Remember - R.J.Lupin von SeiKaze ================================================================================ Kapitel 3: Schatten in der Dunkelheit - Part 1 ---------------------------------------------- Es war eine Nacht wie so viele Andere. Es war dunkel und nur die Sterne waren zu sehen. Neumond. Neumondnächte waren Remus die liebsten. Der Tag an dem der Mond die geringste Macht über ihn hatte: nämlich gar keine. Leicht lächelte er und strich mit den Fingern über das glatte Glas der Fensterscheibe. Dort wo er in den anderen Nächten meist den Mond erkennen konnte. Sein Lächeln wurde trauriger, als er schließlich den Blick abwandte und zu den vier Himmelbetten sah, von denen nur seines leer war. Er betrachtete die Deckenhaufen und seufzte leise als sein Blick an Sirius hängen blieb. Sie waren nun schon seit fast drei Jahren zusammen und er liebte seinen Freund wirklich auf eine ganz besondere, eigene Weise. Aber es war nicht mehr die gleiche Liebe wie am Anfang ihrer Beziehung. Er liebte Sirius. Als den besten Freund, den er sich je hatte wünschen können. Doch mehr war da nicht. Nicht mehr. Er wandte den Kopf wieder zum Fenster und starrte nach draußen. Er wollte Sirius nicht weh tun. Aber gerade deswegen durfte er ihn nicht anlügen. Das würde Sirius nur noch mehr verletzen. Minutenlang starrte er hinaus in die Dunkelheit, ehe ihm ein Schatten am Waldrand auffiel. Ein weißer Schatten. Ein weißer Schatten, den er das letzte Mal vor drei Jahren gesehen hatte. Der Wind wehte ihm die Haare aus dem Gesicht und ließ ihn frösteln als er aus dem Schloss trat und die Karte des Rumtreibers in seinem Umhang verstaute. Er hatte niemanden auf der Karte gesehen, aber das musste nichts heißen. Die Karte reichte nur bis zum Rand des Schulgeländes. Bis zum Rand des Verbotenen Waldes. „Louis...?“ Remus lauschte in die Dunkelheit. Der Wind brachte die Äste zum rascheln, doch sonst war nichts zu hören. „Louis?!“ Er fuhr herum, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung sah und ihm ein vertrauter Geruch in die Nase stieg. Doch es war nicht der weiße Leopard, der im Schatten stand. Es war eine dunkle, verhüllte Gestalt. „Louis...?“, fragte Remus vorsichtig und trat einen Schritt auf den Anderen zu. Sein Gesunder Menschenverstand schrie, es nicht zu tun, doch Remus glaubte an Louis. Und er vertraute seinem Geruchssinn, dass das vor ihm Louis war. „Remus...“ Louis Stimme war leise und leicht verzerrt. Ein Zauber, begriff Remus schnell und schluckte. „Louis, was soll die Scharade? Warum versteckst du dich??“ Remus war verunsichert. Sein Verstand schrie nach Flucht. Ihm war es zu unheimlich, zu gefährlich. Doch sein Herz wollte Antworten. „Ich kann mich dir nicht zeigen, Remus. Ich dürfte nicht einmal hier sein... Es tut mir leid. Ich... wollte dich nur noch einmal sehen bevor-„ Louis brach ab und trat einen schnellen Schritt auf Remus zu, ehe dieser überhaupt reagieren konnte. Unter Louis Kapuze herrschte tiefste Dunkelheit als Remus ihn ansah. Doch schwach konnte er die ihm vertrauten grauen Augen erkennen. Es war wirklich Louis. „Warum bist du einfach verschwunden?“ „Vor drei Jahren? Ich war mit der Schule fertig...“, erklärte Louis leise, doch Remus schüttelte den Kopf. „Nicht nur vor drei Jahren, Louis! Damals... im Camp. Du hast mit keinem Wort gesagt dass du gehst! Du warst einfach verschwunden!“ Remus presste die Lippen aufeinander. „Warum hast du mich immer einfach zurückgelassen...?“ Louis senkte den Kopf. „Weil ich keine andere Wahl hatte, Remus. Es tut mir leid... Wenn ich könnte würde ich dich sofort mitnehmen und nie wieder los lassen...“ Der Werwolf schluckte bei diesen Worten und griff schließlich ohne Vorwarnung nach Louis Kapuze. Louis versuchte noch sie festzuhalten, doch Remus war schneller gewesen und starrte nun geschockt auf die blonde Haarmähne und die aristokratischen Züge, die er enthüllt hatte. „Lucius Malfoy...“ Lucius nickte leicht und atmete tief durch, ehe er sich die Kapuze wieder aufzog. „Ich muss gehen. Es tut mir leid Remus...