Auf der Suche nach Glück von Fukai ================================================================================ Kapitel 7: Fragen, Zweifel und Geheimnisse ------------------------------------------ A/N: So und hier ist auch schon das 7. Kapitel. Es ist eins der längsten überhaupt. Ich finde es ganz in Ordnung, obwohl ich der Meinung bin, dass ich Draco verweichliche. Aber wer weiß schon, was in einem Menschen vorgeht, wenn er derart gefoltert wird. Da wird selbst die kälteste, emotionsloseste Seele auf eine harte Probe gestellt.... Auf der Suche nach Glück Chapter 7: Fragen, Zweifel und Geheimnisse Erzählt von Draco Malfoy Im ersten Moment glaubte ich, alles wäre nur ein Traum gewesen und ich würde mich nach wie vor in den kalten Gewölben Malfoy Manors befinden. Es war dunkel um mich herum, doch war es warm und weich. Ich lag in einem Bett, ein Schlafzimmer, zweifellos. Ich musste wohl zusammengebrochen sein, denn ich konnte mich nicht daran erinnern, wie ich hierher gekommen sein sollte. Aus dem Nebenzimmer drangen Fetzen eines Gesprächs an mein Ohr. Die Stimmen waren leise, doch erkannte ich die meiner Mutter darunter. Erleichtert atmete ich auf. Ich war zwar immer schon sehr selbstständig gewesen, doch hätte ich nicht gewusst, was ich in diesem Moment ohne sie hätte machen sollen. Ich fühlte mich so verloren, ohne Richtung, ohne Sinn. Als wären all meine Stärken gemeinsam mit meinem Selbstvertrauen entschwunden. Ich seufzte. Vorsichtig richtete ich mich auf. Die Schmerzen in meinem Körper hatten ein wenig nachgelassen und auch meine Kräfte waren durch den Schlaf bruchstückhaft zurückgekehrt. Benommen schwang ich meine Beine aus dem Bett, setzte meine nackten Füße auf den Boden und lief, noch etwas schwankend, zur Tür. Leise öffnete ich sie einen Spaltbreit. Eine alte Dame saß gemeinsam mit meiner Mutter auf einer seltsam geblümten Coach. Ich runzelte die Stirn und lauschte. Das Gespräch schien sich um mich zu drehen. "... sehr dankbar, dass du ihn zum Bahnhof bringst. In Hogwarts ist er sicher. Dort kann er ihm nichts antun", hörte ich meine Mutter erklären. Lautlos schlüpfte ich durch die Tür und schob sie ins Schloss. Die fremde Frau, welche mich sofort bemerkt hatte, schenkte mir ein freundliches, warmes Lächeln. "Du bist also Draco?" Es war vielmehr eine Feststellung, denn eine Frage. Ich nickte knapp. Meiner Mutter fuhr augenblicklich herum. "Draco", rief sie verwundert. "... du bist schon wieder wach? Leg dich noch ein bisschen hin. Du musst dich ausruhen." Ich schüttelte abwehrend den Kopf und setzte mich neben sie auf die Coach. Meine Mutter legte mir fürsorglich ihren Arm um die Schulter und drückte mich an sich. Normalerweise wehrte ich mich gegen solcherlei Körperkontakt, doch heute ließ ich es geschehen. Ich war so verloren, sodass ich jedes bisschen Halt genoss. "Wo sind wir hier?" fragte ich schließlich in die Stille. Es war eine willkürliche Frage, lediglich gestellt, um das Schweigen zu brechen. Doch nachdem ich sie geäußert hatte erwachte mein Interesse auf die Antwort. "In der Muggelwelt", erklärte die fremde Frau mit glitzernden Augen. Sie musste wohl ahnen, dass ich nicht besonders viel von Muggeln hielt. Überrascht hob ich eine Augenbraue. Wieso um alles in der Welt hatte meine Mutter mich hierher gebracht? "Und... sind Sie auch ein-" "Ob ich ein Muggel bin?" unterbrach sie mich lächelnd. "Nein, ich bin eine Hexe, genau wie deine Mutter. Mein Name ist Arabella Figg." Sie reichte mir ihre Hand, doch ich ignorierte sie gekonnt. Stattdessen drehte ich mich zu meiner Mutter. "Was passiert nun? Wie soll es weitergehen?" Sie senkte den Kopf. "Nun... Arabella hat sich bereit erklärt dich zum Bahnhof Kings Cross zu begleiten. Sie ist eine sehr mächtige Hexe. Du kannst ihr also vertrauen." Meine Mutter zwinkerte der alten Dame belustigt zu und diese erwiderte ihre Geste mit einem schelmischen Lächeln. Die Beiden schienen sich gut zu kennen. "Am Bahnhof steigst du dann sofort in den Hogwarts-Express ein. Ich will nicht, dass du ihm im letzten Moment noch in die Arme läufst!" Sie maß mich mit einem strengen Blick, der keine Widerrede zuließ. Ich nickte leicht. "In Hogwarts wirst du sicher sein", fuhr sie fort. "Und dann überlegen wir, wie es weitergeht." Ich schwieg. Erst jetzt wurde ich mir meiner Situation bewusst. Ich hatte Angst vor der Zukunft, vor der nächsten Begegnung mit meinem Vater. Wem konnte ich vertrauen? Ich hatte keine Freunde wie Potter, die mit mir durch Dick und Dünn gingen, denen ich meine Sorgen anvertrauen konnte. Klar, da gab es Crabbe und Goyle, doch waren sie vielmehr Kumpels, denn Seelenverwandte. Ich konnte mir nicht vorstellen ihnen von meinen Ängsten zu berichten. Ich würde in Hogwarts wieder auf mich allein gestellt sein.... doch wenn man sein Leben lang einsam war, gewöhnt man sich daran. Draußen begann es bereits zu dämmern. Heute war