Inquisition von Schroedingers_Katze (Buch 1: Aufstieg) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Zwanzig Standardjahre später. Die Nacht lag über der Stadt Euralis. Die Straßen waren leer, von einigen umherhuschenden Ratten einmal abgesehen. Jeder vernünftige Bürger hielt die Sperrstunde ein den die Arbites gingen nicht zimperlich vor wen sie jemanden, egal welcher Gesellschaftsschicht er entstammte, nach Anbruch der Nacht noch auf den Straßen fanden. Im Nordbezirk, dem Wohnviertel vieler Adliger, Industriebarone oder anderweitig Privilegierter allerdings bahnte sich etwas Großes, Ungewöhnliches an. Gestalten in bläulich-schwarz lackierten Rüstungen die mit dem Aquila, dem doppelköpfigen imperialen Adler, verziert waren huschten so unauffällig wie möglich die spärlich erleuchteten Straßen entlang. Automatische Schrotgewehre und Schockstäbe klapperten leise im Takt der Schritte während sich der zehnköpfige Trupp auf ein kleines Anwesen zuarbeitete. Rayla atmete schwer, der intensive Moschusduft der den Raum erfüllte benebelte ihre Sinne. Sie stand von einem der zahlreichen Seidenkissen auf die überall verteilt waren und bewegte sich durch die versammelte Masse dekadenter Menschen die überall im Raum lagen oder saßen und tranken, Wasserpfeifen rauchten oder sich im Drogenrausch miteinander vergnügten. Mehr als einmal schon war sie von einzelnen Männern oder auch Frauen aufgefordert worden sich zu ihnen zu legen. Bisher hatte sie sich noch damit aus der Affäre ziehen können dass sie noch etwas trinken wolle um in Stimmung zu kommen aber das würde nicht ewig funktionieren. Die Tatsache dass sie im Moment nur mit diesem knappen Seidenhemdchen und diesen aufreizenden Strümpfen bekleidet war machte es auch nicht leichter sich den immer aufdringlicheren Kultisten zu erwehren. Rayla nahm sich einen Kristallkelch von einem der kleinen Tische und füllte ihn zur Hälfte mit Wein. Mit dem Glas in der Hand stellte sie sich in eine freie Nische von der aus man den Raum überblicken konnte. Ein unglaublich fetter Mann torkelte auf sie zu, stellte sich unmittelbar vor sie und starrte sie lüstern an. Die Augen des Mannes waren glasig von Drogen und Alkohol. „Na mein hübsches Kind? Wie wär’s mit uns beiden?“ Noch ohne Raylas Antwort abzuwarten begann er sie unbeholfen zu betatschen. Die junge Frau musste sich zusammenreißen um dem Kultisten nicht ein Knie zwischen die Beine zu rammen, was aber angesichts der enormen Menge an Fett wahrscheinlich nicht viel genutzt hätte. Stattdessen besann sie sich auf das mentale Training mit ihrem Meister und atmete tief ein. Menschen unter Drogen und Alkoholeinfluss waren leichter zu beeinflussen als wenn sie bei klarem Verstand waren. „Langsam mein Süßer“ säuselte Rayla, während sie darum kämpfte sich wegen der Fahne des Fettwanstes und den Moschusdüften nicht zu übergeben „warum organisierst du uns nicht noch jemanden? Zu dritt macht’s noch viel mehr Spaß.“ Ein breites Grinsen verzerrte das Schweinegesicht des Mannes bevor er sich umdrehte und davon wankte um nach jemandem Ausschau zu halten der bereit war sich dem Treiben der beiden anzuschließen. Während Rayla an ihrem Wein nippte um den Schein zu wahren ertönte plötzlich ein Gong. Der Klang rollte durch den Raum und schien alle Anwesenden aus ihrer Trance zu reißen. Alle Augen richteten auf einen mit Seidentüchern verhängten Eingang. Eine Silhouette zeichnete sich gegen den durchsichtigen Stoff ab. Im nächsten Augenblick schälte sich eine Gestalt aus den Vorhängen bei deren Anblick jedem Anwesenden der Atem stockte. Der Mann der den Raum betrat, sofern man diesen Ausdruck noch verwenden konnte, war einfach perfekt. Die ebenmäßigen Gesichtszüge, der nackte, durchtrainierte Körper, das glänzende, schwarze Haar. Einfach alles an ihm wirkte wie ein Kunstwerk. Seine tiefschwarzen Augen nahmen den Betrachter förmlich gefangen. Rayla verstärkte ihre mentalen Barrieren so unauffällig wie möglich um sich gegen die hypnotische Ausstrahlung des Sektenführers zu wappnen. Als er sicher war das alle Blicke auf ihm ruhten begann er zu sprechen. Mit einer Stimme die weder männlich noch weiblich war und wunderschön aber Furcht einflößend zugleich war wendete er sich an seine Anhänger. „Meine Kinder. Welch Freude heute wieder mit euch vereint zu sein auf das wir uns miteinander Vergnügen und so den Segen und das Wohlgefallen unseres dunklen, wunderbaren Herrn erlangen werden.“ Der Anführer machte eine kurze Pause bevor er fortfuhr „ Heute habe ich das besondere Vergnügen eine neue Schwester in unserer Mitte begrüßen zu dürfen. Bitte komm zu mir mein Kind.