“, wisperte er leise und küsste Remus plötzlich, ehe er sich abwandte und verschwand. Er ließ einen völlig verwirrten Remus zurück. Langsam und immer noch verwirrt schob Remus einige Zeit später die Türe zum Schlafsaal auf und schlüpfte hinein. Er fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. Warum hatte er es nie bemerkt?! Warum hatte er es nie gesehen? Nicht am Frühstückstisch. Nicht in den vielen Momenten, in denen er Lucius irgendwo getroffen hatte. Er war so blind gewesen! Und er verstand es nun. Er verstand was Louis, Lucius, gemeint hatte: Er hatte keine andere Wahl gehabt. Ein Malfoy hatte keine Wahl. Er hatte Möglichkeiten. Und einen Familienweg, den er gefälligst zu gehen hatte. Sie hätten nie eine Chance gehabt. Trotzdem hätte er damals gerne zumindest die Möglichkeit gehabt es zu versuchen. Auch wenn ihre Beziehung von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen wäre. Leise seufzte er und legte seinen Umhang ab, während er begann sich wieder seine Schlafsachen anzuziehen. Er sollte ins Bett. Genau so wie die Anderen musste er am nächsten Morgen früh raus. Doch gerade als er sich wieder in sein Bett kuscheln wollte, regte sich etwas im Bett neben ihm. „Moony bist du das...?“ „Schlaf weiter Pad...“, murmelte Remus leise und kroch unter seine Decke. „Wo warst du denn...?“ „Im Bad. Schlaf weiter Pad...“ Es herrschte einen Moment stille. „Du riechst nach Blumen... Warst du draußen?“ Remus beschloss nicht zu antworten und so zu tun als ob er schlief. Doch der ungewöhnliche Duft hatte Sirius Aufmerksamkeit geweckt. „Du riechst nach... nach...“ Sirius stockte. „Remus, was hast du da draußen gemacht...? Du riechst nach Tod...!“ Remus schluckte und setzte sich langsam auf, ehe er zu Sirius hinüber sah. „...bitte WAS?!“ Sirius schien nicht weniger geschockt zu sein als er selbst. „Du riechst nach Tod Moony... nur schwach... aber ich kenne diesen Geruch... so riecht es bei mir zu Hause immer...“ Nun bemerkt es auch Remus. Es war ein leicht süßlicher Geruch, den er auch bei Lucius wahr genommen hatte und den er schlicht als gegeben hingenommen hatte. „Ich... ich hab gar nichts gemacht... ich...“ „Du warst schon immer schlecht im lügen, Moony...“, murmelte Sirius leise und schälte sich aus seiner Bettdecke, ehe er sich zu Remus setzte und ihn in seine Arme zog. Er knabberte sich etwas nervös auf der Unterlippe herum. „Ich kenne den Geruch irgendwoher, Moony...“ Remus seufzte leise und nickte. „Ich weiß... aber ich kann dir nicht sagen woher... ich habs versprochen Pad...“ Auch Sirius seufzte nun und drückte Remus etwas mehr an sich. „Moony ich mach mir Sorgen um dich... du bist in letzter Zeit so komisch... und jetzt auch noch DAS... Was ist los...? Rede doch mit mir... Hab ich was falsch gemacht?“ Remus musste schwach lächeln und schüttelte den Kopf. „Du hast gar nichts falsch gemacht... Wirklich... Es ist nicht deine Schuld...“ Nein, es war seine. Doch das konnte er Sirius nicht sagen. Nicht in diesem Moment. Doch Sirius ließ es nicht auf sich beruhen. Sanft strich er Remus durch die Haare, ehe er wieder sprach. „Remus…? Liebst du mich noch…? Und keine Lügen! Sag mir die Wahrheit, Remus. Bitte!“ Remus war blass geworden und krallte seine Finger in Sirius Hand. Was sollte er antworten…? Aber sein Schweigen war ja auch eine Antwort, oder nicht? Er schwieg. Und dann… „Nein.“ Langsam schloss Remus die Augen. „Es tut mir leid Sirius… ich… nein… ich liebe dich nicht mehr… nicht auf diese Weise…“ Es blieb still auf seine Worte und es dauerte bis Remus sich traute zu Sirius aufzublicken. Sirius Gesicht wirkte starr wie Stein. „Wie lange schon…?“ „Was?“, fragte Remus verwirrt. „Wie lange schon bist du mit mir zusammen, obwohl du mich nicht mehr liebst?“ Remus schlucke. „Ich… nicht lange… es… ist mir erst vor kurzem klar geworden…“ Er starrte schuldig auf seine Hände und wartete auf Sirius Reaktion. Doch nichts passierte. Erst nach einer ganzen Weile spürte Remus wie er an den Anderen gedrückt wurde und Sirius sein Kinn auf seine Schulter bettete. „…Danke dass du ehrlich warst…“, wisperte er, ehe er Remus los ließ und ohne ein weiteres Wort in sein Bett ging. Remus sah ihm betroffen nach, ehe auch er sich wieder unter seine Decke kuschelte. Doch einschlafen konnte keiner von ihnen. Am nächsten Morgen weckte Remus seine Freunde wie immer. Zuerst Peter, dann James und zuletzt stand er vor Sirius Bett und zögerte. Sie waren nicht mehr zusammen. Das stand diesmal fest. Aber trotzdem… Schließlich riss er sich zusammen und strich Sirius sanft durch die Haare. „Pad… Padfoot… aufwachen…“ Sanft hauchte er Sirius einen Kuss auf die Stirn, als er plötzlich in seine offenen Augen blickte. „Moony…?