der erste Tag des neuen Jahres, des Jahres 1997. Ein Jahr voller neuer Hoffnungen, Wünsche und Träume. Ich hatte all dies noch gar nicht realisiert. Es war mir egal, welcher Tag war, welcher Monat oder welches Jahr. Es spielte für mich keine Rolle. Die letzten Stunden waren wie im Trance an mir vorbeigezogen. Die Gespräche der beiden Frauen hatten zwar den Weg in meine Ohren, jedoch nicht in mein Gehirn gefunden. Noch immer vom Schock der Folter betäubt, welcher mir tief in den Knochen saß, hatte ich mich schweigend in die Coach gekuschelt und meine Augen geschlossen. Eingeschlafen war ich allerdings nicht, doch war ich froh, dass meine Mutter mich nicht zurück ins Schlafzimmer geschickt hatte. Sie musste wohl ahnen, dass ich nicht allein sein wollte. Ab und an hatte ich ihre zarten Hände gespürt, welche sanft durch meine strähnigen Haare strichen. Ich hatte die ganze Zeit nie ein Wort gesagt. Die vergangenen zwei Tage und Nächte waren eine einzige Qual für mich gewesen, welche es erst einmal zu verdauen galt. Zwar hatte das Zittern meiner Hände endlich aufgehört, doch schreckte ich dennoch bei jedem fremden Geräusch zusammen. So ließ mich auch das Schlagen der fremden Muggeluhr auffahren, welche sieben mal in einem hellen Glockenton aufheulte. Meine Mutter seufzte und erhob sich langsam. "Ich muss jetzt gehen", meinte sie mit leiser Stimme. Ich hörte die Trauer, die in ihr mitschwang. Es war, als würde sie für immer aus meinem Leben treten. "Ich sollte ihn nicht noch länger warten lassen!" Sie senkte ihren Blick. Ich wusste, dass sie Angst vor der Konfrontation mit meinem Vater hatte. Wer hätte das nicht? "Arabella. Pass bitte gut auf ihn auf", wandte sie sich nun schweren Herzens an die alte Dame. Ein warmes Lächeln huschte auf ihre Lippen. "Ich danke dir für alles." Dann strich sie mir noch einmal über meinen wüsten Haarschopf und zog mich schließlich in eine warme Umarmung. "Machs gut, mein Draco. Ich hab dich lieb!" Ich spürte, wie eine unbekannte Welle von Geborgenheit mein Herz überflutete. "Mum, wir werden uns doch wiedersehen, oder?" Meine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und dennoch erfüllt von Trauer und Sorge. "Ja, das werden wir." Behutsam löste sie sich aus meinem Griff und wandte sich zur Tür. Die Sonne bahnte sich bereits ihren Weg hinter den Häusern hervor und tauchte den verlassenen Ligusterweg in ein sanftes Orange. Meine Mutter warf mir einen letzten liebevollen Blick zu und trat hinaus in den Morgen. Meine letzten leisen Worte hörte sie schon gar nicht mehr. "Ich hab dich auch lieb, Mum..." Erzählt von Harry Potter Ich hatte die ganze Nacht nicht schlafen können. Immer wieder sah ich Malfoy bewusstlos in den Armen seiner Mutter liegen, so schwach und hilflos. Die wildesten Theorien spukten mir durch den Kopf, doch jede war absurder als die vorherige. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, was passiert sein sollte. Jedoch traute ich mich auch nicht einfach zu Mrs. Figg hinüber zu gehen und zu fragen. Dann würde es ja so rüberkommen, als ob es mich interessieren würde, was mit Malfoy los war. Tat es aber nicht. Im Grunde war er mir egal................... Schwachsinn! Ich konnte mich nicht einmal mehr selbst belügen. Meine Ausreden klangen mit jedem mal lächerlicher, unglaubwürdiger. Ich machte mir wirklich Sorgen. Warum wusste ich nicht. Vielleicht lag es an den nächtlichen Tränen, die er auf dem Astronomieturm vergossen hatte oder an seinen panischen Augen, als Professor Trelawney ihm sein Unglück prophezeite. Vielleicht hatte auch sein gestriger Zustand mein Herz erweicht. Ich wusste es nicht. Aber meine Neugier wuchs mit jeder verstreichenden Minute. "Harry!" Ich schreckte auf, als eine kräftige Hand laut auf den Tisch schlug. Verwirrt sah ich zu meinem Onkel, der mir gegenüber am Esstisch saß. "Wo bist du mit deinen Gedanken, Bengel? Hör mir gefälligst zu, wenn ich mit dir rede!" Dudley, welcher sich gerade über sein drittes Hähnchenbein hermachte, grinste dreckig, wobei er seine gelben Zähne entblößte. "Ich hab gesagt, du sollst die Reste der Feuerwerkskörper wegräumen", wiederholte mein Onkel miesgelaunt. "Unser Garten ist übersäht mit dem Zeug." Ich nickte brav, während ich appetitlos auf meinem Toast herumkaute. "Jetzt gleich", unterbrach er meine friedliche Esszeremonie. "Aber, ich bin noch nicht fertig-" "Du kannst draußen weiteressen!" Mit diesen Worte packte er mich am Kragen, zog mich vom Stuhl hoch und schleifte mich quer durchs Wohnzimmer in den Flur, schnappte sich Rechen und Eimer, drückte ihn mir in die Hand und warf mich aus dem Haus. Haltlos stolperte ich zu Boden und landete im Schnee. Dudley, welcher seinem Vater gefolgt war, schmiss mir noch meinen Toast, den ich liegengelassen hatte, hinterher. "Hier, damit du nicht verhungerst." Er grinste fies, als mein Frühstück direkt in einer Schneepfütze landete. Wütend