Blut an meinen Händen von astala7 (Was bleibt, wenn nichts mehr da ist?) ================================================================================ Kapitel 2: Schuld ----------------- 2.Zweites Kapitel - Schuld Will kein Mitleid Ist Vergangenheit Wie kam es nur soweit Gegenwart ist da Realität nehm ich wahr Es tut so weh Okay versuche nicht zu weinen Interessieren tut es keinen Aus: „Immer wieder“ von Laura Schneider „Sie sind deine Feinde, Inu Yasha. Du musste sie töten, sonst töten sie dich.“, sagte Kanna mit ihrer ruhigen, unschuldigen Stimme. Es blieb kein Zweifel daran, welchen der beiden Inu Yashas sie meinte. „Das brauchst du mir nicht zu sagen. Niemand wird diese Lichtung lebend verlassen, aber weil du es warst, die mich erweckt hat, werde ich gnädig sein und dich als letztes vernichten.“, knurrte die Kreatur und ging in Kampfstellung. „Keh! Wenn du dich da mal nicht irrst!“, sagte der echte Inu Yasha, hob Tessaiga und machte sich zum Angriff bereit. Mit einem lauten Kampfschrei stürmte er auf seinen Gegner zu, der ihm ebenfalls entgegen kam. Doch der Andere war schneller, er duckte sich unter dem riesigen Schwert hinweg und schrammte mit seinen Krallen an Inu Yashas Bauch vorbei. Eine Sekunde später rollte er sich ab und blieb geduckt auf allen Vieren einige Meter weiter weg hocken, um die Wirkung seiner Attacke zu begutachten. Diese erfolgte auch sogleich als der Getroffene nun vor Schmerz aufschrie, auf die Knie sank und seine Hand auf die Wunde presste. Eine verräterische, rote Flüssigkeit quoll zwischen seinen Fingern hervor. „Inu Yasha!“. hallte Kagomes Ruf über die Lichtung „Komm ja nicht näher!“. rief der Hanyou ihr zu, während er den riesigen Stoßzahn als Stütze missbrauchend, wieder auf die Füße kam. „Aber du bist verletzt!“. protestierte das Mädchen. „Das ist doch nur ein Kratzer, ich kann sehr viel mehr aushalten.“, versuchte er sie zu beruhigen, doch sein schmerzverzerrtes Gesicht sprach eine andere Sprache. Der Doppelgänger grinste, hob seinen Klaue und leckte genüsslich das Blut davon ab, ohne jedoch die Augen von seinem Feind abzuwenden. Es wirkte provozierend. „Du Mistkerl, dich schlitz ich auf! Wenn ich mit dir fertig bin wird nicht einmal mehr Naraku alle deine Einzelteile zusammensuchen können!“, prophezeite ihm Inu Yasha düster. Der Angesprochene antwortete mit einem weiteren Angriff. Er sprang kraftvoll ab und holte mit den Klauen aus, um ihm den Kopf abzuschlagen. Der Halbdämon hob gerade noch rechtzeitig Tessaiga und mit einem dumpfen Geräusch prallten die Krallen seines Gegners auf die Klinge, welche er wie einen Schutzschild vor sich hielt. Sekunden verharrten sie so, Inu Yasha in die Defensive gedrängt und der Feind wie zu Stein erstarrt. Dann sprang die Kreatur wieder zurück, brachte Abstand zwischen sie und beobachtete sein weiteres Verhalten. Inu Yasha war jetzt stinksauer und hob gerade erneut seine Waffe um ein Kaze no Kizu auf den Feind loszulassen, da musste er feststellen, dass dieser sich schon gar nicht mehr vor ihm befand. Hastig drehte er sich um und konnte sich so gerade noch zur Seite werfen. Messerscharfe Krallen zischten über seinen Kopf hinweg. Der Typ war einfach zu schnell! „Oh nein. Das ist nicht gut...“, murmelte Miroku. „Wir müssen ihm helfen! Wir müssen Inu Yasha helfen!“, rief Kagome hysterisch. „Ja, das stimmt wohl, Kagome-chan. Aber wenn wir uns hier einmischen werden wir nur selbst verwundet oder verletzen aus Versehen den echten Inu Yasha.