“ „Es ist Zeit zum aufstehen!“, erklärte Remus plötzlich hektisch und richtete sich auf ehe er sich umdrehte. Doch eine Hand an seinem Handgelenk hielt ihn davon ab zu gehen. Er spürte für einen Moment Sirius Lippen auf seinem Handrücken und sah langsam wieder zu ihm. Sirius lächelte schwach. „…Danke fürs aufwecken, Moony…“, sagte er leise und ließ Remus los. „Kein Problem…“, antwortete Remus schwach und verschwand schließlich im Bad. Es würde schwerer werden als er gedacht hatte… Am Frühstückstisch fiel es James zum ersten Mal richtig auf, dass etwas nicht stimmte. Sirius und Remus saßen nicht wie sonst zusammen auf einer Seite des Tisches, sondern getrennt auf unterschiedlichen Seiten. Um genau zu sein saß sein bester Freund Sirius neben ihm und Remus ihnen gegenüber. James sah verwirrt von einem zum Anderen, doch beide schienen seine Blicke zu ignorieren. Wie jeden Morgen vergrub Remus seinen Kopf eine zeitlang im Tagespropheten, während Sirius begann mit seinem Brötchen zu spielen, doch im Gegensatz zu sonst fingen sie danach nicht das Herumgeflirte an, sondern widmeten sich jeder einer anderen Beschäftigung. „...habt ihr euch schon wieder gestritten?“, fragte James schließlich verwirrt und legte den Kopf schief. „Oder was ist mit euch los? Ihr benehmt euch nicht wie sonst, Leute...“ Sowohl Remus als auch Sirius hatten den Kopf gehoben und sahen James nun an. Dann wechselten sie einen kurzen Blick und Sirius setzte zu einer Antwort an. Zumindest das hatten sie noch drauf. Wortlose Verständigung. „Wir sind nicht mehr zusammen~“, antwortete Sirius schlicht und widmete sich wieder seinem Brötchen, dass mittlerweile die Form einer Schildkröte angenommen hatte und versuchte von Sirius Teller zu kriechen. Sprachlos sah James seinen Freund an, der so tat, als hätte er ihm erzählt, dass er sich am Morgen die Zähne geputzt hatte. Er sah zu Remus und atmete tief durch. „Das ist n Scherz, oder Moony?“ Doch Remus schüttelte den Kopf und antwortete eben so ruhig wie Sirius. „Leider nicht James... es ist die Wahrheit.“ „Aber warum?!“ James verstand es nicht. Seine Freunde hatten sich doch so gut verstanden. Sie waren so ein putziges Pärchen gewesen und hatten einfach zusammen gehört – zumindest seiner Meinung nach. Remus zuckte leicht mit den Schultern und lächelte traurig. „Es hat eben nicht sollen sein... aber keine Sorge... wir sind immer noch Freunde. Wir... brauchen nur etwas Abstand, nicht Pad?“, fragte Remus leise und sah zu Sirius. Es dauerte, bis Sirius reagierte und Remus kurz ansah. „Öh... ja... genau...“, murmelte er und widmete sich dann wieder seiner Schildkröte, die er zurück in ein Brötchen verwandelte. Wieder sah James zwischen seinen Freunden hin und her, ehe er leise seufzte. „Gut... wie ihr meint...“, murmelte er und aß selbst weiter. Da konnte er nichts tun. So wenig ihm das Ganze gefiel, es war nicht seine Entscheidung. Das mussten Remus und Sirius selbst wissen... Trotzdem würde er später mit Sirius reden. Die nächste Zeit war schwer für Remus und Sirius. Remus bemerkte es immer wieder, dass Sirius mit sehnsüchtigen Augen zu ihm blickte. Und er hatte das Gefühl, auch wenn er es sich vielleicht nur einbildete, dass Sirius immer wieder Ausreden suchte um ihn zu berühren. Zumindest anfangs. Bis Sirius eine knappe Woche später mit einem Mädchen an seiner Seite auftauchte. Wie Remus bald bemerkte, war es nur die erste von vielen. „Schau mal Prongs! Da hinten neben Evans ist Erica. Sie winkt uns zu, setzten wir uns zu ihr!“ James grinste bei Sirius Worten und folgte seinem Freund hinüber zu den Mädchen. Auch Remus folgte ihnen, doch weitaus weniger enthusiastisch. Sie liefen hinüber zum See, wo sich Remus schließlich unter einen Baum setzte und sein Buch aufschlug. Sirius und James gingen natürlich weiter. Sie wollten die Mädchen beeindrucken. Leise seufzte Remus und starrte in sein Buch, doch sein Blick wanderte immer wieder hoch zu seinen Freunden. Er war etwas eifersüchtig, das wusste er selbst, weil Sirius nur noch Augen für irgendwelche Mädchen hatte. Aber er konnte es ihm nicht verübeln. Und tun konnte er eh nichts dagegen. Es war ja seine eigene Entscheidung gewesen Sirius von sich zu weisen. Und es war besser so. Trotzdem fühlte er sich ohne Sirius schlichtweg alleine. Leise seufzte er und stand schließlich auf, ehe er sich zum See verzog. Dorthin, wo er sich oft mit Sirius getroffen hatte. Es war angenehmer allein einsam zu sein als einsam unter vielen zu sein... „Hey, Pad, hast du gesehen wo Moony hin ist?