Your feelings are just a lie von Chibi_Isa (Überraschungspairing) ================================================================================ Kapitel 3: Familientrubel ------------------------- Your feelings are just a lie von Chibi_Isa Überraschungspairing Hi, ihr ^^ Vielen Dank für die Kommis zu meiner FF. Nur mal so als Frage, hat jemand Lust ein Bild von Mika und Romeo für das Profil zu malen? Ich bin nämlich nicht so gut dafür. Viel Spaß beim Lesen Chibi_Isa Kapitel 3: Familientrubel Roxas POV Ich hasse Sonntage. Wenn es so weiter geht auch Samstage oder das gesamte Wochenende, wenn mein Stiefvater da ist. Sonntag ist immer besonders schlimm. Da MÜSSEN wir nämlich mit zum Familientreffen. Lauter reiche Schnösel auf einem Haufen, die uns überhaupt nicht integrieren wollen. Also was soll ich da, wenn die mich eh nicht leiden können? Für die sind wir doch nur Fremdkörper, Anhängsel von der neuen Frau, wie sie Mama nennen. Ich hasse diese Familie und ich hasse Sonntage. „Entschuldigung, dass ich Sie beim Frühstück stören muss, aber mit der Limousine scheint was nicht in Ordnung zu sein. Sie springt nicht an“, stört uns Harry, als wir am Montagmorgen frühstücken. Ich bin froh wieder in die Schule zu kommen. Oh mein Gott, ich bin froh in die Schule zu kommen. Meine Meinung hat sich so radikal verändert, das ist schon fast unheimlich. „Macht nichts, ich laufe, also tschüß“, sehe ich meine Chance mich auf normalen Weg zur Schule zu begeben. „Nichts da, wir haben noch mehr Autos“, erklärt mein Stiefvater. Na toll, am Besten nehmen wir den Porsche oder den Mercedes, die erregen fast genauso viel Aufmerksamkeit. Oder nein, wir nehmen den Oldtimer, das wärs doch. Die Blicke wären mir so sicher. „Ich will aber laufen!“, protestiere ich. „Die anderen laufen auch alle, obwohl sie auch so stinkreich sind wie du“ „Junge, reiz mich nicht!“, gibt mein neuer Dad zurück. Pffff, reizen? Ich kann noch viel mehr, als ihn reizen. „Warum denn nicht? Du gehst mir auch auf den Senkel, jeden Tag und jede Stunde, die ich hier sein muss“, erwidere ich wütend und stehe auf. „Du kannst auch gerne…“, fängt mein Stiefvater an, wird aber von Mama unterbrochen. „Eric, lass ihn doch laufen. Seine Freunde freuen sich sicher, wenn er mit ihnen läuft“, erklärt sie und er gibt tatsächlich nach. Ich gehe freudig nach oben und putze meine Zähne. Ich bin schon fertig, als Cloud erst herein kommt. Er lässt sich hundertprozentig fahren, er ist schon viel zu bequem zu geworden und hat sich daran gewohnt. „War das wirklich nötig?“, fragt Cloud und macht seine Zahnputzsachen fertig. „Bitte? Wer will denn, dass unbedingt jeder sieht, dass wir Geld wie Heu haben? Er und er hat auch angefangen. Ich hab mich lediglich gewehrt, das ist alles“, erwidere ich. „Toll, und deshalb musst du so nen Krach machen? Stell dich doch nicht so an und akzeptier, dass es uns jetzt besser geht, als mit Papa“, gibt mein Bruder das Unglaubliche zurück. Besser als bei Papa???? Ich glaube ich hab mich verhört. „BITTE?“, frage ich hysterisch. „Du hast schon verstanden. Uns geht es doch jetzt viel besser, als mit Papa“, wiederholt Cloud. „Du hast doch nicht mehr alle Latten am Zaun. Besser als mit Papa??? Es ist schrecklich hier, unser Stiefvater, der ganze unnötige Luxus und unsere neue Verwandtschaft. Das alles ist so dermaßen bescheuert. Aber bitte, kriech ihm in den Hintern, schleim dich ein, vielleicht schickt er dich ja in das tolle Sportinternat in das du immer wolltest, dann bin ich dich wenigstens los!“, herrsche ich ihn an und gehe stocksauer aus dem Zimmer. Als ich seine Widerworte höre, drehe ich fast durch. „Papa war nicht mehr, als ein unnützer Rumtreiber. Sei froh, dass du in Eric einen bessern Vater gefunden hast“ Unnützer Rumtreiber?!?!?!?! Was haben die mit Cloud angestellt, eine Gehirnwäsche. Wütend fahre ich herum und drücke meinen weitaus stärkeren Bruder irgendwie ohne Probleme an die Wand. „Sag… so was… nie wieder!“, wollen mir die Worte nur stoßweise entkommen. Ich muss mich so beherrschen Cloud nicht zu schlagen. Ich will es nicht, ich will nicht, dass ich ihn verletze. Aber hat er das nicht gerade auch getan?? Mit dieser Äußerung hat er mir einen solch großen Stich versetzt, als hätte mich ein Schwert durchbohrt. „Was denn, Roxas? Dass Papa ein Rumtreiber war?? Du bist wirklich dumm, wenn du glaubst es wäre anders gewesen. Sieh den Tatsachen ins Auge und akzeptiere, dass es so ist und jetzt lass mich los“, gibt mein Bruder zurück und schubst mich weg. Ich taumele rückwärts und ich falle. Unschlüssig sitze ich auf dem Boden. Wie kann er so plötzlich so anders sein? Das ist nicht mehr mein Bruder, er gehört jetzt zu ihnen. Zu den neuen Sternen, am Himmel der Reichen und „Schönen“. Ich kann ihn langsam aber sicher nicht mehr leiden. Ob ich ihn schon hasse? Wenn er so weiter macht, ist es nicht mehr lange, bis sich meine bisherigen Gefühle in Hass verwandeln. „Roxas, wenn du laufen willst, musst du langsam los!