sprang ich auf und wollte mich auf ihn stürzen, doch Onkel Vernon hatte mir schon eine Ohrfeige verpasst, sodass ich wieder zurück in den Schnee fiel. "Zum Mittagessen bist du fertig", knurrte er verächtlich. Dann schlug er die Tür vor meiner Nase zu. Ich fluchte laut und stieß wütend den Rechen in den Boden, wobei einige Zähne abbrachen. Mein Blut wallte vor Zorn. So aufgebracht war ich schon lange nicht mehr gewesen. Diese Familie brachte mich zur Weißglut. Fröstelnd schlang ich die Arme um meinen Körper. Es war verdammt kalt. Sie hatten mir schon wieder keine Jacke gegeben. Irgendwann würde ich mir noch einmal den Tod holen. Seufzend griff ich nach dem Rechen und begann den Abfall, welcher im ganzen Garten zerstreut lag, zusammenzukehren. "Ach und Harry?" Dudley hatte wieder seinen Kopf zur Haustür rausgestreckt. "Fröhliches neues Jahr!" Er grinste breit und ehe ich mich versah landete ein dicker Knaller neben meinen Füßen und explodierte. Erneut landete ich entsetzt im Schnee. "Du verdammter-" Das war zuviel. Hasserfüllt sprang ich auf. "Wenn ich dich in die Finger kriege verwandel ich dich in eine Kröte", drohte ich. Jegliche Farbe wich aus seinem fetten Gesicht. "Dad", brüllte er. "Harry droht mir schon wieder mit Zauberei. Er will mich in einen Frosch verwandeln." "Kröte, du Vollidiot", knurrte ich genervt, als auch schon der zornesgerötete Kopf meines Onkels erschien. Bedrohlich baute er sich vor mir auf. "Wie oft muss ich dir noch sagen, dass ich deine Abnormalität in meinem Haus nicht dulde? Hör auf meinen Sohn zu bedrohen, sonst steck ich dich noch wo ganz anders hin, als in die Besenkammer. Ich kann auch ganz andere Seiten aufziehen, du Nichtsnutz. Wenn es nach mir ginge würdest du im Garten schlafen." Trotzig reckte ich das Kinn. "Mach doch was du willst. In ein paar Tagen bin ich wieder weg. Dann könnt ihr euch einen neuen Sklaven suchen. Ich hab genug davon." "So, du hast genug davon?" wiederholte er meine letzten Worte, wobei er immer größer und größer zu werden schien. Oder schrumpfte ich etwa unter seiner Autorität zusammen? "So dankst du es uns also, verdammter Bastard. Wir haben dich aufgenommen und durchgefüttert. Du hattest immer ein Dach über dem Kopf. Ohne uns wärst du gar nichts!" "Nein, falsch!" unterbrach ich ihn. "Nur in euren Augen bin ich nichts wert. Aber es gibt Menschen, die mich achten. Aber euch bin ich doch nur lästig. Ihr könnt mich nicht leiden. Nein, ihr hasst mich sogar. Dabei hab ich immer alles getan, was ihr wollt. Alles. Ich wollte doch nur eine Familie haben, die mich gern hat. Aber ihr wollt einfach nicht einsehen, dass ich auch nur ein normaler Mensch bin. Keine Missgeburt, wie ihr mich empfindet. Aber weißt du was, ich hab genug. Soll doch Dudley den ganzen Mist machen. Wenn er sich nicht bald mal bewegt wird er irgendwann implodieren!" Die Hautfarbe meines Onkels hatte sich während meines Vortrags von orange über rosa bis hin zu feuerrot gewandelt. Sein kurzer Hals zuckte bedrohlich, als ringe er nach Atem. Dann ging alles ganz schnell, sodass ich es nicht kommen sah. Ein gewaltiger Schlag traf mich unerwartet im Gesicht und schleuderte mich zum wiederholten Male zu Boden. Keuchend blickte in die böse funkelnden Augen meines Gegenübers. "Das reicht. Heute kommst du mir nicht mehr ins Haus. Es ist mir egal wie kalt es ist, oder wie Leid es dir tut." Wutentbrannt stapfte er zurück in die Wärme und schmiss die Tür mit einem ohrenbetäubenden Knall ins Schloss. Benommen wischte ich mir mit dem Handrücken über die blutende Lippe und rappelte mich auf. "Das ist mir doch egal", brüllte ich laut, damit es auch noch drinnen zu hören war. "Ihr könnt mir alle gestohlen bleiben!" Zornig trat ich den Rechen entzwei und wollte gerade über die niedrige Hecke hinaus auf die Straße springen, als mein Blick an einer einsamen Gestalt im Nachbargarten hängen blieb, welche mich unentwegt anstarrte. "Malfoy", entwich es mir entsetzt. Das hatte mir gerade noch gefehlt. Hatte er etwa alles beobachtet? Hatte er jedes einzelne Wort mitgehört? Das war mein Untergang. Jetzt hatten die Slytherins wieder genug Stoff, um das restliche Schuljahr Gerüchte in die Welt zu setzen, wie ich mich abends in den Schlaf weinte, weil die ganze Muggelwelt mich verstieß. Ich stöhnte geschlagen. Konnte es jetzt noch schlimmer werden? Es konnte. "Harry", drang eine freundliche Stimme an mein Ohr. Ich folgte dem Klang und erkannte Mrs. Figg in ihrer Eingangstür. "Möchtest du nicht hereinkommen und mit uns gemeinsam frühstücken. Du musst ja ganz hungrig sein." "Nein, danke", versuchte ich abzuwehren, doch sie hatte mich schon längst umgarnt. Ich kam mir vor wie eine kleine hilflose Fliege im Netz der Spinne. Mein Unglück spann sich silbern schimmernd um mich herum, blieb an mir haften. "Zier dich nicht so. Ich hab doch mitgekriegt, dass mal wieder dicke Luft herrscht." Sie lächelte freundlich und ich konnte nicht anders, als zu nicken. Als hätte sich mein frierender Körper selbstständig gemacht und meinen Verstand ausgeschaltet. "Also schön." Ich seufzte. Gefangen mit Malfoy in einem Raum. Keine angenehme Vorstellung. Andererseits war das eine gute Möglichkeit heraus zu bekommen, was mit ihm los war. Allerdings nur, wenn ich seine fiesen Kommentare überleben würde. Oder besser gesagt er. In meinem Zustand war es gut möglich, dass ich ihm an die Gurgel ging. Erzählt von Draco Malfoy Eigentlich hatte ich nur frische Luft schnappen und meine Gedanken ordnen wollen. Doch dann hatte ich diese vertraute Stimme vernommen. Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen. Aber meine Augen bewiesen es mir. Direkt im Nachbarhaus wohnte Harry Potter. Von allen Häusern Londons musste ich ausgerechnet neben seinem wohnen. Das war doch nun wirklich ein böser Scherz. Hatte meine Mutter davon gewusst und mich deshalb hierher gebracht? Weil auch der große Harry Potter sich während der Ferien immer wieder in der Muggelwelt versteckte? Weil wir beide hier sicher waren? Und nun musste ich auch noch mit ihm frühstücken. Er wird sich fragen, was ich hier mache. Er wird mir ansehen, dass ich nicht mehr der Alte bin. Warum musste ich ihm jetzt begegnen; jetzt, wo ich meine Stärke verloren und noch nicht wiedergefunden hatte? Widerwillig folgte ich dem Wink von Mrs. Figg ins Haus. Sie hatte mich angewiesen, dass ich sie doch Arabella nennen sollte, doch bisher hatte ich mich noch nicht dazu durchgerungen. Das war mir zu persönlich. Ich mochte keine Nähe zu fremden Personen aufbauen. Ich mochte überhaupt keine Nähe aufbauen. Zu niemandem. Aber warum musste Mrs. Figg ihn unbedingt zum Frühstück einladen. Das konnte nicht gut gehen, niemals. Kurz vor der Tür trafen sich unsere Blicke. Sturmgrau auf smaragdgrün. Beide hielten wir inne und maßen den jeweiligen anderen mit forschem Interesse. Es war ein stummer Kampf, ein Gefecht ohne Waffen. Er war wohl ebenso überrascht mich zu sehen, wie ich ihn. Doch ließ er es sich ebenso wenig wie ich anmerken. Ich riss mich als erstes wieder los und trat über die Schwelle. Innen duftete es verführerisch nach heißer Schokolade. Drei Tassen standen dampfend auf dem Tisch, als habe sie gewusst, dass Potter dazustoßen würde. Diese Frau war mir ein Rätsel. Meine Mutter hielt fiel von ihr, wenn sie mich ihr anvertraute. Ich jedoch sah in ihr nur eine alte gutmütige Dame, keine mächtige Hexe. Wortlos ließ ich mich auf einen Stuhl sinken, wobei ein stechender Schmerz durch meine Brust fuhr. Ausdruckslos biss ich die Zähne zusammen und wartete, bis der Schmerz verklungen war. Egal wie fertig ich war. Gegenüber Potter würde ich mir es nicht anmerken lassen. Diesen Triumph wollte ich ihm nicht gönnen. Er setzte sich ebenso schweigend mir gegenüber. Seine Lippe war aufgesprungen und blutete noch immer. "Hier, Junge, wisch dir erst mal den Mund ab", unterbrach Mrs. Figg die angespannte Stille. Sie reichte ihm ein schneeweißes Taschentuch, welches er dankbar entgegen nahm. Ich bemerkte, wie er es vermied mir in die Augen zu sehen, während er sich das Blut wegstrich. Wahrscheinlich war es ihm peinlich, dass ich den Streit mit seinen Verwandten mitbekommen hatte. Es war schon seltsam gewesen mit anzusehen, wie dieser deformierte Muggel ihn runtergeputzt hatte. Ihn, den großen Harry Potter. Dabei hatte ich immer gedacht er führte ein friedliches Leben, umgeben von Menschen, die ihn bewunderten und vor Stolz auf ihn fast platzten. Aber anscheinend ging es ihm ähnlich wie mir. Schon komisch. Da hasst man sich seit vielen Jahren und weiß nicht einmal etwas über den anderen. Ich griff nach meiner heißen Tasse und schloss sie in meine kalten Finger. Ein angenehmes Kribbeln durchfuhr meine Hände und wärmte sie auf. Mrs. Figg, welche kurzweilig in die Küche verschwunden war, um den Toast zu holen, kehrte nun zurück. "Was ist denn mit euch los? Habt ihr eure Zungen verschluckt?" Das altbekannte gutmütige Lächeln trat auf ihre Lippen. "Seid doch nicht so scheu. Ihr kennt euch doch sicher. Schließlich geht ihr doch beide nach Hogwarts." Ein leises Klirren zog meine Aufmerksamkeit wieder auf den Jungen, der lebte, welcher die alte Dame nun verwirrt anstarrte. "Sie sind eine Hexe, Mrs. Figg?" fragte er ungläubig. Ich lachte leise. Hatte er das etwa nicht gewusst, obwohl er seit vielen Jahren hier lebte. Wie töricht! "Ja, Harry, das bin ich", antwortete sie höflich. "Aber, aber wieso haben Sie nie etwas gesagt?" Er klang beinahe schon empört. "Weil es nicht in meinem Sinne war meine Identität preiszugeben." Der schwarzhaarige Gryffindor biss sich verärgert auf die Lippe. Ich spürte, dass der Streit ihn aufgewühlt und er seine Beherrschung noch nicht wiedergefunden hatte. "Aber nun esst erst einmal", befahl die alte Frau sanft. "Ihr seid ja beide nur noch Haut und