Stille Wasser sind tief von cooking_butty ================================================================================ Kapitel 10: Vielleicht sprech ich ihn ja mal an ----------------------------------------------- Das Jahr verging zwar schneller, als Farin und Robert es sich gedacht hatten und doch schien es noch ewig zu dauern, bis sie sich endlich wieder gegenüber stehen würden. Von Sehnsucht geplagt konnten beide es kaum noch erwarten, den jeweils anderen zu sehen, denn Postkarten waren definitiv kein gebührender Ersatz für eine richtige Konversation von Angesicht zu Angesicht! Die beiden Musiker gingen gerade gemeinsam, dicht nebeneinander, durch einen Park. Es war ein wunderschöner Tag im September. Die Sonne schien, es war herrlich mild und die Blätter der Bäume hatten sich herbstlich verfärbt. „Robert? Ich…ähm…ich muss dir was sagen“, begann Farin zaghaft. „Was denn?“, hakte der Posaunist nach. „Also…ich…ich…also“, stammelte der Blonde. Er fasste noch einmal seinen ganzen Mut zusammen, denn jetzt wollte er keinen Rückzieher mehr machen – dafür hatte er schon zu lange gewartet. „Ich…also…ich liebe dich“, hauchte er. Sein Gegenüber begann zu strahlen. Seine Augen, sein Lächeln – einfach alles schien sich über diesen Satz zu freuen. Farin merkte, dass er das Richtige getan hatte, dass auch Robert genauso fühlte. „Wirklich“, flüsterte der Kleinere verzückt, woraufhin der Gitarrist nur nicken konnte. Dann änderte sich die Szenerie. Der wunderbare sonnige Park wurde zu einem kalten, dunklen Hotelzimmer. „Dann beweis es mir“, forderte der Schwarzhaarige ihn zischend auf. „Nein, bitte nicht“, bat Farin verzweifelt und wich zurück. „Du hast gesagt, du liebst mich, oder? Ich will einen Beweis sehen, also zieh dich aus!“, fuhr der Kleinere ihn zornig an und zog ihn grob zu sich zurück. Der Blonde tat wie ihm befohlen. Weinend und mit zittrigen Händen zog er sich sein Shirt über den Kopf und begann, seine Hose zu öffnen. „Hör verdammt noch mal auf zu heulen, wie oft muss ich dir das noch sagen“, schrie der Andere und gab ihm mehrere Hiebe mit der Peitsche. Nachdem Farin sich gänzlich ausgezogen hatte, musste er sich auf das Bett knien, wo er mit einem Tuch geknebelt wurde und Robert ihn an Händen und Füßen an die Pfosten fesselte. „Du miese kleine Schwuchtel. Ich hab ehrlich gedacht, dass das nur eine Phase für dich war“, nuschelte der Schwarzhaarige dem aufgelösten Hünen ins Ohr, während er genüsslich über seine Genitalien streichelte. „Ha…du liebst mich also, dass ich nicht lache! Ich werd dir noch zeigen, was Liebe ist“, zischte er noch, ehe er hart in seine Geisel eindrang. Keuchend wachte Farin in seinem Zelt auf. Wie oft er diesen Traum schon hatte, wusste er schon gar nicht mehr. Mit zittrigen Händen fuhr er sich durch die Haare. Warum konnte er keine Ruhe finden? Warum musste er immer wieder an seine Vergangenheit erinnert werden? Er befand sich in Amerika, der letzten Station seiner großen Reise. Vieles hatte er erleben dürfen: Er hatte Männer beim Wrestling zugesehen, mit seiner Schwester in Afrika ein Video gedreht und in Indien und Bhutan genügend Fotos gemacht, um damit einen Bildband zu füllen. Er war waghalsigen Straßen entlang gefahren, beinahe überfallen worden und schlichtweg begeistert von seiner großartigen Jahresreise rund um die Welt. Doch stets waren Träume dieser Art sein Begleiter. Es gab selten eine Nacht, in der sie sich nicht in den Vordergrund drängten und geträumt werden wollten. Schon in den nächsten Tagen würde er seine Heimreise antreten