“, holt Mamas Ruf mich aus meiner Nachdenkstarre und ich mache mich gedankenverloren auf den Weg zur Schule. Ich komme viel zu spät dort an, im Hof ist niemand mehr und bis Unterrichtsbeginn sind es nur noch wenige Minuten. Ich muss mich beeilen. Als ich beim Klassenzimmer ankomme ist meine Verwunderung groß. Hier ist nämlich niemand. Hab ich heute erst zur zweiten? Nein, ganz normal, da bin ich mir sicher. Hab ich dann vielleicht in nem anderen Raum? Schnell krame ich nach dem Stundenplan. Na toll, ich hab jetzt Physik. Das hatte ich ganz vergessen. Ich haste zum Physikraum, doch ich komme hoffnungslos zu spät. Reumütig betrete ich den Raum. „Guten Morgen, tut mir Leid fürs zu spät kommen. Ich hatte mich im Plan verguckt“, erkläre ich leise. „Setz dich einfach“, fordert mich eine Stimme auf, die ich schon kenne. OMG, nein, jetzt bin ich auch noch bei Soras Vater zu spät gekommen. Na toll. „Neben Romeo ist noch Platz“, erklärt mein Lehrer, als ich mich keinen Zentimeter bewegt habe. „Ja, danke“, gebe ich nur zurück und setze mich dann neben meinen Freund. Meinen Freund, letzte Woche hätte ich ihn noch erschießen können. Aber mittlerweile hab ich ihn total lieb gewonnen. „Sag mal, hab ich dir eigentlich was getan?“, flüstert Romeo mir zu, als wir was von der Tafel abschreiben. „Nein, warum?“, staune ich. „Heute Morgen, da hab ich dich gesehen. Von meinem Fenster aus. Ich hab dir zugerufen ob du wartest, aber du hast nicht mal reagiert“, erzählt er. Oh, ist das echt passiert? Ich war noch so in Gedanken bei Cloud und dem was er gesagt hat. Ich habe es noch nicht mal mitbekommen. „Tut mir Leid. Mein morgendlicher Start zu Hause hat mich noch sehr beschäftigt“, entgegne ich. „Ist was passiert?“, will Romeo wissen. „Ich… na ja… das will ich jetzt nicht bereden…“, bin ich mir unschlüssig, ob ich ihm schon soweit vertraue, dass ich mit ihm über intime Sachen reden kann. „Okay, vielleicht in der Pause, wenn du magst“, gibt er sich vollends damit zufrieden. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er nicht bohrt. Es wäre schon total peinlich im Unterricht auszuflippen. „Heute sind doch die Basketballauswahlspiele oder?“, bringe ich ein anderes Thema zur Sprache. Romeo nickt nur. Hab ich ihn jetzt verärgert? „Und? Freust du dich schon? Mika macht doch auch mit oder?“, frage ich. „Hm“, antwortet er zurück haltend. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er total von der Rolle ist, weil er mit seinem Freund zusammen spielen kann. „Habt ihr gestritten?“, erkundige ich mich. „Was? Nein“, gibt er schnell zurück. „Warum siehst du dann aus wie sieben Tage Regenwetter, wenn du an Basketball mit ihm denkst? Es muss doch cool sein mit seinem Freund in einer Mannschaft zu sein“, finde ich. Wie kommt es, dass mich das plötzlich so interessiert? „Das is es ja. Eine Mannschaft. Ich bin gut, ich könnte ebenso gut in der ersten Mannschaft spielen, aber ich halte mich zurück für ihn, damit wir in ein Team kommen. Ich will keinesfalls ohne ihn spielen, aber immer zweite Mannschaft ist total doof“, gibt Romeo zurück, als uns Soras Vater kurz vor dem Gong noch zurecht weist. „Dann sag ihm…“, fange ich noch an, aber da ist Mika schon bei uns. Er saß ganz vorn und hatte Romeo schon länger sehnsüchtig angestarrt. „Ich hab dich vermisst“, erklärt er und küsst seinen Freund auf die Wange. „Ich dich erst“, gibt Romeo zurück und zwingt, sich meiner Meinung nach, zu einem Lächeln. „Was haben wir denn jetzt?“, frage ich, als wir das Klassenzimmer verlassen. „Englisch“, verkündet Riku, der mit Tidus hinter uns läuft. „Du klingst sehr begeistert“, bemerke ich. Ich mag ihn zwar immer noch nicht so, wie ich Romeo oder Mika mag, aber er war Freitag doch ganz in Ordnung. „Oh ja, ich liebe Englisch, besonders bei der alten Schachtel“, erklärt Riku irgendwie grinsend und doch abwertend. Oh ja, die Lehrerin ist echt die Hölle, aber das Fach an sich ist doch cool. „Ach Riku, tu doch nich so. Heimlich bist du doch in sie verschossen“, zieht Mika ihn auf. „Sicher, ich träume jede Nacht von ihr, weißt du“, macht Riku auch noch mit und ich muss tatsächlich über ihn kichern. Er wirkte schon von Anfang an ziemlich erwachsen, aber jetzt macht er auch mal so einen dummen Scherz mit. Schließlich sind