“ Er streckte die Hand aus und beschrieb eine Geste des Heranwinkens in Richtung von Rayla. Langsam ging die junge Frau auf den Mann zu, begleitet von dutzenden neidvollen Blicken. Mit jedem Schritt nahm der Druck in Raylas Kopf zu und trotz der Stille erfüllte ein konstantes Wispern ihre Ohren je näher sie dem bildhübsch-abstoßenden Mann kam. Als sie unmittelbar vom ihm stand war das Wispern beinahe unerträglich. Der Sektenführer legte eine Hand auf ihre Brust und schenkte ihr ein verstörendes Lächeln. „Meine Schwester. Es war die richtige Entscheidung zu uns zu kommen. Wo sonst als hier können wir unsere niedersten, dunkelsten Gelüste ausleben? Wo sonst könnten wir Gleichgesinnte treffen und unserer wundervollen Gebieterin huldigen? Hier, am Busen des Imperiums, das vergebens versucht uns zu vernichten. Mit jedem Tag werden wir zahlreicher und mit uns wird auch Sie stärker. Ja, unsere Zeit ist bald gekommen aber nun wollen wir die Freuden des Fleisches genießen und so unsere Ehrerbietung ausdrücken für unsere einzig wahre Gottheit. Preist Slaanesh!“ „Preist Slaanesh!“ antworteten alle Kultisten einstimmig und verfielen wieder in ihre vorherigen Aktivitäten. „Nun meine kleine Liebesfrucht. Um deine Aufnahme in unsere Mitte zu vervollkommnen fehlt nut noch eine winzige aber äußerst…“ er machte eine kurze Pause und leckte sich vielsagend über die Lippen „ Sagen wir, befriedigende Kleinigkeit. Du und ich, wir werden uns vereinigen unter dem wohlwollenden Blick Slaaneshs und dann wirst du auch zu seinen gesegneten Kindern gehören.“ Rayla schluckte hörbar. Arbitator Nesbit vergewisserte sich zum siebten Mal das alle Männer auf ihren Posten waren und die Befehle verstanden hatten. Er hatte noch lebhaft das Gesicht dieser jungen Adeptin der Inquisition vor Augen. Die Art und Weise wie sie ihr kurz geschnittenes Haar trug und der einzelne geflochtene Zopf auf der linken Seite ihres Gesichts auf und ab hüpfte wenn sie sich bewegte und das fanatische Funkeln in ihren Augen als sie ihm und seinen Männern immer wieder eingeschärft hatte ja möglichst viele der fehlgeleiteten Kultisten und vor allem den Kultanführer lebend gefangen zu nehmen. „Sind alle in Position?“ wollte er zum achten Mal über Funk wissen. Die neun Arbites bestätigten zu seiner Zufriedenheit. „Alles klar. Serge, bereitmachen die Tür zu öffnen.“ „Ja Sir!“ „Alle anderen: bereitmachen zu stürmen. Im Namen des Imperators, ausführen!“ Der Kultführer hatte Rayla in einen Nebenzimmer geführt. Im schummerigen Licht konnte sie ein großen Bett erkennen das den Raum dominierte. Dem Bett gegenüber war ein Schrein aufgebaut worden der von einer goldenen Statue Slaaneshs beherrscht wurde. Die Statue war etwa einen Meter groß und stellte den Prinz der Freuden in seiner androgynen Form dar. Sie war so modelliert das sie den Betrachter zur gleichen Zeit einladend anlächelte und gleichzeitig mit einer ausgestreckten Hand auf abstand hielt während die andere Hand den Schambereich auf spöttische Weise bedeckte. Was Rayla aber ins Auge sprang war die einzelne, perfekt geformte, weibliche Brust die den Oberkörper beherrschte. Der Sektenführer hatte es sich bereits auf dem Bett bequem gemacht und spielte müßig mit dem seidenen Lacken. „Nun mein Kind, es wird Zeit für deine Initiation. Lass uns beide in Wollust tanzen und Sie, die dürstet lobpreisen auf das wir gefallen in Seinen Augen finden werden. Komm, leg dich zu mir.“ forderte der Mann sie auf. Rayla strich sich eine verirrte Strähne aus dem Gesicht und legte eine Hand beiläufig auf ihren rechten Oberschenkel. Sie spürte das kantige Metall der in einer künstlichen Hauttasche verborgenen Klinge und setzte ein charmantes Lächeln auf. „Weißt du, wir sollten noch etwas warten. Ich erwarte ehrlich gesagt noch ein paar Freunde.“ „Freunde?“ wollte der Sektenführer etwas verwirrt wissen. „Ja, ich habe einige Bekannte bei den Arbites und wenn ich als Adeptin des Ordo Haereticus sage Springt fragen sie Wie Hoch?“ Dem Ketzer fiel die Farbe aus dem Gesicht als ihm die Bedeutung dieser Worte aufging. Im selben Augenblick wurde die Eingangstür des Gebäudes von der Explosion einer Richtladung aus den Angeln gerissen und zehn Männer in den schwarz-blauen Plattenpanzern des Adeptus Arbites stürmten das Gebäude. Arbitator Nesbit rammte einem verwirrten, nackten Mann den Kolben seiner Schrotflinte ins Gesicht. Blut und Zähne bespritzten sein Visier als der Getroffene zu Boden ging. „Im Namen des Imperators: alle auf den Boden! Sie stehen alle unter Arrest!“ brüllte er während er und seine Männer die Ketzer mit ihren Schockstäben oder Hieben mit den Kolben ihrer Waffen außer Gefecht setzten. Ein beinahe grotesk fetter Mann torkelte auf Arbitator Flavian zu und reagierte nicht auf dessen Befehle. Stattdessen begann er mit Schaum auf den Lippen mit seinen schinkengroßen Fäusten auf den jungen Mann einzuschlagen. Das Krachen einer automatischen Schrotflinte, gefolgt von einem Schauer aus Blut, Fleischfetzen und Fett ließ den Kultisten als unappetitliche Masse zusammensacken. „Verdammt Flavian!