“, gab Sango zu bedenken. Nun meldete sich Shippou zu Wort: „Vielleicht wird das Ding ja wieder zu Lehm, wenn wir Kanna besiegen?“ „Das könnte durchaus sein, aber ich bezweifle es. Der falsche Inu Yasha hat gesagt, dass er auch sie töten will, aber davon schien sie nicht beeindruckt. Wahrscheinlich besitzt sie tatsächlich keine Gefühle. Es weist jedenfalls darauf hin, dass dieses Wesen nur aufs Töten aus ist. Sobald wir erledigt sind, wird Naraku es sicher zerstören wollen. Das scheint die einzige Möglichkeit zu sein, diese Kreatur auszuschalten.“, erklärte der Mönch. „Trotzdem, sie ist auf Narakus Seite und wenn wir sie davon abhalten dieser Gestalt weitere Befehle zu geben, haben wir wenigstens etwas zu tun! Außerdem glaube ich, dass Kanna für die schnelle Regeneration verantwortlich ist. Wenn Inu Yasha den Doppelgänger zerschlagen kann und dieser einfach wieder aufersteht, werden wir nie gewinnen können.“, meinte Sango und nach kurzem Zögern stimmten ihr die Anderen zu. Inu Yasha hatte derweil ganz andere Probleme. Sein Doppelgänger war schlicht und einfach schneller als er und befand sich nie länger als drei Sekunden an einer Stelle. Schon zwei Mal hatte er versucht, sein Kaze no Kizu anzuwenden, aber anscheinend konnte sein Gegner die Wunde des Windes ebenso gut erschnüffeln wie er und wich ständig aus. „Du Bastard, bleib endlich stehen und kämpfe richtig!“, fuhr der Hanyou sein Gegenüber an und hieb wutentbrannt auf ihn ein. Sein Schwert zielte auf dessen linke Seite, doch da er damit rechnete, dass sein Feind ausweichen würde, drehte er Tessaigas Klinge im letzten Moment und drückte es nach oben, um ihm die gebogene Seite gegen die Brust zu stoßen. Sein Plan ging nur halb auf. Der Andere hatte zwar nicht mit dieser Finte gerechnet, ließ sich aber geistesgegenwärtig zu Boden fallen. Ein winziges Bisschen zu spät. Tessaigas Klinge war abgerutscht, traf ihn so nicht tödlich, schaffte es aber dennoch ihm den linken Arm abzuschlagen. Triumphierend sah der Hanyou auf seinen dämonischen Doppelgänger, welcher schlitternd zurückwich und sich den blutenden Stumpf hielt. Doch seine Freude war von kurzer Dauer, denn nun trat etwas Wildes, Unberechenbares in die Augen seines Abbildes. Seine Klauen gruben sich in das Fleisch, welches die grausam anzusehende Wunde freigelegt hatte. Dann zog er sie wieder heraus, das Blut tropfte an seiner Hand herunter und während er erneut ausholte drang ein fast tierischer, von Schmerzen gekennzeichneter Schrei über seine Lippen: „Hijinkessou!“ Der Rest der Gruppe kämpfte derweil mit Kanna. Sie bewegten sich unbewusst immer weiter von Inu Yasha weg und konnten ihn schon bald nicht mehr sehen, aber niemand machte sich ernsthafte Sorgen. Kagome schoss – kräftig von Shippou angefeuert – stetig Pfeile auf sie, doch Inu Yashas Kampf lenkte sie zu sehr ab, als das sie hätte treffen können. So kam was kommen musste: Irgendwann ging ihr die Munition aus. Also starteten Sango und Miroku einen Doppelangriff: Der Mönch stürmte von der Seite her auf Kanna zu und holte mit seinem Stab zum Schlag aus. Gleichzeitig flog Sango auf Kirara über ihre Köpfe hinweg und warf ihren Hiraikotsu in genau dem Augenblick, in dem Kanna ihren Spiegel abwandte um ihn als Schutzschild gegen den Buddhisten zu verwenden. Kurz knisterten bläuliche Blitze um den Metallstab, dann wurde er samt dem Menschen davon geschleudert. Kanna verschwendete jedoch keine Zeit damit, nach irgendwelchen Wunden des Mönches zu sehen, sondern drehte