wir beim Klassenraum und der Unterricht bei Rikus Lieblingslehrerin beginnt. Es ist wirklich langweilig, wir hatten viel von dem was sie gerade durch nimmt schon letztes Jahr gemacht. Ich frage mich gerade wie das sein kann, als mich Riku anstupst und mir einen Stift reicht. Häh?? Ich brauche doch keinen Stift. Ich kapiere erst was das soll, als ich den Zettel sehe, der hinter der Klemme steckt. „Hey Roxas, sind wir jetzt eigentlich Freunde? Nachdem was an deinem ersten Tag passiert ist, bin ich mir ziemlich unsicher mit dir. Gruß Riku“, lese ich die Nachricht. Ach du meine Güte, er ist ja richtig sensibel. Wow, das hätte ich nie gedacht. „Zwischen uns ist alles okay. Keine Sorge“, schreibe ich zurück. „Cool, aber ich muss dir noch was sagen, was dir vielleicht nicht gefällt“, ist die Antwort. „Und was?“, will ich wissen. „Meine Eltern, also sie sind nicht tot, ich bin auch nicht adoptiert. Es ist lediglich so, dass sie nur an Weihnachten, Silvester und an meinem Geburtstag da sind“, lese ich das Unglaubliche. Sofort steigt Wut in mir auf und ich zerknülle den Zettel. Wie kann er so was behaupten. Er weiß anscheinend nicht was Tod bedeutet. „Weißt du überhaupt wie das ist?? Einen Menschen zu verlieren, den du liebst? Wahrscheinlich nicht, sonst würdest du so was nicht behaupten. Es ist das Letzte so was zu tun“, kann ich mich dann doch nicht zurückhalten und schreibe einen neuen Zettel. „Du hast Recht, ich weiß es nicht, aber Sora hat mich versucht aufzuklären und er hat mir gezeigt, dass es falsch war, es zu behaupten. Es tut mir sehr Leid“, erklärt er. „Das sollte es auch“, bin ich immer noch sauer. Egal ob er es jetzt richtig gestellt hat, es ist trotzdem schlimm. „Kann ich in der Pause mit dir reden? Die Briefchen werden mir langsam zu doof“, lautet Rikus nächste Nachricht. „Wenn es sein muss“, bin ich wenig erfreut darüber. „Ja, bitte, ich bring dich auch wohin, wo wir ungestört reden können“, versichert er mir und ich schreibe nichts mehr. Ich bin mal gespannt wo das sein soll. Die letzten Minuten vergehen und es klingelt endlich zur Pause. Riku ist als Erster an der Tür und wartet auf mich, da ich noch zusammen packe. Als ich bei ihm ankomme, läuft er wortlos voraus und führt mich einige Treppen hoch, dann nach links, dann wieder rechts und plötzlich stehen wir vor einer Tür, die mir irgendwie bekannt vorkommt. „Ist das der Ort für die Schäferstündchen mit der alten Schachtel?“, frage ich scherzhaft. „Quatsch, das ist unser Schulgarten. Du kennst ihn“, erklärt Riku und geht hinein. Natürlich kenne ich ihn. Es ist der Ort, an dem ich am ersten Tag geweint habe. „Also, ich wollte mich noch mal entschuldigen. Ich kann das echt nicht nachvollziehen. Mit Tod und so. Aber ich empfinde es eben manchmal so. Was würdest du denn sagen wenn dein Vater nur so wenig bei dir wäre?“, fragt Riku. „Ich würde mich freuen, Riku, denn ich hab ihn geliebt. Er war der beste Vater den man sich wünschen konnte und jetzt? Grade mal ein halbes Jahr später ist er vergessen und ein unnützer Rumtreiber. Was soll die Scheiße?“, will ich wissen. Doch ich erwarte keine Antwort, was soll Riku auch dazu sagen. Er stempelt seine Eltern ja als tot ab, nur weil sie nur dreimal im Jahr da sind. Okay, es ist wenig, aber es ist wenigstens etwas. „Wer hat denn gesagt er war ein unnützer Rumtreiber?“, fragt Riku. „Mein Bruder, Cloud“, antworte ich. „Ach, das ist doch Quatsch. Er war das bestimmt nicht. Du bist doch ein klasse Junge, da kann dein Vater so was gar nicht gewesen sein“, findet er und sagt zum ersten Mal etwas was mich erstaunt. Ich bin ein klasse Junge? Seit wann das denn? „Hm“, brumme ich nur. Was soll ich denn jetzt machen? „Weißt du Roxas, es wäre cool, wenn du heute mit zu mir kommst. Dann bin ich nicht alleine und du musst dich nicht mit deinem Stiefvater oder deinem Bruder rumschlagen“, nimmt es mir Riku ab, irgendwas zu sagen. Zu ihm? Aber warum denn? „Was soll ich denn bei dir?“, frage ich. „Wir können Hausaufgaben machen, zocken, Filme schauen, was du willst“, antwortet er. Er lädt mich also tatsächlich ein. Ach du meine Güte. Na ja, eigentlich wäre es schon toll nicht nach Hause zu müssen. „Ich rufe in der Mittagspause mal meine Mutter an und sage Bescheid“, erkläre ich. „Das heißt, du kommst?“, kann er es nicht fassen. Ich nicke nur. „Cool“, findet er lächelnd. Er freut sich ganz schön und das über mich. „Ich wollte schon von Anfang an dein Freund sein, aber ich habs schon am ersten Tag voll versaut. Das muss ich ja jetzt alles wieder gut machen“ „Aha, kommt Sora auch? Ihr seid doch beste Freunde oder?