenigen, dem es egal war, wie sich Riku gab und was die anderen Leute sagten. Er und Riku hatten sich schon immer gut verstanden. An sich fand sie es schon schade, diese Freundschaft nun beenden zu müssen. Er lächelte sie an. „Schlechte Laune? Hör einfach nicht auf das, was die anderen sagen.“ Riku seufzte, verdrehte die Augen und setzte sich auf eines der Fässer, welches an einer Hauswand lehnte. „Es ist mir egal, was diese Dorftrottel sagen. Ich will nur endlich hier weg.“ Daichi schaute sie leicht traurig an. „Dann hast du es also immer noch vor.“ Riku nickte. „Ja, ich habe endgültig die Schnauze voll von diesem Ort.“ Die zwei schwiegen für einen Moment. Dann sagte Daichi ernst: „Ich werde dich begleiten.“ Riku schaute ihn erschrocken an. „Spinnst du? Willst du etwa, dass sie dich auch ausschließen?“ Daichi schaute sie ernst an. „Du weißt selbst, dass ich ebenfalls ein Nachfahre eines der legendären Helden bin. Wenn sie dich ausschließen und nicht in ihrer Mitte haben wollen, dann sieht das bei mir auch nicht anders aus.“ Riku stand auf. Er wollte es wohl nicht verstehen, dass es für sie alle besser wäre, wenn er in Vale blieb. „Das ist mir egal. Ich mache mir nur sorgen. Um dich und um deine Familie.“ Daichi schaute sie in gespielter Überraschung an. „Sieh einer an, du machst dir ja Sorgen!“ Riku warf ihm einen finsteren Blick zu und wandte sich ab. „Du kannst sagen was du willst. Ich will dich nicht dabei haben.“, sagte sie, bevor sie die Gasse entlang lief und den überraschten Daichi zurück ließ. Erst als sie einen verlassenen Hinterhof erreichte blieb sie stehen. Ihr Atem ging Stoßweise und ihr Herz klopfte wie wild. Warum war sie einfach so vor Daichi weg gerannt? Eigentlich wollte sie sich doch noch von ihm verabschieden. Es war fast so, als wäre sie nicht sie selbst gewesen, als sie plötzlich vor ihm weg rannte. Als sie sich wieder beruhigt hatte, ließ sie ihren Blick über den Hinterhof schweifen. Anscheinend befand sie sich am Rande des Dorfes, denn am anderen Ende klaffte eine gewaltige Steinwand. Überall auf dem Hof lagen Trümmer und vereinzelt ein paar Fässer und Kisten. Anscheinend war das Haus schon seit längerer Zeit verlassen. Sie schaute sich um, als sie weiter in das Innere des Hinterhofes trat. Vorsichtshalber ließ sie ihre Hand an den Griff ihres Schwertes gleiten. Irgendwie wurde sie das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden. Als sie sich in der Mitte des Hinterhofes befand ließ sie ihren Blick erneut über den Hof wandern. Obwohl sie Vale schon so gut kannte, war ihr dieser Ort völlig unbekannt. Es wäre durchaus möglich, dass sich dort Landstreicher, Diebe und ähnliches Gesindel befanden. Rikus Blick wanderte zu den Geröllhaufen und zu den Fässern. Vielleicht sollte sie Psynergy anwenden um sicher zu gehen, dass da niemand war? Andererseits würde sie auf sich aufmerksam machen und wenn diejenigen die sich versteckten bereits wussten, dass Riku dort war, würden sie die Zeit, in der sich Riku konzentrieren wusste, Gewiss dafür ausnutzen sie anzugreifen. Es wäre wohl am besten, wenn ich hier verschwinde, schlussfolgerte sie und wollte sich gerade umdrehen, als sie im Augenwinkel eine flinke Bewegung wahrnahm. Blitzschnell zog sie ihr Schwert um einen vermutlichen Angriff abzuwehren. Ein lautes Klirren war zu hören, als ein fremdes Messer an Rikus Waffe abprallte. Riku drehte sich in die Richtung, aus der das Messer gekommen war, konnte jedoch niemanden sehen. „Die Kleine ist schneller als wir dachten.“, ertönte eine tiefe, männliche Stimme hinter ihr. Riku drehte sich abrupt in die Richtung, aus der die Stimme kam und machte sich bereit, einen weiteren Angriff abzuwehren. Wie hatte es dieser Kerl nur geschafft, so schnell und unbemerkt hinter sie zu kommen? „Sie versteht es wirklich zu kämpfen.“, ertönte eine andere Stimme auf der anderen Seite des Hinterhofs. Riku zwang sich zur Ruhe. Sie wollten sie bestimmt verunsichern und sie, sobald sie nicht aufpasste, angreifen. Nur ein Fehler ihrerseits könnte ihr Ende bedeuten. „Vielleicht sollten wir sie direkt angreifen?“, ertönte die Stimme des vermutlichen Messerwerfers. „Sie hat unser Versteck gefunden, wir können sie nicht einfach gehen lassen!“, hörte Riku eine dritte Stimme sagen, die von der Gasse kam, über deren Weg Riku diesen Hinterhof gefunden hatte. Rikus Herz klopfte wie wild. Sie hasste es, nicht zu sehen, mit wem sie es zu tun hatte. Ihr Blick wanderte über den Hinterhof. Bestimmt hatten sich dort noch mehr von ihnen versteckt! Ein leises Surren erfüllte die Luft. Riku wich nur ganz knapp einem weiteren Messer aus. „Zeigt euch doch, ihr Feiglinge!“, rief sie plötzlich. Ein weiteres Messer wurde geworfen und streifte Rikus Wange, woraufhin etwas Blut diese herunter lief. Sie haben es so gewollt, dachte Riku und begann sich zu konzentrieren. Es war ihr egal, ob sie nun von weiteren Messern getroffen wurde oder nicht, sie riskierte lieber eine kleinere Verletzung, als weiterhin aus dem Hinterhalt angegriffen zu werden und vielleicht zu sterben. Es dauerte nicht lange, bis die Erde zunächst schwach, dann immer stärker zu wackeln begann. Rasch riss Riku ihr Schwert in die Höhe und rief: „Erdbeben!“ Sofort begann die Erde innerhalb des Hofes zu vibrieren und zu Beben. Und plötzlich kamen die Kerle auch schon aus ihren Verstecken gesprungen. Insgesamt waren es drei. Riku schaute sich ihre Gegner genauer an. Einer von ihnen hatte schwarzes Haar, trug eine Augenklappe und hatte eine große Narbe im Gesicht. Bestimmt war dieser Kerl der Anführer. Die anderen beiden schienen Brüder zu sein, denn sie sahen sich sehr ähnlich. Der eine hatte mittelbraunes, der andere dunkelbraunes Haar, aber das war auch schon der einzige Unterschied zwischen den beiden. Der Anführer der Gruppe funkelte Riku wütend an und zog seine Waffe, ein Schwert mit einer gebogenen Klinge. „Du beherrschst also Psynergy.“, schlussfolgerte er. Die zwei anderen zogen ebenfalls ihre Waffen. Riku machte sich bereit zum Kampf. „Da du darüber bescheid weißt, komme ich zu dem Schluss, dass du ebenfalls über Psynergy verfügst.“, stellte Riku fest. Endlich konnte sie ihr Können gegen richtige Gegner testen. Der Kerl grinste. „Richtig erkannt.“, sagte er höhnisch. Kurz darauf schoss auch schon eine Flammenwand auf Riku zu. „Ich beherrsche die Feuer-Psynergy!“, rief der Kerl. Riku schaffte es nicht, den Flammen auszuweichen und wurde von ihnen getroffen. Jedoch stellte sie fest, dass der Angriff recht schwach war. Der Kerl schien seine Psynergy eher selten zu gebrauchen. „Na das scheint ja interessant zu werden.“, sagte sie und rannte auf den Anführer der Gruppe zu. Stahl schlug auf Stahl und es dauerte nicht lange, bis die Luft von einem lauten Klirren erfüllt wurde, als die zwei kämpften. „Du bist besser, als ich erwartet hatte!“, stellte der Anführer der Bande fest, als sie sich verkeilt hatten. „Das Kompliment gebe ich zurück“, sagte Riku, „aber ich werde trotzdem nicht verlieren!“ Riku versuchte den Kerl von sich weg zu treten, doch dieser wich ihr geschickt aus. „Sei dir da nicht zu sicher, Kleine!“, sagte er höhnisch lachend. Nun griffen auch die zwei Jungs, die bisher nur zugeschaut hatten Riku an. Das Klirren in der Luft wurde lauter und schon bald befand sich Riku in der Defensive. Zähne knirschend wehrte sie einen Angriff nach dem anderen ab. Wenn sie wenigstens die Zeit finden würde, sich zu konzentrieren! Wenn das so weiter ging, würden sich die Dorftrottel bald keine Sorgen mehr darüber machen müssen, dass Riku den Ruf des Dorfes beschmutzen würde. Ein lautes Surren erfüllte die Luft, als Riku plötzlich ihr Schwert aus der Hand geschlagen wurde und mit lautem klirren ein paar Meter von ihr entfernt auf dem Boden landete. Der Anführer der Bande grinste sie höhnisch an. „Das war’s dann wohl, Süße!“ Er hielt sein Schwert an Rikus Kehle. So endete ihr Leben also. Es war ihr von vorn herein sowieso egal gewesen, ob sie lebt oder nicht. „Eigentlich Schade um so ein hübsches Ding, aber ich kann dich nicht am Leben lassen.“ Er holte mit dem Schwert aus und wollte gerade Rikus Kopf abschlagen, als die ganze Bande urplötzlich von Feuerbällen getroffen wurde. Überrascht drehten sich die Kerle um und wollten schauen, woher das kam, als sie erneut von Feuerbällen getroffen wurden. Bewusstlos sackten sie zusammen und blieben auf dem Boden liegen. Riku schaute sowohl erleichtert, als auch erschrocken auf die Stelle, an der die Kerle bis eben noch gestanden hatten. Erst jetzt bemerkte sie, dass sich eine weitere Person auf dem Hinterhof eingefunden hatte. „Geht es dir gut?“, fragte eine sanfte männliche Stimme. Riku schwieg. Es kratzte an ihrem Stolz, dass sie von diesem daher gelaufenen Kerl gerettet wurde. Er kam auf sie zu. „Alles in Ordnung?“, fragte er erneut. Riku schaute ihm misstrauisch ins Gesicht und erschrak. Der Kerl vor ihr hatte feuerrote Haut! Wie war das möglich? Niemand auf der Welt hatte… Wirklich niemand? Riku kam ein Gedanke. Auf Weyard gab es nur einen Ort, an dem die Menschen eine andere Hautfarbe hatten. Und Riku wusste, dass man den Menschen dieses Ortes nicht trauen konnte. Sie schluckte und sagte dann: „Du kommst aus Prox, nicht wahr?“ Langes Schweigen war die Antwort. Kapitel 2: Flucht aus Vale -------------------------- Riku schaute den Jungen, von dem sie sich sicher war, dass er aus Prox kam, eine zeit lang durchgehend an. Als sie nach einiger Zeit feststellte, dass er immer noch keine Anstalten machte ihr zu antworten, hatte sie die Nase voll. „Wenn du nichts sagst, kann ich ja gehen.“, sagte sie leicht genervt und wollte gerade an ihm vorbei gehen, als er ihren Arm packte. „Warte!“, sagte er. Riku drehte sich zu ihm um und schaute ihn genervt an. „Was ist denn noch?“ Der Junge musterte sie mit einem Blick, den sie nicht einschätzen konnte. „Du hast doch vor, das Dorf zu verlassen, soweit ich mich entsinne.“ Riku war für einen Augenblick perplex. Woher wusste er davon? Sie versuchte sich schnell wieder zu fangen. Schwäche zu zeigen war bei einem Kerl wie ihm tabu. „Na und? Was geht das dich an?“, antwortete sie. Der Junge ließ ihren Arm los. „Ich denke, wir verfolgen beide ein ähnliches Ziel. Ich wollte dieses Dorf auch schnell wieder verlassen.“ Riku schaute ihn an. Er hatte doch nicht etwa vor, sie begleiten zu wollen. Das konnte ihm so passen, Riku würde alleine gehen – ob er will oder nicht. Sie wandte sich von ihm ab. „Da kannst du mich ja gehen lassen, wenn du das Dorf selbst verlassen willst!“ Sie ging zu ihrem Schwert und hob es auf, merkte jedoch, dass der Junge sie genau beobachtete. „Ich halte es für besser, wenn wir uns zusammentun.“, sagte er. Riku drehte sich schnell zu ihm um. „Daran habe ich kein Interesse. Ich brauche keinen Aufpasser!“, sagte sie genervt. Langsam ging ihr der Kerl gewaltig auf die Nerven. „Wirklich nicht?“, antwortete dieser mit einem Blick auf die Banditen. „Das war ein Hinterhalt, selbst so jemand wie du hätte das nicht geschafft!“, erwiderte sie barsch. Der Fremde schaute sie ruhig an. „Außerhalb dieses Dorfes gibt es noch viel schlimmere Kreaturen, wie diese Banditen. Ich glaube nicht, dass du auf Dauer alleine klar kommst – egal ob du Psynergy beherrschst oder nicht.“ Riku wandte sich wütend ab. Der Kerl nervte sie gewaltig! Sollte er doch machen, was er will. Ihr war es ohnehin egal, was für Kreaturen außerhalb Vales anzutreffen waren. Das wäre ein gutes Training für sie. Wütend verließ sie den Hinterhof – dicht gefolgt von dem Fremden, der es wohl wirklich ernst damit meinte, sie begleiten zu wollen. Nach einiger Zeit gingen die beiden schweigsam nebeneinander her. Riku hatte keine Lust etwas zu sagen und sie hoffte, dass es dem Kerl genauso ging. Egal was er sagen würde, es würde sie eh wieder nerven. Da konnte er noch so viel Ruhe ausstrahlen – sie war sich nicht mal sicher ob das wirklich seine innere Ruhe war oder einfach nur eine gespielte. Aber etwas beunruhigte sie. Es war nicht die Tatsache, dass er aus Prox stammte, es war eher etwas anderes. Sie wollte es sich nicht anmerken lassen, aber sie hatte das Gefühl, dass sie beobachtet wurden. Kaen stand auf einem Felsvorsprung und hatte die ganze Szenerie beobachtet. Sie verstand nicht, wie ein so aufbrausendes Mädchen für ihre Pläne nützlich sein könnte. Ein Blick auf die bewusstlosen Banditen ließ sie zufrieden nicken. Sie hatte diese Kerle absichtlich auf den Hinterhof geschickt um die Kräfte des Mädchens zu testen. Es war kein Wunder gewesen, dass sie verloren hatte. Das hatte ohnehin zu ihrem Plan gehört. Aber Kaen war ein wenig enttäuscht, sie hatte gedacht Riku hätte etwas mehr auf dem Kasten. „Hätte er nur einen Augenblick später eingegriffen, hätten wir ein Problem gehabt.“, meinte Hiyama, als er neben Kaen trat. Er verstand nicht, warum Kaen einfach tatenlos zugesehen hatte. Beinahe wäre das Mädchen, welches für ihre Pläne besonders wichtig war, getötet worden – und sie hatte tatenlos zugesehen. Kaen lachte. „Du verstehst nichts, Hiyama. Das gehört alles zum Plan. Und notfalls…“, sie warf einen Blick über die Dächer. „Hätte Nibori eingegriffen.“ Hiyama schaute ebenfalls über die Dächer. „Glaubst du, man kann ihm trauen? Ich finde ihn unheimlich.“ Kaen grinste argwöhnisch. „Keine Sorge, sollte es irgendein Problem in der Ausführung unseres Plans geben, wird Nibori das zu beseitigen wissen.“ Sie wandte sich ab. „Wir sollten auch aufbrechen. Der nächste Leuchtturm wartet auf uns – und wir wollen ja nicht verpassen, wie unsere Freunde auf der Bildfläche erscheinen.“ Höhnisch grinsend warf sie einen letzten Blick auf den Hinterhof und verschwand – dicht gefolgt von Hiyama. Die Sonne war bereits untergegangen, als Riku und der Fremde den Dorfrand erreichten. Es gab nur noch wenige Menschen, die auf den Straßen zu sehen waren. Das war aber nichts ungewöhnliches, hatte Riku festgestellt. In den letzten Wochen und Monaten waren immer weniger Männer damit beauftragt worden, das Dorf zu bewachen. Warum auch, es hatte schon seit Jahrzehnten keinen Krieg mehr gegeben und Diebe fanden prinzipiell immer einen Weg hinein zu kommen, ohne bemerkt zu werden. Also war eine Wache im Grunde unnötig. Zumindest fast, es gab ja immer noch das Dorf Prox, das immer noch oft in Vale einfiel. Riku warf einen Blick auf den Kerl neben ihr. Er war ihr die ganze Zeit nicht von der Seite gewichen, egal wie oft sie in verdammt Enge Seitengassen gegangen war oder ihn sonst wie versucht hatte los zu werden. Irgendwann war es ihr endgültig gleich gewesen, ob er nun an ihr klebte oder nicht. Er erinnerte sie schon fast an diese Wesen, von denen sie vor langer Zeit mal gehört hatte. Sie wusste nicht genau, wie sie hießen, aber sie sollten angeblich die Fähigkeiten desjenigen verstärken, an dessen Seite sie sich befanden. Riku hatte als Kind oft davon geträumt, einem dieser Wesen zu begegnen. Mittlerweile hielt sie das ganze jedoch für einen Mythos, genauso wie die Existenz der goldenen Sonne. „Vielleicht sollte ich sie ablenken…“, murmelte der Kerl neben Riku. Riku warf ihm einen überraschten Blick zu. Sie hatte zwar nicht viel davon gehalten, dass er sie begleiten würde, aber wenn er für sie den „Lockvogel“ spielen könnte, wäre es ihr nur recht. Vielleicht würde sie ihn dann auch endlich mal loswerden. Sie wendete sich wieder den wenigen Menschen zu. „Dir könnte das vielleicht gelingen, mir nicht. Mach, was du für richtig hältst.