sich sofort um. Gerade noch rechtzeitig um den riesigen Knochen zurückzustoßen, den die Dämonenjägerin geworfen hatte. Inu Yasha spürte unvorstellbaren Schmerz als Tausende, rasiermesserscharfe Klingen aus verdorbenem Blut durch das Feuerrattenhaar drangen, welches nicht dafür geschaffen war einer Attacke standzuhalten, die doch eigentlich nur dessen Träger benutzte. Aber diese Fälschung seiner selbst schien sämtliche Eigenschaften des Hanyous bei seiner Erschaffung kopiert zu haben. Inu Yasha hockte auf dem Boden, beide Kämpfer atmeten schwer. Der Halbdämon hob sein Schwert im selben Moment, in dem die Kreatur auf ihn zusprintete. Dann geschahen viele Dinge in rascher Folge: Der Doppelgänger kam mit wilden Augen auf Inu Yasha zugestürmt, welcher Tessaiga mit letzter Kraft hoch über dem Kopf hielt. Durch die so entstandene Lücke in seiner Deckung hatte der außer Kontrolle geratene Dämon die Möglichkeit, seine krallenbewehrte Hand in einer Mischung aus einem Fausthieb und der Attacke Sankontessou, direkt durch Inu Yashas Magen zu rammen – welche er natürlich auch ausschöpfte. Inu Yasha stieß einen erstickten Schrei aus, den wegen des allgemeinen Kampflärms jedoch niemand hören konnte. Nur eine Sekunde später jedoch raste Tessaiga auf den Angreifer herunter und spaltete sein bösartiges Gesicht in zwei Hälften. Der Getroffene schaute kurz überrascht, seine Augen weiteten sich, dann zerflossen seine Gesichtszüge und die Kreatur wurde wieder zu dem, was sie einst war: ein schmutziger Haufen Lehm. Trotz der schweren Verletzungen des Halbdämons hätte sich jetzt vielleicht noch alles zum guten wenden können. Wäre nicht in genau diesem Moment der riesige Knochenbumerang herbei geflogen, den Kanna kurz zuvor mit ihrem Spiegel zurückgestoßen hatte. Er traf den Hanyou mit voller Wucht in den Rücken und schleuderte ihn einige Meter weit weg. Ein Schwall Blut quoll aus seinem Mund heraus. Das Verheerende jedoch war, das der Halbdämon bei dem Sturz Tessaiga verloren hatte. Die Schmerzen verschwanden augenblicklich. Inu Yasha spürte überhaupt nichts mehr. Er konnte sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal an seinen eigenen Namen. Alles was in der Leere seines Herzens noch blieb, war das Gefühl des Bedroht-Werdens. Er hatte Feinde. Sie waren nah. Sie wollten ihn töten. Seine Sinne funktionierten nicht mehr. Er hatte nicht die Kraft zu kämpfen. Aber wenn er es nicht tat würde er zu Grunde gehen, das wusste er. Sie oder er. Jemand musste sterben. Und so rief Inu Yasha unbewusst, ja unwissend, die Macht zur Hilfe, die tief in seinem Inneren schlummerte. Er weckte sie auf, trank von ihrer Kraft, ließ sich überschwemmen und übernehmen. Bald füllte ihn die bösartige Energie vollständig aus. Er konnte sie nicht kontrollieren, aber das machte ja nichts. Es war eine zerstörerische Kraft, die Tod und Verderben bringen würde. Die Leben auslöschen würde. Aber das machte ja nichts. Es waren ja nur die Leben seiner Feinde... Und In Yashas Augen färbten sich blutrot. Sango, Miroku, Shippou, Kirara und Kagome wussten nichts von Inu Yashas Verwandlung. Der Kampf mit Kanna hatte sie außer Sichtweite getrieben und ohnehin hatten sie gerade andere Sorgen. Diese bestanden nämlich in der schieren Unmöglichkeit, den weißhaarigen Abkömmling zu verletzen. Sango hatte ihre stärkste Waffe verloren und Kagome hatte keine Munition mehr. All ihre Pfeile lagen hinter Kanna und waren somit außer Reichweite. Shippous Irrlicht hätte nicht einmal etwas ausrichten können, wenn seine Reichweite genügen würde um das Mädchen zu treffen. Der Einzige der also noch voll kampffähig war, war Miroku. Das versuchte er den Mädchen auch gerade klar zu machen: „Ich muss es öffnen, mir bleibt keine andere Wahl! Nur so können wir sie vernichten!