“, will ich wissen. „Also er kommt heute nicht. Aber wir sind beste Freunde, da hast du Recht. Warum? Bist du interessiert?“, fragt er. „Quatsch, ich bin nicht schwul und eigentlich dachte ich, er ist es auch nicht“, erinnere ich mich an die Frage am Mittagstisch. „Du hast nur gefragt ob wir single oder schwul sind. Von single und schwul war nie die Rede“, erklärt Riku. Gemeinheit, mich so an der Nase herumzuführen. „Das heißt ihr seid alle schwul?“, will ich es jetzt aber genau wissen. „Nein, nur Sora“, entgegnet er. Na super, das musste ja so sein. Ausgerechnet den, den ich am nettesten finde. Kein Wunder, dass der schwul ist. „Ich glaube die Pause ist gleich vorbei“, bemerkt Riku und wir gehen zum Klassenzimmer zurück. Ich immer noch in Gedanken. Wie soll ich mich jetzt verhalten? Sora ist schwul. Hätte mir das nicht mal einer sagen können? Aber was mach ich jetzt für ein Theater? Romeo und Mika sind es auch und ich mag die beiden ziemlich gern. Also was will ich überhaupt? Die nächsten beiden Stunden vergehen schnell, was wohl auch an Frau Turner liegt. Ihr Unterricht ist immer so lebendig, dass man nicht mal den Versuch starten würde auf die Uhr zu schauen. In der Mittagspause stelle ich fest, dass mein Lunchpaket zu Hause steht. Na super, soll ich jetzt diesen Fraß essen? Mein Magenknurren antwortet für mich. Ich hab tierisch Kohldampf. Also krame ich nach meiner Geldbörse, aber die liegt anscheinend auch zu Hause. „Na toll“, resigniere ich lauter, als ich wollte. „Hast du wohl nichts zu essen?“, will Sora sofort wissen, der fröhlich wie eh und je neben mir sitzt. Ich schüttle den Kopf. „Willst du was von mir? Den Quark hab ich selber gemacht, du kannst ihn haben“, gibt er mir sofort was ab. Hm, er ist so wie immer, soll ich überhaupt daran zweifeln, dass er jetzt anders ist, nur weil ich weiß, dass er schwul ist. Quatsch, Roxas, echt jetzt. Du hast ihn sofort gemocht, also lass die Scheiße. „Danke, das ist echt nett von dir“, bin ich wirklich sehr dankbar. „Wenn du willst, kannst du auch noch ein Pizzabrötchen haben. Papa hat mir zu viel eingepackt“, erklärt er und legt mir sofort eins auf eine Serviette. Ich muss leicht schmunzeln, wenn ich mir Herrn Hino dabei vorstelle wie er Sora sein Lunchpaket zusammenstellt. So wie ich das sehe ist von allem was dabei. Gemüse, Pizzabrötchen, der Obstquark und dann noch ein Käsebrötchen. Man sollte meinen, Sora geht auf Weltreise. „Dein Vater muss ja früh Zeit haben, wenn er dir noch Pizzabrötchen macht“, finde ich. „Die macht Papa doch nicht. Er ist miserabel im Kochen. Die hab ich gestern gemacht, als meine Schwester und Oma da waren. Papa hat mir nur alle übrigen eingepackt“, erzählt Sora und ich stelle mir Herrn Hino vor, wie er beim Kochen hoffnungslos überfordert ist. Wieder muss ich schmunzeln. „Deine Schwester ist wohl schon erwachsen? Oder warum wohnt sie nicht bei euch“, frage ich und ich merke sofort, ich hab einen Nerv getroffen. Sora verzieht traurig das Gesicht. Sora und traurig, das passt nicht. „Als meine Mutter gestorben ist hatte mein Vater seine Arbeit verloren. Wir haben damals am Minimum gelebt und meine Oma, also die Mutter, meiner Mutter, hat mich und meine Schwester von meinem Vater weggeholt. Ich habe etwa eineinhalb Jahre bei ihr gelebt, aber ich wollte wieder zu Papa und seit letztem Jahr, seit er hier unterrichtet lebe ich wieder mit ihm zusammen. Meiner Schwester hat es besser bei Oma gefallen, deshalb ist sie dort geblieben. Aber sie hat bei uns ein Zimmer und in den Ferien ist sie oft bei uns“, erzählt mir Sora sehr intime Dinge. Wow, das ist so traurig. Ich hätte nie gedacht, dass Sora so etwas durchgemacht hat. Er wirkt so heiter, so quirlig, man würde nie vermuten, dass er schon Erfahrungen mit dem Tod hat. „Das mit deiner Mutter tut mir Leid“, flüstere ich. Ich bin froh, dass die anderen kaum auf uns achten, da Romeo wieder am schauspielern ist. „Das mit deinem Vater auch. Es muss schwer sein jetzt schon einen neuen Dad vorgesetzt zu bekommen“, entgegnet Sora. „Oh ja, das is es“, seufze ich und denke wieder an heute Morgen, als Herr Hino an unseren Tisch kommt. „Sora, ich hab ganz vergessen dir zu sagen, dass heute Konferenz ist. Du bist alleine zu Hause, aber wenn du zu Riku willst oder er zu uns kommt ist das okay“, erklärt er seinem Sohn. „Ich darf zu Riku?“, fragt Sora völlig durch den Wind. Herr Hino nickt nur. „Hey, Sora, das ist toll. Ich gehe heute nämlich auch zu ihm“, erkläre ich. „Ach echt?“, ist Sora überrascht. „Roxas warte kurz, ich muss mal mit Sora alleine reden“, bittet unser Lehrer dann seinen Sohn mitzukommen. Als er zurückkommt grinst er wie ein Honigkuchenpferd. „Ach, das Leben ist schön“, findet er und lässt sich auf die Bank fallen. „Heißt das, dass du kommst?