“, flüsterte sie. Sie hatte versucht, ihren Plan geheim zu halten, damit er es sich nicht doch noch anders überlegte. Ohne ein weiteres Wort begab sich der Junge auf den Weg zu den Dorfbewohnern um mit ihnen zu reden. Riku wartete eine Zeit lang ab. Es dauerte nicht lange, bis der Kerl mit den Dörflern begonnen hatte zu reden und nach und nach waren immer mehr aufgetaucht. Riku beobachtete die Szenerie angespannt. Sie hatte gedacht, es würden nur noch wenige Dorfwachen aufgestellt werden. Warum waren dann auf einmal so viele Leute unterwegs? Da konnte doch irgendwas nicht stimmen! Angespannt griff sie zu ihrem Schwert und versuchte ihre Psynergy zu konzentrieren. Vielleicht musste sie sich den Weg doch freikämpfen. Bevor sie jedoch dazu kam, überhaupt eine Psynergy anzuwenden, lösten sich einzelne Menschen vom Haufen um den Fremden und kamen geradewegs in ihre Richtung. Riku schaute sich verwirrt um. Eigentlich hätte sie im Schutz der Nacht nicht zu sehen sein können! Vielleicht täuschte sie sich auch und die Kerle hatten sie nicht entdeckt. Was sich jedoch sogleich als Wunschdenken rausstellte, da die Bewohner Dolche und andere Waffen zogen. Riku machte sich bereit zum Kampf. Anscheinend wollten sie wirklich verhindern, dass sie das Dorf so leicht verlässt. Im Augenwinkel erkannte sie Feuerbälle. Augenscheinlich wurde ihr unfreiwilliger Begleiter ebenfalls angegriffen. Aber das war ihr im Moment egal. Sie stürmte auf die herannahenden Dorfbewohner zu und versuchte mit ihrem Schwert die Waffen aus deren Händen zu schlagen. Jedoch erwiesen sich ihre Widersacher als widerspenstiger, als sie erwartet hatte. Dabei wusste Riku doch ganz genau, dass ihre Gegner nicht im Gebrauch mit Waffen geübt sind. Sie wirbelte herum und versuchte einem weiteren die Waffe aus der Hand zu schlagen. Jedoch vergeblich. Schneller, als sie gerechnet hatte, war er ihrem Schlag ausgewichen, woraufhin sie ein paar Schritte nach vorne torkelte. Ihr blieb also keine andere Wahl, sie musste Psynergy einsetzen. Sie konzentrierte sich auf die in ihr aufgestaute Kraft und stieß ihr Schwert in den Boden, woraufhin sie die Psynergy entweichen ließ und ein starkes Erdbeben verursachte. „Nehmt das, ihr Dorftrottel!“, rief sie dabei gereizt. Jedoch musste sie gleich wieder feststellen, dass der Angriff ihren Widersachern nur wenig auszumachen schien. Wie konnte das sein? „He, du!“, rief plötzlich eine Stimme. Riku wusste gleich, wer das war. „Was ist denn? Ich habe gerade keine Zeit!“ Plötzlich schlug eine kräftige Flammenwand einen Pfad in die Dorfbewohner und der Kerl erschien vor Riku und packte ihre Hand. „Wir müssen verschwinden, wir können nicht gewinnen!“ Bevor sie jedoch einen Schritt wagen konnten, waren die beiden umstellt. Rücken an Rücken standen sie nun da und blickten in die Gesichter der Dorfbewohner. Riku stellte mit überraschen fest, dass die Augen ihrer Widersacher ausdruckslos waren. Fast so, als ständen sie unter einem Bann. Wie um sie zu bestätigen, sagte ihr Verbündeter: „Sie scheinen unter einem sehr starken Bann zu stehen. Vermutlich Wind-Psynergy. Es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen versuchen zu fliehen.“ Riku lachte trocken. „Und wie stellst du dir das vor? Sollen wir etwa jeden einzelnen von ihnen niedermähen?“ Er schwieg. Beide betrachteten angespannt die Gegner, die sich nicht zu regen schienen. Plötzlich kam Riku eine Idee. „Hey.“, flüsterte sie. „Setz deinen Trick mit den Feuerbällen ein, ich versuche einige mit einem Erdbeben fernzuhalten. Vielleicht schaffen wir es, uns einen Weg in diese Dorftrottel zu schlagen.“ Er schwieg für kurze Zeit. Dann nickte er. „Also gut, es wird zwar riskant, aber wir haben keine andere Wahl.“ Riku musste lächeln. Vielleicht war es doch nicht so schlecht, wenn er dabei war. Aber für solche Gedanken hatte sie im Moment keine Zeit. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Nur ein Erdbeben, nur eines. Aber es musste stark genug sein, um die Dorfbewohner für einige Zeit außer Gefecht zu setzen. Sie musste aber auch darauf achten, dass sie sich nicht zu sehr verausgabte und dann nicht mehr rennen konnte. Hinter ihr konzentrierte sich der Fremde ebenfalls, das spürte Riku. Sie öffnete die Augen einen Spalt. Die Dorfbewohner regten sich immer noch nicht. Gut, dass sich die Psynergy mit der Zeit verflogen hatte. Früher sollten angeblich alle Bewohner Vales über Psynergy verfügt haben. Nun gab es nur noch wenige und diese waren nicht einmal in der Lage, zu erkennen wenn irgendjemand Psynergy anwandte. Das war ein Vorteil, den sie sich zu Nutze machen mussten. Sie öffnete die Augen und rammte ihr Schwert in die Erde. Genau in diesem Moment begannen sich auch die Dorfbewohner zu regen. Aber Riku hatte keine Zeit für sie. Sie ließ ihre Kräfte durch das Schwert in die Erde fließen um ein starkes Erdbeben zu verursachen. Sie durfte sich jetzt nicht ablenken lassen, sonst könnten sie ihre Flucht vergessen. Auch der Fremde regte sich nun. Er hob seine Hand gen Himmel, woraufhin mehrere Feuerbälle auf die Bewohner zurasten und einige von ihnen außer Gefecht setzten. Nur kurze Zeit darauf begann die Erde zu beben. Als das Beben sein Höhepunkt erreicht hatte, zog Riku ihr Schwert aus der Erde. „Lass uns verschwinden, solange sie sich noch mit dem Erdbeben rumquälen!“, sagte sie und drehte sich um. Der Fremde nickte und gemeinsam rannten sie los. Kaen warf einen Blick auf die Dorfbewohner, die bewusstlos am Boden lagen. Sie hatte damit gerechnet, dass die beiden versuchen würden, sich durchzukämpfen. Von ihm war sie es ohnehin gewohnt gewesen. „Du hast gute Arbeit geleistet, Nibori.“, sagte sie zu einem in schwarz gekleideten jungen Mann neben sich, der die Szenerie beobachtet hatte. Die ganze Zeit hatte er auf einem Dach gestanden und alles beobachtet. „Ein bisschen mehr und ich hätte ihnen Befehlen können, sie zu töten.“, sagte er tonlos. Kaen schüttelte den Kopf. „Tod bringen sie uns nichts. Es war genau richtig.“ Sie wandte sich zu ihm um. „Du wirst sie weiter verfolgen. Wir wollen ja nicht, dass sie unseren Plan zunichte machen.“ Sie drehte sich wieder um und beobachtete die Bewohner, die langsam wieder zu sich kamen und verwirrt durch die Straßen streiften. Ohne auch nur ein Wort zu sagen oder überhaupt ein Geräusch von sich zu geben, verschwand Nibori in der Dunkelheit. Fast so, als wäre er nur eine Windböe. Kapitel 3: Die Geisterstadt --------------------------- Einen halben Tag dauerte die Flucht der beiden ungleichen Krieger. Riku war völlig außer Atem, als der Fremde endlich das Zeichen dafür gab, dass sie nun weit genug vom Dorf entfernt waren, um endlich eine Rast zu machen. Es wurmte sie nur, dass er noch völlig gesund war! Wie kam es, dass dieser komische Fremde eine bessere Kondition hatte als sie? Sie versuchte langsam zu Atmen um nicht ganz so erschöpft zu klingen. Ihr Blick schweifte durch die Gegend, in der sie sich befanden. Sie hatten Zuflucht in einem nahen Wald gefunden und die Bäume um sie herum standen so dicht beieinander, dass es für sie ein leichtes war, sich zu verstecken. „Das war ein guter Plan“, sagte der Fremde plötzlich, ohne den Blick auf sie zu wenden. Obwohl es wohl ein Lob an sie gewesen war, kam es ihr nicht so vor. Sie verstand diesen Typen einfach nicht! Was wollte er überhaupt von ihr, dass er ihr permanent hinterherlief? Sie hatte sich zwar bereits damit abgefunden, aber trotzdem hatte sie ein eher ungutes Gefühl was ihn anging. Bevor sie etwas antworten konnte, hatte sich der Kerl urplötzlich zu ihr umgedreht. Er schaute sie mit seinen Feuerroten Augen direkt an. „Hat es dir die Sprache verschlagen? Oder bist du einfach zu erschöpft?“, fragte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Riku zog unwillkürlich ihr Schwert und hielt es ihm an die Brust. Für nur wenige Herzschläge wirkte es so, als wollte sie ihn erstechen. „Mach dich ja nicht über mich lustig!“, sagte sie völlig außer Atem. Das Gesicht des Fremden hatte sich kaum verändert, er grinste auch jetzt noch. Riku wurde aus ihm einfach nicht schlau! Sie drückte das Schwert weiter auf seine Brust. Sein Gesicht zeigte noch immer keine Rührung. Kannte dieser Kerl etwa keine Angst? Sie wurde langsam wirklich wütend! Gerade als sie etwas sagen wollte, wurde sein Gesichtsausdruck urplötzlich ernst und er sagte: „Dankt man so etwa jemandem, der einem eben das Leben gerettet hat?“ Riku ließ ihr Schwert hoch gleiten und stieß es direkt neben seinem Gesicht in einen Baum, an dem er stand. Eine leichte Wunde zierte nun sein Gesicht und Blut tropfte herab. „Ich traue dir nicht“, antwortete sie knapp. „Wer bist du und warum warst du in Vale?“ Der Kerl warf einen flüchtigen Blick auf Rikus Schwert, machte aber weder Anstalten fliehen zu wollen, noch seine eigene Waffe zu ziehen. Stattdessen antwortete er ruhig: „Mein Name ist Kaji. Meine Gründe solltest du eigentlich kennen.“ Er lächelte, doch genau dieses Lächeln machte Riku noch rasender! Sie konzentrierte sich und ließ ihre Psynergy durch den Baum hinab zu dessen Wurzeln fließen, die sich sogleich um Kajis Beine schlangen. „So? Dann sag es mir eben noch einmal, ich scheine es vergessen zu haben.“, sagte sie wütend. Der Kerl lächelte immer noch. Nahm er sie etwa nicht ernst? Als er keine Anstalten machen wollte zu antworten, drückte sie ihr Schwert erneut an seine Wange, sodass ein breiter Blutfaden hinab lief. Sie rückte mit ihrem Gesicht näher an seines und sagte in drohendem Flüsterton: „Du scheinst mich nicht ernst zu nehmen.“ Sie lächelte verschwörerisch. „Ich kann dich hier einfach stehen lassen, irgendwann werden dich die Bewohner Vales mit Sicherheit hier finden.“ Er machte immer noch keine Anstalten. Riku kam plötzlich ein Gedanke. „Oder hast du etwa etwas mit der Sache zu tun?“ Plötzlich veränderte sich sein Gesichtsausdruck und er wurde blass. Hatte Riku etwa Recht gehabt? Sie spürte seinen warmen Atem im Gesicht, als er seufzte. „Nicht direkt, aber diejenigen, die dafür verantwortlich waren kenne ich.“, antwortete er schließlich. Riku wich einige Schritte zurück und zog ihr Schwert aus dem Baum. Sofort beruhigten sich auch die Wurzeln des Baumes. „Was soll das heißen?“ Kaji ließ eine Hand an seine Wunde gleiten und betastete sie. Riku war sich sicher, dass die Wunde nicht sonderlich tief war. Vielleicht würde eine Narbe zurück bleiben, aber das war ja nicht ihr Problem. Nachdem er die Wunde begutachtet hatte, antwortete er: „Ich kenne sie aus meiner Heimat. Es handelt sich um eine Gruppe aus zwei Männern und einer Frau, die Dörfer und Städte überfallen und Verwüstungen hinterlassen.“ Er hielt für einen Moment inne um seine Worte wirken zu lassen. Doch diesmal war Riku diejenigen, die sich nichts anmerken ließ. „Ich verfolge sie schon eine Weile.“, fuhr er letztlich fort, „Es scheint so, als würden sie die Nachfahren der legendären Helden suchen und töten wollen. Sie haben schon viele Menschen auf dem Gewissen.“ Riku wich erschrocken zurück. War der Kerl in Wahrheit etwa doch nicht so böse, wie sie vermutet hatte? „Es scheint, als hätten sie es nun auf dich abgesehen. Diese Banditen, die dich im Hinterhof angegriffen hatten standen wohl unter ihrem Befehl.“ Riku nickte kaum merklich. Nun passte alles zusammen. Zunächst das merkwürdige Verhalten der Leute, dann diese komischen Banditen und zu guter letzt der Angriff, als sie das Dorf verlassen wollten. „Dann hatten sie es also auf mich abgesehen.“, murmelte sie. Kaji nickte. „Ja, anscheinend bist du auch ein Nachfahre eines legendären Heldes.“ Riku schüttelte den Kopf. Sie konnte es einfach nicht wirklich glauben. Diese Banditen hatten es auf Nachfahren der legendären Helden abgesehen und somit folglich auch auf sie. Kaji wandte sich plötzlich um. „Wir sollten weiter gehen. Wenn wir länger hier bleiben finden sie uns vielleicht noch.“ Riku schaute ihn an. Obwohl seine Geschichte sehr glaubhaft klang, hatte sie das Gefühl, dass irgendetwas daran nicht stimmte. Aber vielleicht täuschte sie sich auch? Sie musste es herausfinden. Vielleicht war es für das Erste wirklich angebracht, ihm zu folgen. Sie wusste ohnehin nicht, was ihr erstes Ziel sein sollte. Sie durfte nur nicht zulassen, dass er sie täuschte. Sobald sie die Wahrheit über seine Geschichte herausgefunden hatte, würden sich ihre Wege trennen. Sie wusste jedoch nicht, dass Kaji zum Teil Recht behalten sollte. Die verlassenen Häuser Vaults warfen ihre Schatten auf ihn, als er die Stadt erreicht hatte. Er wusste nicht, warum ihn seine Schritte dorthin geführt hatten. Er hatte nur das Gefühl gehabt, dass irgendetwas geschehen würde. Und wie so oft, hatte er sich diesem Gefühl hingegeben und die Stadt betreten. Jedoch musste er feststellen, dass er wohl zu spät gekommen war. Er trat an eine Hauswand, zog einen seiner schwarzen Lederhandschuhe aus und berührte sie. Die Wand fühlte sich rau und sandig an. Fast so, als wäre die Stadt schon seit Ewigkeiten verlassen. Er brauchte nicht lange um zu verstehen, was vorgefallen war. Es waren ganz bestimmt sie gewesen. Er wandte sich von der Hauswand ab und zog seinen Handschuh wieder an. Nur ein außergewöhnlich starker Wind-Adept war dazu in der Lage, eine Geisterstadt so aussehen zu lassen, als wäre sie schon lange in ihrem Zustand. Er war sich jedoch sicher, dass Vault erst seit kurzem so war. Schließlich war er einigen Kaufmännern begegnet, die zwischen den beiden großen Handelsstädten Lunpa und Kalay umherwanderten. Was für eine Ironie, schoss es ihm plötzlich durch den Kopf. Früher war Lunpa einmal die Stadt der Diebe gewesen und nun gehörte sie zu den drei Handelsmächten auf ganz Weyard. Und alle Händler, die nach Lunpa wollten, hielten zunächst eine Rast in Vault. Sonst verliefen sich nur selten Leute dorthin. Also waren die, die er verfolgte wohl als Händler getarnt in die Stadt gekommen. Andere Leute wären zu sehr aufgefallen. Er ließ sich seufzend auf den Boden nieder und lehnte sich an die Hauswand. Sein Blick schweifte gen Himmel. Nicht mehr lange würde es dauern und die Nacht würde eintreten. Es wäre ein Fehler, sich jetzt noch auf den Weg nach Vale zu begeben. Obwohl es nur einen halben Tag dauern würde, bis er dort ankommen würde. Nachts waren die Straßen zu gefährlich. Es wäre sicherer, die Nacht in einem der Häuser zu verbringen. Vielleicht würde er so auch mehr über die Geschehnisse in Vault erfahren. Er stand auf und betrat eines der Häuser, das sich im Zentrum der ehemaligen Stadt befand. Ein Erdbeben erschütterte die Gegend und kurz darauf waren sämtliche Monster erledigt. Riku wischte sich erschöpft den Schweiß von der Stirn. Jetzt wusste sie, was Kaji gemeint hatte, als er sagte, es wäre zu gefährlich alleine zu reisen. Sobald die Sonne untergegangen war, wimmelte es nur so von Monstern! Riku war mit ihren Kräften schon ziemlich am Ende und sie fühlte sich erschöpft. Lange würde sie mit ihrer Psynergy nicht mehr aushalten können. Sie drehte sich zu Kaji um, der nur wenige Meter entfernt die letzten fledermausähnlichen Monster mit Hilfe von Feuerbällen ins Jenseits beförderte. Er musste ein außergewöhnlicher Kämpfer sein, wenn er auch jetzt noch seine Psynergy nutzen konnte, ohne auch nur für einen kurzen Augenblick schwer zu atmen! Sie schüttelte den Kopf. Er war ihr zwar nicht geheuer, aber sie musste für den Augenblick mit ihm auskommen. Ohne seine Hilfe wäre sie bestimmt längst nicht so weit gekommen. Nachdem er auch die letzte Fledermaus besiegt hatte, ließ er sein Schwert in die Scheide gleiten und winkte sie zu sich. Was bildete sich dieser Kerl ein, sich wie der Anführer aufzuspielen? Sie versuchte ihre Wut zu verbergen. Nur die Ruhe Mädchen, für den Augenblick musst du mit ihm noch klar kommen, sagte sie sich immer wieder. Widerwillig trat sie an seine Seite. „Wir sind bald in Vault“, sagte er, „dort können wir den Rest der Nacht verbringen. Es ist besser, wenn wir bei Tag reisen.