“ „Aber sie ist ein Abkömmling von Naraku, die Saimyosho sind bestimmt schon in der Nähe und wenn du sie in dein Windloch saugst, wirst du an dem Gift sterben!“, versuchte Shippou ihn von seinem Vorhaben abzubringen. „Genau, Miroku-sama, ihr-“ Sango brach urplötzlich ab, gab ein röchelndes Geräusch von sich und griff sich an die Brust. „Sango-chan, was ist los mit dir?!“, fragte Kagome entsetzt. „Ich... Es ist so.... kalt-“ Sie hustete heftig. Das schwarzhaarige Mädchen sah hilfesuchend zu dem Mönch, dessen Miene auf einmal wie versteinert wirkte. „Das macht sie.“, sagte er bedeutungsschwer und sie begriff. Kanna hatte die Fähigkeit, mit ihrem Spiegel die Seelen der Menschen einzufangen. Schon jetzt leuchtete etwas neblig-weißes knapp vor der Brust der Dämonenjägerin, fast wie ein neugeborenes Tier, das sich verzweifelt gegen einen unsichtbaren Sog wehrte und doch gewaltsam aus dem für ihn bestimmten Körper gezerrt wurde. Mirokus Miene wurde noch verschlossener und er stellte sich demonstrativ mit ausgestreckten Armen vor die Frau die er liebte, eine Hand am Rosenkranz. Er musste es schnell erledigen, denn wenn Sangos Seele erst im Spiegel war, konnte er Kanna nicht einsaugen ohne diese zu verschonen. „Miroku-sama...“, murmelte Kagome, hielt ihn allerdings nicht auf, sondern hielt ihre zitternde Freundin weiterhin im Arm. Kirara, die sich zurückverwandelt hatte, stieß traurig mit ihrer feuchten Nase gegen die Hand ihrer Freundin. „Schon gut, Kagome-sama. Mir passiert schon nichts.“ Und dann entfernte er mit einem Ruck den Rosenkranz. „KAZAANA!“ Ein dunkler Strom entstand, trockene Blätter und abgebrochene Zweige wirbelten in der Luft und verschwanden dann in dem Loch in der Hand des Buddhisten. Teile des Erdreichs und kleinere Bäume brachen heraus und immer mehr Pflanzen konnten sich nicht mehr am Boden halten. Dann ertönte es, das unheilverkündene Summen. Ein Schwarm gelb-schwarzer Hölleninsekten stob aus eine nahen Gebüsch und flog direkt auf das, für sie tödliche Windloch zu. Shippou schrie auf und verkroch sich hinter Kagome. Doch Miroku blieb standhaft, wich nicht zurück und schloss auch das Kazaana nicht. Kannas Haare flatterten im Wind und obwohl sie sich mit ihren kleinen Füßen in den Boden stemmte, rückte sie stetig näher. Dann verschwand das erste Insekt in der Hand des Mönches und mit ihm kam fast augenblicklich der Schmerz. Das Gift begann sofort seine unheilvolle Wirkung zu entfalten und breitete sich wie Säure von seinem Arm über den ganzen Körper aus. Der Mann keuchte, machte aber immer noch keine Anstalten, zurückzuweichen. „Miroku-sama... Hört auf!“, brachte Sango erstickt hervor. Das weiße Etwas kroch stetig in ihren Körper zurück und sie schaffte es, ihren Oberkörper aufzurichten. „Ich... Ich habe sie gleich!“, stieß der Mönch hervor und tatsächlich: Mit einem guten Dutzend Saimyosho zusammen flog nun Kanna auf sie zu, das Gesicht selbst im Tod noch so ausdruckslos wie eh und je. Dann war sie verschwunden und eine neue, vom Gift verursachte Welle des Schmerzes erschütterte Mirokus Körper. Keuchend brach er zusammen, nachdem er mit letzter Kraft den Rosenkranz um seine Hand gelegt hatte. „Miroku-sama!