See the World through my Eyes von cyan_butterfly ================================================================================ Kapitel 1: Der Spiegel ---------------------- Jetzt steh ich hier, betrachte mich. Ist es das, was ich sein wollte? Augen blicken zurück, kalte Augen. Ich betrachte mein Gesicht näher. War es wirklich meins? War das die Person, die ich anscheinend am besten zu kennen schien? Ich erinnere mich, wie du mich traurig ansahst. Gefühlslos, kalt, egoistisch,...so hattest du mich genannt. Ich wollte dir nicht glauben, aber nun seh ich es auch. Meine Selbstsucht hatte mich dahin getrieben, hatte alles zerstört. Nun bin ich allein, habe alles verloren. Doch ich sehne mich nach deinem Lächeln. Ich hatte dich auf der Straße wieder gesehn, konnte meinen Blick kaum von dir wenden. Doch da war sie wieder, die Trauer in deinen Augen, vermischt mit Mitleid. Doch ich habe dein Mitleid nicht verdient. Der Spiegel fühlt sich so kalt an. Ich muss aus diesem Zimmer raus. Ich werde dich suchen. Für dich werde ich mich ändern, denn ich möchte dein Lächeln wiedersehen. Nochmals betrachte ich mein Spiegelbild. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, doch ich scheitere. Das Bild, welches sich mir zeigt, ist grotesk verzehrt. Langsam fließen warme Tränen über meine Wangen. Warme Tränen? Ich zeichne sie mit meinen Fingern nach. Im nächsten Moment habe ich auch schon den Spiegel, welcher meine schlechte Seite wiedergespiegelt hat, zerbrochen. Meine Füße tragen mich aus dem Zimmer, aus dem Haus. Meine Augen suchen ohne Rast und finden: dein Lächeln. Kapitel 2: Ein Gegenstand kann die Welt verändern ------------------------------------------------- Ziellos tragen mich meine Füße über den Asphalt. Der Himmel ist grau. Es regnet. Die Menschenmassen schieben sich durch die Straßen. Doch ich nehme sie kaum wahr. Versunken in meine Musik zieht meine Umgebung an mir vorbei. Eine zerbrechliche Stimme singt zu einem Regentropfen imitierenden Gitarrenspiel und hartem Schlagzeug. Dann plötzlich spüre ich ein Hindernis vor mir . Erschrocken richte ich meinen Blick gezielt nach vorne, erkenne jedoch kein Hindernis. Nun senkt sich mein Blick und ein fröhliches Kindergesicht strahlt mir entgegen. Durch die Freude, die ich sehe, breitet sich in mir eine Wärme aus. Ich muss unweigerlich lächeln, als das Kind mir etwas entgegenstreckt. „Guck mal!“ Ich betrachte den kleinen Gegenstand in seiner zierlichen Hand genauer. Was ist das? Ach ja, eins dieser Überraschungseierfiguren. Lange ist es her, dass ich mir ein Überraschungsei gekauft habe, aber eins weiß ich genau. Ich bin nie wirklich an der Schokolade interessiert gewesen. Nun, sie ist zwar lecker, aber ein Nebenprodukt, den man beim Kauf dieses Schatzes dazubekommt. Denn der wahre Schatz ist die Überraschung, jene kleine Figur. Aber nun würde man mich, volljährig wie ich nun mal schon bin, seltsam anstarren, wenn ich mir ein Überraschungsei kaufen würde und vor Freude Luftsprünge machen würde, wenn ich die Figur erfolgreich aus ihrem gelben Gefängnis befreit habe. Schon wieder habe ich die Realität ausgeblendet und bin mit meinen Gedanken woanders. Daher muss ich ziemlich erstaunt geguckt haben, als mich das Kind wieder anspricht. „Kannst du haben!“, sagt es und streckt mir seine kleine Hand noch mehr entgegen. Zuerst zögere ich, doch dann öffne ich lächelnd meine Hand. Unsere Hände berühren sich kurz, bevor die kleine warme Figur in meine Hände fällt und ich meine Finger sanft um sie lege. Dann wandern meine Augen wieder an die Stelle, wo ich das kindliche Gesicht zu erblicken hoffe, doch es ist nicht mehr da. Das Kind ist seiner Mutter gefolgt und hinter der nächsten Ecke auch schon verschwunden. Jetzt erst merke ich, dass der Sänger in meinen Ohren die letzte Strophe des Liedes singt: „ Der Regen flüstert, morgen wird das Wetter schön.“ „Nein,“ denke ich freudig, „nicht morgen, sondern schon heute.