Ganz bestimmt von konohayuki (Moses centric) ================================================================================ Kapitel 1: Ganz bestimmt ------------------------ Ganz bestimmt Durchdringender Alarm schrillt durch die Forschungsstation auf isländischem Boden. Der Leiter der Einrichtung, Boris, springt von seinem Chefsessel auf und betätigt den Knopf, der ihm direkten Funkkontakt zu den Forschungslaboratorien gewährt. „Was ist los?“, keift er unwirsch in das Mikrofon, welches auf seinem Schreibtisch steht. „Sir, ein Chiropteran, den wir für die Versuche heute vorbereitet haben konnte ausbrechen und läuft nun frei in der Basis herum“, dringt es knisternd aus den Lautsprechern. „Wir haben hier unten alles abgeriegelt, sodass es nur die Möglichkeit hat, sich auf Level C zu bewegen.“ Boris seufzt, dann schaut er zu dem Mann, der sich zusammen mit ihm in seinem Büro befindet und bisher noch kein Wort gesagt hat. „Entschuldigen Sie, Goldsmith-san, dass dieser bedauerliche Zwischenfall ausgerechnet am Tag Ihres Besuches stattfindet.“ Amshel Goldsmith lächelt nur. „Es wäre doch eine gute Gelegenheit zu schauen, wie unsere kleinen Versuchsobjekte in solchen Situationen reagieren“, sagt er. Das Lächeln auf seinem Gesicht wird ein bisschen breiter. Boris schaudert, als er die Miene es Sponsors dieser Forschungseinrichtung beobachtet. „Haben Sie einen bestimmten Sif im Sinn?“, fragt er vorsichtig nach. Er beobachtete, wie sich Amshels Gesicht nachdenklich in Falten legt. „Wie wäre es mit ihm hier“, meint er und hebt eine der Akten hoch, die neben ihm auf einem kleinen Glastisch liegen. Boris zuckt zusammen. Dann jedoch betätigt er erneut den Funk. „Macht Moses einsatzbereit“, spricht er in sein Mikrofon. „Aber … Sir … Er ist doch gerade in Versuch Delta eingebu…“, will der Forscher am anderen Ende der Leitung widersprechen, doch Boris unterbricht ihn. „Es ist mir relativ egal, das hier ist eine Ausnahmesituation“, schnauzt er zurück. „Außerdem wünscht Goldsmith-san es so.“ „I…In Ordnung, Sir“, ertönt es. Dann wird die Verbindung unterbrochen. Schwer atmend lässt Boris sich in seinen Sessel zurückfallen, nur um gleich wieder aufzustehen. „Kommen Sie“, fordert er seinen Besucher auf. „Wir gehen in den Überwachungsraum, von dort auch werden wir genauestens verfolgen können, wie Moses sich schlägt.“ „Moses nennen Sie ihn also“, meint Amshel, als er sich erhebt. „Hoffen wir mal, dass er seinem Namensgeber nicht nacheifert und seine Leute hier herausführt …“ Dann folgt er Boris, welcher schon vorgeeilt ist um ihm die Tür aufzuhalten. Wenn Amshel sich nicht irrt, dann wird dies hier eine sehr interessante Nacht werden … Moses zeigt keine Reaktion, als er den Schlüssel in seiner Zellentür hört. Er hat Durst, unglaublichen Durst. Warum tun sie das? Warum geben sie ihm nicht was er braucht. Sie wissen doch am Besten, dass er darauf angewiesen ist. Auf Blut. Er spürt, dass die Ketten an seinen Armen von der Wand gelöst werden, hört das Geräusch, welches beim Entsichern einer Waffe entsteht. Sie wissen, dass sie ihn damit nicht aufhalten könnten, wäre er in Form. Aber sie wissen, dass er geschwächt ist, geschwächt durch den Mangel an Blut welches er eigentlich zum Überleben trinken muss. Sie ziehen ihn unsanft hoch, schleifen ihn aus seiner Zelle. „Was geht hier vor?