“ schnauzte Nesbit seinen Kollegen an. Der Arbites zuckte entschuldigend mit den Achseln. Wenn das so weiterging würde ihm diese Adeptin den Kopf abreißen dachte Nesbit. Im selben Moment nahm er ein Schemen wahr der sein Sichtfeld kreuzte. Einen Sekundenbruchteil später spürte Nesbit einen scharfen Schmerz im Nacken, begleitet vom Krachen der Armaplastrüstung und dem Knirschen von Knochen als sich sein Kopf von seinem Körper löste und auf dem Boden aufschlug. Der Sektenführer starrte die junge Frau hasserfüllt an. „Wie kannst du es wagen?“ zischte er während er sich ihr langsam näherte. Mit einer schnellen Bewegung öffnete Rayla das Hautfach an ihrem Oberschenkel und hielt die Zwanzigzentimeter lange Stahlklinge zwischen sich und den vor Wut kochenden Mann. „Wie könnte ich nicht? Das alles hier ist eine Beleidigung wieder den Willen des Imperators. Ihr solltet alle dankbar sein das euch die Möglichkeit Absolution zu erlangen zu Teil wird!“ Zu Raylas Verwunderung begann der gescheiterte Sektenführer wie irre zu lachen. Der Ausdruck in seinen Augen hatte sich verändert. Wo er vorher bei Betrachtern Verzückung und Ekstase ausgelöst hatte, verursachte er jetzt blankes Entsetzen. Rayla spürte wie ihre mentalen Barrikaden ins Wanken gerieten als Wellen dunkelster Energie begannen um den Mann herum zu pulsieren. »Ist er etwa besessen?« begann sie sich zu fragen. In diesem Fall würde es extrem gefährlich werden. Mit solchen Gegnern hatte sie kaum Erfahrung gesammelt, aber aus ihren Studien und den Lektionen ihres Meisters wusste sie dass die Wesenheiten des Immateriums oft menschliche Wirte benutzten um sich unter nichts ahnende Menschen zu mischen und die Saat des Chaos zu verbreiten. Wie um ihre Befürchtungen zu bestätigen begannen sich die Hände des Mannes zu verändern, die Finger wurden länger und nahmen die Form von schwarzen Klauen an. Noch bevor Rayla reagieren konnte setzte sich der Mann in Bewegung und war innerhalb eines Augenblicks über ihr. Mit einer einzigen Armbewegung schleuderte der besessene Sektenführer Rayla gegen die Wand. Bevor er den Raum verließ starrte er die junge Frau mit einem Seelendurchdringenden Blick an der sie bis ins Mark erschauern ließ. Etwas lief hier grade absolut schief. Arbitator Flavian starrte ungläubig auf den Kopf seines Vorgesetzten der über den Boden des Raums rollte. Der Schrei von Arbitator Hove riss ihn aus seinen Gedanken. Entsetzt musste er erkennen wie dem Arbites von einem vollkommen nackten Mann mit Klauenhänden der Bauch aufgeschlitzt wurde. Flavian zögerte einen Augenblick, dann feuerte er auf den Rücken des Mannes. Der Schuss fand sein Ziel aber hatte nur den Effekt dass der Besessene von seinem Opfer abließ und sich stattdessen Ihm zuwandte. Flavian feuerte ein zweites Mal und ein drittes aber wieder zeigte die Schüsse kaum mehr Wirkung als wenn er mit Wattebällchen werfen würde. Der Mund des Manns verzog sich zu einem sadistischen Grinsen, während er sich langsam seiner Beute näherte. Flavian konnte sein Gewehr grade noch rechtzeitig hochreißen um einen Klauenhieb zu parieren der ihm dem Bauch aufgeschlitzt hätte. Die Wucht des Treffers riss ihm seine Waffe aus den Händen und ließ ihn rückwärts taumeln. Der Besessene heulte auf als ihn eine Schrotsalve in die Seite traf. Einen zweiten Schuss konnte der andere Arbites nicht mehr abgeben den der Besessene war einen Herzschlag später über ihm und rammte ihm beide Klauen in den Brustkorb. Die schwarzen Klauen drangen durch die dicken Armaplastplatten, die Muskeln und Knochen wie ein Laserstrahl durch Papier. Mit einem grässlichen knackend-saugenden Geräusch riss er den Mann sauber in zwei Hälften. Eine gewaltige Blutfontäne bespritzte alle Umstehenden, als die zuckenden Körperhälften auf den Boden klatschten, war der Besessene schon wieder in Bewegung und sprang mit einem kraftvollen Satz quer durch den Raum, landete auf Flavians Oberkörper und riss ihn mit der Wucht des Aufpralls von den Füßen. Die Luft wurde dem Arbites aus den Lungen gepresst als der Besessene ihn auf dem Boden festnagelte. Flavian hatte sich immer für einen starken Mann gehalten, in seiner Truppe hatte er bisher jeden im Armdrücken oder auch beim Nahkampftraining geschlagen aber dieser Kerl hielt ihn mühelos mit nur einer Hand am Boden fest. Sosehr er auch versuchte sich zu befreien es war sinnlos. Der Besessene hatte beide Beine um Flavians Bauch geschlungen und hielt den Arbites mit der linken Hand am Boden während er sich mit der rechten Hand die langen, schwarzen Haare ordnete. „Runter von mir, verdammt!