“ James drehte sich einmal im Kreis und sah sich um. Doch Remus blieb verschwunden. „Ne... ach der wird schon wieder auftauchen – kümmer dich nicht um ihn!“ James sah überrascht zu Sirius. „Das meinst du jetzt nicht ernst...“ „Warum nicht?“ Sirius zuckte mit den Schultern und sah sich ebenso kurz um. „Er will bestimmt alleine sein... der kommt schon wieder...“ Und damit hatte sich Sirius wieder abgewandt. James sah ihn nur sprachlos an. Er wusste, dass es nicht so war, aber Sirius hatte ihm gerade glaubhaft vorgespielt, dass ihm Remus völlig egal war. Verständlich irgendwo, aber trotzdem sollte einem ein Freund doch nie egal sein... nicht mal wenn er einem weh getan hatte... Ein Rascheln ließ Remus aufhorchen und von seinem Buch in Richtung Gebüsch sehen. „Pad...? Prongs...?“, fragte er vorsichtig, bekam jedoch keine Antwort. Wieder raschelte es. Langsam legte Remus sein Buch weg und tastete mit seiner Hand nach seinem Zauberstab. Irgendwas stimmte hier nicht. Erneut gab es ein Rascheln und das Gebüsch zerteilte sich. Remus riss die Augen auf, doch er reagierte zu spät. Er spürte noch einen scharfen Schmerz, als es auch schon dunkel um ihn herum wurde. Ein Aufschrei schreckte die Schüler aus ihrer Lethargie. Eines der Mädchen deutete zitternd in Richtung See, an dem eine schwarz verhüllte Gestalt gerade im Verbotenen Wald verschwand und sich in nichts auflöste. Die Ersten begannen nach kurzem wieder zu reden und Gerüchte begannen den Umlauf zu machen. Wo war dieser Kerl hergekommen? Und was hatte er gewollt? „Meinst du, er hat uns beobachtet?“, fragte Sirius nachdenklich und sah zum See, ehe er grinste. „Komm, Prongsie, lass uns nachschauen!“ Auch James grinste und nickte, ehe er sich gemeinsam mit Sirius durch die Schülerschaar quetschte. Doch noch bevor sie den See erreicht hatten, wurden sie von einer Gruppe Lehrer aufgehalten. Allen voran McGonagal und Madame Pomfrey, die die Kinder hektisch beiseite scheuchten. „Zurückbleiben! Aus dem Weg!“ Madame Pomfrey verschwand hinter einem Gebüsch und man hörte sie fluchen, ehe sie schon kurz darauf mit einer reglosen Gestalt auf ihrer magischen Trage wiederkam. „Aus dem Weg!“, keifte sie erneut und schirmte den Schüler auf der Trage so gut es ging gegen Blicke ab. Sirius streckte sich, um zu sehen wer dort auf der Trage lag. Ihm kam die Statur irgendwie bekannt vor... Schließlich drehte er sich zu James, der ungewöhnlich blass aussah. „Hast du gesehen wer das war Prongs? Eine deiner Flammen?“ James nickte zuerst, ehe er den Kopf schüttelte und schluckte. „Moony...“ „Mister Black, nun reißen sie sich doch endlich zusammen und seien sie leise!“ Es waren Worte, die Remus nur am Rande seines Bewusstseins wahrnahm und ihn lächeln ließen. Sirius machte also wieder Ärger... „Moony...?“ Er spürte, wie jemand nach seiner Hand griff und sie sanft drückte. „Moony... wach doch auf... bitte...“ Eine zweite Hand legte sich um die seine und drückte sie gegen weiche, warme Haut. Er spürte etwas Feuchtes... Tränen...? „Nicht... nicht weinen...“, murmelte er und drückte leicht Sirius Hand. Er fühlte sich schwummrig. Es war dunkel... also hatte er die Augen zu, nicht? Er öffnete die Augen langsam. Die Dunkelheit blieb. „Moony! Gott sei dank, du bist aufgewacht!“ Remus blinzelte und nickte zögerlich. „Was ist passiert...?“, fragte er leise und rieb sich mit der freien Hand über die Augen. „Das würden wir auch gerne wissen... wir haben nur jemanden wegrennen sehen... schwarz vermummt und so...“ Sirius seufzte und umarmte Remus heftig. „Ich hatte solche Angst um dich...“ Remus lächelte und lehnte sich etwas in Sirius Arme. „Danke...“, murmelte er und schloss die Augen wieder. Sie schmerzten... und er bekam Kopfschmerzen. „Ist alles okay, Moony? Die Pomfrey meinte, du hättest irgend nen schwarzen Fluch abbekommen...“ Remus schüttelte den Kopf. „Ich hab Probleme mit den Augen...“ „Warte, ich hole Madame Pomfrey...“ Doch Remus hielt Sirius fest. „Warte noch... bitte...