“ Riku schaute ihn genervt an. „Als wenn ich das nicht schon bemerkt hatte.“, sagte sie gereizt. Der Kerl lächelte zwar, sagte aber nichts weiter. Wie konnte er nur in einer Situation wie dieser noch lächeln? Sie wurde aus ihm einfach nicht schlau. Aber eines musste sie ihm lassen, er kannte sich gut auf Weyard aus, gestand sie sich ein. Es hatte wirklich nicht lange gedauert, bis sie eine Stadt erblicken konnten. Riku irritierte es nur, dass sie in keinem der Häuser Licht erkannte. Möglicherweise war es wohl doch schon später, als sie vermutet hatten. Nachdem sie und Kaji die ganze Nacht aus Vale geflohen waren hatten sie noch eine kürzere Pause eingelegt um für einen kurzen Augenblick zu schlafen. Riku hatte natürlich kein Auge zu gemacht, bei einem Kerl wie ihm konnte man nicht vorsichtig genug sein. Demzufolge war ihr Weg bis Vault ein wenig länger gewesen und so hatten sie nicht wie gewöhnlich einen halben Tag, fast einen ganzen gebraucht. Riku störte das aber recht wenig, sie liebte es zu kämpfen und die Monster waren ein besseres Training wie die besoffenen Männer, die Riku immer anpöbelten. Kaji setzte sich nach kurzer Zeit wortlos in Bewegung. Irgendwas hatte sich an ihm verändert, stellte Riku fest. Er hatte die ganze Zeit über gut gelaunt gewirkt und sein Lächeln hatte auch dazu beigetragen. Doch jetzt wirkte er auf einmal angespannt und sein Gesicht zeigte nicht einmal Anzeichen eines Lächelns. Als sie durch die Stadt gingen, verstand sie seine Anspannung. Die Stadt war leer. Riku schaute sich genauer um. Es wirkte fast so, als wäre die Stadt schon seit langer Zeit verlassen. Aber irgendetwas stimmte da nicht, hatten sie nicht erst vor kurzem noch von Händlern aus Vault Lebensmittel bekommen? Außerdem wusste sie, das Vale und Vault schon lange in Verbindung standen. Was war also passiert? Sie drehte sich unwillkürlich um und schaute zu einem der Häuser. War da nicht etwas? Oder hatte sie es sich nur eingebildet? Im Augenwinkel glaubte sie, in einem der Fenster eine Gestalt zu sehen. „Da ist jemand“, flüsterte sie. Kaji ließ sich nichts anmerken. „Möglicherweise jemand von denen, die für das ganze hier verantwortlich sind. Lass dir nichts anmerken.“, antwortete er. Riku gefiel sein überheblicher Tonfall nicht, aber er hatte Recht. Wenn es jemand von ihnen war, mussten sie auf der Hut bleiben. Etwas stimmte hier nicht, stellte Kaji fest. Waren Kaen und die anderen etwa schon vor ihnen hier gewesen? Nein, das war unmöglich. Es war nicht ihr Stil, an einen Ort zurück zu kehren, an dem sie bereits etwas getan hatten. Aber wer befand sich nun in diesem Haus? Leise schlich er zum Hinterausgang. Diese Fremden waren ihm nicht geheuer, vor allem nicht dieser Kerl. Er hatte sie sich ganz genau angeschaut. Es war eine etwa siebzehn jährige junge Frau mit langen hellblonden Haaren und blauer Kleidung. An ihr hatte er nichts Auffälliges spüren können, außer dass sie wie er ein Adept war. Das war zwar gewiss mittlerweile eine Seltenheit, aber trotzdem nichts Ungewöhnliches. Was ihn zur Vorsicht trieb war ihr Begleiter. Er war sich zwar nicht sicher, aber er glaubte bemerkt zu haben, dass er eine bunte Hautfarbe hatte. Welche genau wusste er jedoch nicht. War es etwa möglich, dass es einer von ihnen war? Aber was hatte er dann mit dieser Frau zu schaffen? Er musste es herausfinden. Er umklammerte seinen Stab fester, als er sich in den Schutz des Schattens direkt neben der Hintertür an die Wand drückte. Es reichte vollkommen die beiden Fremden außer Gefecht zu setzen und sie dann zu verhören. Sie zu töten wäre unnötig und würde ihm ohnehin nichts bringen. Das einzige, was ihm ein paar Sorgen bereitete, war die Tatsache, dass beide Krieger waren. Er hasste es, gegen Krieger kämpfen zu müssen. Seine körperlichen Fähigkeiten waren nur halb so ausgeprägt wie die der Schwertschwinger. Er hatte sich schon immer mehr auf seine Psynergy verlassen. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sie zu überraschen. Er hielt die Luft an, als er die Aura des Jungen spürte. Bald würden sie hier sein. Jetzt war der perfekte Augenblick, um sich für einen Angriff vorzubereiten. Er konzentrierte sich auf den Wind und versuchte, ihn noch für einige Zeit ruhig zu lassen. Lange hatte es gedauert, bis er seine Psynergy so weit kontrollieren konnte, dass er andere damit überraschen konnte. In Momenten wie diesen war er auch froh, dass er so lange dafür Trainiert hatte. Langsam bewegte sich die Türklinke nach unten. Sein Körper spannte sich an. Nur noch einen Augenblick, dann würde er den Wind loslassen können. Er musste noch einen Augenblick durch halten. Die Tür öffnete sich sehr leise und beinahe hätte er es übersehen. Egal mit wem er es zu tun hatte, er verstand sein Handwerk! Er versuchte keinen Laut zu machen, als er wenige Schritte zur Seite wich. Der Fremde schob sich bereits durch die Tür, während sie noch zur Hälfte geschlossen war. Im Moment wäre es ein Fehler, den Wind loszulassen. Erst wenn die Tür komplett geöffnet wäre, könnte er etwas ausrichten. Er blieb an einem Fenster stehen. Die Tür war nun fast ganz geöffnet und er konnte dem Fremden schon fast in die Augen schauen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen! Er riss seine Hand in die Höhe um sie nur einen Herzschlag später auf den Fremden zu richten. Sofort reagierte der Wind und beförderte ihn mit einer heftigen Windböe wieder nach draußen. Für diesen Augenblick hatte er gesiegt! Riku hatte Mühe, dort stehen zu bleiben wo sie war. Die Windböe, die plötzlich aufgekommen war, war so stark, dass sie selbst sie beinahe von den Beinen riss. Kaji wiederum wurde gegen die nächste Hauswand geschleudert. Noch im Aufstehen zog er sein Schwert und nickte ihr zu. Riku verstand, was er ihr sagen wollte. Derjenige, der sich im Haus befand musste Psynergy beherrschen. Es würde nicht leicht werden, ihn zu besiegen. Sie ließ ihre Hand zum Schaft ihres Schwertes wandern und konzentrierte sich. Wenn der Fremde Psynergy anwandte konnte sie es auch! Nur wenige Herzschläge konzentrierte sie sich, dann stieß sie ihr Schwert in die Erde und löste wieder ein Erdbeben aus. Diesen Augenblick ausnutzend sprang Kaji an ihr vorbei direkt ins Haus, nur um von einer weiteren Windböe herausgeschleudert zu werden. Riku musste sich ein Schmunzeln verkneifen. Es gefiel ihr, wie dieser überhebliche Typ es wie ein Kind immer wieder versuchte, in das Haus zu kommen, obwohl er keine Chance hatte. Rikus Blick wanderte zu einem Fenster. Solange der Fremde im Haus mit Kaji beschäftigt war, würde er sich mit Sicherheit nicht um andere Wege kümmern. Sie musste ihn einfach nur überwältigen! Sie schaute zu Kaji herüber. Zum ersten Mal sah sie, dass er außer Atem war! „Halte noch einen Augenblick durch“, dachte sie bei sich. Als sich Kaji wieder aufraffte, schlich sie sich leise zum Fenster, hielt sich aber noch in den Schatten. Erst als Kaji wieder vorstürmte, schlug auch sie mit dem Schaft ihres Schwertes das Fenster ein und sprang in das Haus. Der Fremde wirkte für einen Augenblick überrascht, jedoch hatte er sich schnell wieder gefasst. Er wich zurück und konzentrierte sich. Riku ließ ihm aber keine Zeit, erneut Psynergy anzuwenden. Sie stürmte schnell vor und schlug ihm seine Waffe aus der Hand. Der Fremde fluchte, versuchte es aber nicht weiter zu beachten und nur kurze Zeit darauf wurde Riku von ihm weggedrängt. Er konnte seine Psynergy gut kontrollieren. Aber obwohl er sie so gut kontrollieren konnte, auch seine Kräfte ließen nach. Riku erhaschte einen flüchtigen Blick auf Kaji. Er hatte es wohl mittlerweile aufgegeben in das Haus eindringen zu wollen. Sie hatte kein Problem damit, sie hasste es sowieso, wenn sich jemand in ihren Kampf einmischte. Diesmal würde sie den Kampf beenden! Als der Wind nachgelassen hatte, riss sie ihr Schwert in die Höhe und stürmte auf den Fremden zu. Dieser hatte sich erneut vorbereitet und es würde nur einen Augenblick dauern, bis er seine Psynergy wieder anwandte. Doch diesmal war Riku vorbereitet. Sie täuschte einen Hieb von oben vor, jedoch nicht auf den Fremden. Als er den Wind wieder stärker werden ließ, rammte sie ihr Schwert in den Boden und klammerte sich daran fest. Gleichzeitig ließ sie ihre Psynergy durch das Schwert in den Boden fließen. Der Fremde staunte nicht schlecht, als er feststellen musste, dass sich kleine Ranken um seine Beine schlangen. Riku nutzte den Augenblick, schnellte vor und hielt dem Fremden das Schwert an die Kehle. Er spürte die Klinge des Schwertes an seiner Kehle. Sie war besser als er gedacht hatte. Er hatte sich viel zu sehr auf den Kerl konzentriert gehabt und ganz vergessen, dass er noch eine Begleitung hatte. Das hatte er nun davon. „Wer bist du?“, fragte das Mädchen. Der Junge seufzte. Er hasste diese negative Aura, die sie ihm gegenüber ausstrahlte. Andererseits hatte er das Gefühl, tief in ihrem inneren etwas Dunkles zu spüren. Etwas, was sie versuchte zu verbergen. „Man nennt mich Taiki.“, sagte er schließlich. Er wollte es nicht riskieren, diese dunkle Seite des Mädchens heraufzubeschwören. Nun betrat auch der sichtlich angeschlagene Junge das Haus. „Was ist hier geschehen? Hast du etwas damit zu tun?“, fragte das Mädchen. „Nennt mir zuerst eure Namen, dann werde ich euch alles erzählen.“ Das Mädchen machte Anstalten etwas zu sagen, der Junge jedoch deutete ihr, dass sie Taiki gewähren lassen sollte. Nur widerwillig löste sie das Schwert von seiner Kehle. Anscheinend war der Junge der Anführer der beiden. „Mein Name ist Kaji und das ist…“, begann der Junge. „Riku.“, antwortete das Mädchen knapp, während sie ihr Schwert in die Scheide zurück schob. „Also gut, Riku und Kaji“, begann Taiki. „Ich weiß nicht, was ihr hier wollt, aber wie ihr seht ist Vault seit geraumer Zeit nur noch eine Geisterstadt.“ Der Junge nickte, während das Mädchen wieder irgendetwas vor sich hin murmelte. Taiki ignorierte sie einfach. „Warum kamst du hierher?“, fragte Kaji. Taiki schaute ihn an. Er konnte im gedämpften Mondlicht nur den Brustpanzer des Jungens erkennen. „Ich hatte eine Ahnung, dass hier etwas geschehen würde, kam aber anscheinend zu spät.“ Er deutete nach draußen. „Es sieht so aus, als wäre die Stadt schon seit längerer Zeit verlassen, doch der Schein trübt. Ich schätze es sind nur zwei oder drei Tage vergangen, seit das geschehen ist.“ „Wenn alles nur wenige Tage her sein soll“, meldete sich Riku zu Wort, die sich an eine Wand gelehnt hatte, „wie erklärst du dir dann die Tatsache, dass hier alles voller Staub ist?“ Er hatte damit gerechnet, dass ausgerechnet sie diese Frage stellen würde. Sie hatte ihn schon die ganze Zeit so misstrauisch angeschaut und es war ihm auch klar, dass sie nicht mal ihrem Begleiter vollends vertraute. „Dafür gibt es eine einfache Erklärung.“, sagte er. Das Mädchen schaute ihn an. „Und die wäre?“ Er glaubte für einen Augenblick, ihre Augen hätten die Farbe von Wasser. Aber das lag wohl nur an der Dunkelheit, schließlich beherrschte sie die Psynergy der Erde und nicht die des Wassers. „Psynergy.“, antwortete er knapp. Er merkte, wie das Mädchen für einen Augenblick die Fassung verloren hatte. Der Junge jedoch blieb ruhig. Zu ruhig nach Taikis Geschmack. Irgendetwas stimmte mit ihm nicht. „Es handelt sich um einfache Wind-Psynergy.“, fuhr er letztendlich fort. „Allerdings muss sie ein sehr starker Adept angewandt haben, nicht jeder ist dazu in der Lage, einen ganzen Ort mittels Psynergy in eine Geisterstadt zu verwandeln.“ Das Mädchen nickte. „Damit könntest du Recht haben. Dort wo ich her komme war auch eine mächtige Art von Psynergy am Werk.“, sagte sie. Taiki hatte das Gefühl, dass sie ihm ein wenig mehr vertraute. Er war sich sicher, dass er dem Mädchen eher vertrauen konnte wie dem Jungen. „Was war das für eine Art von Psynergy?“, wollte er wissen. Nun meldete sich der Junge zu Wort. „Es wirkte so, als wäre das ganze Dorf unter der Kontrolle einer einzelnen Person gewesen. Oder vielleicht auch mehrere, jedenfalls waren die Bewohner nicht sie selbst.“ Taiki nickte. „Dann scheint es sich wohl um ein und denselben Adepten zu halten.“ Das Mädchen trat etwas näher an Taiki heran. Anscheinend hatte sich Riku ein wenig beruhigt gehabt. „Das heißt, wir verfolgen wohl dieselben.“, sagte sie. Nun schaute Kaji sie verwirrt an, was Taiki überraschte. War letztendlich doch das Mädchen die Anführerin? „Wisst ihr“, begann Riku, „mir sind diese Kerle nicht ganz geheuer. Sie schaffen es, aus einer belebten Stadt binnen weniger Tage eine Geisterstadt zu erschaffen und schaffen es sogar, ein ganzes Dorf zu kontrollieren. Da muss mehr dahinter stecken.“ Taiki nickte zustimmend. „Das sehe ich auch so. Ich hörte schon öfter von einer Gruppe, die Orte einfach so grundlos angriffen. Irgendwas müssen sie vorhaben.“ Nun nickte Riku ihrerseits, sagte jedoch nichts. Taiki bemerkte, dass sie ihren Begleiter anschaute und er tat es ihr gleich. Kaji hatte sich von den beiden ein wenig abgewandt und wirkte in Gedanken versunken. Taiki spielte für einen Augenblick mit dem Gedanken, seine Gedanken zu lesen. Da es sich bei dem Jungen jedoch um einen Adepten handelte, würde das wohl oder übel schief gehen. Er konnte ihn aber auch nicht aus den Augen lassen. Irgendetwas stimmte mit dem Jungen nicht, das sagte ihm sein siebter Sinn. Er fasste einen Entschluss. „Ich werde euch begleiten.“, sagte er. Er merkte, wie Riku entnervt ausatmete. „Nicht noch einer!“ Taiki schaute sie an. Es war offensichtlich, dass sie die Reise am liebsten alleine antreten würde. „Wir verfolgen dasselbe Ziel. Selbst wenn sich unsere Wege trennen werden wir uns irgendwann wieder begegnen. Außerdem haben wir mehr Chancen gegen sie, wenn wir ihnen gemeinsam gegenüber treten.“ Im Augenwinkel bemerkte er eine Regung Kajis. „Er hat Recht. Wir können jeden Verbündeten gebrauchen.“ Taiki hatte für einen Augenblick das Gefühl, dass Kaji es nicht ganz ernst meinte, aber er war sich nicht sicher. Riku verdrehte die Augen. „Macht doch was ihr wollt“, sagte sie genervt, während sie in Richtung Treppe ging. „Aber dass ihr mir ja nicht auf dumme Gedanken kommt, ich kenne euch Kerle!