“ knurrte Flavian und setzte zu einem rechten Haken an. Die gepanzerte Faust krachte mit voller Wucht gegen den Kiefer, Blut bespritzte das Visier von Flavians Helm aber sein Gegner lockerte seinen Griff nicht. Im Gegenteil, der Druck der Beine verstärkte sich sosehr das der Arbites das Gefühl bekam ein Ogryn hätte ihn im Griff. Ein sengender Schmerz zuckte durch Flavians Schulter als der Besessene ihm die Klauen seiner linken Hand langsam ins Fleisch bohrte. Die dicken Panzerplatten hielten ihn nicht im Geringsten auf. Flavian biss die Zähne zusammen. Sein ganzer Körper arbeitete auf Hochtouren. Seine Muskeln waren bis zum Zereissen gespannt, mehr und mehr Adrenalin wurde in seinen Organismus ausgeschüttet und sein Puls raste. Wenn es ihm nicht innerhalb der nächsten Augenblicke gelänge sich zu befreien würde er entweder zu Tode gequetscht oder von rasiermesserscharfen Klauen zerfetzt werden. Mit einer spielerischen Bewegung zog der Besessene Flavian den Helm aus. Der Arbites spuckte seinem Peiniger ins Gesicht. Blutiger Speichel rann das perfekte Antlitz herunter. Der Mann lächelte belustigt ob dieses trotzigen Akts, in der Art wie ein Erwachsener der das störrische Verhalten eines Kindes beobachtet. Mit einer unnatürlich langen Zunge leckte er sich den Speichel von der Wange. Langsam beugte er sich vor bis seine Nasenspitze fast an die des Arbites stieß. Für einen winzigen Augenblick, als Flavian direkt in die vollkommen nachtschwarzen Augen seines Feindes blickte meinte er etwas darin sehen zu können. Er sah eine ganze Welt in Dekadenz versinken, Männer und Frauen allen Alters die sich in unaussprechlichen Orgien aneinander vergingen und er sah hoch über alledem ein Wesen verdorben wie die Sünde selbst, wunderschön und gnadenlos. Da erkannte er dass es seine Welt war und kalter Hass stieg in ihm auf. »Na warte« dachte Flavian trotzig »dir werd ich die Visage verbeulen!« und rammte seinen Kopf mit voller Wucht in das Gesicht des Besessenen. Mit einem ekelhaften Knirschen brach die Nase und mit einem ungläubigen Jaulen richtete der Verletzte sich auf. Hasserfüllt starrte er den Arbites an der es gewagt hatte ihn zu verunstalten. Bereit zu töten, zu zerfetzen, zu verstümmeln und einfach nur um sich in den entstehenden Qualen zu suhlen holte der Besessene mit der rechten Klaue aus. „Deine Seele gehört mir!“ „Fahr zur Hölle du Bastard.“ zischte Flavian. Die Zeit verlangsamte sich, quälend langsam senkte sich die blutverschmierte Klaue um sich in Flavians Gesicht zu vergraben. Schicksalsergeben schloss der Arbites die Augen und fügte sich in sein Schicksal. Im Grunde hatte er immer schon gewusst dass er im Dienst fallen würde, nur hätte sich Flavian nie vorgestellt dass er inmitten einer wüsten Orgie von einem nackten Schönling mit Klauen wie ein mandragorischer Ripper auseinander genommen würde. »Die Wege des Imperators waren wahrhaft unergründlich.« dachte der dem Untergang Geweihte, rang sich sogar noch ein kleines Lächeln ab und erwartete das Ende. Aber es kam nicht. Eine weitere Sekunde verstrich und er lebte immer noch. Flavian öffnete die Augen. Der Besessene saß kerzengrade da während jeder einzelne Muskel unkontrolliert zuckte. Noch während Flavian zu begreifen versuchte was los war kippte der Körper des Besessenen zur Seite und gab den Blick auf eine junge Frau mit kurz geschnittenen, orangefarbenen Haaren frei die einen rauchenden Schockstab in der Hand hielt. Rayla lehnte sich gegen eine Gartenmauer des Anwesens und strich sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Trotz der kühlen Nachtluft war ihr heiß. Mit einem Finger zog Rayla an ihrem Hemdkragen um sich etwas Kühlung zu verschaffen. Das war verdammt knapp gewesen. Der Schlag des Kultanführers hatte sie übel mitgenommen. Nur etwas härter und ihre Wirbelsäule wäre gebrochen. Aber offensichtlich hatte der Ketzer sie unterschätzt und sie in dem Irrglauben, sie könne ihn nicht aufhalten am Leben gelassen um sie später langsam und qualvoll zu töten und genau das hatte ihn zu Fall gebracht. Sie gestattete sich ein selbstzufriedenes Lächeln nur um sich im nächsten Moment eine geistige Ohrfeige zu geben. Solche selbstgefälligen Gedanken führten auf den Pfad der Häresie. Sie würde für diese Gedanken noch angemessen Buße tun sobald sie zurück auf der Tabula Rasa war. Sie betrachtete wie die überlebenden Arbites die mit Handschellen gefesselten Kultisten in die zwei wartenden Rhino Transporter trieben. Bei manchen ließ mittlerweile die Wirkung der Drogen nach. Aus dem Inneren der Transporter hörte sie die teils gejammerten Unschuldsbeteuerungen und die teilweise empörten und ausfallenden Forderungen nach Freilassung. „Ähem, Misstress?“ „Ja?“ Rayla drehte sich zu Arbitator Flavian um und war in diesem Moment froh das sie wieder ihre normale Kleidung trug und nicht mehr die unzüchtigen Fetzen. „Alle Subjekte sind in Gewahrsam und auf dem Weg zu den Shuttles.“ „Sehr gut. Seien sie gewiss das ihre Bemühungen wohlwollend registriert werden.“ Im selben Moment schleiften zwei Arbites den immer noch bewusstlosen Besessenen zu den wartenden Rhinos. Der Sektenführer war mit Ketten und Reinheitssiegeln gefesselt um ihn unter Kontrolle zu halten. Das Fleisch am Rücken des Mannes war von der Entladung des Schockstabs vollkommen verkohlt. Flavian pfiff verblüfft. „Kaum zu glauben das der das überstanden hat. Der Stab den sie verwendet haben stand auf maximaler Ladung. Das hätte gereicht um ein Loch in eine Zwanzigzentimeter dicke Wand zu schlagen.