“, will ich wissen. Sora nickt nur und geht dann kurz zu Riku. Sie wechseln nur ein paar Worte, ehe Riku schon genauso grinst und Sora erwartungsvoll ansieht. Würde ich es nicht besser wissen, würde ich sagen Riku ist total scharf auf ihn. Die beiden wären aber ein süßes Paar. Schließlich kommt wieder zu mir und wir überlegen schon mal, was wir heute alles machen wollen. Die letzten Stunden vergehen und danach haben wir noch die Auswahlspiele. Jeder Bewerber muss erst einzeln zeigen was er kann und dann in einem Spiel. Diese Prozedur dauert circa drei Stunden. Sora muss doch fast einschlafen, er sitzt auf der Tribüne und guckt gelangweilt zu. Romeo hält sich so was von zurück, in Sport war er tausendmal besser. Es tut ihm weh, aber er ist tapfer. Schließlich werden die Mannschaften verlesen. „Also die zweite Mannschaft besteht aus: Wakka, Tidus, … und Romeo. In der ersten Mannschaft sind Riku, Roxas, … und Mika“, verkündet der Coach. WAS??? Ich bin in der Ersten? Ohhhh cool. „Sind Sie sicher, dass ich in der ersten bin?“, will Mika vorsichtig wissen. „Sicher, Junge, dein Spiel war ausgezeichnet“, erklärt der Coach und erst jetzt fällt mir auf, dass Mika und Romeo gar nicht in eine Mannschaft gekommen sind. Er war dann wohl doch zu zurückhaltend. Als ich mich umsehe, ist Romeo auch schon verschwunden. Oh nein und er war so bedingt darauf mit seinem Freund zusammen zu spielen. Der Arme. „Hast du Romeo gesehen?“, will Mika wissen, als er bei seinem Freudenausbruch seinen Freund vermisst. Ich schüttle mit dem Kopf. Auch in der Umkleide und in der Dusche finden wir ihn nicht. Er tut mir so Leid. Als wir uns am Tor verabschieden, ist Romeo ebenfalls nirgends zu sehen. „Mann, das war jetzt was“, finde ich, als wir zu Riku laufen. „Was denn?“, will der wissen. „Na, Romeo, du Trottel. Er wollte immer mit Mika in einem Team sein, wenn du das nicht weißt“, gibt Sora zurück. „Ach so und ich dachte es wäre was passiert“, sieht Riku die Sache locker. „Es ist was passiert“, entgegnen ich und Sora zugleich. „Mann was habt ihr beiden denn? Romeo muss einfach noch mal zu Coach und vorspielen. Dann sieht der doch, was Romeo kann. Macht halt deswegen jetzt gleich ein Fass auf“, regt Riku sich auf. Mann, er hat ja sogar ne ganz brauchbare Idee. Wow, das hätte ich ihm nie zugetraut. Keiner sagt mehr was, bis wir bei Riku ankommen. Sein Haus ist genauso protzig wie mein neues Heim. Riesiger Garten, Springbrunnen, aufwendige Bauweise, Riesenräume, viele Zimmer, totale Verschwendung! „Was willstn du hier?“, will ich sofort wissen, als ich erkenne, dass Cloud am Tor wartet. „Dich mit nach Hause nehmen“, entgegnet er. „WAS?? Kommt gar nicht in Frage. Ich hab Mama gesagt, dass ich mit hier her komme“, gebe ich zurück. Ich verstehe gar nicht, warum ich nach Hause soll. Mama hat es erlaubt. „Und Papa möchte, dass du zu Hause bist“, erklärt Cloud. „Unser Papa ist tot“, gebe ich wütend zurück. Wie kann der den Trottel Papa nennen? „Weißt du Roxas, wenn das so ist, kommen wir einfach mit zu dir“, findet Riku einen wunderschönen Ausweg und grinst mich an. „Das geht nicht“, ist Cloud sofort dagegen. „Warum nicht, du hast gesagt Roxas soll zu Hause sein, also gehen wir. Die große Villa am Berg, oder?“, will Riku wissen und ich gehe mit ihm und Sora voran. „Mann, ihr habt noch mehr Autos, als Rikus Familie“, staunt Sora, als wir am Fuhrpark vorbei gehen. „Alles nur Verschwendung oder kannst du mehr als eins gleichzeitig fahren?“, frage ich. Sora grinst nur, ehe wir dann an der Tür sind. „Mama, ich hab Freunde mitgebracht“, rufe ich sofort. Cloud schnaubt nur verächtlich. „Freunde? Cloud, was machst du denn? Von deinem Bruder war die Rede, nicht von seinen Freunden“, ist unser neuer Vater schneller da als Mama. „Sie sind einfach mitgekommen“, erklärt mein Bruder. „Hallo, freut mich Sie kennen zu lernen. Ganz schön groß hier, fast so wie bei mir. Ich bin mir sicher hier lässt es sich aushalten. Wie viele Zimmer hat das Haus?“, fängt Riku tatsächlich an mit meinem Stiefvater zu reden. „Was?