Die Taten des Ritters D. von Holofaye (Heldentaten mit Drachen, die es nicht gibt, und so...) ================================================================================ Kapitel 1: Die Ausbildung des zukünftigen Ritters D. ---------------------------------------------------- „Man beachte die Pläne des Schlosses oder der Burg und suche nach Geheimgängen, die an den Feuer speienden Drachen vorbei führen könnten. Erich von Burgwürz, erinnerst du dich noch daran, wo solche Pläne zu finden sind?“ Die strengen Augen des Mönches blickten den angehenden Ritter über zwei milchige Brillengläser hinweg an. „Ähm, man könnte in der Stadt nach dem Erbauer der Burg suchen.“ Der Mönch verdrehte die Augen und schickte ein stilles Gebet zum Himmel, auf das der Herrgott ihn das nächste Jahr doch bitte mit intelligenten Schülern ausstatte. Sein Blick schweifte über die Schülerschar, die vor ihm auf dem Rasen des Innenhofes des Klosters saß. Bruder Anthonius hatte behauptet, dass Unterricht an der frischen Luft anregend auf die Meute aus jungen Männern wirken könnte. Und Bruder Anthonius hatte Recht, anregend wirkte die grüne Natur durchaus, allerdings nicht so, wie es sich die Mönche erhofft hatten. Statt gelangweilt gegen die erdfarbenen Wände des Klosterklassenzimmers zu starren und mit Papierkügelchen (die sie aus den Seiten der Schulungsbücher herstellten) Fliegen abzuschießen, verbrachten sie nun ihre Zeit damit Löcher in den Himmel zu starren und den gepflegten Rasen nach Regenwürmern abzusuchen. Den Mönchen war das ganz recht, so blieben wenigstens die Schulungsbücher heil. Bruder Matthia ließ sich auf einem Stein nieder und sein Blick richtete sich ein letztes Mal auf seine Schüler. „Jochen von Lessak, wie lautet dein Vorschlag zur Beschaffung der Pläne?“ Ein arrogantes paar Augen blickte zu dem Mönch hinauf. „So war brauche ich nicht, ich gehe einfach in die Burg hinein und töte den Drachen mit einem einzigen Hieb meines starken Schwertes!“ „Sehr mutig von dir. Wenn du zu deiner Heldentat aufbrichst, vergiss nicht, vorher deiner Mutter zu schreiben, dass es nicht ihre Schuld ist, dass du geistig umnachtet auf die Welt kamst.“ Der junge Fast-Ritter schnaufte verächtlich. „Hat sonst noch jemand eine Idee?“ Eine Hand schnellte nach oben. Bruder Matthia kniff leicht die Augen zusammen und runzelte die Stirn. „Und wer bist du?“ „Damian von Undzu.“ „Ah, der Neuzugang. Warum bist du noch einmal hierher ins Ferne Bawüberg geschickt worden?“ „Alle Jungfrauen heiratsfähigen Alters rissen eines Nachts die Mauer meiner vorigen Akademie nieder und stürmten in mein Schlafgemach. Ich konnte dem Angriff gerade noch so entgehen indem ich aus dem Fenster in die Abwassergräben sprang, aber meinen Zimmerkumpanen Gerhard hat’s dahingerafft.“ Bruder Matthia nahm Anteil an Gerhards tragischem Schicksal und schickte ein Gebet für ihn zum Himmel. „Und nun bist du hier wo dich niemand kennt, ich verstehe.“, sagte der Mönch und musterte den jungen Mann mit den dunklen Haaren und den feurigen Augen. Beinahe hätten Bruder Matthia sündige Gedanken erfasst, aber er vertrieb sie gekonnt indem er sich die siffigen Brillengläser über die Nase schob. „Nun, wie lautet dein Vorschlag um an die Pläne zur Umgehung der Feuer speienden Drachen zu gelangen?“ „Es gibt keine Drachen.