“ Er spürte wie Sirius zögerte, ehe er doch sitzen blieb und Remus einfach fest hielt. Remus musste noch einige Tage im Krankenflügel bleiben, bis es ihm und seinen Augen besser ging. Seine Freunde besuchten ihn jeden Tag – vor allem Sirius. Ein Gutes hatte der Angriff eben doch gehabt: Sirius versuchte nicht mehr, sich von ihm fern zu halten. „Weißt du, James benimmt sich manchmal mehr wie ein Hund als du, Pad...“ Remus saß zusammen mit Sirius unter einem Baum und lernte, während James um Lily Evans herumscharwenzelte. „Findest du? Naja... ich würde auch lieber flirten als lernen...“ Sirius zuckte mit den Schultern. „Du würdest wahrscheinlich lieber lernen als flirten, stimmts?“ Remus zog eine Augenbraue nach oben und sah zu Sirius. „Ich dachte, du kennst mich besser, Pad“, erwiderte er mit einem leichten Schmunzeln und sah wieder auf seine Notizen. „James ist wirklich verliebt, mh? ...Dann sollte er aufhören Severus zu ärgern... DU im übrigen– “ „Ich im übrigen auch, jaja ich weiß...“ Sirius seufzte und sah zu dem Anderen. „Muss ich wirklich...?“ „Ja, Pad! Das habe ich dir schon so oft gesagt! Severus– “ „Ist Evans bester Freund, ja ich weiß...“ Diesmal war es Remus der seufzte. Sirius konnte zwar seine Sätze vollenden, aber zu Herzen nahm er sie sich nicht. „Komm, lies dir endlich das Tränkekapitel durch, Pad. Deswegen sitzen wir doch hier...“ Sirius grinste gequält. „Jaja, ich mach ja schon... »Für diesen Trank brauchen sie...«“ „Und ich kann dich wirklich nicht dazu überreden mit mir auszugehen?“ James hatte Lily in einem der Gänge abgefangen und hielt ihr eine etwas zerrupfte Rose hin. „Potter, ich habe dir schon oft gesagt, dass ich NICHT mit dir ausgehen werde!“, erwiderte Lily entnervt und schob James beiseite. „Und jetzt lass mich in Ruhe – ich habe im Gegensatz zu dir etwas sinnvolles zu tun!“ Damit verschwand sie in der Bibliothek, aus der Remus gerade heraus kam. „Du bist schon wieder abgeblitzt?“ „Irgendwann wird sie ’Ja’ sagen!“, erklärte James voller Zuversicht, während Remus ihm sanft auf die Schulter klopfte. „Vielleicht solltest du aufgeben?“ James schüttelte heftig den Kopf. „Niemals!“ „Okay... das musst du wissen.“, erwiderte Remus und zuckte mit den Schultern. „Ich gehe jetzt zu Madame Pomfrey. Wir sehen uns später, ja?“ Doch James schien gar nicht mehr richtig zuzuhören. Er war schon auf dem Weg in Richtung Gemeinschaftsraum. Leise seufzte Remus und schüttelte den Kopf, ehe er sich zum Krankenflüge auf machte. Es würde ihn nicht wundern, wenn James diese Nacht nicht kommen würde. James betrat mit einem leisen Seufzen den Schlafsaal und ließ sich auf sein Himmelbett sinken. Wieder war er gegen eine Wand gerannt. Wieder war er bei Lily abgeblitzt. Dabei meinte er es bei ihr als einziges ernst. Das bewies schon alleine seine Ausdauer. „Oi, Prongs! Alles okay?“ Sirius ließ sich neben seinen Kumpel fallen und sah zu ihm runter. „Du siehst deprimiert aus...“ „Bin ich auch Pad“, seufzte James und schloss die Augen. „Bin ich auch...“ „Evans?“ „Japs...“ Eine Weile Schwiegen sie beide. „Woran lags denn diesmal?“ James zuckte mit den Schultern. „Sie wollte eben nicht... und wird wohl auch nie wollen...“ Er seufzte gequält. „Vielleicht sollte ich aufgeben...“ „Ach quatsch! Aufgeben ist eindeutig die falsche Idee... Ich wird mir was überlegen okay?“ Sirius grinste seinen Kumpel an und warf dann einen Blick auf die Uhr. „Oh, schon so spät?“ Er sprang auf und sah auf James hinunter. „Wir treffen uns gleich bei Moony! Hab noch was zu erledigen!“ Damit verschwand er aus dem Raum. Remus saß auf einer alten Matratze und starrte aus dem Fenster der Heulenden Hütte. James saß nicht weit von ihm entfernt an einem staubigen Klavier und drückte auf den Tasten herum. Sie warteten. Einerseits auf Sirius und andererseits auf den Vollmond. „Vielleicht könnte ich sie mit dem Klavier beeindrucken...“, murmelte James schließlich nachdenklich und klimperte einhändig eine kleine Melodie. „Du kannst doch gar nicht spielen, James...“ Remus sah zu seinem Freund und legte den Kopf schief. „Oder hast du es dir beibringen lassen?“ „Nee... von wem denn auch?“ James seufzte. „Sirius kann spielen...“ „Ernsthaft?“, fragte James verblüfft und sah zu Remus. „Wusste ich gar nicht...