“, rief die Dämonenjägerin, deren Seele nun wieder vollständig in sie zurückgekehrt war. „Miroku... Sag doch was!“, flüsterte Kagome. „Ihr müsst... Inu Yasha helfen!“, murmelte er erstickt und öffnete noch einmal schwach die Augen. „Inu Yasha! Aber-“ Das Mädchen aus der Neuzeit sah verzweifelt auf den Verletzten herab. „Geh ruhig, Kagome-chan.“, meinte Sango. „Ich kümmere mich um Miroku-sama.“ Kagome nickte erleichtert und brachte sogar ein schwaches Lächeln zustande. „Ich komme mit dir und werde dich beschützen!“, sagte der kleine Fuchsdämon und sprang auf ihre Schulter. Die Miko wandte sich von den beiden Menschen ab und suchte ihre Pfeile zusammen, ehe sie sich auf die Suche nach Inu Yasha machte. Selbiger hatte es inzwischen aufgegeben mit sich selbst zu kämpfen und hatte sich seinem Dämonenblut vollkommen ergeben. Außer Kontrolle geraten suchte er nur noch nach lebendigen Wesen, die er töten konnte. So traf er recht schnell auf Kagome. Das Mädchen hielt ihn im ersten Moment für das Wesen, das Kanna erschaffen hatte, ebenso wie Shippou, welcher sich mit einem spitzen Schrei im Gebüsch verkroch. Schließlich hatte er auch Tessaiga nicht. Aus diesem Grund zückte sie auch sofort einen Pfeil und genau das war der Fehler: Inu Yasha sah nicht mehr Kagome, das Mädchen aus der Neuzeit, mit deren Hilfe er die Juwelensplitter sammeln sollte, die immer an seiner Seite kämpfte, eine Verbündete, eine Freundin. Er sah einen Feind, der mit der Waffe auf ihn zielte. Und er erinnerte sich entfernt an eine ähnliche Situation, an Verrat, Enttäuschung... Er wusste, das dies schlecht war. Diese Person bereitete ihm Schmerzen. Sie wollte ihn angreifen. Ihn töten. Sie musste vernichtet werden. Kagome stieß einen spitzen Schrei aus, als das Ungeheuer direkt auf sie zusprang und warf sich zur Seite, die Hände über dem Kopf gefaltet, ohne allerdings den Bogen loszulassen. „Kagome!“, rief Shippou aufgeregt und ängstlich, wagte sich jedoch nicht aus seinem Versteck heraus. „Wo ist Inu Yasha? Er muss doch hier irgendwo sein! Inu Yasha, hilf mir!“, schrie die Schwarzhaarige verwirrt. Der vermeintliche Doppelgänger war mit solcher Kraft auf sie zugesprungen, das er über ihren Kopf hinweg geflogen war. Kagome richtete sich auf und legte noch einmal einen Pfeil an die Sehne. Hoffentlich würde dieses Biest lange genug stehen bleiben, damit sie richtig zielen konnte. Dann jedoch riss sie plötzlich die Augen auf. Hinter der von Kanna erschaffenen Kreatur konnte sie Tessaiga, weit außer Reichweite, erkennen! Nur wenige Meter befand sich eine Lehmpfütze auf der Erde. Wie in Zeitlupe wanderte Kagomes Blick am Schaft des Pfeils an ihrer Sehne entlang zu dem wilden Geschöpf, das in geringer Entfernung angriffsbereit auf dem Boden hockte. Und urplötzlich erkannte sie, dass dies keineswegs eine aus Lehm geformte Figur war, sondern ein schwer verletzter, vermutlich zu Tode erschöpfter Inu Yasha. Der Hanyou fuhr seine Krallen aus und ließ die Fingerknöchel bedrohlich knacken. „Kagome, lauf weg!“, schrie Shippou, doch sie hörte ihn nicht einmal. „Inu Yasha... Inu Yasha, ich bin es! Erkennst du mich denn nicht?“, fragte Kagome und spürte, wie ihre Augen angesichts dieses bemitleidenswerten Schattens ihres Freundes feucht wurden. „Kagome, du musst weglaufen, schnell!“, schrie Shippou erneut, am ganzen Leib zitternd. „Er wird dich sonst umbringen!“ Doch Kagome beachtete ihn nicht, sie ließ ihren Bogen fallen und trat einen Schritt nach vorn. „Nein, Inu Yasha könnte mir nie etwas antun!