“, fragt Moses sich, denn er kennt den Weg, den sie nehmen. Er führt zur Waffenkammer, dorthin, wo seine Sense auf ihn wartet. Plötzlich ist einer der Männer von der Krankenstation da, sticht ihm ohne sonderliche Vorbereitung eine Spritze in die Armbeuge. Er spürt, dass Kraft zu ihm zurückkehrt, doch der unglaubliche Durst nach Blut bleibt. Jemand drückt ihm seine Sense in die Hand, die Ketten an seinen Händen werden endgültig gelöst. Als eine Tür neben ihm ins Schloss fällt wird Moses Sicht klar. „Ein Feind befindet sich in dem Gebiet, in dem du dich befindest, Moses“, hört er plötzlich eine Stimme. Panisch sieht er sich um, er kann niemanden sehen, dem die Stimme gehören könnte. „Such nicht nach mir, Moses“, hört er die Stimme wieder. „Da ist jemand, den du besiegen musst. Wenn du das tust bekommst du, was du brauchst.“ Moses zuckt zusammen, die Drogen, die man ihm verabreicht hat haben ihre Wirkung noch nicht ganz entfaltet. Langsam setzt er sich in Bewegung, zieht die Luft in langen Zügen durch die Nase ein. Ein ganz bestimmter Geruch kitzelt in seiner Nase. Der Geruch von denen, die er schon so oft in dem relativ kleinen Raum, in den man ihn ständig bringt besiegt hat. Auf seinem Gesicht breitet sich ein Lächeln aus. Nur diese eine kleine Sache, dann bekommt er wieder Blut. Amshel beobachtet, den Sif, den sie Moses nennen, als sich ein Lächeln auf dessen Gesicht ausbreitet. „Was ist Versuch Delta?“, fragt er Boris, der neben ihm steht. „Versuch Delta befasst sich damit, wie lange die Sif ohne Blut auskommen können. Wir haben vor ein paar Tagen Moses Blutrationen eingefroren um zu beobachten, was mit ihm passiert.“ Amshel zieht eine Augenbraue hoch. „Viel scheint es ihm ja nicht auszumachen“, meint er zweifelnd. Boris hebt abwehrend die Hände. „Wir haben ihm eine bewusstseinserweiternde und aufputschende Droge verabreicht. Vorher konnte er sich so gut wie gar nicht auf den Beinen halten.“ „Mal sehen, wie er sich schlägt, der kleine Moses …“, murmelt Amshel und wendet seine Aufmerksamkeit wieder dem Bildschirm zu. Moses rennt durch die Gänge, folgt dem Geruch, der sich in seiner Nase festgesetzt hat und welcher ihn schier verrückt macht. Aber er hat das Gefühl, dass das Ding, was er jagt vor ihm flüchtet. Fangzähne blitzen auf, als Moses ein genervtes Knurren von sich gibt. Dann jedoch leuchten seine Augen in einem Anflug von Ekstase auf. Wenn sein Gegner es so will, dann soll es so sein. Sie werden ein wenig Katz und Maus spielen. Und Moses ist sich sicher zu wissen, wer der Jäger und wer das Opfer ist … Seine Schritte werden noch länger, für einen normalen Menschen ist er bei dieser Geschwindigkeit nicht mehr zu sehen. Der Geruch in seiner Nase wird stechender. Inzwischen erkennt er auch die Gegend wieder. Es ist der Teil der Einrichtung, den die Menschen hier Level C nennen. Und er weiß, der Gang, auf welchem er sich genau wie sein Zielobjekt befindet ist eine Sackgasse. Die perfekte Falle und der perfekte Ort für einen Kampf. Denn von hier gibt es kein Entrinnen mehr. Als er um die nächste Ecke biegt, kann er das Monster sehen. Immer wieder erinnert ihr Anblick ihn an die Bilder von Fledermäusen, die er in dem Buch über Menschen gesehen hat. Der größte Unterschied zu den auf den Bildern abgebildeten Geschöpfen ist, dass sie wesentlich blutrünstiger und größer sind und Arme und Beine besitzen. Mit einem unheilvollen Klicken schnappt die Klinge von Moses Sense auf, mit einem Schrei wirft er sich dem Chiropteran entgegen. Dieser dreht sich schneller um als erwartet, doch Moses hält das nicht auf. Er reißt die Sense in die Höhe, will sie auf das Geschöpf vor sich niederfahren lassen. Doch dieses greift nach der Sense, hält sie mit einer Hand spielend leicht fest. Moses Augen weiten sich. Der Blutentzug