“, mit diesen Worten verschwand sie in den ersten Stock, wo sie sich offensichtlich einen Platz zum schlafen suchte. Der Junge seufzte. „Was habe ich mir nur dabei gedacht.“ Taiki warf ihm einen Blick zu, sagte aber nichts weiter. Er lehnte sich an die Wand gegenüber dem Jungen an um ihn zu beobachten. Es war offensichtlich, dass auch der Junge ihm nicht traute. So standen sie nun die ganze Nacht über, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Kapitel 4: Wahrheit ------------------- Bei den ersten Sonnenstrahlen kam Riku bereits zurück ins Erdgeschoss. Sie hatte sich den ersten Stock genauer ansehen wollen um vielleicht etwas darüber herauszufinden, was genau in Vault geschehen war. Als sie allerdings nicht fündig wurde, hat sie sich einfach oben zur Ruhe gelegt – weit weg von diesen nervigen Kerlen. Sie traute ihnen beiden nicht. Kaji weil er aus Prox stammte und Taiki weil dieser undurchschaubar war. Sie wusste nie, was er gerade dachte und das beunruhigte sie. Es war ihr immer noch schleierhaft, warum Kaji ihn mit auf die Reise nehmen wollte. Na ja, an sich war es Riku ja egal, ihr wäre es sowieso am liebsten wenn sie alleine wäre, aber mittlerweile bezweifelte sie, dass der Grund sie „nicht alleine gehen lassen“ zu wollen nicht der einzige. Die Jungs verbargen etwas vor ihr und das passte ihr ganz und gar nicht. Als sie den Raum erreichte in dem sie die Jungs zurück gelassen hatte, stellte sie fest dass die beiden anscheinend nicht von ihren Plätzen gewichen und eingeschlafen waren. Sie schlussfolgerte daraus, dass sie sich gegenseitig genauso wenig vertrauten, wie Riku ihnen. Seufzend verließ sie das Haus durch die Hintertür. Bloß weg von diesen undurchsichtigen Kerlen! Ihr Weg führte sie quer durch die Stadt, vorbei an zerstörten Häusern und verstaubten und ausgetrockneten Brunnen. Ein Gefühl machte sich in ihr breit, das sie vor Jahren in ihrem Herzen versperrt geglaubt hatte: Trauer. Sie musste an die Menschen denken, die bis vor kurzem in Vault gelebt hatten und wie sie sich nun fühlen mussten. Ob es auch Tote bei dem Vorfall gab? Sie schüttelte eifrig den Kopf. Es gab keinen Grund jetzt Melancholisch zu werden! Sie musste stark sein, wie sie es sich vor fünf Jahren geschworen hatte, als sie das Erbe ihrer Mutter an sich genommen hatte. Von diesem Tag an hatte sie fünf Jahre lang Psynergy und den Schwertkampf trainiert, nur um irgendwann aus Vale fliehen zu können. Eigentlich sollte sie froh darüber sein, dass sie endlich diesen Schritt geschafft hatte! Sie setzte sich auf die Mauer eines Brunnens und ließ den Blick über den Platz schweifen. Der Boden war mit weißem Stein gepflastert, zumindest vermutete sie das, da es der Staub ihr nicht leicht machte zu unterscheiden. Überall um den Platz herum befanden sich zerfallene Buden und Geschäfte, anscheinend war Markt als das Massaker geschehen war. Sie drehte sich um und betrachtete den Brunnen genauer. Als Wasserspeier hatte man einen Drachen ausgewählt, was eigentlich selten für Weyard war. Drachen galten gemeinhin als ausgestorben, worüber die meisten Bewohner auch froh waren. Riku hatte vom Geschichtenerzähler öfter mal Geschichten über Drachen gehört, die ganze Dörfer und Städte vernichtet hatten. Als Kind hatte sie an Drachen geglaubt und sich gewünscht, einer von diesen würde auch mal nach Vale kommen. Jetzt wusste sie es aber besser: es gab keine Drachen mehr und wenn doch, dann versteckten sie sich so gut, dass sie bisher noch nicht gefunden wurden. Zumindest war das ihre Theorie. Sie stand auf und klopfte sich den Staub von ihrem Rock. Es gab noch mehr als nur den Marktplatz zu erkunden und sie wollte versuchen so viel wie möglich zu entdecken, bevor die Jungs wieder erwachten. Ihr kam wieder ihr Gespräch mit Kaji in den Sinn. Er hatte gestanden, dass er diejenigen kennt, die für das alles verantwortlich waren. Irgendwie konnte sie es ihm nicht wirklich glauben, dass er sie wegen ihren Missetaten verfolgt. Irgendetwas anderes musste sie verbinden, nur was wusste sie nicht genau. In dieser Hinsicht konnte sie vielleicht diesem Taiki eher vertrauen… Andererseits wusste sie von ihm noch weniger als von Kaji. Taiki verfolgte zwar dieselben Leute, aber aus welchem Grund? Was brachte es ihm eine Gruppe wildfremder Menschen zu verfolgen? Klar, sie taten in Dörfern und Städten anscheinend was sie wollten und hinterließen eine Spur der Verwüstung, aber war das wirklich alles? Es wollte ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen, dass etwas Größeres dahinter steckte, als nur diese merkwürdige Gruppe. Die Stunden verstrichen während Riku durch die verlassene Stadt lief und ihren Gedanken nach hing. Sie stellte immer mehr fest, wie wenig sie doch von Kaji wusste und fragte sich mittlerweile, warum sie eigentlich noch mit ihm unterwegs war. Immerhin kannte sie ihn nicht! Und wenn sie genauer darüber nachdachte, dann fiel ihr auf, dass ihr Gefühl ihr eher sagte, dass sie Taiki vertrauen sollte. Sie erreichte einen Hügel, von dem aus sie die ganze Stadt überblicken konnte. Es gab kein Haus, das noch normal aussah, alle sahen alt aus, auch wenn sie noch nicht verfallen waren. Sie konnte nicht sagen woran es lag, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, als hätte sie so etwas ähnliches schon einmal erlebt, vor langer Zeit… Oder bildete verwechselte sie da nur etwas? War das in ihrer Erinnerung nicht einfach nur eine Wüste, in der es von Sandstürmen wimmelte? Sie konnte es nicht mehr so genau sagen. Ihr Kopf schmerzte plötzlich. Was war das nur, was sie da sah? Was war das für eine Wüste? Und was waren das für Gestalten, die sie in den Sandstürmen erblickte? Die Bilder verschwanden genauso schnell wie sie gekommen waren, als sie plötzlich von jemandem an der Schulter berührt wurde, was sie abrupt hochschrecken ließ. Sie wandte sich um, die Hand auf den Knauf ihres Schwertes legend, nur um in die erschrockenen Augen Kajis zu blicken. „Warte, ich will dir doch nichts tun!“, sagte er. Riku atmete erleichtert aus, sie hatte für einen Augenblick befürchtet es wäre sonst wer. Sie zwang sich zu einem Lächeln, was ihr sichtlich schwer fiel. „Erschreck mich nicht so“, sagte sie knapp. Kaji schaute sie zunächst noch irritiert an. „War irgendetwas? Du warst so sehr in Gedanken, dass ich dachte ich solle Taiki diese mal lesen lassen“, erwiderte er auf Taiki zeigend, der etwas weiter entfernt von den beiden an einem Baum anlehnte und sie ansah. Riku versuchte Taiki nicht anzustarren, was ihr schwer fiel da er ihr ebenfalls tief in die Augen blickte. „Nicht das ich wüsste“, murmelte sie und versuchte sich von Taiki abzuwenden. Sie war sich nicht sicher, ob sie Kaji so sehr vertrauen konnte, dass sie ihm von ihrem Flashback erzählen konnte. Kaji hob die Schultern und seufzte. „Hätte ich mir eigentlich denken können.“ Er wurde abrupt ernst. „Das ist jetzt aber nicht so wichtig, wir müssen etwas mit dir besprechen.“, sagte er und winkte Taiki zu sich. Riku schaute ihn irritiert an. „Hab’ ich was verpasst? Seit wann versteht ihr euch so gut?“, fragte sie. Kaji wollte gerade etwas erwidern, als Taiki ihm zuvor kam: „Wir verfolgen anscheinend dasselbe Ziel.“ Riku stutzte. Das wusste sie doch ohnehin schon, schließlich verfolgte Taiki genauso wie sie und Kaji eine merkwürdige Gruppe, oder etwa nicht? Als wenn Taiki ihre Gedanken gelesen hätte, fragte er an Kaji gewand: „Hast du es ihr noch nicht erzählt?“ Er schüttelte knapp den Kopf. „Was meint ihr damit? Ich dachte wir verfolgen diese merkwürdige Gruppe, die für das hier verantwortlich ist!“, sie zeigte auf die Stadt, die sich vor ihnen ausbreitete. Taiki nickte. „Das auch.“, erwiderte er knapp. Sie wurde langsam wütend. Was glaubten die eigentlich wer sie sind, dass sie ihr einfach ihre wahren absichten verheimlichten? „Und was ist das andere?“, wollte sie wissen und klang nun merklich gereizter wie zuvor. Taiki allerdings blieb ruhig. „Hast du es schon gemerkt?“, erwiderte er mit einer Gegenfrage. Riku stutzte, wurde aber gleich darauf wieder gereizt. „Jetzt hör auf in Rätseln zu sprechen, komm endlich zum Punkt!“ Taiki wandte seinen Blick von ihr. „Ich dachte du wärst eine Adeptin, aber mir scheint als hättest du von Psynergy nicht den Hauch einer Ahnung.“, antwortete er. Rikus Hand wanderte erneut zu ihrem Schwert. „Willst du dich etwa über mich lustig machen?“, sagte sie wütend. Kaji legte beruhigend die Hand auf ihre Schulter. „Beruhige dich.“, sagte er und schaute ihr ernst in die Augen. Riku seufzte und Zwang sich zur Ruhe. „Ist ja schon gut, jetzt sag endlich was los ist!“, sagte sie an Taiki gerichtet. Taiki schaute ihr wieder in die Augen, schwieg allerdings zunächst. Es kam ihr so vor, als wollte er abwarten ob sie vielleicht doch noch etwas zu sagen hatte. Allerdings verstand sie immer noch nicht, was er mit seiner Frage gemeint hatte und das machte sie wütend. Aber sie versuchte ruhig zu bleiben, sie konnte gut darauf verzichten von dem Kerl mit der roten Haut zurecht gewiesen zu werden! Als Taiki merkte, dass von Riku immer noch keine Antwort kam, sagte er: „Die Psynergy, hast du nicht gemerkt, dass sie langsam geschwächt ist?“ Riku stutzte. Daran hatte sie gar nicht gedacht! Es gefiel ihr zwar nicht, aber wenn sie recht überlegte… „Wenn ich recht überlege“, antwortete sie überlegend, „habe ich schon gemerkt, dass ich mich immer stärker konzentrieren musste um meine Psynergy anwenden zu können.“ Taiki nickte bestätigend. „Wie ich mir gedacht habe“, mutmaßte er. Riku schaute zunächst zu ihm, dann zu Kaji. „Wie mir scheint wisst ihr auch woran das liegt.“, meinte sie. Kaji nickte, die Antwort übernahm allerdings Taiki: „So ist es.“ Er umfasste seinen Stab fester und blickte Riku fest in die Augen. Es kam ihr erneut so vor, als wollte er abwiegen ob er ihr vertrauen konnte oder nicht. „Es liegt an den Leuchttürmen“, sagte er letztendlich. „Die Leuchttürme?“, fragte Riku irritiert. Sie hatte zwar davon gehört, dass die Leuchtfeuer die Psynergy im Gleichgewicht hielten, aber davon dass sie der Grund für das Abschwächen der Psynergy waren hatte sie noch nie gehört. „Die Leuchtfeuer werden allmählich schwächer“, fuhr Kaji fort, „wir wissen nicht genau woran es liegt, aber es scheint als wäre beim entfachen der Leuchtfeuer ein Mechanismus nicht wirklich in Gang gekommen.“ Riku wurde noch verwirrter. „Mechanismus?“, war das einzige, das über ihre Lippen kam. „Die Leuchtfeuer werden mithilfe der Elementar-Sterne entfacht“, fuhr Taiki fort, „diese wurden vor fünfhundert Jahren zu den Leuchttürmen gebracht wo sie noch immer sind. Da die Psynergy zu der Zeit zunächst noch gestärkt wurde und sich nur ganz langsam abgeschwächt hatte, glaube ich, dass dieser Mechanismus erst mit den Jahren außer Kraft gesetzt wurde.“ „Also willst du damit sagen, dass die Leuchtfeuer zunächst so „funktioniert“ haben wie sie sollten und erst nach den Jahren an Kraft verloren“, schlussfolgerte Riku. Taiki nickte. „Es scheint ganz so, das würde zumindest erklären, warum nicht vorher schon jemand etwas unternommen hat.“ „Die Frage ist nur: wie kam es dazu, dass der Mechanismus erst kurze Zeit später außer Kraft gesetzt wurde“, fügte Kaji hinzu. „Und wie es dazu kam, dass die legendären Helden es nicht bemerkt hatten“, ergänzte Taiki. „Vielleicht haben sie es nicht bemerkt“, meinte Riku, „weil sie selbst genug um die Ohren hatten? Ich kenne mich mit der alten Legende zwar nicht aus und wenn ich ehrlich bin interessiert sie mich nicht sonderlich, aber meinem Wissen nach war auch nach dem Entfachen der Leuchtfeuer nicht alles geklärt. Da gab es noch die ganzen Monster die durch Weyard streiften und auch heute noch streifen.“ Taiki nickte, schien aber nicht ganz derselben Meinung zu sein. „Das ist möglich, aber ich denke da etwas anders.“ Er hielt für einen Augenblick inne um seine Gedanken zu sammeln. „Es gibt doch diese Legende, dass dieser Alex damals unter dem Aleph-Berg begraben wurde, zusammen mit einem Teil der Goldenen Sonne. Vielleicht hat er irgendwie verhindert, dass sie das mitbekommen hatten.“ „Wenn dem so wäre“, ergänzte Riku, „dann wäre es für ihn doch auch ein leichtes Gewesen, sich zu befreien und damals schon Rache zu nehmen.“ Taiki zuckte mit der Schulter. „Ich kann es nicht beurteilen, immerhin wurde er vom alten Weisen versiegelt. Es ist schwer zu sagen, ob dieser nicht vielleicht auch gleich seine Psynergy versiegelt hat.“ „Das ist doch eigentlich alles egal“, mischte sich Kaji ein, „wichtiger ist es doch jetzt erst mal, dass wir schauen wie wir die Leuchtfeuer erneuern können.“ Taiki nickte zustimmend und auch Riku nickte, wenn auch etwas zögernd. „Das Mars-Feuer ist bereits erneuert“, sagte Taiki, es war keine Frage. Kaji nickte. „Ja, allerdings weiß ich nicht, wie das mit dem Mechanismus funktioniert.“ „Also hat es jemand anderes übernommen“, sagte Riku. Sie schaute Kaji direkt an. Irgendetwas verbarg er, da war sie sich sicher. Allerdings ließ er sich nicht im Geringsten anmerken, was das sein könnte. Kaji nickte. „Also fehlen nur noch der Merkur-, Venus- und Jupiter-Leuchtturm“, schlussfolgerte Taiki. Kaji schaute ihn fragend an und auch Riku wandte ihren Blick auf den Wind-Adepten. Bevor allerdings einer von den beiden etwas sagen konnte, antwortete Taiki ihnen bereits: „Mein Bruder und ich waren auf dem Weg zum Jupiter-Leuchtturm um zu überprüfen, warum sein Leuchtfeuer immer schwächer wird.“ Er hielt für einen Augenblick inne. „Als wir allerdings den Leuchtturm erreichten, wurden wir urplötzlich von einem Drachen angegriffen.“ Sowohl Riku als auch Kaji zuckten bei den Worten zusammen. „Ein Drache?“, fragte Kaji verwirrt. Taiki nickte. „Ja. Obwohl Drachen als ausgestorben gelten scheint es immer noch welche zu geben.“ „Und dieser Drache hat euch den Weg blockiert“, schlussfolgerte Riku. Taiki nickte erneut. „So ist es. Natürlich haben wir versucht gegen den Drachen zu kämpfen, allerdings fällt es uns Wind-Adepten schwer gegen ein Wesen des Feuers zu kämpfen, wir unterlagen also.“ Kaji begann zu grübeln. „Deswegen konntet ihr das Leuchtfeuer des Jupiter-Leuchtturmes nicht entfachen. Uns bleibt wohl erst mal keine andere Wahl, wir müssen zunächst den Merkur- und den Venus-Leuchtturm übernehmen.“ Riku zuckte unbeteiligt mit der Schulter. „Macht doch was ihr wollt, ich habe nicht die geringste Lust, mich mit so etwas wie einem Drachen anzulegen, selbst wenn es ein interessanter Kampf werden könnte.“ Sowohl Kaji als auch Taiki schauten sie an. „Ihr braucht mich doch sowieso nicht“, sagte sie leicht gereizt, „immerhin kennt ihr die Einzelheiten und ich verstehe kein Wort, von dem was ihr sagt.“ „Das stimmt nicht ganz“, antwortete Kaji. „Er hat Recht, denn um einen Leuchtturm betreten zu können benötigen wir einen Adepten des jeweiligen Elements.“ Riku schaute sie zunächst überrascht an, doch dann verstand sie, warum das ganze Theater! Kaji hatte von Anfang an vor, mit ihr zum Venus-Leuchtturm zu gehen, damit sie ihm den Eintritt dorthin verschaffte. „Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass ich vor habe…“, sie beendete den Satz nicht vollständig, da sie merkte, dass es ohnehin nichts brachte. Sie seufzte resignierend. „Na gut, ich habe ohnehin nichts anderes vor. Aber ich warne euch.