“ Die Adeptin schaute dem Arbites ins Gesicht. „Diese Kreatur da ist weit mehr als ein Mensch. Hätte ich sie nicht überraschen können, wir wären jetzt alle tot.“ Ein vertrautes Surren lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Das Dobermannähnliche, metallene Konstrukt schritt mit surrenden Servomotoren auf sie und Flavian zu und aktivierte das eingebaute Kommunikationsmodul. Aus dem in die Brust des mechanischen Hunds eingebauten Kom-System kam statisches Rauschen, dann erklang die vertraute Stimme ihres Meisters. „Warst du erfolgreich, Rayla?“ Die junge Adeptin kniete vor dem Konstrukt nieder und senkte den Kopf bevor sie antwortete. „Ja Meister. Es gab allerdings eine unvorhergesehene Komplikation. Der Sektenführer hat sich als Daemonicus Okupadis entpuppt.“ „Tatsächlich?“ Die leicht verzerrte Stimme des Großinquisitors klang besorgt. „Ich nehme an du konntest ihn Bezwingen?“ „Ja, der Imperator war mit mir, mein Lord. Der Besessene konnte gefangen genommen werden und wird zusammen mit den übrigen Ketzern zur Tabula Rasa überführt.“ „Sehr gut. Sobald du zurück bist werden wir das System verlassen. Ich habe Hinweise von höchster Priorität erhalten denen unbedingt nachgegangen werden muss.“ Rayla nickte. „Ich verstehe Meister.“ Die junge Adeptin richtete sich auf und wandte sich an die restlichen Mitglieder des Adeptus Arbites „Also gut! Verstaut diese Ketzer sicher und transportiert sie zu den Orbitalshuttles. An Bord des Schiffs meines Herrn werden wir ihnen schon die Falschheit ihrer Sünden aufzeigen.“ Mit energischen Schritten ging Sie zu dem dritten Rhino der für sie gedacht war und setzte sich im Innenraum auf eine Bank. Der Cyberhund setzte sich ihr gegenüber und musterte sie. Rayla seufzte lautstark, nahm ihren Rosenkranz vom Gürtel, schloss die Augen und begann ein Mantra auszusagen um ihre Gedanken zu ordnen. Es gab so viel zu Überdenken. Großinquisitor Damian Foster schaute aus dem Fenster seiner Kabine, auf den Planeten den das schwarze Schiff umkreiste. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte die Finger ineinander. Ein Besessener. Das war eine unerwartete aber nicht unerfreuliche Wendung gewesen. Wenn die Kreatur, die dieser Ketzer in seinem Körper trug nur von der richtigen Art war konnte sie ihn seinem Ziel vielleicht einen großen Schritt entgegen tragen. Mit einem hydraulischen Zischen glitt die Tür zu seinem Quartier auf und Schritte näherten sich Fosters Schreibtisch. Der Großinquisitor drehte den Sessel indem er sich mit seinem Fuß abstieß um die Besucher in Augenschein zu nehmen. In dem großen, von Kerzenlicht erhellten Raum standen einen Meter von seinem Schreibtisch entfernt zwei vertraute Gestalten. „Rayla. Helia. Es freut mich das ihr unversehrt wieder zurück seid.“ begrüßte er seine Akolythin und seine Gelehrte. Die beiden Frauen neigten kurz die Köpfe um den Grüß ihres Herrn zu erwidern. „Helia, sei so gut und lass uns kurz allein. Ich denke es wird noch einiges an Schriftlichem anliegen, nicht wahr?“ Die Schwester Dialogis nickte erneut. „Natürlich mein Lord.“ Nun waren Rayla und ihr Meister allein. Mit einer Mischung aus Belustigung und Erstaunen stellte Foster zum wiederholten Mal fest wie sehr seine Akolythin ihren Kleidungsstil seinem Angepasst hatte. Sie trug stets ein langärmliges, schweres Hemd sowie eine Reithose und kniehohe Stiefel. Der einzige Unterschied neben dem das sie eine Frau war bestand in dem Cape, das sie statt eines Mantels trug. Auch die Art in der Rayla ihre Haare trug ähnelte ebenfalls stark seiner eigenen. „Nun Lord Foster, was habt ihr zu berichten?“ wollte der Großinquisitor wissen. Die junge Frau bekam augenblicklich rote Wangen und schaute ihren Herrn resigniert an. Foster lächelte. Trotz seines hohen und schwerwiegenden Amtes konnte er es sich einfach nicht verkneifen seine Akolythin wegen ihrer offenkundigen Art der Verehrung aufzuziehen. Rayla atmete tief durch. „Bis auf eine akzeptable Zahl an Verlusten konnten alle Häretiker sowie der Sektenanführer gefangen genommen werden. Sie werden in diesem Moment in die Folterkammern verbracht. Aller Besitz der Kultisten sowie das gesamte Inventar der Kultstätte wurde konfisziert oder vernichtet sofern es sich mit den entsprechenden Doktrinen als unvereinbar erwies. Das Eingreifteam des lokalen Adeptus Arbites erlitt drei Verluste durch den Besessenen Sektenanführer. Ich habe veranlasst das ihre Namen auf die Ehrentafel eingraviert werden.“ Foster nickte. „Gut Rayla, das wäre dann erst einmal alles. Begib dich in dein Quartier und widme dich wieder deinen Studien. Ich lasse dich Rufen wenn ich dich wieder benötige.“ „Ja Herr.