“, behauptete Damian. Bruder Matthia schossen die Tränen in die Augen. In den letzten dreißig Jahren seiner Lehrerschaft war zum ersten Mal jemand auf die richtige Antwort gekommen. Nun ist immerhin schon bekannt, dass Ritter Damian einen besonderen Status bei seinen Lehrern genoss. Er zeigte sich als äußerst lernwillig, was die Mönche recht überraschte, da die meisten Schüler eigentlich nur ihre Zeit absaßen bis sie zur Heldentat zugelassen wurden und eine Jungfrau aus einem Turm retten durften. Das Fehlen der Feuer speienden Drachen vereinfachte die Sache natürlich um einiges und jeder Depp, der ein Schwert und den nötigen Adelstitel innehatte, wurde praktisch automatisch zum Ritter. Eine Tatsache, die Damian ziemlich missfiel. Obwohl man es nicht vermutete, war Damian von äußerst romantischem Charakter und träumte davon, einst echte Heldentaten zu begehen. In seinem besonderen Falle, erschwerte die Tatsache nicht existierender Drachen sein Vorhaben um einiges. Nun denn. Auch für Ritter Damian kam der Tag der Heldentat. Damals begann er gerade sein siebzehntes Lebensjahr und ging als der jüngste zu einer Heldentat zugelassen Knabe, seit zweihundert Jahren, in die Geschichte des Landes ein. Normalerweise musste ein Mann jenes Alter, das ihn zu einem erwachsenen Mann erklärte, bereits erreicht haben um eine Jungfrau aus einem Turm zu retten. Dieser Punkt lässt sich in den Geschichtsbüchern der Länder Nesseh, Beyarn und Saxen-Stopp ausführlich erklärt wieder finden, hier bringe ich nun eine Textpassage, die von einem nessehischen Geschichtsschreiber zweihundert Jahre zuvor in feinster kursiver Schrift niedergeschrieben wurde: „Sie stürmigeten das Schloss des Hohen Herrn, meinem König, und waren wütig entbranntigt. In ihrem Zorne schrien sie gleich der Furien ihrem Zorne Luft zu machen und ihr Geschreihige war unerträglich. Der König, mein Hoher Herr und Regent unseres schönigen Landes, erhobigte die Hand und brachte das tobende Weibsvolk zum Schweigen. Nach kurziger Unterredung mit den werten Damen verfasste der edle Führer, unser wunderbariger König, eine neue Gesetzesschriftrolle. Sie besagte, dass von nun an keine Knaben mehr die Jungfrauen aus ihren Türmen befreihigen dürfen, da diese Damen nicht ihrer Unschuld beraubet zu werden wünschen von einem Knaben, der noch nicht wissiget, was er da eigentlich tut. Dies entspräche der Vernichtigung jener Träumereien, denen sich die Damen in den einsamigen Stunden ihres Verbleibs in den hohigen Turmgemächern hingaben und wäre somit moralisch bedenklich, argumentierten die schreienden Damen. Der Hohe Herr, mein weiser König, lenkte jedoch erst auf die ihrigen Forderungen ein, als das Weibsvolk drohte, von nun an seine Tage in den Klostern zu verbringen und alle seine Schwestern mitzunehmen, was zum Untergange des Volkes führen würde.“ Zuerst waren die Mönche natürlich gegen Damians frühe Zulassung gewesen, aber der Junge war der beste Ritter-Anwärter, den sie jemals ausgebildet hatten und für seine siebzehn Jahre ein überaus erstaunlich hübscher Bursche. Die Mönche vertraten die Ansicht, dass sich keine Jungfrau über eine Errettung durch Damian in ihrem Recht verletzt fühlen konnte. Außerdem hielten sie es für zu gefährlich Damian noch länger in ihren Mauern zu behalten. Durch das unvorsichtige Verhalten einiger anderer Schüler, wurde sein Aufenthalt im Kloster bekannt. Aus Damians fernem Heimatland Unter-Saxen kam ein Schreiben eines verbrüderten Klosters, dass die Mönche darauf hinwies, dass sich eine Schar aufgeregter Jungfrauen in Richtung des Klosters, in dessen vier Wänden Damian sich derzeit aufhielt, in Bewegung gesetzt hatte, um sich der Anwesenheit des schönen Knabens zu vergewissern. So viel dazu. Die Mönche schickten Damian fort seine erste Heldentat zu begehen. Bewaffnet mit einer Steinschleuder (Schwerter waren erst ab 18 erlaubt, und hier konnten die Mönche das Gesetz nicht umgehen) und einem Schild, ritt er der aufgehenden Sonne entgegen, in Richtung des Landes Schmutzland-Phaltz. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)