“, sagte sie überzeugt. „Aber das ist nicht mehr Inu Yasha!“, rief ihr der Fuchsdämon zu. Fast wie um seine Worte zu bestätigen, sprang Inu Yasha erneut auf, holte mit seinen Klauen aus und wollte Kagome ganz offensichtlich zerfleischen. Da erkannte auch sie die Wahrheit. Während sich ihre Hände in die Falten ihres Rockes gruben wurde ihr klar, dass dies nicht Inu Yasha sein konnte. Inu Yasha, der Hanyou, würde ihr nie etwas zuleide tun. Aber Inu Yasha der Youkai... er würde es tun. Panik ergriff Besitz von ihr. Sie würde sterben! Grauenvolle, rote Augen, die sie hasserfüllt ansahen. Sie konnte ihn nicht aufhalten. Tessaiga lag zu weit entfernt... Dann plötzlich kam ihr ein Gedanke und sie schrie laut: „OSUWARI!“ Dann kam der Schmerz. Unvorstellbarer, zerreißender Schmerz und das Gefühl von warmen Blut, das über ihre Haut lief. Keuchend und schwach brach sie zusammen und landete rücklings auf der Erde. Ein kleiner Gegenstand fiel ihr dabei aus der Rocktasche, aufgefädelte Perlen breiteten sich auf dem Boden aus und stießen gegen ihre Hand. Ach ja... Der Rosenkranz. Inu Yasha hatte sie nicht hören können. Eine plötzliche Schwäche und Müdigkeit ergriff sie. Dunkelheit vor ihren aufgerissenen Augen. Ein letzter, bedauernder Gedanke noch, bevor sie das Leben verließ: Sie hatte Inu Yasha nie gesagt, was sie für ihn empfand. Es war doch eine schlechte Idee gewesen, ihm die Bannkette abzunehmen. Es herrschte kurz eine beinahe heilige Ruhe. Inu Yasha stand nur da, rührte sich nicht. Doch dann, wie aus dem Nichts, ertönte ein leises Summen. Einige der Saimyosho hatten überlebt und einer von ihnen kam nun heran. Der Hanyou, noch immer in seiner Raserei, schlug nach dem vermeintlichen neuen Angreifern, aber das Insekt wich aus. Als es wieder in die Luft stieg, umklammerten seine sechs Beine ein kleines, gläsernes Behältnis, in dessen Inneren etwas Violettes schimmerte. Inu Yashas Bewusstsein war trüb und grau. Er spürte nichts, schwebte in völliger Dunkelheit. Von den letzten Minuten hatte er nichts mitbekommen, er befand sich in einem Schlaf, aus dem ihn kein Geräusch zu wecken vermochte, sei es auch noch so laut. Der Geruch jedoch konnte es. Es war ein süßlicher, etwas metallischer Duft. Ein feiner Hauch, eine undefinierbare Substanz... Es dauerte etwa eine Minute, in der das Monster, das in ihm steckte, sich bereits nach weiteren Opfern umsah und Shippou bedrohlich fixierte, bis er den Geruch als Blut identifiziert hatte. Gut, das hier Blut war, war ja eigentlich logisch. Es war nicht sein Blut, also musste es das seines Feindes sein. Aber etwas sagte ihm, dass dies nicht stimmte. Das Bild einer ganz bestimmten, erst nur verschwommen zu sehenden Person drängte sich ihm auf und diese Person war nicht sein Feind. Lange, schwarze Haare kamen ihm in den Sinn, ein bekanntes Gesicht... Kagome! Ganz plötzlich war es da, das Erkennen, die Gewissheit. Was er wahrnahm, war Kagomes Geruch. Der Geruch von ihrem Blut. Sie war verletzt! Jemand hatte ihr weh getan! Er musste ihr helfen! Langsam, Stück für Stück wich die rote Farbe aus Inu Yashas Augen und sein Blick klärte sich. Kaum war er wieder bei Bewusstsein, da drängte der Schmerz von allen Seiten auf ihn ein. Die Wunde an seinem Bauch schien ihn förmlich zerreißen zu wollen, von den vielen Schnitten des Hinjinkessou ganz zu schweigen. Die Schmerzen ließen ihn blindlings zurücktaumeln, doch er unterdrückte seine dämonische Energie so gut er konnte. Verwirrt strich sein Blick umher, blieb einen Moment auf der Lehmpfütze ruhen, wanderte dann jedoch weiter. Und dann sah er sie. Große, rote Lachen aus Blut. Mit Kagomes Geruch dran. Schreckensbleich drehte er ich im Kreis, bis er den Körper am Boden entdeckte. Schwarzes Haar, auf der Erde ausgebreitet. Schneeweiße Hände auf dunklem Untergrund. Rehbraue Augen, entsetzt aufgerissen. Ihre weiße Kleidung, mit Blut besprenkelt. Dann kehrte das Gefühl wieder in seine Beine zurück und er stürzte zu ihr. „Kagome!