“ Rayla verließ das Zimmer ihres Meisters und macht sich auf den Weg zu ihrem eigenen. Während sie durch die stählernen Korridore wanderte und den Geräuschen des riesigen Organismus lauschte den das schwarze Inquisitionsschiff auf seine Art verkörperte kam sie an der Stelle vorbei an der die Ehrentafel befestigt war. Wobei Tafel kaum mehr der passende Ausdruck war. Auf einer Länge von mehren dutzend Metern und einer Höhe die den ganzen Korridor ausfüllte waren beidseitig goldene Tafeln an die grauen Stahlwände genietet. Rayla betrachtete die Tafeln. Sie konnte sich noch gut an das erste Mal erinnern als sie sie gesehen hatte. Damals, als sie das erste Mal an Bord der Tabula Rasa gekommen war. Damals waren grade einige Servoschädel damit beschäftigt gewesen die Liste all jener die im Dienste der Inquisition ehrenhaft gefallen waren zu aktualisieren und sie waren es noch immer. Von Zeit zu Zeit kam einer der Techpriester und wartete die Bionischen Konstrukte oder gaben die Namen derer ein die ebenfalls in die Schier endlose Liste aufgenommen worden waren in die Kernspeicher der Sonden ein. Rayla beobachtete wie eine der Sonden einen Namen mit einem kleinen Laser in eine Tafel gravierte und fragt sich ob ihr Name wohl auch irgendwann hier stehen würde. Wahrscheinlich war das zwangsläufig so. Sie verschob diesen Gedanken auf später und ging zu ihrem Zimmer. Als die Tür aufglitt schlug ihr der vertraute Geruch von Kerzenwachs, Tinte und muffigen Büchern entgegen. Rayla trat ein und warf ihr Cape auf ihr Bett. Alles in dem kleinen Raum war genau so wie sie es verlassen hatte. Ihr Bett war nach wie vor unordentlich, auf ihrem kleinen Schreibtisch stapelten sich die Bücher, Pergamente und Vid-Tafeln. Der Boden war mit Dokumenten und vereinzelten Kleidungsstücken übersäht. Rayla tadelte sich wieder einmal für ihre Schlampigkeit. So etwas gehörte sich einfach nicht. Aber immerhin war es ihr Chaos und es hatte System. Sie fand immer sofort was sie suchte. Sie schmunzelte als sie sich an ihren Tisch setzte und das Buch aufschlug das sie zuletzt studiert hatte. Chaos mit System. Leider schien da auch außerhalb ihres Quartiers etwas dran zu sein. Das Auftauchen der Sekten und ihr Vorgehen schienen irgendeinem Muster zu folgen das sie aber nicht erfassen konnte. Vielleicht sollte sie ihrem Meister ihren Verdacht mitteilen überlegte Rayla. Aber wahrscheinlich hatte er diese Erkenntnis schon lange erlangt. Schließlich war er ein Großinquisitor und sie nur eine kleine Akolythin. Mit dieser Tiefschürfenden Erkenntnis widmete sie sich wieder ihrem Buch. Es war ein dicker, verstaubter und abgegriffener Wälzer. Der Text war an einigen Stellen schon reichlich verblasst und die Piktogramme und Darstellungen waren teilweise sehr schlecht zu entziffern. Rayla gähnte lautstark. Sie hatte in den letzten vier Tagen kaum mehr als acht Stunden geschlafen. Sie hatte sich ausschließlich mit Stimulanzien wach gehalten. Ihre Lider wurden schwer. Sie schüttelte ihren Kopf um die Müdigkeit zu vertreiben. Aber jedes Mal kam die Schwere in ihrem Kopf mit doppelter Intensität zurück. Vielleicht würde sie es sich gestatten nur für fünf Minuten die Augen zu schließen. Ihre Augen fielen zu, eine angenehme Trägheit erfasste ihren ganzen Körper. Was konnte es schon schaden nur für fünf Minuten die Augen zu schließen? Oder vielleicht auch für zehn? Mit einem dumpfen Geräusch schlug der Kopf der jungen Frau auf das geöffnete Buch und sofort versank sie in einem tiefen, traumlosen Schlaf. Sindri, Hexer der Burning Dreams öffnete die Augen. Sein Bruder saß ihm wie immer gegenüber und erwachte ebenfalls aus der Trance. Er stand auf und schüttelte die Benommenheit der mystischen Trance ab. Seine pechschwarze, mit roten Flammen und arkanen Symbolen der Götter verzierte Rüstung glich der seines Bruders bis ins Detail. Sein Bruder Mirr klopfte sich in einer affektierten Geste den Staub von seinem Rock. „Hast du es auch gesehen Bruder?“ „Selbstverständlich Bruder.“ Sindri sah seinem Bruder ins Gesicht das seinem so ähnelte, wenn man außer Acht ließ das sein linkes Auge von leuchtendem Blau und sein rechtes von tiefem Purpur waren und es sich bei seinem Bruder genau andersherum verhielt. Mirr nickte. „Wir sollten jetzt alles Vorbereiten. Der Augenblick ist bald gekommen.“ Beide Hexer verließen die Meditationskammer und betraten wenig später die Brücke. In der Kommandozentrale des Schlachtschiffs Lustvolle Pein ging es konzentriert zu. Durch das große Frontfenster konnte der Betrachter sehen wie das Chaosschiff den Warpraum durchquerte. Ein Wirbel aus irisierenden Farben füllte das komplette Sichtfeld aus. „Wie lange noch bis zum Eintritt in den Normalraum?“ wollte Sindri vom Kommandeur des Schiffs wissen. Der Angesprochene drehte sich zu ihm um. Der Chaos Marine trug keinen Helm und war ein Stück kleiner als die meisten Anwesenden und die barocke Servorüstung war auch etwas zierlicher als die der beiden Hexer. Glattes, schwarzes Haar umrahmte das Gesicht einer Frau, deren Gesicht auch zu einer Porzellanpuppe hätte gehören können. Mit einer sinnlich betörenden Stimme antwortete sie. „Noch cirka anderthalb Standardstunden bis zum Eintritt in das Kalisto System. Alle Maschinen laufen auf voller Kraft, die Arkanschilde halten.