und er nahm sich vor, so schnell wie möglich mit Rod zu reden. Dieser hatte immer einen guten Rat parat und würde ihm auch sicher diesmal helfen können. „Hey Fremder“, wurde Farin vom Chilenen am Flughafen empfangen. Neben seiner Schwester war der Bassist der einzige, der wusste, wann genau der blonde Hüne ankam. Denn obwohl der Gitarrist Robert so sehr vermisste, dass es schon wehtat, wollte er ihn nicht sehen, bevor er mit Rod geredet hatte. Er wollte dem Posaunisten, ohne wieder einen Rückzieher zu machen, seine Liebe gestehen und das schien er ohne klärendes Gespräch nicht schaffen zu können. Herzlich umarmten sich die zwei Freunde, schließlich hatten sie sich schon ewig nicht mehr gesehen. Nachdem sie Farins Gepäck ins Auto verfrachtet hatten, stiegen sie selbst ins Fahrzeug ein und machten sich auf den Weg zum Haus des Gitarristen. Die Fahrt an sich verlief relativ ruhig. Selten sprachen sie etwas. Rod musste sich auf den Verkehr konzentrieren und Farin überlegte schon die ganze Zeit, wie er das eine, für ihn wichtige, Gespräch wohl hinter sich bringen könnte. „Rod…kann ich…dich was fragen?“, begann der Ältere schüchtern, nachdem sie bei ihm angekommen waren und er, bei der einen oder anderen Tasse Tee, von seiner Reise berichtet hatte. „Klar…worum geht’s denn?“, hakte der Angesprochene, der neben ihm saß, interessiert nach. „Also…es ist nämlich so…ich glaub, ich hab mich verliebt…also nein, ich weiß, dass ich mich verliebt hab…und…“ Während Farin sprach, sah er stets zu Boden, zu sehr fürchtete er sich vor Rods Reaktion, wenn er herausfinden würde, wen er liebt – vor allem, dass es sich dabei um einen Mann handelte. „Wer ist es denn, der dir den Kopf so verdreht?“, fragte der Bassist neugierig. „Robert“, nuschelte Farin und betrachtete weiterhin den Boden. „Hast du Angst, weil er ein Mann ist?“, versuchte der Chilene dessen Körpersprache zu deuten. „Nein…also doch, oder…stört dich das denn gar nicht?“, fragte der Blonde unsicher und sah nun erstmals Rod direkt an. „Warum sollte es denn? Du kannst doch nichts dafür“, erwiderte Rod bloß freundlich, legte seinen Arm um Farins Schultern und drückte ihn sanft an sich. „Aber du hast doch Angst, oder?“ Der Größere nickte bloß. Wie sollte er ihm das jetzt kurz und bündig erklären, ohne, dass es ihm selber zu viele Schmerzen zufügte? „Wovor denn?“, bohrte der Schwarzhaarige weiter nach. „Weißt du…ich…also…ich war schon einmal verliebt…in einen Mann.“ Der Gitarrist stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen, während er konsequent den Boden anstarrte. Er wusste, dass er nur so seine Fassung beibehalten konnte. Auch der Andere schien zu merken, welch Anstrengung es Farin kostete, also drängte er ihn nicht und beschränkte sich darauf, sich mit den Unterarmen auf den Oberschenkeln abzustützen und ihn zu beobachten. „Ich hab es ihm damals gesagt und dann…hat er mich…vergewaltigt…immer und immer wieder…und ich hab einfach Angst, dass sich das…wiederholt…weißt du, ich träum die ganze Zeit davon, dass alles…wieder so wird, wie damals…es verfolgt mich einfach und…es hört einfach nicht auf und das, obwohl ich weiß, dass Rob das niemals tun würde, aber…ich kann nichts dagegen machen, es…ich kann doch nichts dafür“, erklärte der Gitarrist leise. Während er sprach, hatte er unbemerkt zu weinen angefangen, zu sehr nahmen ihn einfach die Erinnerungen an seine Vergangenheit und an seine Träume mit. Trotz all der Vorsicht, mit der Rod aufgestanden war und auf Farin zugegangen war, erschrak der Größere, als ihn der Andere behutsam