Knochen." Wieder trafen sich unsere Blicke. Zweifelnd fuhren seine Augen an mir herab. Ich konnte die Berührungen schon beinahe auf meiner Haut spüren. Er sollte damit aufhören. Sollte mich nicht so anstarren. Ich fühlte mich nicht wohl dabei. Es irritierte mich, machte mich nervös. Ich packte die Tasse zwischen meinen Händen fester und führte sie zum Mund, um mich abzulenken. Das heiße Getränk lief mir brennend die Kehle hinab. Zu spät bemerkte ich, dass es ein Fehler gewesen war. Ein heftiger Schmerz entflammte erneut in meiner Brust, krampfte meinen Magen zusammen und nahm mir den Atem. Ich stöhnte leise und schloss die Augen, während ich die Tasse wieder auf den Tisch prallen ließ. Meine Körper sank in dieser Bewegung nach vorne, sodass meine silberblonden Haare mein bleiches Gesicht verdeckten, während meine Muskeln sich schmerzhaft verkrampften. "Alles okay, mein Junge?" fragte Arabella besorgt. Ich war nicht fähig zu antworten, zu sehr kämpfte ich gegen den Zwang erneut vor Schmerz aufzustöhnen. Meine Hände krampften sich in das warme Porzellan, während meine Lungen nach Luft begehrten. Ich nahm einen tiefen Atemzug und versuchte mein Herz zu beruhigen, welches vor Anspannung ganz unregelmäßig schlug. Verdammt, warum musste das gerade jetzt passieren? In diesem Moment hasste ich mich für meine Schwäche. "Möchtest du dich lieber noch ein wenig hinlegen, Junge?" Bloß nicht weitersprechen. Bitte, lass sie verstummen. Sie darf nichts über mich ausplaudern. Nicht vor Potter. In würde in dieser Schmach vergehen. Der große Malfoy, verletzlich wie ein schutzloses Tier. Er würde mich auslachen. Und bald schon wüsste ganz Hogwarts davon. Ein Alptraum. Hastig schüttelte ich den Kopf. "Warum sollte ich? Der Kakao war nur zu heiß", antwortete ich, wobei ich versuchte meiner Stimme einen gelassen Klang zu geben, konnte das leichte Zittern jedoch nicht ganz verbergen. Sie maß mich mit einem Blick der Bände sprach, sagte aber nichts. Ich war ihr dankbar dafür. "Harry", wandte sie sich nun an meinen Gegenüber, welcher mich noch immer neugierig musterte. "was möchtest du auf deinen Toast?" Er drehte seinen strubbeligen Kopf zu ihr und sah sie fragend an. "Wie bitte?" "Was du auf deinen Toast möchtest", wiederholte sie freundlich. "Konfitüre, Honig, Erdnussbutter, Haselnusscreme?" Er schüttelte abwehrend den Kopf. "Danke, gar nichts. Ich hab keinen Hunger." "Aber Junge, du musst doch was essen!" meinte sie besorgt. "Du fällst noch einmal vom Fleisch!" Er grinste verlegen. "Machen Sie sich keine Sorgen, Mrs. Figg. Ich ess schon genug. Ich hab nur gerade eben gefrühstückt." "Du meinst den Toast, der da draußen im Schnee liegt?" Er seufzte. Anscheinend schien er zu begreifen, dass er gegen Arabella nicht gewinnen konnte. "Okay, ich nehme Honig." Ein triumphierendes Glitzern trat in ihre Augen, als sie ihm grinsend den Honig reichte. "Und nun zu dir, Draco." Ich bemerkte den verwundernden Blick Potters, welcher bei Aussprechung meines Vornamens überrascht aufsah. Wahrscheinlich hatte er diesen Namen schon ganz vergessen. Immerhin war ich für ihn nur Malfoy. Ich glaube immer willkürlich unter diesem Namen zusammenzucken zu müssen. Ich bin kein Malfoy mehr. Nie mehr. Ich finde es gut, dass wenigstens sie mich bei meinem richtigen Namen nennt. "Honig, Konfitüre, Haselnusscreme oder Erdnussbutter?" Jedoch allein der Gedanken irgendetwas in meinen Magen zu würgen jagte mir den Schweiß auf die Stirn. Ich konnte nichts essen. Nicht ohne daran vor Schmerz und Übelkeit zu vergehen. Mein flehender Blick traf sie und nun war es an ihr zu seufzen. "Also schön. Ich frag dich nachher noch einmal." Ich nickte dankbar. "Ihr seid mir zwei!" Sie schüttelte den Kopf. "Das muss die Pubertät sein." Ein leises Lachen entrann ihrer Kehle, als sie sich erhob. "So, ich lass euch jetzt mal allein. Ihr habt euch sicher einiges zu erzählen." Sie zwinkerte und schwand in die Küche. Wahrscheinlich um ihre vielen Katzen zu füttern. Da saßen wir nun. Keiner sagte ein Wort. Jeder mied den Blick des anderen, als könnten unsere Augen geheime Wahrheiten offenbaren, die wir auf keinen Fall preisgeben wollten. Er war der erste, der wieder das Wort ergriff. "Warum bist du hier?" Natürlich musste es eine Frage sein. Sicherlich brannte er darauf zu erfahren, was mich, einen Muggelverachter, in diese Welt trieb. "Das geht dich nichts an", konterte ich kühl. Wenigstens meine Unfreundlichkeit war mir nicht verloren gegangen. "Natürlich nicht. Wie komme ich nur darauf, dass der große Draco Malfoy mir etwas erzählt?" Der Sarkasmus in seiner Stimme schien mich schon beinahe zu verspotten. Verärgert formten sich meine grauen Augen zu Schlitzen. Er verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Ich hasste dieses Gefühl einmal nicht überlegen zu sein. Aber ich musste ihm ja nicht zeigen, dass er derjenige war, der in der Lage war den Takt anzugeben. "Dann wirst du mir also auch nicht verraten, wieso du so fertig aussiehst?" Verdammt, er hatte es gemerkt. War ja eigentlich auch nicht zu übersehen. "Du hast recht, das werde ich nicht!" Ein gehässiges Grinsen trat auf seine Lippen, als er die nächsten Worte aussprach. "Hat Klein-Malfoy etwa ein nächtliches Saufgelage veranstaltet, woraufhin ihn seine eigenen Eltern rausgeschmissen haben?" Ich spürte wie mir jegliche Farbe, die ich noch besaß, aus dem Gesicht wich. Er war der Wahrheit näher als er ahnte. Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. "Du verdammter-" Ich wollte mich auf ihn stürzen, doch schon protestierten meine, noch immer vom Cruciatus-Fluch geschwächten, Glieder. Mein Stuhl fiel krachend zu Boden. Haltlos krampfte ich meine Finger in den Tisch, doch ich spürte wie meine Füße unter dem plötzlichen Gewicht nachgaben. Stöhnend sank ich in die Knie. Erzählt von Harry Potter Eigentlich wollte ich ihn mit meiner Frage nur anstacheln, wollte ihn wütend machen. Ich hatte damit gerechnet, dass er sich auf mich stürzen würde, damit ich endlich meine Wut ausleben konnte, die noch immer in mir brodelte. Als er dann jedoch plötzlich zusammensackte war jegliche Wut verebbt. Einen Moment saß ich wie erstarrt. Tausende von Gedanken schossen mir durch den Kopf, bis ich endlich aufsprang, den Tisch umrundete und neben ihm auf die Knie ging. Er hatte den Kopf gesenkt, sodass ich ihm nicht ins Gesicht sehen konnte. Seine Finger hatten sich in den Teppich gekrallt. Verwirrt legte ich ihm meine rechte Hand auf die Schulter, doch als er erschrocken zusammen zuckte, zog ich sie hastig wieder zurück. "Hey Draco, ist alles in Ordnung?" Erst zu spät fiel mir auf, dass ich ihn beim Vornamen genannt hatte. Er antwortete jedoch nicht. Vorsichtig senkte ich meinen Kopf zu Boden, um von unten herab in sein Gesicht sehen zu können. Irgendwie beschlich mich das ungute Gefühl, dass er weinte. Aber er weinte nicht. Seine Lippen waren zu einem blutleerem Strich zusammengepresst und seine sturmgrauen Augen funkelten zornig. "Was ist?" schnauzte er mich grob an, als sich unsere Augen trafen. Ich schüttelte verwirrt den Kopf. "Was ist eigentlich los mit dir?" Ungewollte Besorgnis schwang in meiner Stimme. "Was soll los sein?" konterte er wütend und stieß mich beiseite. Schwankend erhob er sich wieder. "Gar nichts ist los. Rein gar nichts!" Seine Augen sprühten vor Wut, als er mir, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, den Rücken zudrehte und davon stapfte. Den Rest des Tages gingen wir uns aus dem Weg. Ich hatte beschlossen doch noch den Garten der Dursleys zu säubern, damit ich mich wenigstens ablenken konnte. Mrs. Figg, welche sich mir als Arabella vorgestellt hatte (der Name kam mir seltsam vertraut vor), hatte mir eine Jacke gegeben, sodass ich wenigstens nicht mehr frieren brauchte. Sie hatte auch gemeint, dass Drac-, dass Malfoy gerade eine schwere Zeit durchmachte und ich es mir nicht so zu Herzen nehmen sollte, dass er so unfreundlich war. Ich hätte beinahe laut gelacht. Draco und unfreundlich. Das war ja mal was ganz neues. Eigentlich fand ich, dass er heute sogar recht erträglich war. Ich würde mir wahrscheinlich eher Sorgen machen, wenn er plötzlich höflich zu mir wäre. Aber was hatte sie mit schweren Zeiten gemeint? Zu gern würde ich endlich die ganze Wahrheit erfahren. Irgendwas hatte diesen Jungen aus der Bahn geworfen. Es kam mir so vor, als ob er sich vor irgendetwas fürchtete, sonst wäre er nicht in dieser gottverlassenen Gegend untergetaucht. Aber wovor sollte er sich schon fürchten? Ich dachte immer er hätte vor gar nichts Angst, außer vielleicht davor seinen Stolz zu verlieren. Ich stützte mich schnaufend auf den kaputten Rechen, der, nachdem ich ihn in meiner Wut entzwei gebrochen hatte, erheblich kürzer war, als zuvor. Weiße Dampfwölkchen tanzten vor meiner Nase auf und ab. Ob Onkel Vernon seine Drohung wahr machen und mich diese Nacht einfach vor der Tür stehen lassen würde? Der Gedanke ließ mich frösteln. Es begann bereits zu dämmern. In wenigen Stunden würde die Temperatur ihren Tiefstwert erreicht haben. Er wollte mich doch nicht wirklich hier draußen erfrieren lassen. Konnte er so grausam sein? Anscheinend konnte er das. Denn auch zwei Stunden später machte er noch keine Anstalten mir zu öffnen. Mehr noch, er hatte sogar alle Vorhänge zugezogen, damit er mich nicht sehen musste. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben diese Nacht unbeschadet zu überleben, als Mrs. Figg mich zu sich hineinrief. Ich wusste nicht, ob ich lieber erfrieren oder mit Malfoy in ein und dem selben Haus wohnen wollte. Doch meine erfrorenen Glieder nahmen mir schließlich die Entscheidung ab. Beim Abendessen, Malfoy hatte sich die ganze Zeit nicht mehr blicken lassen, erzählte mir die freundliche, alte Dame schließlich, dass sie ihn morgen nach Kings Cross bringen würde und ich gerne mitkommen könnte. Sie erklärte, dass sie ihren Kamin vorübergehend an das Flohnetzwerk des Bahnhofs angeschlossen hatte und es nur ein Katzensprung sei. Ganz davon abgesehen, dass mein Onkel zur Zeit nicht gerade gut auf mich zu sprechen war und es wohl sehr viel Überredungskraft kosten würde ihn dazu zu bewegen mich zum Bahnhof zu fahren. Ich willigte also dankbar ein. Ich rollte mir gerade ein saftiges Scheibchen Salami zusammen, als sie meinte: "Du kannst heute in dem Bett in meinem Schlafzimmer schlafen. Du musst es dir allerdings mit Draco teilen." Ich sah sie erschrocken an. "Was?" krächzte ich entsetzt. "Ich hab nicht so viel Platz, um euch jeder in ein anderes Zimmer zu verteilen", erklärte sie ruhig. "Ihr werdet das diese eine Nacht schon mal aushalten." Sie grinste spöttisch. Ich schluckte. Mit Malfoy in einem Bett!?! Dieser Gedanke war so grotesk, dass ich hätte lachen können wäre mir nicht so zum Heulen zumute. "Ich geb dir ein Hemd von meinem verstorbenen Mann, damit du nicht in deinen nassen Sachen schlafen musst." Ich nickte noch immer ganz betäubt von der Nachricht. Sie verließ das Zimmer, um wenig später wieder mit dem versprochenen Hemd zurückzukehren. Es war mir viel zu groß, sodass es mir fast bis zu den Knien reichte. "Draco schläft schon. Sei also leise", ermahnte sie mich noch, bevor ich voller dunkler Vorahnungen das schicksalhafte Schlafzimmer betrat. Er schlief tatsächlich schon. Das regelmäßige Heben und Senken der Bettdecke und das leise Geräusch seines rasselnden Atems lieferten den eindeutigen Beweis. Lautlos schlich ich um das Bett herum. Wenigstens war es groß genug, sodass wir nicht allzu eng beieinander lagen. Das könnte am Morgen zu peinlichen Aktionen führen. Ich war nicht besonders wild darauf in seinen Armen zu erwachen. Fröstelnd kroch ich unter die warme Decke und platzierte mich so weit von ihm entfernt, wie es mir möglich war ohne aus dem Bett zu fallen. Es konnte nicht lange gedauert haben bis ich eingeschlafen war, denn ich erinnerte mich nicht daran mich unruhig hin und her geworfen zu haben, bis mich endlich die gnädigen Arme des Schlafs umschlungen hatten. Doch als ich wieder erwachte war es erst kurz nach Mitternacht. Ich konnte mich an keinen Alptraum erinnern, der mich wachgerüttelt haben sollte. Es musste etwas anderes gewesen sein, was meine friedliche Ruhe gestört hatte. Verwirrt sah ich mich um, bis ich das fremde Schlafzimmer wiedererkannte. Die Erlebnisse des letzten Tages kehrten zurück. Stimmt ja; Onkel Vernon hatte mich vor die Tür gesetzt und Mrs. Figg war so freundlich gewesen mich bei ihr übernachten zu lassen. Ein leises Stöhnen riss mich aus meinen Gedanken. Überrascht drehte ich mich zur anderen Seite und erkannte eine weitere Gestalt. Malfoy! Den hatte ich ja ganz vergessen. Das fahle Licht des Mondes verlieh ihm einen gespenstigen Anblick. Sein schmales elfengleiches Gesicht wirkte in diesem Moment so zerbrechlich wie Porzellan. Als wäre er nur eine hübsche Puppe... Hübsch?! Was dachte ich denn da? Ein erneutes Stöhnen entrann seinen trockenen Lippen. Seine silberblonden Haare hingen ihm strähnig ins Gesicht und auf seiner Stirn stand der Schweiß. "Nein, bitte nicht", flüsterte er leise, sodass ich es kaum verstand. "Nein, nicht!" Unruhig warf er sich hin und her. Ich setzte mich lauschend auf. Er schien in einem Alptraum gefangen zu sein. Was sollte ich tun? Wenn ich ihn wecken würde wäre mir sein Zorn gewiss. Aber ich wusste aus eigener Erfahrung, wie schmerzlich ein Alptraum sein konnte, aus dem man scheinbar nie erwachte. Ein gellender Schrei nahm mir meine Entscheidung jedoch ab. Erzählt von Draco Malfoy Schreiend fuhr ich aus dem Schlaf. Mein Herz schlug rasend schnell, als der heiße Schmerz einsetzte, welcher durch die plötzliche Bewegung hervorbeschworen worden war. Keuchend krümmte ich mich zusammen. Meine rechte Hand wanderte augenblicklich zu meiner brennenden Brust und krampfte sich in das fremde Hemd. Mein Atem ging schwer und stoßweise. Schon wieder so ein Traum. Diese Erinnerung ließ mich einfach nicht mehr los. Seufzend strich ich mit der freien Hand durch mein schweißnasses Haar. Es war dunkel um mich herum, lediglich das schwache Licht des Mondes, welcher sich hinter einem dunklen Schleier verbarg, tauchte das Zimmer in ein fahles Dämmerlicht. Ich stöhnte schwer, während das harte Schlagen meines Herzens auf meine zitternden Hände übertragen wurde. Ruhig verharrte ich, die Stille genießend, bis der Schmerz erstarb und die dunklen Wolken langsam vorüber zogen... als plötzlich dieses ungute Gefühl in mir hinaufkroch. Es war diese stechende Intention des Beobachtetwerdens, welches mich veranlasste meinen Blick zur Seite wandern zu lassen, bis er schließlich an einer düsteren Gestalt neben mir hängen blieb. Meine Augen weiteten sich entsetzt. "Was machst du denn hier?" Meine