“, ist der es nicht gewohnt, dass sich jemand so interessiert. „Na, wie viele Zimmer das Haus hat. Meine hat zum Beispiel 58, 18 für die Angestellten und 50 für mich allein“, erklärt Riku und ich weiß, dass er hundertprozentig geschwindelt hat. Unser Haus hat gerade mal dreißig Räume, die der Angestellten nicht mitgezählt, aber das sind eh nicht viele. „Also wir haben 70 Zimmer für uns und 20 für die Angestellten“, übertreibt mein Stiefvater maßlos um vor Riku nicht blöd dazu stehen. Wie armselig, er hat Angst sich vor einem Halbstarken zu blamieren. Wirklich sehr dumm. „Boah, so viele, voll die Verschwendung. Komm Roxas zeig uns mal deines. Du hast sicher einen ganzen Stock für dich“, zieht Riku mich dann mit sich, obwohl er keinen Plan hat wohin er muss. Na ja, er nimmt ganz richtig die Treppe und oben übernehme ich die Führung. „Danke, übrigens“, murmele ich Riku zu. „Nicht der Rede wert. Ich weiß wie es ist einen neuen Papa zu haben“, erklärt er. „Meine Mutter hat sich von meinem richtigen Papa scheiden lassen, als ich zehn war“ „Und dein Papa? Wo ist er?“, will ich wissen. „Keine Ahnung, interessiert mich auch nicht“, gibt Riku gelassen zurück. OMG, das könnte ich nie sagen. Wenn mein Papa weg wäre, als ich zehn gewesen bin, ich wäre gestorben, so sehr hätte es wehgetan. „Ist das jetzt auch die Wahrheit?“, frage ich vorsichtshalber nach. „Ja, ist es. Seine Schwester hat es mir auch erzählt“, antwortet Sora, als wir vor meinem Zimmer stehen. Ich hasse es, es ist viel zu groß. Ich hab mein altes, kleines, leicht schmuddeliges Zimmer geliebt, aber das? Das sieht so total steril aus, es hat keinen Charakter von mir. „Hm, irgendwie sieht es ziemlich leer aus. Bist du überhaupt mal hier?“, will Sora wissen, als er und Riku unschlüssig im Zimmer stehen, da ich immer noch vor der Tür bin. „Eigentlich nur zum Schlafen. Ich hasse den Raum“, erkläre ich. Obwohl es mir da drin an nichts fehlt. Ich hab einen Fernseher, einen Computer und eine Spielekonsole der neusten Generation, dazu noch topmoderne Möbel und ein eigenes Bad, aber es ist einfach nicht das was ich mir wünsche. „Na dann, gehen wir doch wieder“, schlägt Riku vor und wir verlassen das Zimmer. Ich bin froh darüber. „Roxas, seid ihr hier?“, hallt die Stimme meiner Mutter an meine Ohren, als wir gerade die Treppe runter gehen wollen. Sie kommt aus dem Wohnzimmer. „Ahhh, da oben ward ihr. Hallo, ihr beiden. Ihr seid also Roxas Freunde, es ist wirklich schön, dass ihr ihn besucht“, findet sie kommt hoch zu uns. „Finden wir auch. Ich bin Riku und das ist Sora“, stellt Riku die beiden vor. „Es freut uns Sie kennen zu lernen“, fügt Sora noch hinzu. „Freut mich auch. Wollt ihr mitessen? Es ist gleich fertig“, erklärt sie und die Gesichter von Sora und Riku hellen sich merklich auf. Von meinem Stiefvater waren sie wohl nicht unbedingt begeistert. „Also nur wenn es keine Umstände macht“, erklärt Sora. „Ach Quatsch, ihr seid doch sicher vom Basketball geschafft. Wie ist es eigentlich gelaufen, Roxas?“, fällt ihr ein, dass ich auch noch da bin. „Gut, ich bin mit Riku in der ersten Mannschaft. Romeo ist leider nur in der zweiten und Mika ist mit bei uns“, erzähle ich. Von Romeo und Mika hat sie schon letzte Woche so viel gehört. Sie kennt alle Geschichten und sie weiß, dass sie zusammen sind. „Und du Sora?“, fragt Mama. „Ich bin in der Koch-AG. Sport ist Mord, das ist meine Einstellung“, antwortet er grinsend. „Kein Wunder, du hast auch zwei linke Arme und Beine“, findet Riku und ich muss kichern. „Gar nicht wahr“, schmollt Sora und Mama kichert ebenfalls, ehe sie uns alle ins Esszimmer führt. Cloud, mein Stiefvater, Kairi und Naminé sitzen schon am Tisch und warten aufs Essen. „Die Zwei essen nicht mit“, erklärt Eric sofort. „Warum das denn? Wir haben uns doch so nett unterhalten“, findet Riku grinsend und setzt sich frech auf einen Stuhl. Ich sehe gespannt zu meinem neuen Vater, er verzieht keine Miene, sagt aber auch nichts dazu. „Setzt euch ihr beiden“, fordert meine Mutter dann mich und Sora auf. Wir nehmen an Rikus Seiten Platz. Als erstes gibt es Suppe, wie immer, dann kalte Platten und dann noch irgendeinen Nachtisch. Und das mitten in der Woche, voll die Verschwendung. „Ey, Riku, du solltest den Koch hier abwerben. Das schmeckt viel besser, als das Zeug von eurem“, findet Sora und ich muss wieder kichern. „Das hat meine Frau gekocht“, erklärt Eric. „Oh, da wusste ich nicht“, entgegnet Sora. Suppen sind Mamas Spezialität und da lässt sie sich nicht reinreden. „Kann ich Sie trotzdem abwerben? Die Suppe schmeckt wirklich viel besser“, stimmt Riku zu. „Nein, tut mir Leid, ich bleibe hier. Aber ich kann dir das Rezept geben, wenn du magst“, schlägt Mama vor, wobei Sora sofort in schallendes Gelächter ausbricht. „Lieber nicht, dann jagt er sein Haus in die Luft“, erklärt er. „So ein Käse, ich kann kochen“, wehrt Riku sich. „Ja, sicher, du kannst noch nicht mal ne Pizza in den Ofen schieben“, kann Sora sich kaum mehr beruhigen und verschluckt sich schließlich sogar. „Das kommt davon“, erklärt Riku, ehe er Sora auf