in den Arm nahm. Zu stark war diese Trance, in der er sich befand und nur noch Bilder von Hagen und Robert vor seinem inneren Auge sehen konnte. Sanft und vor allem beruhigend strich der Bassist seinem Freund über den Rücken. „Es tut mir so Leid“, flüsterte er ihm ins Ohr und hoffte, dass diese Worte auch nur annähernd das Mitgefühl ausdrücken konnten, welches er gerade für den großen Blonden empfand. „Es ist…okay. Ich hab’s verarbeiten können…denk ich…also…ich glaub, dass ich’s verarbeiten konnte, aber…egal, darum geht es jetzt eigentlich gar nicht.“ Bestimmt atmete Farin tief ein und aus, um sich wieder einen klaren Kopf zu schaffen. „Weißt du…ich würd’s Robert so gerne sagen…ich hab’s mir schon so oft vorgenommen, aber…ich kann einfach nicht“, erwiderte er niedergeschlagen. Mittlerweile hatten sich die beiden es sich wieder auf dem Sofa bequem gemacht. „Weiß er denn…davon? Also, von deiner Vergangenheit?“, fragte Rod. Farin nickte. „Okay…dann kann’s ja nicht allzu schwierig sein“, überlegte der Bassist. „Aber irgendwie…fällt mir nichts ein…ich mein, wenn ich dir jetzt sage, dass du es ihm einfach sagen solltest, dann wär dir doch damit nicht geholfen, oder? Aber im Prinzip…kannst du ja fast nichts anderes machen…und wenn Robert weiß, was damals passiert ist, dann wird er merken, was das für ein Riesenschritt ist für dich und…er wird dir nicht weh tun, das glaub ich nicht!“ Entschuldigend lächelte der Schwarzhaarige seinem Freund entgegen und hoffte, dass er ihm wenigstens etwas helfen konnte. „Aber ich…ich weiß nicht, ob ich das kann…“, meinte der Größere verunsichert. „Und…wenn du ihm einen Brief schreibst?“, fiel Rod gerade ein. „Und ihm da alles so aufschreibst, wie du es mir gerade gesagt hast? Dass du halt schreibst, dass er verstehen soll, dass du Angst vor seiner Reaktion hast, wegen dem, was damals passiert ist und so?“ Je mehr Farin über diesen Vorschlag nachdachte, desto begeisterter war er davon. Es schein wirklich die beste Lösung für sein Problem zu sein! Dankbar umarmte er den Bassisten. „Danke Rod! Ich wusste, dass man sich auf dich verlassen kann“, meinte er lächelnd. Bald darauf musste der Chilene gehen. „Kenne ich ihn?“, fragte er unsicher, als sie bei der Tür standen. Der blonde Hüne schloss kurz seine Augen und sah zu Boden, als er nickte. „Wer?“, hakte Rod vorsichtig nach. Farin atmete tief ein und aus, während er aufsah und seine Augen auf den Bassisten richtete. „Hagen“, antwortete er schlicht. Sanft wurde er vom Jüngeren in den Arm genommen und als sie sich lösten, konnte er sogar wieder lächeln. „Ruf mich dann an und sag mir, wie’s ausgegangen ist, okay?“, bat Rod dann, auf die Sache mit Robert bezogen, ehe er sich verabschiedete und ging. Da es schon spät war, beschloss Farin, den Brief erst am nächsten Tag zu schreiben. Er ging noch duschen und Zähne putzen, ehe er sich total erschöpft ins Bett fallen ließ. Entgegen seiner Erwartungen, aufgrund des Jetlags lange zu schlafen, wachte Farin am nächsten Morgen früh auf. Wahrscheinlich war es der Tatendrang, der ihn so bald aus dem Bett scheuchte. Nach einem kurzen Frühstück setzte er sich, mit Papier und Stift bewaffnet, an den Schreibtisch. „Idiot, hätte mir auch selber einfallen können“, seufzte der Gitarrist und begann, den Brief zu schreiben. Er brauchte nur zwei Anläufe, ehe er die richtigen Worte gefunden hatte und schneller, als er es sich gedacht hatte, war sein Anliegen mit der Post auf dem Weg zu Robert. Nun konnte er nur noch warten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)