“ Zufrieden nickten die beiden Hexer fast synchron. „Sehr gut Schwester Kommandeur. Wir hatten auch nichts anderes erwartet, nicht wahr Bruder?“ „Absolut richtig Bruder.“ „Kann ich sonst noch irgendwie zu… Diensten sein?“ wollte der weibliche Chaos Marine wissen, wobei sie sich auf unmissverständliche Art über die Lippen leckte. „Nun, ich denke solange wir noch unterwegs sind können wir uns noch ein wenig Entspannung gönnen. Was denkst du Sindri?“ „Keine Einwände Mirr.“ Vorfreude blitzte in den Augen der Kommandeurin auf. „Bruder Shar´Dor. Übernehmen sie die Kontrolle auf der Brücke. Ich bin anderweitig beschäftigt.“ Der Angesprochen nickte und übernahm den Stuhl des Kommandeurs während die Kommandeurin sich zwischen den beiden Hexern postierte und mit ihnen die Brücke in Richtung Privatquartiere verließ. Rayla zuckte aus ihrem Nickerchen auf. Jemand hatte ihr eine Hand auf die Schulter gelegt. Ihr ganzer Körper versteifte sich bis sie kerzengrade da saß. Langsam drehte sie den Kopf. »Großer Imperator, bitte lass es nicht meinen Meister sein!« schickte die junge Frau ein Stoßgebet los, kalter Schweiß brach ihr aus. Es wäre nicht das erste Mal das der Großinquisitor sie spontan besuchen kam um zu überprüfen ob seine Akolythin auch mit angemessenem Eifer ihren Studien nachging. Obwohl ihr Meister der zu den tolerantesten Vertretern der thorianischen Fraktion des Ordo Haereticus gehörte, duldete Lord Foster es nicht wenn Rayla ihre Studien vernachlässigte und die letzte Diziplinarmaßnahme war Rayla noch in schmerzlicher Erinnerung. Sie hatte sich in den Folterkammern der Tabula Rasa schon immer unwohl gefühlt aber seit sie zwei geschlagene Tage dort in Ketten gelegt unter der Obhut der Folterservitoren verbracht hatte kostete es Rayla enorme Überwindung sich auch nur in der Nähe der Folterkammern aufzuhalten. „Hast du gut geschlafen Rayla?“ wollte eine sanfte, leicht amüsierte Stimme wissen. Mit einem breiten Lächeln sah ihr Helia direkt ins Gesicht. Als sie registrierte das es bloß die Schwester Dialogis war und nicht der Großinquisitor entspannte Rayla sich ein wenig. Sie atmete geräuschvoll aus. „Bei Terra, musst du mich so erschrecken Helia? Mir ist fast das Herz stehen geblieben, ich dachte schon du wärst vielleicht der Meister…“ Missmutig registrierte die junge Frau dass die Situation die Ältere zu amüsieren schien. Als Helia Raylas Miene bemerkte strich sie ihr sanft über die Wange nur um Rayla im nächsten Moment die Ohren lang zu ziehen. Rayla protestierte lautstark „Auuuuuauauauauaaa! Bitte lass los Helia, ich mach’s auch nie wieder, ich schwörs!“ „Junge Dame“ ,Helias Stimme nahm einen äußerst autoritären Ton an „Nimm das hier gefälligst nicht auf die leichte Schulter. Dir ist eine außergewöhnliche Ehre zuteil geworden, das können nur eine Handvoll Menschen in hundert Jahren von sich behaupten!“ Die Gelehrte ließ Raylas Ohr los, zog sie zu sich hoch und drückte sie an sich bevor sie mit einer leisen, sanften und etwas traurigen Stimme fortfuhr „Rayla. In den zwanzig Jahren die du jetzt schon hier bist, bist du mir sehr ans Herz gewachsen. Du bist fast wie meine eigene Tochter für mich, ich möchte dich nicht verlieren und deshalb möchte ich dass du immer und überall dein Bestes gibst. Versprichst du mir das, ja Kleines?“ Rayla schaute durch halb geschlossene Augen über Helias Schulter gegen ihre geschlossene Kabinentür, sog ihre Worte in sich auf und genoss einfach die tröstliche Wärme der Umarmung. In der Tat war Helia in den vergangenen zwanzig Jahren mehr eine Mutter für sie gewesen als es Raylas leibliche Mutter in den acht Jahren zuvor auch nur annähernd gewesen war. Helia hatte ihr Lesen und Schreiben beigebracht, ihre echte Mutter hatte sie lediglich als ihre Pflicht gegenüber dem Imperator betrachtet, als Arbeitskraft, zukünftige Soldatin oder was auch immer. Nicht so Helia. Seit ihrer ersten Begegnung hatte sich die Schwester Dialogis, diese fremde Frau um sie gekümmert, sie erzogen und gelehrt was sie wissen musste um in diesem unbarmherzigen Universum zu überleben. Rayla schloss ihre Augen und erwiderte die Umarmung bevor sie leise, nur grade so laut das es grade Helia hören konnte flüsterte „Ich verspreche es.“ Die beiden Frauen standen noch eine Weile da und genossen den Moment bis Helia die Umarmung beendete um sich ihre Brille zu Recht zu rücken. Sie sah vorwurfsvoll auf das Chaos aus Büchern, Kleidungsstücken und Vid-Tafeln aus dem Raylas Zimmer bestand. Die junge Frau zuckte entschuldigend die Achseln. „Sag mal, wie spät ist es eigentlich?