“ Sie ließ ihre Hand bedrohend zu ihrem Schwert gleiten. „Wenn ihr mir nur einmal zu Nahe kommt, verarbeite ich euch zu Hackfleisch, verstanden?“ Taiki schmunzelte. „Es liegt mir ohnehin fern, Bekanntschaft mit deinem Schwert zu machen.“ Kaji schaute sie aus dem Augenwinkel an und berührte die kleine Narbe an seiner Wange. „Wenn du nicht mehr als das zu bieten hast, brauche ich mir ja keine Sorgen zu machen.“ Riku warf ihm einen bösen Blick zu. „Was soll das heißen?!“ Nur wenige Meter von ihnen entfernt auf einem Bewachungsturm befand sich eine Gestalt, umhüllt in einen schwarzen Umhang die die Gruppe beobachtete. Ihr Blick ruhte vor allem auf Riku. Die Gestalt wusste ganz genau, warum der Blick von Riku sie so in Rage versetzte, schließlich war sie die Person, die er so lange gesucht hatte. Allerdings wäre es jetzt zu früh, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Zunächst musste er seine Kräfte sammeln, die nach all den Jahren immer noch nicht vollständig erwacht waren. Erst wenn das Feuer des Merkur-Leuchtturmes wieder erneuert war, wozu er selbst noch nicht in der Lage war, würde er sich mit ihr messen können. Er beobachtete sie noch einen Augenblick, dann wandte er sich ab. Leise drangen Worte von seinen Lippen, woraufhin er verschwand, nur um wenige Meter entfernt wieder zu erscheinen. Als er außer Sichtweite war, warf er seine Kapuze zurück. Silberblaue Haare kamen zum Vorschein und auch sein noch nicht vollständig zu Fleisch gewordenes Gesicht konnte man nun erkennen. Hier und da war es noch verfault, aber das würde bald vergehen. Schließlich war es schon ungewöhnlich genug, nach fünfhundert Jahren immer noch auf Erden zu wandeln. Und es würden noch über fünfhundert weitere Jahre werden, sobald er seinen Plan in die Tat umgesetzt hatte, dem war er sich sicher. Immerhin war er Alex, der jenige der vor fünfhundert Jahren eigentlich in den Besitz der goldenen Sonne hätte kommen sollen, dieser aber kurz zuvor beraubt wurde. Sobald er sie aber besaß, sollten alle die auf diesem widerlichen Planeten lebten dafür büßen. Büßen, für all das Leid, das er all die Jahre ertragen musste. Und diese drei Personen… nein, eigentlich vier, nur hatte sich die vierte noch nicht eingefunden. Diese vier Personen wollte er Leiden sehen, nur dafür hatte er all die Jahre gelebt. Und er würde weiter Leben, bis sein Ziel erreicht war, das hatte er sich geschworen und dafür würde er kämpfen. Kapitel 5: Der Tunnel nach nirgendwo ------------------------------------ Nach einiger Zeit hatte die Gruppe beschlossen, dass sie zunächst nach Imil reisen sollten. Da vor fünfhundert Jahren das Feuer des Merkur-Leuchtturmes als erstes entfacht wurde, hatte es Taiki für am wichtigsten gehalten, zuerst dieses Feuer zu entfachen. Kaji war dagegen gewesen, da er es für schwer hielt, einen Merkur-Adepten zu finden. Nachdem sich aber Riku ebenfalls dafür ausgesprochen hatte, da der Merkur-Leuchtturm wesentlich schneller zu erreichen war als der Venus-Leuchtturm hatte er sich geschlagen gegeben und so hatten sie sich auf den Weg nach Norden begeben. Allerdings hatte sich dieser Weg als schwerer erwiesen, als sie gedacht hatten, denn als sie den Verbindungstunnel von Vault und Bilibin erreicht hatten, mussten sie feststellen, dass dieser von Efeu versperrt gewesen war. „Ich habe doch gleich gesagt, wir sollten zuerst nach Lalivero zum Venus-Leuchtturm!“, murmelte Kaji, als er sich die Efeu-Ranken genauer betrachtete. „Jetzt ist es zu spät, also Maul nicht herum.“, erwiderte Riku gereizt. „Wir hätten ohnehin keine Ahnung, wie wir das innere des Leuchtturmes erreichen sollten“, ergänzte Taiki, „es heißt das Fundament sei vollkommen zerstört und außerdem ist ein Teil des Landes, das an den Leuchtturm grenzte, weggeschwemmt worden nachdem das Leuchtfeuer entfacht wurde.“ Kaji drehte sich zu den beiden um und schaute sie wütend an. „Das weiß ich doch selbst verdammt! Wenn ihr euch schon so gut mit dem ganzen auskennt, dann sagt mir, wie wir diesen verdammten Efeu beseitigen sollen!“ Er deutete mit der Hand auf den versperrten Höhleneingang. Riku musste sich ein schmunzeln verkneifen. Es war das erste Mal, seit sie Kaji kennen gelernt hatte, dass sie ihn richtig wütend erlebt hatte. Sie waren zwar noch nicht sonderlich lange zu dritt unterwegs, aber irgendwie hatte sie sich mit Taiki anfreunden können, obwohl sie ihm immer noch sehr misstraute. Anders als bei Kaji wusste sie wenigstens, was Taikis Ziele waren und sie war sich sicher, dass es auch wirklich seine Ziele waren. Bei Kaji war sie sich immer noch nicht sicher, was vielleicht auch daran lag, dass dieser aus Prox stammte und sie von klein auf von ihrem verhassten Vater gelernt hatte, dass sie Leuten aus Prox nicht trauen durfte. Und sie hatte es zum Teil auch am eigenen Leib erfahren, denn es war schon öfter vorgekommen, dass die Bewohner Prox’ Vale angegriffen hatten. Im Alter von vierzehn Jahren hatte Riku begonnen zu helfen, allerdings war ihre Hilfe stets abgelehnt worden, da sie ja eine Frau war. Es brachte sie immer noch zur Weißglut wenn sie nur daran dachte, wie kühl ihr die Bewohner gegenüber immer waren. Bis auf Daichi waren alle irgendwie… verbohrt gewesen. Erst jetzt fiel Riku auf, wie zurückgeblieben die Bewohner Vales doch waren. Sie glaubten zwar alle an die alte Legende, in der auch Frauen als Krieger erwähnt wurden, aber sie selbst waren stets der Meinung gewesen, Frauen seien nur da um Kinder zu gebären und die Männer zu bekochen. Riku hatte so etwas gehasst! Sie hatte schon immer die Abenteuer geliebt, weshalb sie sich auch heimlich dem Schwertkampf gewidmet hatte. Allein Daichi hatte sie dabei unterstützt, wenn auch gegen den Willen seiner Eltern. „Verdammt noch mal!“, Kajis lauter Schrei riss Riku urplötzlich aus ihren Gedanken. Die Efeu-Ranken glühten immer noch vom Feuer-Angriff, den Kaji augenscheinlich auf sie gestartet hatte. Allerdings schienen die Pflanzen unbeeindruckt davon zu sein, was eigentlich ungewöhnlich für die Pflanzen war. „Was sind das für verdammte Pflanzen, die sich weder durch Schwerthiebe noch durch Feuerbälle vernichten lassen?!“ Er wandte seinen Blick au Riku. „Kannst du es mal mit deiner Erd-Psynergy versuchen? Ich habe echt keine Lust hier ewig rum zustehen!“ Riku schaute ihn genervt an. „Schrei mich nicht so an, ich kann doch auch nichts dafür!“, protestierte sie. Kaji schnaufte wütend, sagte aber nichts weiter und machte Riku Platz, die an ihm vorbeistapfte um den Efeu zu entfernen. Bevor sie ihn aber berühren konnte, hielt sie plötzlich inne. „Was ist denn auf einmal?“, fragte Kaji, allerdings zeigte sie keine Reaktion. Er wedelte mit seiner Hand vor ihrem Gesicht herum, jedoch reagierte sie nicht. Kaji warf einen verwirrten Blick auf Taiki, der anscheinend genauso ratlos war wie er. „Hey Riku, lass den Scheiß!“, sagte er und versuchte halbwegs ruhig zu klingen. Riku reagiert wieder nicht. Ihr Blick ging ins Leere, in eine Zeit lange bevor sie geboren worden. Sie selbst war nicht zugegen gewesen, als die Szenerie geschehen war, die sich vor ihrem geistigen Auge abspielten. Kaji wollte gerade einen weiteren versuch starten sie zur Besinnung zu bringen, als Riku ihre Hand, mit der sie den Efeu berühren wollte, senkte und zurück trat. „Erd-Psynergy bringt uns hier auch nicht weiter“, sagte sie. Es klang fast so, als wäre es nicht sie selbst, die dort sprach. Kaji schaute sie verwirrt an. Ihr Blick ging immer noch ins Leere und doch bewegte sie sich wie immer und auch ihre Stimme war dieselbe, allerdings war da etwas in ihrer Stimme, das ihn verwirrte. Er wusste jedoch nicht, was genau es war und woran es lag. Riku trat vom Höhleneingang zurück und wandte sich Taiki zu. „Wind-Psynergy ist in der Lage den Efeu zu entfernen.“, sagte sie, immer noch mit dieser seltsam fernen Stimme. Taiki musterte sie eindringlich, als wollte er abwägen ob es sich wirklich um die Riku handelte, die er seit zwei Tagen kannte. Irgendetwas stimmte mit ihr nicht, da war er sich sicher und er wusste auch, das Kaji das bemerkt hatte. Zögernd trat er an ihre Seite und warf ihr noch einen Blick zu. Wieder glaubte er, in ihren Augen für den Bruchteil einer Sekunde Wasser zu sehen, doch auch dieses Mal war er sich sicher, dass er es sich nur eingebildet hatte. Oder doch nicht? Er schüttelte den Kopf. Es war jetzt nicht die Zeit, sich wegen so etwas Gedanken zu machen, er musste diese Efeu-Wand entsorgen. Riku trat noch weiter zurück, immer noch den Blick in ihr inneres gekehrt. „Mit Wind lässt sich der Efeu weg wehen“, murmelte sie kaum hörbar. Taiki allerdings verstand, was sie da sagte. Er schloss die Augen und konzentrierte sich, nur um kurze Zeit darauf direkt bei der Efeu-Wand einen kleinen Wirbelsturm zu entfachen, der die Blätter und Ranken munter wegblies. Kaji staunte nicht schlecht, als sich vor ihnen der schlecht beleuchtete Durchgang auftat. Riku blinzelte plötzlich und schaute sich verwirrt um. War sie nicht eben noch vor der Efeu-Wand um diese beiseite zu schaffen? Sie schaute dorthin, wo der Efeu bis eben noch war. „Ihr habt ihn weg geschafft?“, sagte sie überrascht. Kaji schaute sie verwirrt an. „Du hast uns doch selbst gesagt, wie wir es zu machen haben.“ Nun sah Riku ihrerseits ihn verwirrt an. „Woher soll ich das bitteschön wissen?“ „Was weiß ich, ich weiß nur, dass du es uns eben gesagt hast.“ „Das ist doch jetzt nicht so wichtig“, unterbrach Taiki die beiden. Kaji nickte. „Stimmt, der Weg ist frei wir sollten weiter gehen.“ Riku seufzte entnervt. Sie verstand nicht, was da eben vor gefallen war. Es war fast so, als hätte sie eine Erinnerungslücke und sie wusste nicht woran das lag. Sie blieb noch einen Augenblick draußen stehen und schaute sich um, ob nicht vielleicht der starke Wind-Adept in der Nähe war. Als sie allerdings nichts ausmachen konnte, folgte sie ihren Begleitern in die dunkle Höhle. Die Wände des Tunnels schimmerten rötlich, zumindest vermutete Riku dass sie rötlich waren, denn das wenige Licht das ihnen den Weg erhellte, reichte nur gerade so weit, dass sie nicht gegen die nächst Beste Wand liefen. Vereinzelt kamen ihnen laut schreiende Fledermäuse entgegen und zwischendrin konnten sie auch das Plätschern des Flusses hören, der durch den Tunnel floss. Sie redeten kaum ein Wort, während sie durch den Tunnel gingen und es dauerte auch einige Zeit, bis sie sich an das schwache Licht gewöhnt hatten. Riku war ganz froh darüber, als sie halbwegs dazu in der Lage war, den Weg zu erkennen. Sie war gewiss niemand der schnell Angst bekam und sie hatte auch bestimmt keine Angst, aber es war ihr sehr unangenehm durch den Tunnel zu gehen. Den beiden Jungs die vor ihr gingen sah sie auch an, dass diese alles andere als begeistert von dem Tunnel waren. Aber sie alle bissen die Zähne zusammen und gingen den Weg, den sie gemeinsam begonnen hatten. Wenn Riku genauer darüber nachdachte, bemerkte sie, dass sie eigentlich in ihrem ganzen Leben noch nie eine richtige Aufgabe hatte. Sie war schon immer irgendwie „unnötig“ gewesen hatte sie geglaubt. Es tat gut, endlich eine Aufgabe zu haben, auch wenn sie sich lieber eine andere Begleitung gewünscht hätte. Plötzlich blieb Taiki stehen, der an erster Stelle ging. Da er die besten Sinne hatte, hatten sie sich darauf geeinigt, dass es wohl am besten wäre ihn vorne gehen zu lassen. „Was ist los?“, fragte Kaji an Taiki gerichtet. Dieser deutete ihnen zu schweigen und lauschte einige Zeit in die Dunkelheit hinein. „Hört ihr das?“, fragte er nach geraumer Zeit. Riku und Kaji warfen sich gegenseitig einen Blick zu und schüttelten dann den Kopf. Taiki drückte sich ein wenig gegen die Wand und ging ein paar Schritte weiter. „Ich höre Stimmen, es ist noch jemand in dieser Höhle.“, flüsterte er. Riku quetschte sich an Kaji vorbei und lauschte ebenfalls, konnte aber nichts hören. „Vielleicht irrst du dich und das sind nur wieder irgendwelche Fledermäuse?“ Taiki schüttelte den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht. Ich kann es ganz deutlich hören, dass es sich um Menschen handelt, nur nicht um wie viele.“ Jetzt drängte sich Kaji seinerseits an Riku vorbei, oder zumindest versuchte er es, denn der Gang war nicht breit genug, damit zwei Menschen nebeneinander Platz hatten und Riku stand bereits unmittelbar hinter Taiki. Sie warf Kaji einen bösen Blick zu, als dieser neben ihr stehen blieb und sie gegen die Wand drängte. Widerwillig zwängte sie sich zurück hinter Kaji. Sie wollt sich gerade beschweren, als plötzlich die Wände und der Boden zu rütteln begannen. „Was ist das?“, kam stattdessen über ihre Lippen, als sie angestrengt versuchte sich auf den Beinen zu halten. Auch die Jungs hatten Mühe auf den Beinen zu bleiben. „Keine Ahnung!“, keuchte Kaji angestrengt, als er sich an die Wand drückte. Taiki schwieg dazu. Riku kam es so vor, als würde er immer noch lauschen ob er herausfinden konnte, was sich vor ihnen befand. Sie hatte gerade einen halbwegs festen Stand gefunden, als auf einmal Steine begannen von der Decke zu fallen. Alarmiert wandte sie sich an Taiki: „Jetzt ist nicht die Zeit auf irgendwelche Geräusche zu hören! Wir müssen hier weg!“ Als Taiki immer noch keine Anstalten machte sich zu bewegen, drückte Kaji ihn einfach weg. „Sie hat Recht, wir müssen hier verschwinden!“, rief er über den Lärm hinweg. Es war so, als wäre Taiki plötzlich aus einer Erstarrung erwacht. „Ja, ihr habt Recht!“, rief er nur um einen Augenblick später seinen Weg durch die am Boden liegenden Steine zu bahnen, dicht gefolgt von seinen Freunden. Die Erde hatte mittlerweile aufgehört zu beben, dennoch stürzten immer mehr Steine von der Decke. Mittlerweile war der Weg wenigstens mittlerweile breit genug, damit die drei nebeneinander laufen konnten – auch wenn es ihnen mittlerweile ziemlich egal war. „Kannst du nicht versuchen, die Felsen mit deiner Psynergy irgendwie zu stoppen?“, fragte Kaji völlig außer Puste an Riku gerichtet, die rechts neben ihm lief. Riku warf ihm einen bösen Blick zu. „Bis ich die Psynergy soweit gesammelt habe, sind wir schon erschlagen!“ „Dann streng dich gefälligst an!“ „Das sagt sich so leicht! Dein Leuchtturm erstrahlt ja schon wieder richtig!“ „Das hat nichts mit dem Leuchtturm zu tun! Das ist eine Frage des Willens!“ „Hört auf euch zu streiten und lauft!“, wies Taiki die beiden zu Recht und wie um seinen Worten Ausdruck zu verleihen stürzte unmittelbar vor ihnen die Decke ein. Sie konnten nur geradeso verhindern gegen die Felsen zu laufen. „Da haben wir den Salat!“, murmelte Taiki. „Wenn es da nicht weiter geht, dann gehen wir einfach…“, sagte Kaji, allerdings konnte er den Satz nicht beenden, da in eben diesem Augenblick die Wand hinter ihnen ebenfalls einstürzte. „So viel dazu…“, kommentierte Kaji und fing sich dabei erneut einen bösen Blick Rikus ein, den er allerdings ignorierte. „Beruhigt euch wieder“, sagte Taiki, als wüsste er, dass sich wieder ein Streit anbahnte. Anstatt auf ihn zu hören, begannen Riku und Kaji allerdings lautstark miteinander zu streiten, wobei sie ihren dritten Gefährten völlig ignorierten. Taiki warf ihnen einen dunklen Blick und sagte bedrohlich ruhig: „Ich möchte mich nur ungern wiederholen!