“ Remus nickte leicht. „Er spielt sogar richtig gut... Er hat mir öfter vorgespielt. Als wir noch zusammen waren...“ Er schwieg einen Moment, ehe er leise seufzte. „Ich würde ihn gerne wieder spielen hören...“ Nachdenklich blickte Remus aus dem Fenster in die Dunkelheit, ehe er erschauderte und nach Luft schnappte. „Es geht los, Prongs...“, wisperte er und krallte seine Finger in seine Arme. Sein Körper begann zu zittern, die Muskeln dehnten sich und Remus keuchte auf vor Schmerz. Er merkte kaum, wie James neben ihm seine Gestalt wechselte. Er war mit seiner eigenen Verwandlung beschäftigt. Damit, wie seine Haut riss, sein Bewusstsein langsam schwand. Und Sirius hatte es ja anscheinend auch nicht mehr geschafft. Ein leises Quietschen streifte den Rand seines Bewusstseins und er hob den Kopf zur Türe. Er brauchte einen Moment, doch dann weiteten sich seine Augen erschrocken, als er erkannte wer da stand. „Severus...“ Der Name ging in einem tiefen Knurren unter als Remus endgültig die Kontrolle verlor. Das Knurren steigerte sich zu einem Heulen und der Werwolf streckte sich, ehe er sich dem erstarrten Severus Snape zuwandte. Fast im gleichen Moment rammte sich ein großes Geweih in seine Seite und schleuderte ihn in eine Ecke. James schnaubte und stellte sich zwischen Severus und seinen Freund, als hinter ihm ein schwarzer Hund angeprescht kam und mit wedelndem Schwanz neben ihm hielt. Am liebsten hätte James Sirius getreten, aber er brauchte ihn um Remus in Schach zu halten. „Kümmer dich um Remus!!“, fauchte er Sirius an, kaum dass er sich zurückverwandelt hatte, ehe er sich umwandte und zu Severus lief, der wie zur Salzsäule erstarrt in der Türe stand und sich nicht rührte. „Verdammt steh da nicht so dumm herum Snivellus! Raus hier!!“ Mit diesen Worten packte er Severus Handgelenk und rannte mit ihm zum Geheimgang. Er hörte hinter sich Sirius jaulen und fluchte, aber das hatte sein Freund sich selbst zuzuschreiben! Was hatte er sich nur dabei gedacht?! Vor sich hin fluchend schob er Severus in den Geheimgang und schubste ihn weiter, ehe er im nächsten Moment seinen Zauberstab zückte und Severus einen Vergessensfluch in den Rücken jagte. Er konnte nicht darauf vertrauen dass dieser kleine Schleimer ihr Geheimnis für sich behielt – eher im Gegenteil. Wieder hörte er hinter sich ein jämmerliches Jaulen und kniff einen Moment die Augen zusammen. Dass er Sirius mit Remus alleine ließ gefiel ihm ganz und gar nicht... Aber es ging nicht anders. Unsanft schob er Severus weiter durch den Tunnel bis zur peitschenden Weide und aus deren Reichweite, ehe er ihm ins Gesicht sah. „Verschwinde Snivellus! Sofort!“, fauchte er den entsetzten Jungen an, ehe er sich umwandte und wieder in Richtung Weide lief. Er musste unbedingt zurück zu Sirius und es war ihm verdammt egal, was Snape nun denken mochte. Der Vergessenszauber hatte ihn ja genau getroffen, also gab es hoffentlich keine Probleme mehr... Schon im Tunnel wechselte er wieder seine Gestalt und gallopierte mit gesenktem Kopf die Treppe hinauf in die Hütte. Es war still, als er unter der Treppe hervortrat und das beunruhigte ihn sehr. Langsam trabte er in Richtung des Zimmers, in dem er Sirius und Remus zurück gelassen hatte und lauschte seinen eigenen Schritten auf den Holzdielen. Sie knarrten leise, aber ansonsten hörte man nichts. Es war viel zu ruhig. Plötzlich krachte es ein Stockwerk über James laut und sein Kopf ruckte nach oben. Wieder lauschte er in die erneute Stille und hörte schließlich ein Jaulen – ob von Remus oder Sirius konnte er im Moment nicht sagen. Aber das war ihm auch egal. Keines von beidem war gut. Mit etwas Mühe lief er die Treppen nach oben und stieß mit seiner Schulter eine der Türen auf. Ein erneutes Aufjaulen begrüßte ihn zusammen mit einem Bild, das ihn unter seinem Fell blass werden ließ. Sirius hielt sich nur noch mit Mühe aufrecht und knurrte den Werwolf an, der ihn in eine Ecke gedrängt hatte. Es stand nicht gut für ihn, konnte er doch anscheinend sein linkes Hinterbein nicht mehr belasten. James trampelte mit den Hufen gegen die Holzdielen um die Aufmerksamkeit des Wolfes auf sich zu ziehen und gab ihn im nächsten Augenblick einen Tritt vor die Brust, der Remus zurückstolpern ließ. Vorsichtig und Wachsam schob sich James zwischen Remus und Sirius und warf einen besorgten