Perfektion von Ryourin (Matt/Mello) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Das ist keine Beretta.“ Mello starrte finster auf die Schusswaffe, die inmitten unzähliger Papierstapel auf dem Tisch vor ihm lag. Matt zuckte nur die Schultern und grinste schief. „Sorry, Mann. Mit mehr kann ich nicht dienen.“ „Und noch auffälliger hätte sie nicht sein können, was?“ Genervt ließ Mello sich auf einen Stuhl fallen und schob die Waffe, die ebenso unhandlich wie altmodisch schien, mit einem Schnauben von sich. „Dann hätte ich mir auch gleich ‘ne verdammte Uzi besorgen können.“ „Besorgen lassen“, korrigierte Matt. „Zum Abknallen reicht’s. Reg dich ab.“ „Aber geniale Pläne brauchen besonderes Equipment.“ Das Gesicht, das Mello zog, ließ ihn haargenau wie den 15jährigen aussehen, der er auch war. Egal, ob er regelmäßig Leute überfiel, geklaute Waren verhökerte oder auch nur mutwillig den Lack teurer Autos zerkratzte, wenn er ungewöhnlich schlechte Laune hatte – obwohl er, wenn Matt darüber nachdachte, eigentlich immer verdammt übel drauf war. Gerade ging es nicht nach seiner Nase, und das brachte das Kind in Mello besonders zum Vorschein. Matt war jedoch klug genug, seine Schlussfolgerungen lieber für sich zu behalten – im Endeffekt war es schließlich egal, ob die Knarre ein 50- oder 15jähriger hielt. „Und weil dein Plan so genial ist, ist vorher noch nie jemand auf die Idee gekommen, eine Bank zu überfallen, richtig?“ „Matt... halt die Fresse.“ Er grinste nur und warf Mello die Reste seiner klebrigen Schokolade an den Kopf. Die Schimpftirade, die darauf wegen der ruinierten Frisur folgte, ließ Mello auch nicht besonders erwachsen wirken, und das Handgemenge, das in einem zeternden Knäuel halbstarker Jungs endete, auch nicht; oder gar die zerknüllten Papierkugeln, die anschließend den Boden der heruntergekommenen Küche bedeckten, aber letztlich waren beide auch nicht mehr als das. Nicht mehr als halbstarke Jugendliche, die mit ruinierten Haaren mehr zu tun hatten, haben sollten, als mit der Beschaffung von Handfeuerwaffen. * * * „Das ist kein Mercedes“, waren Mellos erste Worte, als Matt ihm die Schlüssel für den frisch beschafften Wagen in die Hand drückte. „Stimmt.“ Die Zickerei, die sich gerade anbahnte, ignorierte er gekonnt. Stattdessen fischte er einen ramponierten Gameboy aus seiner Jacke und hämmerte gelangweilt auf die Tasten, aber auch das konnte ihn nicht vom drohenden Unheil ablenken. „Was nun nicht so dramatisch wäre“, fuhr Mello ungerührt fort. „Wenn das Ding nicht orange wäre. Gott, hast du eigentlich kein verdammtes Hirn im Schädel?!“ „Was hast du gegen Orange?“, fragte Matt unschuldig. Im Hintergrund dudelte die Konsole fröhlich etwas, das nach Tetris klang und Mello augenscheinlich noch weiter reizte. Zumindest schienen die Reste des Gameboys, die Matt wenige Sekunden später anklagend vom Boden aus anstarrten, das anzudeuten. „Für einen Fluchtwagen?!“ „Lenkt ab.“ „Aber nicht von uns, du Trottel!“ * * * „Das ist nicht die Zentralbank“, keifte Mello entnervt, als Matt den Wagen vor einem der vielen Bankgebäude der Stadt parkte. „Nö“, murmelte Matt und trommelte mit den Fingern auf das Lenkrad. Im Radio lief irgendein Oldie, den er nicht ausstehen konnte, doch der war zumindest erträglicher als Mellos Gezicke. Wenn es damit zu übertönen gewesen wäre. „Und welche Bank wollten wir noch gleich erleichtern?“ Es war ihm nahezu unheimlich, wie viel Zeit jemand wie Mello damit verbringen konnte, an allem zu meckern, was Matt tat. Immerhin war jede Sekunde, die er dafür aufwenden müsste, die Dinge selbst zu tun, zu kostbar. Aber Matt war schließlich nicht hier, um Mello zu verstehen, also zuckte er nur resigniert die Schultern. „Die Zentralbank.“ „Und? Ist sie das?“ „Nö.“ „Eben, du verdammter Idiot!“ * * * Wenn Matt so darüber nachdachte, war Mello verdammt anstrengend. Er war perfektionistisch bis ins Detail, aber zu faul, auch nur einen Finger für das erwartete Ergebnis zu rühren; im Grunde waren sie völlig gegensätzlich. Matt interessierte sich nicht dafür, ob er eine Beretta oder eine Uzi in der Hand hielt, sofern sie das tat, was er damit tun wollte: Schießen. Ihm war egal, ob es ein VW oder ein Mercedes war, solange es fuhr. Vermutlich wäre ihm sogar egal gewesen, ob er sich eine Katze oder einen Hund als Haustier zulegte, sofern es Fell hatte. Vermutlich wäre ihm der Unterschied nicht mal aufgefallen, denn so war Matt; das Detail war nicht so wichtig, solange der Rest in etwa stimmte. Mello war anders. Mello wollte eine Beretta, keine „verdammte Desert Eagle!“, einen cremefarbenen Mercedes, keine „beknackte Apfelsine“, und vielleicht auch eine Wüstenspitzmaus, „keine Versuchskaninchen, verdammt, und ja, verflucht, das macht einen Unterschied!“ Matt war nicht perfekt, und das galt auch für alles, was er tat. Vielleicht hätte Mello ohne weiteres einen effizienten Ersatz für ihn gefunden. Einen, der eine Wüstenspitzmaus auch von einem Baumwollschwanzkaninchen unterscheiden konnte. Trotzdem war Matt immer noch hier, in der orangefarbenen Klapperkiste, und Mello saß neben ihm, die Desert Eagle in der Hand. Und genau deswegen war in Matts Augen alles perfekt, so perfekt wie überhaupt nur möglich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)