“ Helia zog ihr Chronometer aus einer Tasche ihrer Robe und öffnete den Deckel der kleinen, runden Konstruktion. Das Zifferblatt glänzte silbrig, die Zeiger standen auf der vierten Stunde nach dem Mittagsgebet. „Also, sofern mich der Maschienegeist nicht zu Narren hält präzise vier Uhr Nachmittag.“ Mit einem Schlag war Rayla richtig wach. „Verfluchte Chaosbrut! Ich müsste schon längst bei Tyron zum Nahkampftraining sein!“ Hastig ordnete Rayla ihre Kleidung, wischte sich den letzten Rest Schlaf aus den Augen und stürmte los Richtung Trainigshalle. Sie ließ eine leicht konfuse, schmunzelnde Schwester Dialogis in einem Chaos auf Papieren und dreckiger Kleidung zurück. Der dunkel gewandete Krieger schritt in der geräumigen Trainigshalle auf und ab und fluchte lautstark über Rayla, das Universum, im Prinzip über alles und jeden. Nur den göttlichen Imperator ließ er dabei gewissenhaft aus und schickte nur ab und an ein kurzes Gebet los das seine Göttliche Präsens sich manifestieren möge und den Arsch dieser faulen Göre mit einem saftigen Tritt den sie ihr Leben nicht vergessen werde hierher befördern möge. Ein winziger Teil von ihm erwartete jeden Moment den unüberhörbaren Knall wenn der Fuß Seiner Heiligkeit Raylas Hinterteil treffen und sie vor seinen Füßen landen würde. Aber der Rest sagte Tyron das es wahrscheinlicher war einen Anhänger Khornes davon zu überzeugen das Gewalt keine Lösung ist als das der Imperator seine Zeit damit verschwendete eine kleine Akolythin zum Training zu bringen. Keenan indes schien sich köstlich über die Situation zu amüsieren, besonders über Tyrons farbenfrohe Flüche. Der weiß gewandete Kreuzritter saß auf einer der vielen Bänke an der Wand der Halle und überprüfte die Refraktorfeldgeneratoren in seinem Sturmschild. Grade hatte Tyron einen besonders ausgefallenen Fluch betreffend Rayla, ein Rudel Kroot Hunde, einen catachanischen Sporenpilz und einen Absolutionspriester der Dark Angels losgelassen bei dem Keenan vor Lachen sein Werkzeug fallen ließ als just in diesem Augenblick das Schot aufglitt und eine völlig aus der Puste geratene, verschwitzte junge Frau die Halle betrat. „Na sieh mal einer an. Schau mal wer doch noch beschlossen hat und mit seiner Gegenwart zu beehren.“ Tyron salutierte indem er mit seiner rechten Faust übertrieben auf seine Brustplatte schlug. „Misstress Nor, wie Gütig von euch uns am Glanz euer Anwesenheit teilhaben zu lassen.“ meinte er sarkastisch. Hinter Tyron bekam Keenan einen solchen Lachanfall das er sich mit beiden Händen den Bauch halten musste und sein Schild geräuschvoll zu Boden fiel. Rayla schoss die Röte ins Gesicht. Sie verbeugte sich förmlich. „Ich bitte um Verzeihung Meister Tyron!“ Der Mann wedelte abwimmelnd mit der gepanzerten Hand. „Lass stecken Fräulein. Nimm dir dein Schwert und geh und Ausgangsstellung. Wir üben ab sofort mit aktivierten Waffen.“ Damit berührte er die Gemme die die arkanen Energiekreisläufe seines Schwertes steuerte und stellte sich, mit beiden Händen sein Schwert vor seine Brust haltend, in Kampfposition. Knisternde, bläuliche Entladungen tanzten die knapp anderthalb Meter lange Klinge entlang. Mit einem flauen Gefühl im Magen nahm Rayla ihre eigene Waffe, ein schlankes einschneidiges Schwert, in die Hand, aktivierte ebenfalls die Energiekreisläufe und ging in Grundstellung. Das Schwert in der Rechten, die Spitze zu Boden zeigend, die Linke auf dem Rücken schaute Rayla ihrem Lehrer ins Gesicht. Das flaue Gefühl in ihrem Magen verzehnfachte sich. Tyron lächelte. Das tat er nur sehr selten und wenn er es tat hieß das selten Gutes, soviel wusste Rayla mittlerweile. „Nur damit dus weißt, ich bin stinksauer auf dich, junges Fräulein. Als Strafe für dein Zuspätkommen verdreifachen wir die Intensität des Trainings in dieser Woche.“ Rayla schluckte. Nach dem normalen Training konnte sie sich ja kaum noch rühren, aber bei Verdreifachtem? Diese Gedanken musste sie allerdings auf später verschieben, denn mittlerweile war Tyron zum Angriff übergegangen und ließ einen Hagel kraftvoller Hiebe auf die junge Frau niederprasseln. Mühevoll parierte Rayla, ihre Arme schmerzten bereits nach fünf Minuten höllisch. Keenan hatte sich mittlerweile wieder beruhigt und verfolgte interessiert den Kampf „Hey, lass noch was von ihr übrig. Ich habe keine Lust Lord Foster zu erklären dass er sich einen neuen Akolythen suchen muss. Außerdem sollen wir uns Raylas Nahkampftraining teilen. Ich will auch noch meinen Spaß haben!“ Keenan redete noch eine Weile weiter aber Rayla verstand nichts mehr. Das lag zum Teil daran das die Energiefelder der beiden Schwerter wenn sie aufeinander trafen, einen lauten Knall erzeugten aber zum Großteil einfach daran das Tyron ein wahres Stahlgewitter auf sie losließ und sie sich vollends auf ihre Defensive konzentrieren musste. In diesem Moment gelangte Rayla zu der Einsicht das es vielleicht doch gar nicht so schlecht gewesen wäre, hätte statt Helia Lord Foster ihr einen Überraschungsbesuch abgestattet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)