den Rücken klopft. Ich sehe kurz zu Mama, ehe wir anfangen zu lachen, Kairi und Naminé haben wir schon bald mitgerissen, nur Cloud und mein Stiefvater essen stumm ihre Suppe. Riku und Sora sind zusammen echt süß, sie würden so gut zusammen passen. Es gibt noch ein paar solcher Momente, totaler Heiterkeit und zum ersten Mal bin ich in dem neuen Haus glücklich. Am liebsten wäre es mir wenn Riku und Sora auch hier leben würden. Leider ist es nicht so und leider verabschieden sich die Beiden schon nach dem Essen oder besser gesagt, Riku wollte nicht daran Schuld sein, dass mein Stiefvater von den ganzen Reizen einen Herzinfarkt bekommt. Völlig unmotiviert sitze ich in meinem Zimmer an den Hausaufgaben. Oh Mann, Mathe ist echt Mist. „Roxas, dürfen wir rein kommen?“, klopft es da ein meine Tür und ich höre Kairis Stimme. „Wer ist denn wir?“, frage ich vorsichtshalber nach. Mir ist klar, dass Naminé dabei sein wird, aber ich hoffe Cloud wagt es nicht mich jetzt zu stören. Auf ihn hab ich nämlich grad gar keinen Bock. Der würde sofort vor der Tür landen. „Naminé und ich“, gibt Kairi schließlich zurück. „Dann kommt rein“, lasse ich sie eintreten und sie setzen sich zu mir aufs Sofa. „Riku und der Kleine sind schon wieder weg oder? Wir wussten gar nicht, dass du mit ihm Kontakt hast“, fällt Naminé, ohne jegliche Einleitung mit der Tür ins Haus. „Mit Riku? Warum denn nicht?“, will ich wissen. Sora werden sie wohl kaum gemeint haben. „Na ja, es ist deine Sache, aber es gibt da solche Gerüchte“, entgegnet Kairi. Gerüchte? Über Riku? Reiche Kids haben echt nichts zu tun. „Und was für welche?“, frage ich. Ich werde sie eh nicht glauben. Ich weiß wie Riku ist. „Das eine ist noch ganz harmlos. Also er soll die Angestellten total grausam behandeln und total schikanieren. Sie würden alle in Angst und Schrecken vor ihm leben“, fängt Naminé an. Na ja, dass kann ich nicht bezeugen, aber auch nicht widerlegen, ich bin ja noch nicht bis zu ihm gekommen. Aber ich bin mir sicher, dass Sora das niemals zu lassen würde und was soll daran eigentlich harmlos sein?? „Und das andere?“, erkundige ich mich, als wäre nichts gewesen. „Das andere ist, dass er insgeheim auf Jungs steht und deswegen auch auf deiner Schule ist“, antwortet Kairi, wobei ich sofort los pruste. Die Beiden schauen mich nur perplex an, aber es ist doch ganz schön lustig. Gerücht? Das ist ja die reinste Lappalie. „Riku hat mir heute selber gesagt, dass er nicht auf Jungs steht. Und selbst wenn, was ist so schlimm daran? Ist doch total egal“, gebe ich zurück und kann es selbst kaum glauben. Schwul zu sein halte ich mittlerweile für völlig in Ordnung, ich hab mich da echt total verändert. „Hmmm, dann sind das wohl nur Gerüchte“, resignieren meine Stiefgeschwister, als es erneut klopft. „Roxas, darf ich rein kommen?“, will Mama wissen. „Ja“, stimme ich zu. „Oh, du hast Besuch. Könntet ihr uns vielleicht trotzdem alleine lassen?“, fragt Mama. OMG, ist was passiert? „Klar, wir waren eh fertig. Gute Nacht“, sagen Kairi und Naminé zusammen. „Nacht“, gebe ich noch zurück, ehe die beiden mein Zimmer verlassen. Mama setzt sich nun zu mir und häh? Sie nimmt mich ganz plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung in den Arm. „Aber Mama was ist denn los?“, frage ich völlig verwirrt. „Roxas, wie kommst du eigentlich mit all dem klar? Papas Tod, unser Umzug, Eric, die neue Schule“, zählt sie alle wichtigen Dinge, der vergangenen Monate auf. Was soll das denn? Jetzt ist es zu spät mich zu fragen, wie ich damit klar komme. „Es tut sehr weh, Papa kommt nicht wieder“, flüstere ich, entgegen der Wut, die in mir aufkommt. „Weinst du noch deshalb?“, will sie wissen. „Ab und an“, verrate ich und denke an den ersten Schultag und ein paar vergangene Nächte. „In der Schule auch?“, erkundigt Mama sich. Sie weiß doch irgendwas. „Hat Frau Turner zufällig angerufen?“, stelle ich eine Vermutung an. „Ja, sie hat mir von deinem ersten Tag in der Schule erzählt, aber sei ihr nicht böse, ja? Sie hat es nur gut gemeint“, antwortet Mama. Ich sage nichts, ich bin meiner Lehrerin auch nicht böse. Ich bin froh, dass sich wenigstens einer um mich sorgt. „Roxas, ist es wirklich so schwer Eric zu akzeptieren?“, will Mama wissen, als ich stumm geblieben bin. „So schwer? Es ist unmöglich. Selbst wenn er sich nicht wie ein Diktator aufführen würde. Mein Papa bleibt mein Papa. Niemand kann ihn ersetzen und deshalb werde ich auch keinen anderen akzeptieren. Ich kann ihn tolerieren, aber Akzeptanz ist unmöglich“, erkläre ich und Mama streicht mir durch die Haare. Ich genieße ihre Zuwendung, so was wurde in den letzten Monaten selten. „Wie wäre es wenn wir Samstag nach Hause fahren. Du kannst deine Freunde und Oma wieder sehen und du kannst zu Papas Grab und ihm alles erzählen. Wäre das was?