“, rief er und ließ sich neben ihr fallen, „Kagome, wach auf!“ Hilfesuchend sah er sich um, doch es waren weder Freund noch Feind zu sehen. Verzweifelt sah der Hanyou auf seine Kagome hinunter. Wie konnte er ihr nur helfen!? Wieder fiel sein Blick auf ihre aufgerissenen Augen und eine schreckliche Ahnung machte sich in ihm breit. Wenn Kagome ohnmächtig wäre – was naheliegend war, da sie sich nicht rührte – warum waren dann ihre Augen nicht geschlossen? Ihr Blick, so glasig und stumpf, machte ihm Angst. Plötzlich spürte er einen Schmerz am Hals. Nicht vergleichbar mit seinen anderen Wunden, aber doch spürbar. Er fasste hinter sich und war überrascht und erfreut zugleich als er feststellte, dass der Übeltäter Shippou war, der sich in seinem Hals verbissen hatte. „Shippou, was-“ „Inu Yasha, du blöder Idiot!“, wurde er von dem Fuchsdämon unterbrochen. Ihm liefen die Tränen in Strömen über das Gesicht und er hämmerte mit seinen kleinen Fäusten wie von Sinnen auf den noch immer unter Schock stehenden Halbdämon ein. „Du bist so doof, Inu Yasha, warum hast du das gemacht!?“ Nun wurde der Hanyou doch wütend. „Ich hab jetzt keine Zeit für dich! Verdammt, Shippou, wir müssen Kagome helfen!“ Unwirsch setzte er den kleinen Dämon ab, doch dieser richtete sich sofort wieder auf und sah ihn zornig an: „Du kannst ihr nicht mehr helfen, sie ist tot! Tot ist sie! Du hast sie umgebracht!“ Stille. Shippou selbst hielt den Atem an. Inu Yasha saß völlig starr da und nur das Rauschen des Windes in den Bäumen störte die Ruhe. „Was... - Was hast du gesagt!?“, brachte der Halbdämon mühsam hervor. Sein Blick spiegelte reines Entsetzen wider als er den Youkai beiseite stieß, das leblose Mädchen an den Schultern packte und heftig schüttelte. „Kagome!“, rief er, und immer wieder: „Kagome! KAGOME!!!“ Aus lauter Verzweiflung verpasste er ihr sogar eine Ohrfeige, doch die eine, unbestreitbare Tatsache wurde immer deutlicher: Kagome war tot. Und nicht Naraku war daran Schuld, nicht Kanna, nicht das Lehmmonster. Er selbst hatte ihr das Leben genommen. Er wusste es sicher, in dem Moment, in dem er völlig schockiert auf seine Hände hinab blickte, von denen noch frisches Blut tropfte. Kagomes Blut. „Kagome... Was habe ich getan? Bei Kami, was habe ich nur getan?!“, flüsterte er erstickt, während seine Augen von seinen eigenen, rotgefärbten Krallen zu der Wunde in Kagomes Brust wanderten, an der man deutlich erkennen konnte, dass es unmenschliche Klauen gewesen waren, die ihr Fleisch zerfetzt hatten. Neben ihrer bleichen, fast kindlichen Hand lag der Rosenkranz. „Kagome...“ Seine Finger griffen fast wie von selbst nach der Bannkette. ganz vorsichtig, als wäre sie das Kostbarste was er je besessen hatte, streifte er sie sich über. „Kagome... Es tut mir Leid! Es tut mir so Leid!“ Er fühlte sich plötzlich schwach, klein und unbedeutend. Tränen der Verzweiflung, der Schuld und der Trauer liefen über sein Gesicht. „Bitte verzeih mir...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)