Stimme überschlug sich beinahe. Der schwarzhaarige Gryffindor verzog gequält das Gesicht. "Ich versuche zu schlafen!" "Das seh ich!" fuhr ich ihn grob an. "Aber wieso hier?!" Mein Herzschlag hatte sich noch immer nicht beruhigt. "Weil ich nicht im Garten erfrieren wollte!" "Heh?" war meine einzige Antwort. Ich war zu entsetzt, um meine Frage präziser zu formulieren. "Mein Onkel hat mich vor die Tür gesetzt, heute Nachmittag." Ich glaubte mich zu erinnern. Da war dieser Streit zwischen ihnen. Aber musste er dann unbedingt neben mir schlafen, in EINEM Bett? Er schien meine Gedanken zu erraten. "Ich hab mich auch nicht darum gerissen mit dir in einem Bett zu schlafen, aber es gab nun mal nur begrenzte Wahlmöglichkeiten. Und die Badewanne ist selbst mir zu hart." Ein schiefes Grinsen trat auf seine Lippen. Ich fand das nicht sehr lustig. Meine Gedanken rasten. Wie lange war er schon wach? Hatte ich im Schlaf geredet? Oh mein Gott. Hoffentlich nicht. Er starrte mich noch immer an. Erst jetzt bemerkte ich, dass sich meine Hand noch immer in mein Shirt krallte. Hastig ließ ich sie unter der Bettdecke verschwinden. "Hast du irgendwelche Schmerzen?" riss mich seine Frage aus der Erstarrung. "Nein!" kam es fast schon zu schnell aus mir herausgeschossen. "Keine. Wieso sollte ich?" "Was weiß ich? Du bist doch derjenige, der sich komisch verhält!" Er zog seine Beine in den Schneidersitz, um mir zu verdeutlichen, dass dieses Gespräch nicht allzu schnell enden würde. "Wie ich mich verhalte ist doch wohl allein meine Sache. Ganz davon abgesehen, dass ich mich so wie immer verhalte!" konterte ich gereizt. "Tust du nicht", entgegnete er trocken. "Sonst würdest du dich nicht gleich so aufregen, sondern mir irgendeine Gemeinheit an den Kopf schleudern. Irgendwas sinnloses." Ich schnaubte verächtlich. "Das kannst du gerne haben, du hässliches Narbengesicht." "Uuuh, ich erschaudere", meinte er spöttisch. "Du warst aber auch schon mal kreativer." "Ach, du kannst mich mal!" knurrte ich genervt. "Ja, natürlich. Warum habe ich eigentlich auf ein vernünftiges Gespräch gehofft?" Er seufzte laut und ließ sich wieder in sein Kissen fallen. "Was haben wir schon zu besprechen?" Ich legte all meine Energien in einen verächtlichen Tonfall. "Gar nichts. Du sagst es." Er hatte seine Arme unter dem Kopf verschränkt und starrte an die Decke. "Dann halt endlich die Klappe." "Ist ja gut." Und wieder herrschte Stille. Es war, als wäre mit der Stille die Dunkelheit wieder hereingebrochen, die während unseres Gesprächs aus meinem Herzen gewichen war. Vielleicht lag es daran, dass ich mich für einen Augenblick nicht mehr allein gefühlt hatte. Unsinn. Alles Unsinn! Als ob ich mich bei Potter wohl fühlen könnte. Lächerlich! "Ich habe auch oft Alpträume", drang seine sanfte Stimme plötzlich wieder an mein Ohr. Sanft?! "Ich weiß, wie du dich fühlst!" "Du weißt überhaupt nichts über mich", warf ich ein. Meine Stimme klang seltsam ruhig und beherrscht, obwohl er durch diese Behauptung einen wahren Sturm in mir entfacht hatte. "Du kennst mich doch gar nicht!" "Wahrscheinlich hast du recht." Er drehte sich auf die Seite, sodass ich nur noch seinen Rücken erkennen konnte. "Ich glaube du kennst dich nicht einmal selbst." Ich schwieg. Zum einen fasste ich dies als Beleidigung auf, die ich nicht auf mir sitzen lassen wollte. Zum anderen machte mich dieser Satz nachdenklich. Hatte er recht damit? Wer war ich eigentlich? Mein ganzes Leben lang hatte ich mich doch nur hinter einer grauen Fassade versteckt. War ich wirklich so kaltherzig und arrogant, wie ich vorgab zu sein? "Malfoy?" Raschelnd wandte er sich wieder mir zu. Seine grünen Augen fixierten mich fordernd. "Wovor hast du Angst?" Verunsichert wich ich seinem stechenden Blick aus. "Ich... ich hab vor gar nichts Angst!" "Jeder hat vor etwas Angst", meinte er trocken. "Sogar du..." Er maß mich einen Moment schweigend, und als er merkte, dass ich ihm keine Antwort geben würde, fuhr er seufzend fort. "Ich fürchte mich vor vielen Dingen. Vor Voldemort zum Beispiel. Oder vor Krieg, vor Zorn, der Freundschaften entzweien kann, vor Worten, die man unbedacht ausspricht und deren Folgen verheerend sein können, und vor Einsamkeit." Wieder blickte er mir tief in die Augen, als suche er nach irgendeiner Reaktion. "Bist du einsam?" Diese Frage kam total unerwartet, zu spontan, als das ich sie mit einer lockeren Ausrede abwenden konnte. Schweigend starrte ich aus dem Fenster. War ich einsam? ... Ja. Aber wieso fragte er danach, wenn es ihn sowieso nicht interessierte? Wollte er mir noch das letzte bisschen Würde nehmen? "Schlaf jetzt", murmelte ich genervt und drehte mich von ihm weg. Ich wollte ihn nicht mehr sehen, noch hören. Er hatte nur noch mehr Zweifel in mir aufgewirbelt, als schon in mir herrschten. Ich konnte das nicht mehr ertragen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)