“, bietet Mama an. Wow, das is ja jetzt der Oberhammer, ich darf zurück, wenn auch nur für einen Tag, aber ich darf zurück. „Das wäre sogar spitze. Ich muss sofort alle anrufen. Können wir da Pizza oder so essen gehen? Hm, Mama?“, bin ich sofort total am Planen. „In Ordnung“, stimmt Mama zu und ich bin sofort beim Telefon. Mama will schon gehen, als mir noch was einfällt und ich den Hörer wieder weglege. „Du, Mama, Cloud hat heute Morgen was gesagt. Es war nicht Schönes. Er sagte, Papa wäre ein unnützer Rumtreiber. Das ist doch Unsinn oder?“, will ich wissen. „Was hat Cloud gesagt?“, wird sie total hysterisch. „Na, das eben. Ich will es nicht wiederholen“, entgegne ich. „Na warte, Freundchen“, stürmt Mama aus dem Zimmer und Momente später höre ich den Streit mit Cloud. Na toll, eigentlich wollte ich nur wissen wie mein Bruder auf diesen Stuss kommt und nicht einen Streit anzetteln. Noch unkonzentrierter mache ich die Aufgabe zu Ende. Wahrscheinlich ist sie eh falsch, aber wenigstens steht was da. „Was fällt dir eigentlich ein dich bei Mama auszuweinen?“, schrecke ich fürchterlich zusammen, als Cloud in mein Zimmer donnert. „Ich hab mich nicht ausgeweint. Ich hab nur das gesagt, was du gesagt hast. Jetzt verschwinde, das ist mein Zimmer“, will ich ihn überhaupt nicht sehen. Er schaut mich kurz an, ehe er zur Tür geht. „Willst du wissen, warum er ein Rumtreiber war?“, fragt Cloud, als er inne hält. „Na, erzähl es halt. Es sind ja eh nur Lügen“, gebe ich selbstsicher zurück. „Hm, da wäre ich mir nicht so sicher. Ist dir eigentlich nie aufgefallen, dass du Mama überhaupt nicht ähnlich siehst? Deine weichen Gesichtszüge, die dunkelblonden Haare, deine Statur. Keiner in unserer Familie sieht so aus. Du gehörst nicht zu uns. Du bist ein Kind aus Papas zahlreichen Affären, nichts weiter“, erzählt Cloud, ehe er fies grinsend verschwindet. Aber das bekomme ich schon gar nicht mehr mit. Ich bin nicht Mamas Kind? Sondern von irgendeiner fremden Frau??? Das ist ein Witz, eine Lüge, ganz klar. Aber könnte es nicht sein, dass Cloud Recht hat?? Rein äußerlich passe ich nicht hier her. Meine Haare, meine Augenfarbe, meine Statur, keiner ist wie ich. Unsere ganze Familie ist eher kräftig gebaut und hat hellblonde oder braune Haare und dunkelbraune oder grüne Augen. Und ich? Ich habe dunkelblonde Haare und blaue Augen, dazu bin ich noch total dünn. Dann ist es wohl wahr. Meine Mutter ist nicht meine Mutter, sie hat mich nicht geboren. Ich bin das Kind einer wildfremden Frau und es könnte jede sein. Die Schulköchin, unser Hausmädchen, die Frau beim Bäcker, einfach jede. Wer weiß vielleicht sind wir uns ja schon einmal begegnet, ohne es zu merken. Aber wie geht das eigentlich, dass ich bei Papa gewohnt habe? Normalerweise bekommt die Frau das Sorgerecht. Hat er mich ihr weggenommen? Wollte er mich für sich alleine haben und hat mir so die Chance genommen meine Mum überhaupt kennen zu lernen?? So ein Egoist, so Trottel, so ein unnützer Rumtreiber! Plötzlich steigt in mir die Wut auf meinen Vater. Ich will jetzt gar nicht mehr zu seinem Grab, soll er doch versauern, ich will das Ding nie wieder besuchen. Ich fühle mich so mies. Ich habe keine Familie, gehöre nirgends hin. Papa ist tot und meine Mutter vielleicht auch. Hier mag mich auch keiner. Cloud kann mich nicht mehr leiden und mein Stiefvater hat mich doch von Anfang an gehasst. Zutiefst verletzt sitze ich, meine Beine ans Kinn gezogen, auf meinem Bürostuhl. Tränen steigen in meine Augen, kullern langsam über meine Wangen. Ich fühle mich so allein, so einsam, so verlassen von allen. Ich will nicht mehr, was lohnt es sich überhaupt noch weiter zu machen, wenn man eh nicht niemanden hat? Erschreckt fahre ich zusammen, als plötzlich mein Telefon klingelt. Ich kenne die Nummer nicht und habe auch keine Lust abzunehmen, weshalb ich es auch klingeln lasse. „Hey, Roxas, Romeo hier. Läufst du morgen wieder zur Schule? Ruf mich doch mal an, wenn du zu Hause bist“, höre ich Romeos Stimme nachdem die Bandansage gelaufen ist. Zur Schule? Morgen? Niemals wieder gehe ich dahin, hat doch eh keinen Sinn mehr. An diesem Abend gehe ich weinend zu Bett, nichts lenkt mich von Clouds Sätzen ab. Du gehörst nicht zu uns. Du bist ein Kind aus Papas zahlreichen Affären. Diese beiden Aussagen hallen tausendfach in meinem Kopf wider, als mir nach endlosen Tränen die Augen zu fallen. 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