Blick zu dem Hund, der nun auf dem Boden zusammensackte und leise wimmerte. Das war eben Sirius Strafe dafür, Severus in die Heulende Hütte gebracht zu haben... Er hatte es verdient, auch wenn es James in der Seele weh tat. Denn Remus würde sich dafür sicherlich am nächsten Morgen selbst zerfleischen. Er hatte nie jemandem wehtun wollen. Und erst recht nicht seinen Freunden. Ein Knurren brachte James dazu sich wieder auf den Werwolf zu konzentrieren. Es tat ihm wirklich leid. Aber Remus würde nun erst einmal zur Räson gebracht werden müssen. Und das war seine Aufgabe. Als Remus diesmal aufwachte, hatte er ein schlechtes Gewissen und er wusste nicht einmal, warum. Irgendwas war doch gewesen... Seine Verwandlung und – „Severus!“ Er schreckte auf und saß im nächsten Moment kerzengerade auf der Matratze. Er war alleine in der Heulenden Hütte. Wo war James?? Unruhig stand Remus auf und schlang seinen Umhang enger um sich, ehe er das Zimmer verließ. Es war völlig ruhig in der Hütte und es war niemand zu sehen. Also sollte er wohl in den Krankenflügel? Remus zögerte und wandte sich nur langsam in Richtung des Tunnels. Was wenn er Severus angefallen hatte...? Aber... James war ja da gewesen, nicht? Sicherlich hatte sein Freund ihn im Zaum gehalten... Darum tat ihm wahrscheinlich auch die Seite so sehr weh... Trotzdem. Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl... Remus riss sich zusammen und kletterte hinunter in den Tunnel. Der Weg bis zur peitschenden Weide kam ihm länger vor als normal, aber das war sicher nur Einbildung. Er drückte den Knoten am Fuße der Weide, um sie zur Ruhe zu bewegen, und fröstelte dank der frischen Morgenluft. Sie war klar, wie so oft nach Vollmond. Eigentlich liebte er diese Morgen, wenn alles vorbei war. Doch heute hatte er Angst. Angst dass etwas passiert war, was er nicht rückgängig würde machen können. Die Schule war leer als er sie betrat. Es war noch zu früh für die meisten Schüler um zum essen zu gehen, auch wenn es schon Frühstück gab. Und auch die Lehrer ließen sich meist erst später am Frühstücksbankett blicken. Darum traf man in den Gängen niemanden an. Auch das hatte Remus nach Vollmonden immer genossen. Jetzt erschien es ihm unheimlich. Sein Schritt beschleunigte sich allmählich, bis er schließlich den Gang hinab zum Krankenflügel rannte. Kaum dass er an den breiten Flügeltüren angelangt war riss er sie auf und blieb leicht keuchend im Türrahmen stehen. Auch hier erwartete ihn Schweigen. Remus schluckte und ließ seinen Blick durch den Raum gleiten. Niemand war da, aber am anderen Ende des Zimmers war eines der Betten von einem Vorhang verdeckt. Langsam trat er nach drinnen und zuckte leicht zusammen, als sich hinter ihm die Türen mit einem deutlich hörbaren ’Klack’ schlossen. Einen Moment starrte er auf die zugefallene Pforte, ehe er sich erneut dem Raum zuwandte – und im nächsten Moment etwas zurück schreckte. „Da sind sie ja, Mr. Lupin!“ Madam Pomfrey war aus ihrem Büro gekommen und lief in ihrem gewohnt geschäftigen Gang auf sie zu. „Setzen sie sich, setzen sie sich, ich habe sie schon erwartet, mein Junge.“ Sie scheuchte Remus auf eines der Betten und begann ihn kundig zu untersuchen, ehe sie die Prellungen und Kratzer die Remus abbekommen hatte, verarztete. Remus hielt still und beobachtete die Krankenschwester. Sie schien sich nur für seine Wunden zu interessieren, doch plötzlich, als hätte jemand sie gerufen, sah sie von Remus Wunden auf, in Richtung des verborgenen Bettes. „Einen Moment, mein Junge, ich bin gleich wieder bei ihnen.“, versprach sie Remus und verschwand hinter dem Vorhang. Neugierig und immer noch etwas ängstlich sah Remus ihr nach und versuchte einen Blick auf den- oder diejenige zu erhaschen, der hinter dem Vorhang lag. Er erkannte nicht viel: Nur das weiße Bett und schwarze, lange Haare... Das konnten viele sein. Das musste nicht sein Freund sein. Das musste nicht Sirius sein... Remus war bleich geworden und starrte nun unentwegt auf den Vorhang, wartete, dass Madam Pomfrey wieder zurück kam und ihn vom Gegenteil überzeugte. Es dauerte einen Augenblick, ehe sich der Vorhang diesmal etwas weiter zur Seite schob und Remus einen Blick auf ein blasses, ihm wohlbekanntes Gesicht freigab. „S...Sirius...