“ Obwohl sie seine Worte nicht wirklich verstanden hatten, schien die dunkle Aura die von ihm ausging zu reichen um sie zur Vernunft zu bringen – wenn auch eher widerwillig. Zunächst schauten die beiden Streithähne schweigsam zu, wie Taiki die Felshaufen überprüfte. Dann jedoch erhob Kaji das Wort: „Die Steine können wir wohl schlecht bei Seite schieben.“ Riku schaute ihn entnervt an. „Das fällt dir aber früh auf.“ Es passte ihr gar nicht eingesperrt zu sein. Immer wieder wanderte ihr Blick durch den engen Gang, auf dem sie eingesperrt war. Sie hasste dunkle enge Räume und es fiel ihr zunehmend schwerer, gegen ihre Platzangst anzukämpfen. Geschweige denn ihre Angst zu verbergen. Immer wieder versuchte sie dem Drang zu widerstehen, wie aufgebracht zu schreien oder sich auf den Boden zu werfen. Sie hoffte nur, dass keiner der Jungs ihr Herzklopfen hörte. „Vielleicht solltest du es mit deiner Psynergy versuchen, Riku.“, die Worte Taikis ließen sie aufschrecken. Die Jungs schauten sie an. „Ist irgendwas?“, fragte Kaji. Riku schüttelte den Kopf. „Nein, gar nichts. Also, ich soll die Steine mit Psynergy beseitigen, richtig?“ Sie trat vor die Felsen und versuchte sich zu konzentrieren, was ihr diesmal zunehmend schwer fiel. Ihre Gedanken kreisten zunächst noch nur um ihre alten Erinnerungen, bis sie sich zur Ruhe zwang. Sie musste sich ablenken, sonst könnte sie nicht auf die Psynergy zurückgreifen. Allmählich wurde ihr Atem langsamer und auch ihr Herz schlug nicht mehr so fest. Sie legte ihre Hand auf die Steinwand und ließ ihre Psynergy langsam in die Steine einfließen. Zum ersten Mal in ihrem Leben fiel ihr dabei auf, wie schwerfällig es doch ging. Sie mussten unbedingt schnell die Leuchtfeuer erneuern, man weiß nie, wofür die Psynergy noch gebraucht wird. Kaji und Taiki schauten mit genügend Abstand zu. „Hast du ihre Gedanken vorhin gelesen?“, fragte Kaji, gerade mal leise genug damit Riku ihn nicht verstehen konnte. Während er und Taiki beraten hatten, wie es weiter gehen sollte, war ihnen aufgefallen dass Riku wieder so abwesend schien. Sie hatten beschlossen es zu versuchen und so hatte Taiki ihre Gedanken gelesen, sie wollten beide wissen, was mit Riku von Zeit zu Zeit los war. Doch Taiki schüttelte nur den Kopf. „Ihr Kopf war leer, anscheinend war sie wirklich nur ein wenig abwesend.“, sagte er. Kaji schaute ihn einen Augenblick an, dann blickte er wieder zu Riku. „Verstehe“, war alles was er sagte. Taiki war froh, dass er nicht gemerkt hatte, dass dieser gelogen hatte. Aber er war sich sicher, dass es Riku nicht gepasst hätte, wenn er Kaji von ihren Gedanken erzählen würde. Selbst er hatte sich gewünscht, er hätte nie angefangen ihre Gedanken zu lesen. Aber immerhin verstand er jetzt, wieso die Kriegerin so war wie sie ist. Das machte ihm alles leichter. Es schien als wäre eine halbe Ewigkeit vergangen, bis die ersten Steine sich begannen zu bewegen. Riku hatte die Augen fest zusammen gekniffen um nicht weiter an ihre momentane Situation denken zu müssen. In ihrem Kopf stellte sie sich vor, wie die Felsen sich allmählich mit der Wand verbanden und ihnen so den Weg frei machten. Allerdings war das leichter gedacht als getan, denn die Psynergy floss wirklich nur ganz langsam in die Steine. Ob es aufgrund der Tatsache dass es ein Tunnel war noch schwerfälliger ging wie beispielsweise im Wald? Sie schüttelte unmerklich den Kopf. Weg mit diesen Gedanken, so etwas konnte sie im Moment nun wirklich nicht gebrauchen! Das einzige was sie tun musste, war einen Weg durch diese verdammten Felsen zu erschaffen – und das würde sie auch tun, da war sie sich sicher! Nach geraumer Zeit begannen die Felsen zu bröckeln – nur um im nächsten Augenblick vollständig zu zerfallen. Obwohl niemand jubelte, konnte man der Gruppe doch ansehen, dass sie erleichtert waren. Riku atmete erschöpft aus. „Wurde aber auch Zeit“, sagte sie. Es kam ihr so vor, als hätte sie ihre ganze Psynergy auf einmal aufgebraucht, was wohl kaum geschehen sein konnte. Taiki trat als erstes durch das geöffnete Loch. Im vorbeigehen sagte er noch zu ihr: „Du solltest dich ein wenig ausruhen, es scheint als habe es deine ganze Kraft aufgebraucht.“ Riku schaute ihm hinterher. Sie wollte schon etwas erwidern, verkniff es sich jedoch, da sie wusste, dass er Recht hatte. Nach Taiki quetschte sich Kaji an ihr vorbei. Er sagte zwar nichts schenkte ihr aber ein anerkennendes Lächeln. Zum ersten Mal seit sie ihn kannte, war es sogar eine Geste, die sie nicht zur Weißglut trieb. Allmählich bekam sie sogar das Gefühl, dass sie und Kaji sich ähnlicher waren, als sie vielleicht Anfangs gedacht hatte. Doch stur wie sie ist, wollte sie das nicht wahr haben und verdrängte den Gedanken so gleich wieder. Nachdem sie den Weg frei gemacht hatten, dauerte es nicht mehr lange bis sie das Ende des Tunnels erreicht hatten. Das helle Sonnenlicht blendete sie, da sie ihre Augen noch an die Dunkelheit gewöhnt waren. „Ich hätte nicht gedacht, dass wir die Sonne je wieder sehen“, gestand Kaji, was Riku schmunzeln ließ. „Sie einer an, da hatte wohl jemand echt Schiss da drinnen, was?“, sagte sie schelmisch. Kaji lächelte sie verschwörerisch an. „Ach ja? Wer hat sich in der Höhle beinah in die Hose…“ Er schaute sie genauer an. „Pardon, ich meine natürlich in den Rock gemacht?“ Riku lief rot an. „Was soll das schon wieder heißen?!“, rief sie mehr oder weniger wütend. Denn im Grunde war sie wirklich froh, endlich wieder am Tageslicht zu sein und das ohne, dass ihre Platzangst Oberhand gewonnen hatte. „Ich unterbreche euch nur ungern“, sagte Taiki plötzlich, „aber euch scheint entgangen zu sein, dass wir nicht alleine hier sind.“ Riku und Kaji schauten sich plötzlich um und nun konnten sie es auch sehen: vereinzelt blitzten aus den Bäumen Pfeile hervor, die auf sie gerichtet waren. „Ein Hinterhalt“, raunte Riku. „Dann hattest du also doch Recht damit, als du sagtest, du würdest Stimmen hören.“, sagte Kaji zu Taiki, als er seine Hand zu seinem Schwert wandern ließ. Riku tat es ihm gleich, doch Taiki versuchte sie davon abzuhalten. „Ich halte es für keine gute Idee, ihnen jetzt schon zu zeigen dass wir wissen dass sie da sind.“, sagte er. Riku ließ widerwillig ab von ihrer Waffe. „Und was sollen wir sonst tun?“, fragte sie im Flüsterton, „Uns einfach von ihnen abschießen lassen oder was?“ Taiki grinste verschwörerisch. „Darum werde ich mich kümmern. Tut einfach so als hättet ihr sie nicht bemerkt.“ Riku schaute ihn zweifelnd an und auch Kaji war nicht begeistert von der Idee, letztendlich taten sie aber doch was Taiki ihnen gesagt hatte – und gingen einfach weiter ohne auf irgendeinen Angriff vorbereitet zu sein, wenn auch sehr angespannt. Als sie einige Meter vom Höhleneingang entfernt waren, prasselten auch schon die ersten Pfeile auf sie nieder. Riku und Kaji griffen instinktiv zu ihren Schwertern um sie abzuwehren, allerdings blieben die Pfeile einige Meter von ihnen entfernt in der Erde stecken. „Sieh einer an, Wanderer in unserem Gebiet.“, lachte eine Stimme hinter ihnen. Sofort drehten sich Riku und Kaji um, Taiki wandte lediglich den Kopf zu dem Kerl, der ihnen dort aufgelauert hatte. „Ganz schön dreist einfach in unser Gebiet einzudringen“, lachte dieser. Riku schaute ihn entnervt an. „Findet ihr es nicht dreist, einfach fremden aufzulauern?“, sagte sie mit einem kämpferischen Lächeln auf den Lippen. Sie begutachtete den Kerl genau. Er trug Lumpen und eine verbeulte Rüstung, anscheinend Diebesgut. Seine Haare hatte er fast komplett abrasiert, lediglich ein kleiner Zopf auf seinem Hinterkopf und der Schnauzbart waren noch beharrt. Seine freiliegenden Arme waren von Narben übersäht, die zeigten dass er schon einige Schlachten geführt hatte. Er schaute Riku für einen kurzen Augenblick in die Augen, wandte sich dann aber an die Jungs. „Ich hoffe ihr versteht eure Lage“, sagte er gehässig. Er hob einen Arm, woraufhin die Bogenschützen in den Bäumen neue Pfeile auf ihre Bogen spannten. „Wenn ihr uns euer ganzes Geld überlässt lassen wir euch friedlich ziehen.“ Sein Blick wanderte zu Riku, die er ganz genau betrachtete. Sie hatte für einen Augenblick das Gefühl, als würde er sie mit seinen Augen ausziehen, was sie sogleich wütend machte. „Und das Weib könnt ihr auch hier lassen, wir haben schon lange keine Weiber mehr hier gehabt.“ Man konnte schallendes Gelächter aus den Bäumen hören. Riku umfasste ihr Schwert fester. Langsam reichte es, sie hasste Kerle wie ihn, die nur an das eine dachten! Dem würde sie schon Manieren beibringen! Als sie allerdings losstürmen wollte, hielt Taiki sie zurück. Sie warf ihm einen wütenden Blick zu, bemerkte dann allerdings, dass nicht nur die Bogenschützen eine Gefahr für sie waren. Für einen Augenblick hatte sie Schwerter und Äxte zwischen den Bäumen aufblitzen sehen. Wäre sie blindlings vorgestürmt hätten diese sie gewiss in mehr als zwei Teile geteilt. Sie zwang sich zur Ruhe und trat einen Schritt zurück, woraufhin Taiki vor trat. „Es tut mir Leid Euch enttäuschen zu müssen.“, sagte er und klang dabei ganz ruhig, was den Banditen sichtbar verärgerte. „Wir haben nicht vor, Euch überhaupt irgendetwas zu geben.“ Der Kerl grinste höhnisch. „Pah, wie ihr wollt!“ Er ließ den Arm sinken, woraufhin eine weitere Salve Pfeile auf sie zuschoss, nur um von einem Wirbelsturm aus ihrer Bahn geworfen zu werden. Der Typ schaute ungläubig zu den Pfeilen. „Das war nur Glück!“, knurrte er und bedeutete den Bogenschützen erneut zu schießen, wieder mit demselben Ergebnis. „Verstehe“, murmelte Kaji. Riku schaute zunächst ihn und dann Taiki an und jetzt fiel es ihr auch auf: es war nicht irgendeine Windböe die die Pfeile aus der Bahn warfen – Taiki hatte seine Psynergy angewandt! Manchmal kam es ihr wirklich so vor, als würde sie einfach vergessen, dass es Psynergy gab. Nachdem auch ein drittes und viertes Mal die Pfeile einfach weggeweht wurden, hatte der Glatzkopf die Schnauze gewaltig voll. „Na wartet!“, brummte er, als er eine gewaltige Axt zog. Wie auf ein unhörbares Kommando kamen nun auch die Kerle zum Vorschein, die sich mit ihren Waffen im Wald versteckt hatten. Riku schätzte, dass es sich um etwa zweidutzend Krieger handelte, die aus den Bäumen mit Äxten, Schwertern und Bögen bewaffnet zum Vorschein kamen. „Na das kann ja heiter werden“, sagte sie. Jetzt zog auch Kaji sein Schwert. „Tja, wir hätten eigentlich damit rechnen müssen, dass es so viele sind.“, meinte er. Auch Taiki machte sich zum Kampf bereit. „Ich werde versuchen weiterhin die Pfeile abzuwehren, mehr kann ich für euch im Moment nicht tun.“, gestand er. „Pah!“, machte Riku, „mit denen werden wir locker fertig.“ „Das werden wir ja noch sehen. Achte aber darauf, dass du nicht auf einmal zusammenklappst!“, gab Kaji zu bedenken. Riku wollte noch etwas erwidern, als er plötzlich vorstürmte um die erste Reihe Krieger zu bekämpfen. „Das ist mal wieder typisch“, murrte sie. ‚Aber er hat Recht’, fügte sie in Gedanken hinzu, denn sie fühlte sich noch immer geschwächt vom Einsatz ihrer Psynergy kurz zuvor. Um sich keine weiteren Gedanken über Kaji machen zu müssen, stürmte sie vor und schlug mit ihrem Schwert gegen das eines Diebes, der geradewegs au sie gezielt hatte. Er grinste sie schelmisch an, als sie sich verkeilt hatten. „Na na na, ein Weib wie du sollte lieber am heimischen Herd stehen.“, lachte er und leckte sich dabei die Zähne, als er auf Rikus Brüste schaute. Riku drückte ihn wütend weg. „Du wirst gleich sehen, was dein „Heimchen am Herd“ mit dir macht!“, sagte sie, als sie ihr knie mitten in sein Glied rammte. Der Kerl keuchte erschrocken auf und sank zu Boden, Tränen standen ihm in den Augen. Riku starrte ihn an. „Lass dir eins gesagt sein: nicht jede Frau ist so gehorsam wie ihr verdammten Männer es gerne hättet!“ Sie bekam allerdings nicht die Gelegenheit sich über den Kerl lustig zu machen, denn da waren schon die nächsten beiden da, die sich mit ihren Schwertern und Äxten auf sie stürzten. Riku tauchte unter dem Angriff hinweg, rollte sich über die Schulter ab und schlug dem Schwertkämpfer mit der Flachen Seite des Schwertes in den Nacken, sodass dieser nach vorne Torkelte – mitten in die Axt seines Kameraden, die ihm einen Arm abtrennte. Der Kerl schrie vor Schmerzen auf und drückte seine freie Hand auf den verbleibenden Teil des Armes. Allerdings kam da auch schon der zornrote Axtkämpfer, der Riku seine Axt gegen ihren Brustpanzer rammte, was sie zurück torkeln ließ. „Na warte du Miststück!“, fluchte er, als er einen erneuten Angriff auf Riku startete, dem sie allerdings wieder ausweichen konnte. Ihr Atem ging stoßweise und erst jetzt bemerkte sie, wie erschöpft sie doch war. Sie musste diesen Kampf schnell beenden! Der Axtkämpfer ließ seine Axt in einem weiten Bogen auf seine Gegnerin sausen, die geradeso mit ihrem Schwert abwehren konnte. Für einen kurzen Augenblick schaffte sie es, einen Blick auf ihre Gefährten zu erhaschen. Während sich Taiki mit seiner Psynergy gegen die Bogenschützen zur Wehr setzte, hatte Kaji den Kampf mit dem Anführer gewidmet. Insgesamt waren mit ihrem Gegner noch fünf Banditen kampffähig, der Rest rekelte sich am Boden oder war bewusstlos. „Wo schaust du denn hin, Süße?“, spottete ihr Gegner plötzlich, als er sie mit voller Wucht gegen den nächsten Baum schleuderte. Riku spürte einen pochenden Schmerz im Rücken und für einen Augenblick blieb sie benommen dort liegen. Sie blinzelte um die Benommenheit weg zu bekommen, allerdings fiel es ihr zunehmend schwerer. Ihre Energiereserven waren fast aufgebraucht, lange hielt sie es nicht mehr durch! Langsam klärte sich ihr Blick wieder und sie erkannte, wie der Axtkämpfer langsam auf sie zukam, bereit die Axt auf sie niedersausen zu lassen. „Du wirst für das büßen, was du meinem Kameraden angetan hast!“, sagte er. Riku biss die Zähne zusammen und konzentrierte sich auf ihre Sinne. Einen Angriff mit dem Schwert konnte sie nun nicht mehr starten, aber vielleicht war sie wenigstens in der Lage den Kerl mit ihrer Psynergy zu besiegen – selbst wenn sie damit ihre letzten Kraftreserven aufbrauchen würde. Langsam ließ sie ihre Hand auf die Erde sinken und konzentrierte sich. Der Kerl war nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, als er direkt vor ihr war blieb er stehen. Verachtend schaute er auf sie herab. „Sprich dein letztes Gebet!“, waren die letzten Worte die er sprach, bevor er die Axt auf sie niedersausen ließ. Auf diesen Augenblick hatte Riku gewartet! Sie entfesselte die angesammelte Psynergy in der Erde und murmelte: „Stalagmit.