scheint ihn schlimmer mitzunehmen als er vermutet hat. Er zieht an der Sense, versucht sie wieder an sich zu reißen, aber es gelingt ihm nicht. Dann sieht er die andere Klaue des Chiropteran auf sich zurasen … Ein erschüttertes Keuchen geht durch den Überwachungsraum als Moses gegen die Wand geschleudert wird. Die Sense löst sich aus seinen Händen, der Chiropteran wirft sie achtlos von sich. Amshels Gesichtsausdruck ist milde überrascht. „Der Kampf zweier Monster“, murmelt er leise. „Welches wird sich wohl durchsetzen? So wie es aussieht, wird es wohl ein Kampf um Leben und Tod werden …“ Neben ihm bricht ein kleines Chaos aus, als Boris sich den Platz zum Funkterminal freimacht. „Sofort Karman ausrücken lassen“, bellt er in das Mikrofon. „Wir können es uns nicht leisten Moses zu verlieren.“ „Geht in Ordnung, Sir“, kommt es postwendend zurück. „Ist Moses derart wichtig?“, fragt Amshel. Die Vorstellung bis jetzt überzeugt ihn nicht wirklich. „Er ist das Beste, was wir haben“, antwortet Boris. „Wir hätten wohl von Anfang an jemand anderen nehmen sollen. Aber dass der Blutentzug ihm so zusetzen würde …“ Kurze Zeit später sieht man eine andere Gestalt mit einer Waffe, die Amshel irgendwie an eine Hellebarde erinnert durch die Gänge hasten. Amshel ist gespannt, ob dieser Karman noch rechtzeitig ankommen wird … Schmerz pulsiert durch Moses Arm, als er sich stöhnend von dem Chiropteran weg und zu seiner Sense hin rollt. Er will nicht sterben. Nicht hier, nicht so. Beißender Schmerz durchdringt seinen stark blutenden Arm, als er seine Sense aufhebt. Der Geruch des Blutes lässt ihn taumeln, fast seine Beherrschung verlieren. „Stirb!“, brüllt er, dann beginnt er ohne Rücksicht auf sich in die Richtung des Chiropterans zu schlagen. Ob er trifft oder nicht weiß er nicht, ihm brennt nur noch der Geruch nach Blut in der Nase. Und dann ist da plötzlich Schmerz, grauenhafter Schmerz in seinem Bein. Moses taumelt zurück, dabei ziehen sich die Klauen des Chiropteran aus seinem rechten Oberschenkel. Er geht zu Boden, unfähig noch einmal aufzustehen. „Zu schwach“, denkt er, dann schließt er die Augen. Karman bremst schlitternd etwas ab, um die Kurve vor ihm ordentlich passieren zu können. Das Bild, welches sich ihm dann bietet, lässt ihn erschrocken die Augen aufreißen. Moses liegt am Boden, seine Sense liegt neben ihm. Um ihn herum ist Blut, Moses Blut, wie Karman aufgrund des Geruchs feststellen kann. Der entflohene Chiropteran hat sich über Moses aufgebaut, lässt ein triumphierendes Grollen ertönen. Karmans Augen verengen sich hinter seiner Brille zu Schlitzen, mühsam unterdrückte Wut glimmt in ihnen auf. „Moses“, schreit er, dann stürzt er sich auf das Monster. Ihm als wohlgenährten Sif hat es nicht lang etwas entgegenzusetzen. Ohne sonderliche Anstrengung drängt er den Chiropteran zurück an das Ende der Sackgasse. Er hebt seine Waffe, lässt sie auf seinen Gegner herunterfahren. Blut spritzt, befleckt sein ehemals graues Oberteil. Auch sein Gesicht bekommt einige Spritzer ab. Er wartet, bis er sicher ist, dass der Chiropteran nicht wieder aufstehen wird. Dann eilt er zu Moses. „Moses“, flüstert er leise, dringend. Dieser schlägt die Augen nicht auf, lässt sie weiterhin geschlossen. Sein Atem geht flach, aber trotzdem regelmäßig. Karman empfindet erneut Wut. Auch wenn Moses versucht hat es vor ihnen geheim zu halten, sie alle haben es gemerkt. Sie alle haben das unterdrückte Stöhnen und Wimmern gehört, dass er manchmal von sich gegeben hat. Sie alle haben gewusst, dass er kein Blut mehr bekommen hat. Karman schließt Moses in seine Arme, drückt ihn an sich. Er sieht, dass die Wunden langsam zu heilen beginnen, jedoch viel langsamer als sonst. Plötzlich spürt er, wie der Stoff seiner Kleidung an der Stelle nass wird, an der Moses Kopf liegt. Moses dreht den Kopf, schaut ihm in die Augen. Karman kann Schmerz aus ihnen lesen, aber auch Verlangen. Das unbändige Verlangen nach Blut. Und trotzdem weint Moses. Moses, den sie immer für den Stärksten von ihnen gehalten haben. „Warum, Karman?