“ Einzelne Sonnenstrahlen haben die grauen Wolken durchbrochen und scheinen auf mein Gesicht. Kapitel 3: Ich bin bei dir -------------------------- Die Tür hinter mir ist zugefallen, ich sitze auf dem Trockenen, ich treibe in der Flut. Sprich zu mir, atme nur, ich will dir antworten, denn sonst hätte ich nichts. Cyrus Atabay Ich sehe dich Eine Rose, die zu verblühen droht In deinen Augen die Verzweiflung Tränen perlen wie Regen von deiner Haut In deinem Herzen ein Verlangen Ein Feuer, das dich fast verbrennt Ein Gefühl, das dich gefangen hält, Dich wie feiner Sand durch meine Finger rieseln lässt, Der sich im Wind verliert Doch wenn du fällst, werd' ich dich auffangen Ich strecke dir meine Hand entgegen Halte dich, flüstere dir zu „Ich bin bei dir.“ Kapitel 4: ein paar Stunden.... ------------------------------- Die große Tasse grüner Tee dampft vor sich hin. Langsam lege ich meine Hände um die Tasse. Sie ist warm - nein- eigentlich heiß, aber angenehm heiß. Ein Ziehen ist an meinen Handflächen zu spüren. Mhh, hatte nicht mal jemand erwähnt, dass sie findet, dass der Geruch vom grünen Tee würde an Noriblätter erinnern? Ich hebe die Tasse zur Nase und atme den Duft ein. Leicht herb. Ja er erinnert irgendwie an Noriblätter. Meine Lippen legen sich an den Rand der Tasse, zucke dann aber doch wieder zurück. Der ist doch zu heiß. Ich beobachte den Dampf, der aus der grünen Flüssigkeit aufsteigt. Mein Blick verschwimmt. Ich hätte meine Kontaktlinsen doch schon rausnehmen sollen. Wie lange habe ich sie eigentlich schon drinnen? Oh, man, schon seit 6.30 Uhr und eigentlich soll man sie höchstens 8 Stunden tragen. Kein Wunder, das ich kaum noch was erkennen kann. Oder liegt es an der Lampe, die ausgefallen ist und ich nun deshalb im Halbschatten sitze, nur weil ich zu faul bin, die Glühbirne auszuwechseln. leicht müde reibe ich meine Augen. Dadurch kann ich natürlich noch weniger erkennen, denn die Kontaktlinsen verrutschen und brauchen wider ein paar Sekunden, bis ich wieder halbwegs sehen kann. Dann kuschel ich mich in meinen Sessel und ziehe meine Beine an. Tja, wenn man so klein ist, wie ich, dann passt man auch ohne Probleme in einen Sessel. Ja, das Kleinsein hat durchaus auch seine Vorteile. Ok, manchmal nervt es, wenn man mit großen Augen angesehen wird, wenn man sein Alter verrät und man am Ende zu hören bekommt, dass die andere Person einen höchstens auf 16 Jahre geschätzt hatte, aber sonst kann man gut damit leben. Bei der Partnersuche hat man auch die größere Auswahl, weil man sich keine Sorgen machen muss, dass der Mann kleiner als einer selbst ist. Außerdem kommen die Leute immer von selber angerannt und wollen einem helfen, wenn man mal wieder vor dem Kühlregal im Supermarkt steht und man verzweifelt rum hüpft, weil man ja unbedingt den Jogurt haben möchte, der sich ganz oben befindet. Zudem bekommt man in der Eisdiele auch immer noch Streusel auf sein Eis. Apropos Eis. Mein grüner Tee ist jetzt auch schon eiskalt. Ich verpasse immer den Moment, wenn der Tee trinkbar ist. Entweder ist er zu heiß oder schon kalt. Also habe ich mich schon langsam dran gewöhnt kalten grünen Tee zu trinken und es schmeckt auch nicht schlecht. Die ganze Zeit spielt Musik im Hintergrund. Ruhige Balladen, leicht orientalisch angehaucht. Eigentlich ungewöhnlich für diese Gruppe, aber jedes Album ist bei denen sowieso ein selbstständiges Werk. Plötzlich ändert sich die Stimmung. der Bass wird schneller, die Gitarren sowieso, das Schlagzeug lauter, der Gesang aggressiver -ein Schrei_. Ich zucke zusammen und erleide fast einen Herzinfarkt. Dann springe ich auf und drehe die Musik leiser, bevor von unten ein Schrei dringt, der den Schrei des Sängers übertönen würde. So und was mache ich jetzt? Unschlüssig starre ich die Wand an. Weiß, leichter türkisstich, Raufaser, etwas Glitzer, mhhh, mir ist wohl wirklich langweilig, so dass ich sogar anfange, die Tapete zu beschreiben. ich greife zur Fernbedienung, schalte die Musikanlage aus und schalte mit der anderen den Fernseher ein. Es summt. Der schwarze Bildschirm flackert kurz auf. Ein Bild erscheint. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)