“ Ein leichtes Beben war unter dem Axtkämpfer zu spüren, der mit schreckensweiten Augen auf den Boden schaute. Nur einen Herzschlag später stach eine gewaltige Steinspitze aus der Erde, die den Kerl durchbohrte. Er schaute sie ein letztes Mal mit schreckensweiten Augen an, dann erschlaffte sein Körper und auch der Stalagmit verschwand. Zurück blieb ein reglos am Boden liegender Landstreicher, der mit leeren Augen in den Himmel starrte. Riku stemmte sich am Baum hoch und schaute über die Lichtung. Mittlerweile war keiner der Banditen mehr kampffähig, ca. ein halbes dutzend von ihnen Tod. Sie steckte ihr Schwert zurück in die Scheide und ging dann erschöpft auf die Jungs zu. „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Kaji und Riku glaubte, in seinen Augen Besorgnis zu sehen. Sie nickte. „Ja, ich fühl mich nur ziemlich ausgesaugt.“, gestand sie. Taiki nickte, ihm schien es nicht anders zu gehen. „Es ist nicht leicht in diesen Zeiten Psynergy anzuwenden. Wir sollten uns einen Platz zum ausruhen suchen.“ Riku und Kaji nickten zustimmend. Sie waren alle ziemlich fertig nach dem anstrengenden Marsch durch den Tunnel und den anschließenden Kampf völlig erschöpft. Eine Pause würde ihnen allen nun gut tun, sowohl körperlich als auch geistlich. Kapitel 6: Aufruhr in Bilibin ----------------------------- Kommentar: Bevor dieses Kapitel beginnt möchte ich mich zunächst dafür entschuldigen, dass es so lange gedauert hat, bis diese Fortsetzung kam. Ich war persönlich mit dem Anfang des Kapitels nicht ganz zufrieden, hab ihn jetzt aber so belassen wie er war. Hoffentlich gefällt euch das Kapitel, ich wünsche euch viel Spaß beim lesen ^^. Und Danke für die Kommentare und Favoriten, das treibt mich nur noch mehr an, diese Geschichte weiter zu schreiben =3 Kapitel 6 „Aufruhr in Bilibin“ Erschöpft kauerte sie im nahen Gebüsch und beobachtete angespannt das große, krötenähnliche Monster, das unmittelbar vor ihrer Nase durch den Wald stapfte. Sie umklammerte ihren Stab fester und strich eine ihrer hellblauen Strähnen aus dem Gesicht, die sich aus ihrem geflochtenen Zopf gelöst hatte. Seit vier Tagen befand sie sich nun in Angara und schon am zweiten Tag hatte dieses Monster ihre Verfolgung aufgenommen. Die ersten beiden Tage hatte sie noch versucht, gegen das Monster zu kämpfen, was sich aber bald als Fehler heraus gestellt hatte. Einmal war sie ihm nur ganz knapp entkommen, weil sie in ein Gebüsch gestolpert war. Von da an hatte sie beschlossen, es mit dem Kämpfen zu unterlassen. Zumal sie selbst wusste, dass ihre Fähigkeiten nicht ausreichen würden, das Wesen zu besiegen. Sie schalt sich still einen Narren, dass sie alleine den Versuch starten wollte den Merkur-Leuchtturm zu erklimmen. Es war doch ohnehin überall bekannt, dass die Leuchttürme von gewaltigen Monstern oder sogar Drachen bewacht wurden. Aber nein, sie hatte es ja ohne Hilfe versuchen wollen. Wie dumm sie doch gewesen war! Sie hielt abrupt die Luft an, als das Wesen seinen Blick dem Gebüsch zuwandte, in dem sie kauerte. Die goldfarbenen Augen weit geöffnet damit ihr auch ja nichts entging schaute sie zu der riesigen Kröte. Lange würde es wohl nicht mehr dauern, bis sie in ihrem Versteck nicht mehr sicher war. Sie musste so schnell wie möglich weg, am besten an einen Ort, an dem die Kröte sie nicht finden konnte! Ihr kam ein Gedanke. Sie versuchte so schnell und leise wie möglich die Karte heraus zu kramen, die sie vor Antritt ihrer Reise erhalten hatte und schaute sie genau an. Nicht allzu weit entfernt befand sich eine Stadt und was noch interessanter für sie war: der Tunnel, der diese Stadt mit einem anderen Teil Angaras verband. Sie versuchte Rückwärts aus dem Gebüsch zu krabbeln – immer die Monsterkröte im Auge behaltend. Ein knacken hinter ihr ließ sie erstarren. Als die Kröte ihr dann unmittelbar in die Augen schaute, gab sie sich keine Mühe mehr sich zu verstecken. Einem Hieb des Monsters ausweichend sprang sie auf die Beine und rannte so schnell sie konnte in die Richtung, die sie auf der Karte gesehen hatte – die Kröte immer dicht hinter sich wissend. „Du warst nicht schlecht, Riku“, sagte Kaji spöttisch, als die drei in einem Gasthaus in Bilibin saßen. Zur Mittagszeit hatten sie die Stadt erreicht und gleich einen Abstecher in die örtliche Schänke getan um etwas mehr über die Geschehnisse auf ganz Weyard zu erfahren. Riku Übergang Kajis Kommentar und wandte sich stattdessen an Taiki: „Wie weit ist es von hier aus noch bis zum Merkur-Leuchtturm?“ Taiki schaute auf eine Karte, die er vor sich ausgebreitet hatte. „Ich vermute es ist ein Vier-Tages-Marsch, vielleicht auch mehr oder weniger, ich kann es nicht so genau sagen.“ Er deutete mit dem Finger auf eines der Gebirge, das Bilibin und Imil voneinander trennte. „Wenn wir Glück haben finden wir einen Tunnel der uns durch die Berge führt, wenn nicht müssen wir wohl oder übel darüber.“ Kaji schaute ebenfalls auf die Karte. „Da hätten wir doch genauso gut auch von Vault aus über die Berge direkt nach Imil gehen können.“, schlussfolgerte er. Er wandte seinen Blick Taiki zu. „Hätten wir diesen Weg gewählt wären wir doch bestimmt schneller in Imil, ist dem nicht so?“ Taiki schüttelte den Kopf. „Meines Wissens nach nicht.“ Kaji schaute ihn fragend an und auch Riku war diese Erkenntnis mehr als seltsam. „Was meinst du damit?“, wollte sie wissen. „Nun“, begann Taiki und senkte seine Stimme, „es heißt in den Gebirgen zwischen Lunpa und Imil sollen sich seltsame Gestalten befinden, die Menschen entführen um ihre Experimente mit ihnen durchzuführen. Niemand weiß genau was das für Experimente sind, es ist mir nur bekannt, dass diese Wesen alle fünf Jahre in Lunpa erscheinen um neue Opfer zu suchen.“ Riku schmunzelte. „Du glaubst doch nicht etwa dieses Ammenmärchen?“ Auch Kaji musste Grinsen. „Das klingt mir mehr nach einer Geschichte, die man unartigen Kindern erzählt.“ Taiki warf ihnen einen düsteren Blick zu und seufzte. „Ich hätte wissen müssen, dass ihr es nicht glaubt.“ Er deutete wieder auf die Karte. „Fakt ist, dass es ein ziemlich beschwerlicher Weg gewesen wäre, direkt von Vault nach Imil wandern zu wollen.“ Er schaute seine beiden Kameraden nun direkt an. „Ich schlage vor wir nutzen den heutigen Tag um unsere Vorräte aufzustocken und uns ein wenig auszuruhen. Der Weg nach Imil ist sehr beschwerlich, wir müssen auf alles gefasst sein.“ Riku seufzte und stand auf. „Wenn wir schon hier sind“, begann sie, „möchte ich auch etwas von dieser Stadt hier sehen. Ihr entschuldigt mich.“ Mit diesen Worten verschwand sie auch schon aus der Taverne und ließ die Jungs alleine zurück. Taiki und Kaji tauschten einen Blick. Kaji musste lachen. „Das ist wohl typisch Riku, immer darauf bedacht alles allein zu machen.“ Taiki war weniger guter Laune, als er ihr hinterher sah. Seit er ihre Gedanken im Tunnel gelesen hatte sah er sie mit anderen Augen. Er verstand nun warum sie ihnen nicht vertraute, auch wenn er das Gefühl hatte, dass das gemeinsame Abenteuer im Tunnel ihre Gemeinschaft wohl ein wenig zusammen geschweißt hatte. Sein Blick wanderte wieder zu Kaji, der die Karte genauer studierte. Anders als bei Riku wusste er auch nach drei Tagen gemeinsamer Reise nicht viel über den Krieger. Das einzige was er festgestellt hatte war, dass Kaji wohl mehr Verbindung zu der mysteriösen Gruppe hatte, wie er ihnen wohl weiß machte. Seine Gedanken wanderten wieder nach Vault. Als er diese Stadt betreten hatte, war ihm gleich aufgefallen, dass es nur sein Werk gewesen sein konnte. Er kannte den Übeltäter, da war er sich ganz sicher, schließlich lebten die meisten Wind-Adepten in Atteka, oder zumindest war ihm nicht bekannt, dass es auch auf den anderen Kontinenten noch Wind-Adepten gab. Seine Gedanken wanderten abrupt zu dem Drachen und dem aussichtslosen Kampf, den sein Bruder und er gegen ihn geführt hatten. Er hatte sich eigentlich nur auf die Reise nach Angara begeben um seinen Bruder zu finden, allerdings hatte er nicht eine Spur von ihm. Das einzige das er wusste war, dass sein Bruder nach dem Kampf mit dem Drachen wie vom Erdboden verschluckt war. Viele hatten ihm gesagt dass er Tod sei, aber Taiki hatte das nicht glauben wollen. Er war sich ganz sicher, dass sein Bruder noch irgendwo am Leben war und er würde ihn finden. Riku atmete tief die Luft ein, als sie endlich die stickige und nach Met und gegartem Fleisch stinkende Taverne endlich verlassen hatte. Dabei hatte sie immer noch ein Grinsen auf den Lippen. Sie waren bereits seit einer halben Woche gemeinsam Unterwegs, sodass sie nicht damit gerechnet hatte, dass Taiki sich solche Geschichten ausdachte. Was sollten das schon für Wesen sein, die Menschen aus Lunpa entführten? Sie selbst hatte auch schon einmal eine solche Geschichte gehört, allerdings stammte das von Müttern, die ihren unartigen Kindern verschärfen wollten, das Dorf nicht zu verlassen. Riku selbst hatte den Worten nie geglaubt. Schließlich gab es keinerlei Beweise dafür, dass diese seltsamen Wesen, wie auch immer sie aussahen, wirklich existierten. Sie streckte sich und ging dann ziellos durch die Stadt. Dabei ließ sie ihre Gedanken schweifen, vor allem die letzten Tage gingen ihr durch den Kopf. Sie dachte an den Kampf mit den Banditen, an die Geisterstadt Vault, daran, wie sie Vale verlassen hatte und Kaji kennen lernte… Und an Daichi. Sie gestand es sich zwar nur ungern ein, aber irgendwie vermisste sie den Krieger. Schon immer waren die beiden zusammen gewesen, seit sie klein waren. Er war der Einzige gewesen, der immer für Riku da war, egal was ihr Vater wieder… Nein, nicht daran denken, ermahnte sich Riku und merkte dabei nicht, wie sich ihre Hand wieder zu Faust ballte. Nur nicht an ihren verhassten Vater denken! Zudem er nicht einmal ihr leiblicher Vater war… Aber das war ohnehin egal. Sie hatte ihn nie als Vater gesehen oder akzeptiert – und wenn sie zurück kehren würde, dann höchstens um ihm zu zeigen, dass sie sich sehr wohl wehren kann! Ihr Blick schweifte durch die Gasse, in der sie sich gerade befand. Als sie feststellte, dass sich dort niemand befand, zog sie ihr Schwert und vollzog ein paar Hiebe in der Luft. Es fiel ihr erstaunlich leicht, sich mit dem Schwert zu lockern. Ob sie wohl etwas stärker geworden war, nach dem Kampf gegen die Banditen? Schlecht war es nicht, denn wenn sie es richtig verstanden hatte, würden sie wohl noch sehr starke Gegner vor sich haben… Für einen Augenblick überlegte Riku, ob sie wieder zurück in die Taverne gehen soll, entschied sich dann aber dagegen. Sie war froh, endlich ein paar Minuten alleine zu sein. Sonst klebte Kaji förmlich an ihr, aber so hatte er wenigstens etwas zu tun… Für einen Augenblick spielte sie sogar mit dem Gedanken, Bilibin zu verlassen und ihre Gefährten hier zurück zu lassen. Doch dann gestand sie sich ein, dass sie es wohl nicht sonderlich weit schaffen würde, auch wenn es sie ärgerte. Fürs erste musste sie wohl noch mit den beiden Jungs auskommen, ob sie wollte oder nicht. Sie seufzte und steckte ihr Schwert wieder in die Scheide. Ein leises zischen war dabei zu hören. Riku mochte das Geräusch, genauso wie sie den Kampf mochte. Bei jeder Verletzung, die ihr zugefügt wurde, spürte sie das Leben in sich. Viel mehr, als sie es in ihrer Kindheit je gespürt hatte… Plötzlich hörte sie einen Schrei, der sie aus ihren Gedanken aufschreckte. Alarmiert blickte sie sich um. Es hatte nicht so geklungen, als wäre der Schrei direkt aus der Stadt gekommen… Sie blickte zur Mauer, an der sie entlang gegangen war. Wer auch immer geschrien hatte musste sich außerhalb der Stadt befinden! Ohne groß über ihr Handeln nachzudenken lief sie los, direkt auf das Stadttor zu. Sie lief an den Soldaten Bilibins vorbei und stellte mürrisch fest, dass diese nicht einmal Anstalten machten, ihren Posten zu verlassen. Aber eigentlich sollte ihr das nur Recht sein, sie konnte es nicht leiden, wenn ihr jemand im Kampf dazwischenfunkte. Schnell wandte sie sich in die Richtung, aus der sie den Schrei vermutete. Es war fast so, als würden ihre Beine sie selbst führen. Sie konnte es selbst nicht kontrollieren, ihre Füße trugen sie von selbst zu dem gewünschten Ort. Und plötzlich blieb sie stehen. Nur wenige Meter vor ihr befand sich eine 3 Meter große Kröte. Sie war blau-gelblich und hatte schwarze, hervorstehende Augen, die einem Chamäleon gleich in alle Richtungen blickten. Das Mädchen das vor der Kröte kauerte, bemerkte Riku zunächst nicht. Sie grinste und zückte ihr Schwert. Endlich ein Gegner, der nicht so aussah, als würde er mitdenken! Und kein nerviger Kaji war in der Nähe, dieser Kröte würde es Riku richtig einheizen! Ohne weiter nachzudenken stieß sie sich vom Boden ab und rannte mit erhobenem Schwert auf die Kröte zu. Fluchend versuchte sie sich vom Boden aufzustemmen, doch es gelang ihr nicht. Die Kröte drückte mit einer ihrer Vorderfüße das Mädchen auf den Boden und hinderte sie somit daran, weiter vor ihr zu fliehen. Verbittert dachte sie an ihren Stab, der einige Meter von ihr entfernt im Schlamm lag. Dieser würde ihr wohl jetzt keine große Hilfe sein. Ein trockenes Lachen entdrang ihrer Kehle. Was war sie doch für ein Idiot gewesen! Sie hatte allen ernstes versucht, den Leuchtturm alleine zu betreten – sie, die eigentlich keine Kriegerin war. Und jetzt hatte sie das Resultat. Hier würde sie nun sterben, weit entfernt von der Heimat. Und dabei hatte sie noch nicht einmal annähernd ihre Aufgabe erfüllt… Sie schloss ihre Augen und wartete auf ihr Ende, als sie plötzlich Schritte hörte. Hastig versuchte sie auszumachen, woher die Schritte kamen, jedoch war das einzige was sie erblickte ein brauner Haarschopf. Nur kurze Zeit später erklang ein Röcheln der Kröte und plötzlich war sie frei. Zunächst ein wenig verwirrt setzte sie sich auf. Sie schaute sich um, versuchte herauszufinden, warum die Kröte sie auf einmal losgelassen hatte. Und dann erkannte sie das braunhaarige Mädchen, etwa 17 Jahre alt, welches mit ihrem Schwert gegen die Kröte ankämpfte. Sofort sprang sie auf und griff nach ihrem Stab. Sie musste ihr helfen! Mit geschlossenen Augen hielt sie den Stab vor sich, senkte die Spitze so, dass sie auf die Kröte zeigte. Nur wenige Augenblicke später schossen einige Eissplitter aus ihrem Stab, umschlangen die Kröte und hüllten sie für einen Augenblick in eine dünne Eisschicht. Allerdings schaffte es die Kröte, sich gleich wieder zu befreien. Sie fluchte leise und erhaschte noch einen Blick auf die Braunhaarige. Diese schien recht unbeeindruckt von ihrem Angriff gewesen zu sein. Vermutlich lag das einfach daran, dass sie kein Adept war. Die Kröte hatte jedoch das blauhaarige Mädchen wieder ins Visier genommen. Mit ihren schwarzen Augen starrte es sie an, öffnete sein Maul und stieß eine seltsame, grüne Masse aus. „Säure“, murmelte die Blauhaarige und versuchte mit einem Wasserstrahl die Säure umzuleiten. Doch es stellte sich ziemlich bald raus, dass das keine gute Idee war: die grünliche Säure vermischte sich binnen weniger Sekunden mit dem Wasser und floss nun noch schneller in ihre Richtung. So hatte sie das eigentlich nicht geplant! Ihr Herz begann auf einmal schneller zu schlagen und sie versuchte hastig, von der Säure weg zu kommen. Doch sie wusste, dass sie diesem Angriff nicht entkommen konnte: durch die Verbindung mit dem Wasser war es nur noch schneller geworden! In nur wenigen Augenblicken würde es sie erreichen. Riku hatte sich auf einen Baum zurück gezogen und beobachtete, wie das fremde Mädchen versuchte, den Angriff