“, fragt Moses leise. Seine Stimme ist brüchig. „Warum machen sie sowas?“ Karman kann nur mit den Schultern zucken. Er weiß es nicht. Er weiß nur, dass Moses Blut braucht. Und zwar schnell. Kurzentschlossen greift er um Moses Schultern und unter seine Knie, hebt ihn hoch. Er marschiert schnurstracks in die Richtung, in welcher er die Krankenstation weiß. Die beiden Waffen – seine und die von Moses – lässt er bei dem toten Chiropteran liegen. Diejenigen, die kommen werden um den Körper zu entfernen werden auch die Waffen dorthin zurückbringen, wo sie hingehören. Auf halbem Weg kommt ihm ein Sanitätertrupp entgegen, nimmt ihm Moses ab. Eine kleine Gruppe von Soldaten geleitet ihn mit den Waffen im Anschlag zurück in seine Zelle. Kaum hat sich die Tür hinter ihm geschlossen, erheben sich die Stimmen der anderen. „Was haben sie gemacht?“, will Loulou wissen. Ihre Stimme klingt besorgt. „Ihnen ist wohl eins dieser Monster entwischt, und sie wollten wohl, dass Moses es tötet“, antwortet er. „Aber … er war doch …“, vernimmt er nun Irènes Stimme. Karman nickt. Als ihm klar wird, dass die Anderen dies nicht sehen können sagt er: „Ja. Im Moment befindet er sich wohl auf der Krankenstation.“ Banges Schweigen breitet sich aus. Amshel folgt Boris, welcher durch einen der vielen Gänge zu einem Aufzug hastet. Ihr Weg führt zur Krankenstation, dorthin, wo man den halbtoten Sif gebracht hat. Amshel macht sich keine Illusionen, wäre der andere Sif nicht aufgetaucht, dann wäre der Sieger jemand anderes gewesen. Sie müssen kurz auf den Aufzug warten, dann können sie einsteigen. Währenddessen schweigen er und Boris sich an. „Und Sie sagten, dass Moses der Stärkste der Sif ist?“, durchbricht Amshel letztendlich die Stille. Boris nickt. „Normalerweise. Unter diesen Umständen … scheint er seine Fähigkeiten nicht entfalten zu können. Vielleicht sollte ich ihnen eines der Videos zeigen, die wir von seinen letzten Kämpfen gemacht haben …“ Amshel unterbricht ihn. „Nein, ist schon gut“, meint er. Sie erreichen die Krankenstation. „Wie geht es ihm?“, will Boris von einem der anwesenden Ärzte wissen. „Wir haben ihm etwas Blut gegeben, seitdem schreitet seine Genesung unglaublich schnell fort“, gibt der Arzt Auskunft. Gemeinsam mit Amshel tritt er an das Bett, auf welchem Moses mit einigen Gurten befestigt ist. Blut rinnt aus dem Mund des Sif, hebt sich erschreckend klar von der weißen Haut ab. In seine Augen ist Leben zurückgekehrt. „Ich denke, wir können ihn wieder zurückbringen“, meint Boris und wendet sich ab. Amshel tut es ihm gleich und folgt ihm. „Der Besuch war interessant“, denkt er bei sich. Das Geräusch einer sich öffnenden Zellentür versetzt die anderen Sif in helle Aufregung. „Moses“, ruft Loulou. „Ja“, gibt Moses mit noch immer schwacher Stimme zurück. Doch er spürt, dass Kraft in ihn zurückkehrt. Er ist froh noch am Leben zu sein. Und in diesem Moment nimmt er sich vor, dass er nicht mehr schweigen wird. Irgendwann wird er seine Leute hier herausbringen. Ganz bestimmt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)