abzuwehren. Bis vor kurzem war sie ihr gar nicht aufgefallen, erst als plötzlich diese Eissplitter auf die Kröte zugeflogen waren. Sie verdrehte die Augen, als sie sah, wie das Mädchen Wasser gegen die Säure sprühte. War sie so blöd oder tat sie nur so? Sie seufzte. Eigentlich war das nicht ihre Art, aber sie wollte nicht mit ansehen, wie jemand von der Säure zersetzt wurde. Ihr Blick wanderte zur Kröte. Zunächst musste sie versuchen, ihr das Maul zu stopfen… Sie lockerte ihren Schwertarm und visierte die Kröte an. Wenn sie es richtig anstellte, würde ein Angriff reichen. Vielleicht sollte sie besser Psynergy einsetzen… Sie schüttelte den Kopf. Wenn sie noch länger überlegte, konnte sie auch genauso gut zuschauen. Sie stützte sich am Baumstamm ab und stand auf. Nur wenige Herzschläge später federte sie sich vom Ast ab und sprang mit erhobenem Schwert in Richtung Kröte. Sie wollte gerade mit dem Schwert zuschlagen, als die Kröte urplötzlich in Flammen aufging. Ärger kam in ihr auf. Sie wusste genau, wer dafür verantwortlich war. Und sie hatte gehofft, die Jungs würden sich endlich Mal zurückhalten. Wütend ließ sie ihr Schwert auf den Kopf der Kröte sausen und schaffte es, den Kopf wenigstens teilweise abzutrennen. Ein ekliger blaugrüner Schleim trat aus der Wunde, der zu allem Überfluss auch noch wie eine halbverweste Leiche stank. Hastig versuchte Riku ein paar Schritte zurückzuweichen, konnte aber nicht verhindern, dass sie von dem Schleim getroffen wurde. Sie spürte einen brennenden Schmerz, genau dort wo der Schleim ihren Körper berührt hatte. Dieser Schleim war also auch Säure! Sie wich noch weiter zurück, bis sie außerhalb der Reichweite des Schleims war. Doch die Kröte hatte durchaus bemerkt, was geschehen war. Obwohl ihr Kopf zu einem Viertel abgetrennt war, so war sie noch immer in der Lage sich zu bewegen – sehr zum Erstaunen der Kriegerin. Der Kopf wandte sich in ihre Richtung und ihr Maul öffnete sich, woraufhin erneute Säure aus diesem Tropfte. Riku war wie gelähmt. Eigentlich wollte sie ausweichen, aber aus einem ihr unbekannten Grund war sie dazu nicht in der Lage. Hatte sie etwa Angst? Nein, das konnte nicht sein. Ein Gegner wie das da würde ihr doch keine Angst bereiten! Da hatte sie bei weitem schlimmere Gegner vor sich gehabt… Plötzlich wurde sie zur Seite gestoßen und eine gewaltige Feuersbrunst erschien zwischen ihr und der Kröte. „Was machst du da?“, rief Kaji, der urplötzlich neben ihr stand und die Kröte mit seinen Flammen versuchte fern zu halten. Riku schaute ihn zunächst verwirrt an. Hatte dieser Kerl sie etwa eben gerettet? Es war fast so wie in Vale… Sie schüttelte den Kopf und stand hastig auf. „Halt die Klappe, ich hätte das auch selbst erledigt!“, brummte sie und erhob ihr Schwert. „Das sehe ich“, sagte er, allerdings nicht so sarkastisch wie es sonst der Fall war. „Wie kommst du eigentlich drauf dieses… Ding allein bekämpfen zu wollen?“ Riku warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Das kann dir doch egal sein. Und jetzt verschwinde, das hier ist mein Kampf!“ Mit diesen Worten sprang sie direkt durch sein Feuer und schlug erneut mit ihrem Schwert zu. Das andere Mädchen schaute verwirrt den Jungen an, der direkt vor ihr Stand und mit seiner Psynergy Wind erzeugte, mit dem er die Säure von ihr fernhielt. Dabei schwieg er und auch seine Miene zeigte keine Regung. Aber eines stand für sie fest: der Junge musste ein Adept sein. „Ist alles in Ordnung?“, fragte er. Sie nickte. „Ja, danke für Eure Hilfe“, antwortete sie höflich, doch im nächsten Augenblick fragte sie sich, ob das eigentlich die richtige Anrede war. Der Junge ließ den Wind abklingen und senkte seinen Arm wieder. „Gut“, sagte er knapp und schaute zu dem rothaarigen Jungen und dem Mädchen, die scheinbar gemeinsam gegen die Kröte kämpfen. „Den Rest können wir ihnen überlassen“, sagte der Junge mit den dunkelvioletten Haaren. Das Mädchen schaute ihn an. Er konnte das doch nicht ernst meinen! Diese Kröte war viel zu stark, als das sie von zwei Kriegern besiegt werden könnte! Trotzig erhob sie ihren Stab und murmelte ein paar leise Worte vor sich hin. Einen Augenblick später erschien plötzlich ein leuchtendes Wesen, welches auf die Kröte zuschwirrte und sie mit Wasser abspritzte. Der violetthaarige Junge schaute zunächst das Wesen und dann sie scheinbar verwirrt an. Doch ihr war das egal, diese Beschwörung war nur der Anfang. Schnell lief sie an dem Jungen vorbei, mit dem Vorsatz sich ebenfalls in den Kampf einzumischen. Taiki blieb fürs erste noch dort stehen. „Eine Dschinn-Beschwörung“, murmelte er. Dass dieses Mädchen eine Adeptin sein musste hatte er gleich erkannt, als sie versucht hatte die Säure mit Wasser abzulenken. Aber dass sie sogar einen Dschinn als Partner hatte, damit hatte er nicht gerechnet. Zumal er sich nicht Mal sicher war, dass es diese Wesen überhaupt gab. Er schüttelte den Kopf. Gegen eine Kröte wie diese würde sie wahrscheinlich nicht viel ausrichten können, aber sie hatte ein gutes Herz. Dem war er sich zumindest sicher. Er zückte seinen Stab und lief dann auch los. Obwohl er sich sicher war, dass Riku und Kaji auch alleine gegen dieses Monster ankommen würden, so wollte er nicht als einziger nur daneben stehen und zuschauen. Riku und Kaji versuchten immer wieder die Kröte mit Schwerthieben anzugreifen, doch jedes Mal wenn sie auch nur eine Wunde hinterließen, tropfte weitere Säure aus dem Wesen. „So bringt das nichts“, keuchte Kaji, der von den vielen Angriffen und den Säurespritzern schön völlig erschöpft zu sein schien. Überall hatte er Schrammen und leichtere Verletzungen. Riku war sich sicher, dass sie auch nicht viel anders aussah, aber sie würde sich das nicht so leicht anmerken lassen. Sie schaute die Kröte an und schaffte es geradeso, einem weiteren Säureangriff des Monsters auszuweichen. „Es hat keinen Sinn, wenn wir nicht an sie ran kommen“, murmelte sie mehr zu sich selbst. Doch Kaji nickte zustimmend. Er wollte gerade etwas sagen, als die Kröte direkt in seine Richtung einen Schwall Säure schoss. Es gab für ihn keine Möglichkeit, auszuweichen. Das Monster würde ihn direkt treffen. Im Reflex stieß Riku ihr Schwert in den Boden und ließ ihre Psynergy in den Boden fließen. Nur wenige Herzschläge später trat plötzlich ein gewaltiger Stalagtit aus dem Boden, der die Säure umleitete, direkt um ihn herum. Kaji staunte nicht schlecht und schaute verwirrt zu Riku. „Jetzt sind wir quitt“, sagte sie trocken und wandte sich dem Monster zu. Es musste doch einen Weg geben, sie besiegen zu können… „So wird das nichts, ihr müsst sie mit Psynergy angreifen!“, erklang plötzlich eine Stimme. Riku wandte sich um und erblickte das Mädchen, welches sie ungewollt gerettet hatte. Sie war überrascht, dass sie nicht von der Säure verschlungen worden war. „Auf deine Ratschläge können wir verzichten. Verschwinde lieber, bevor…“ „Danke für den Hinweis“, unterbrach Kaji und warf Riku einen vielsagenden Blick zu. Diese rollte nur mit den Augen und wandte sich wieder dem Monster zu. „Ihr könnt ja gern reden, aber ich habe nicht vor durch dieses Vieh zu sterben“, sagte sie und lief dann auch schon wieder los. Kaji seufzte und kratzte sich am Hinterkopf. „Das ist Mal wieder typisch“, murmelte er und folgte ihr. Das Mädchen schaute ihnen nur nach und musste Schmunzeln. Sie verstand selbst nicht wieso, aber sie konnte nicht anders. Doch dann wurde sie gleich wieder ernster. Sie hatte verstanden, dass ihre Wasserpsynergy nicht viel helfen konnte, während die Kröte anscheinend eine Schwäche gegenüber Feuer hatte. Kämpfen war ohnehin nicht ihre Stärke und das würde sie jetzt auch nutzen. Sie senkte ihren Stab und faltete ihre Hände, wie zu einem Gebet. Dann begann sie sich zu konzentrieren. „Das ist mein Monster, verschwinde!“, murrte Riku, konzentrierte sich einen Augenblick und ließ dann mittels Psynergy einige Felsen erscheinen, die auf die Kröte zuflogen. Diese kreischte schmerzverzerrt auf, als sich das Gestein in seinen Körper borrte – und nur weitere Säurespritzer hinterließ. „Das sagt gerade die Richtige“, murmelte Kaji keuchend. Riku schaute ihn an. „Hey, ist alles in Ordnung?“, fragte sie und war überrascht, dass sogar Besorgnis in ihrer Stimme klang. Still ärgerte sie sich dafür, eigentlich konnte sie diesen Typen doch gar nicht leiden. Kaji grinste. „Machst du dir etwa Sorgen?“, sagte er und schwang demonstrativ sein Schwert. „So leicht kriegt mich das Vieh nicht klein, keine S…“ Noch ehe er den Satz beendet hatte, sank er plötzlich in die Knie. Riku schaffte es geradeso ihn noch abzustützen. „Ich seh’s schon“, sie seufzte. Heilen war eigentlich gar nicht ihre Stärke und dann war da noch dieses Monster. Sie schaute zur Kröte, die sich allmählich wieder von ihrem Angriff zu erholen schien. Wenn sie nur ein wenig Zeit hätte… Ein plötzlicher Windstoß ließ Riku aufblicken. Taiki hatte sich auch ins Kampfgeschehen eingemischt und es wirkte fast so, als wollte er die Kröte von den anderen beiden weg locken. Das war die Gelegenheit… „Kümmere dich um das Monster“, sagte Kaji. Seine Stimme klang schmerzverzerrt und als Riku genauer hinsah erkannte sie, woran das lag: dort, wo die Säure seine Haut berührt hatte, hatte sich seine normalerweise rote Haut fast schwarz gefärbt. Doch als sie etwas erwidern wollte, löste er sich plötzlich von ihr und torkelte ein paar Schritte zurück. „Ich überlass das dir und Taiki“, murmelte er. „Spinnst du? Das muss sofort behandelt werden!“, antwortete sie. Kaji lachte. „Und das sagt ausgerechnet die, die mich vor nicht allzu langer Zeit noch töten wollte?“, sagte er belustigt wenngleich man merkte, dass er sich versuchen musste zusammenzureißen. „Das hat damit nichts zu tun“, sagte Riku. „Ich möchte nur nicht in deiner Schuld stehen, das ist alles!“ Kaji musste Grinsen und dann sackte er plötzlich zusammen. Riku wich erschrocken einen Schritt zurück. Sofort sank sie auf die Knie und rüttelte an seiner Schulter. „Kaji? Hey.. Mach nicht so leicht schlapp, das passt nicht zu dir!“, sagte sie und versuchte dabei verärgert oder wenigstens tonlos zu bleiben, doch sie konnte nicht verbergen dass sie sich wirklich Sorgen um ihn machte. Ein weiteres Mal rüttelte sie an seiner Schulter, doch es gab keine Regung. Sie wollte wieder nach ihm Rufen, als sie plötzlich hörte: „Riku, Kaji, Vorsicht!“ Sofort wandte sie sich um, erhob ihr Schwert und binnen eines Herzschlages hatte sie eines der Augen der Kröte mit ihrem Schwert durchbohrt. Weitere Säure traut aus ihm heraus und als die Kröte ihren Kopf zurückriss, entriss sie auch Rikus Schwert. Diese fluchte leise. „Du Mistvieh!“, brüllte sie und wandte sich wieder Kaji zu. Sie zuckte leicht zusammen als sie plötzlich das Mädchen sah. „Überlass ihn mir“, sagte sie freundlich, während sie Kajis Wunden zu untersuchen schien. Riku wollte noch etwas erwidern, doch das Mädchen kam ihr zuvor. „Ich bin eigentlich eine Heilerin, keine Sorge, er wird es schon überleben.“ Sie zwinkerte vielsagend und Riku spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Abrupt stand sie auf. „Versteh das bloß nicht falsch, ich will nur nicht in der Schuld dieses Kerls stehen – das ist alles!“, murrte sie und wandte sich wieder der Kröte zu. Das Mädchen schmunzelte und widmete sich gleich wieder dem Verletzten zu. Riku schaute zu ihrem Schwert, welches noch immer im Auge der Kröte steckte und dann zu Taiki, welcher nicht allzu weit von ihr entfernt stand und sich auf seine Psynergy konzentrierte. Stumm nickte er ihr zu und sie verstand, was er meinte. Wenn sie die Kröte gleichzeitig attackierten, konnten sie sie vielleicht schlagen. Sie schloss die Augen und deutete mit ihren Handflächen zur Erde. Es war lange her, dass sie ohne ihre Waffe Psynergy gewirkt hatte. Sie spürte, dass die Kröte in ihrer Verzweiflung versuchte, nach ihr zu schlagen. Doch dadurch, dass sie nur noch ein Auge hatte, traf sie nur ins Leere. Das musste Riku nutzen. Sie öffnete ihre Augen und schaute zu Taiki. Nun war sie es die nickte und gleichzeitig wirkten sie ihre Psynergy: Taiki ließ einen Strahl aus gleißendem Licht auf die Kröte niedersausen, während Riku einige dornige Wurzeln aus der Erde sprießen ließ, welche die Kröte durchbohrten. Ein letzter Schrei war zu hören, dann löste sich das Monster plötzlich in Staub auf. Die Sonne berührte schon die Berge am Horizont und der Himmel färbte sich Rosa, als Kaji endlich wieder ein Lebenszeichen von sich gab. Er stöhnte leicht und setzte sich auf. „Bist du wieder wach?“, sagte Riku sarkastisch. Kaji schaute sie verwirrt an und bemerkte dann, dass er in einem Bett lag. Verwirrt schaute er sich um. Es handelte sich wohl um das Gasthaus, in dem sie untergekommen waren… Aber was war mit der Kröte passiert? „Die Kröte ist Geschichte.“, sagte Riku, es klang fast so als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Kurz nachdem du meintest, bewusstlos zu werden haben Taiki und ich sie ausgelöscht.“ Kaji schaute sie an und bemerkte dabei, dass sie seinem Blick auswich. Er wollte gerade etwas sagen, als plötzlich die Tür des Zimmers aufschwang und Taiki und das andere Mädchen eintraten. „Er ist also wieder wach?“, jubelte sie und nur wenige Sekunden später war sie auch schon am Bett und starrte den „schwerverletzten“ an. Kaji fiel dabei auf, dass sie goldene Augen hatte. An irgendetwas erinnerte ihn das. „Geht es dir gut? Sind auch alle Wunden sicher verheilt? Ich bin zwar eine Heilerin, aber allzu gut sind meine Fähigkeiten noch nicht. Und Riku hat dich auch nicht zu sehr gestört, oder? Du solltest wissen, sie ist…“ Plötzlich war Riku an ihrer Seite und hielt ihr den Mund zu. „Es ist alles in Ordnung Umi, du musst nicht weiter reden“, sagte sie wie gewohnt mürrisch, doch Kaji war nicht entfallen, dass ihr Gesicht leicht rot geworden war. Er musste Schmunzeln, doch dann wanderte sein Blick wieder zu dem Mädchen, welches Riku Umi genannt hatte. Sie hatte langes, hellblaues Haar welches sie zu einem Zopf geflochten hatte, den sie mit einer weißen Schleife zusammenhielt. Sie trug blaue Kleidung mit violetter und dunkelblauer Verzierung, aber am auffälligsten waren ihre goldenen Augen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass diese etwas zu bedeuten hatten. Endlich schaffte Umi es, sich von Riku loszureißen und sofort plapperte sie weiter. „Sie ist nicht von deiner Seite gewichen Kaji! Nicht eine Sekunde!“, sagte sie grinsend. Riku warf ihr einen vernichtenden Blick zu. „Halt endlich deine Klappe! Das geht ihn nichts an!“ Sie bemerkte Kajis Blick und wandte sich sofort wieder ab. „Das hat nichts zu bedeuten, ich wollte nur nicht in deiner Schuld stehen, klar?“, murrte sie und trat dann in Richtung Zimmertür. Umi schaute ihr verwirrt hinterher. „Hey, ich dachte du freust dich, dass er endlich wach ist! Warum verschwindest du gleich wieder?“ Riku blieb stehen, drehte sich aber nicht zu ihr um. „Ich will allein sein, ist das zu viel verlangt?“, waren ihre letzten Worte, ehe sie das Zimmer verließ. Kaji schaute ihr nur verwirrt hinterher, während Umis Gesicht ein breites Grinsen zierte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)