“ Madam Pomfrey wandte ihren Blick in Richtung Remus, ehe sie sich mit der freien Hand gegen die Stirn schlug und den Vorhang hinter sich wieder zu fallen ließ. „Sie wissen davon ja noch gar nichts, nicht wahr, mein Junge? Mr. Black hat sich anscheinend mit einem der Knallrümpfigen Kröter für ihre Pflege magischer Geschöpfe Stunde angelegt. Aber machen sie sich keine Sorgen, er ist im nu wieder auf dem Damm.“, versicherte sie dem blassen Jungen mit einem Lächeln. „Gehen sie schon mal hinunter zum Frühstück. Ich schicke ihren Freund gegen Mittag nach.“ Remus nickte nur stumm und immer noch blass, ehe er sich langsam erhob und in Richtung Türe torkelte. Er hatte Sirius verletzt... Er hatte ihn sogar so sehr verletzt, dass er sich nicht gerührt hatte, als Madam Pomfrey zu ihm gesehen hatte. Langsam trat er hinaus auf den Gang und wandte sich, statt den Gang hinunter zur Großen Halle zu gehen, in die Andere Richtung. Er wollte in den Griffyndorturm, er wollte in sein Bett. Er wollte gerade am liebsten sterben. „Es war nicht deine Schuld, Moony... Remus... jetzt hör mir doch mal zu! Sirius hat es nicht besser verdient, okay?! Wenn er Snivellus in unser Versteck führ ist das wirklich das Allerletzte! Und er hat seine Bestrafung bekommen!“ James versuchte vergeblich das Häuflein Elend neben sich aufzumuntern. Schon die ganze Stunde redete er leise, aber energisch auf Remus ein, der ihm nur halbherzig zuzuhören schien. Nicht einmal sein geliebter Unterricht schien seinen Freund heute aufzubauen. Wie er es erwartet hatte. James seufzte leise und fuhr sich mit der Hand durch die Haare – eine Geste, die er sich schon vor langer Zeit angewöhnt hatte, da seine Haare sowieso machten was sie wollten, weswegen sie oft in seine Stirn hingen und seine Sicht blockierten. Er wusste nicht, was er tun konnte, um es seinem Freund leichter zu machen. Er hatte Remus die Gründe genannt, warum er schlussendlich gesagt hatte, dass Sirius selbst Schuld war. Er hatte Remus gesagt, dass er Sirius als Hund gebissen hatte und sein Freund darum nicht zum Werwolf werden würde. Er hatte Remus gesagt, dass Sirius bald wieder auf den Beinen wäre. Vergebens. „Du konntest nichts tun Moony...“, versuchte es James nun erneut und zuckte zusammen, als ein Zauberstab wie ein Rohrstock neben seinen Fingern auf das Pult donnerte. „Konzentrieren sie sich bitte auf meinen Unterricht, Mr. Potter! Ihre Privatunterhaltung kann auch noch danach stattfinden.“ „Ja Professor...“, murmelte James etwas kleinlaut und wartete nur einen Moment, bis die Luft wieder rein war, ehe er erneut begann auf Remus einzureden. „Man, hab ich einen Hunger!“ Sirius ließ sich grinsend zwischen Remus und James sinken und sah von einem zum Anderen. Remus vermied es ihn anzusehen, James kaute seufzend auf einer Kartoffel herum. „...ihr seht aus wie drei Tage Regenwetter... was ist denn los?“ James warf ihm einen leicht genervten Blick zu. „Moony hat ein neues Hobby: sich selbst zerfleischen, weil er dir weh getan hat“, antwortete er trocken und sah zu Remus, der seine Hände leicht zu Fäusten ballte. „Ich hätte dir sonst was antun können! Ich... ich habe dir schon so viel angetan... Pad... es... es tut mir leid...“ Remus Stimme versagte und er schluckte schwer. Einen Moment starrte Sirius ihn verdattert an, ehe er Remus sanft einen Arm um die Schulter legte. „Hey... mir geht es doch gut Moony... ich... das war meine eigene Schuld, okay? Prongs hat schon recht... das warst nicht du...“ Wie schon so oft bewirkten Sirius Worte bei Remus wunder. Er entspannte sich langsam und sah dann etwas gequält zu Sirius auf. „Aber ich hab–“ „Du hast gar nichts Moony. Es war meine eigene Schuld... Ich war derjenige der Snivellus mit in die Hütte gebracht hat... und ich habs verdient dafür ein paar Kratzer abzubekommen, okay?“ Sirius grinste und wuschelte Remus durch die Haare. „Denk nicht drüber nach Moony... es ist alles okay...“ „Potter...“ Remus und Sirius wurden aus ihrem Gespräch gerissen, als neben ihnen eine sanfte, aber zögerliche Stimme sprach. Auch James hob überrascht den Kopf. „Evans!“ Lily nickte etwas und strich sich mit einer nervösen Geste einige Haare hinters Ohr. „Ich wollte mich bei dir bedanken Potter...“ Und sie wollte es schnell hinter sich haben. James blinzelte verdutzt und sah dann fragend hinüber zu Sirius und Remus. Das konnte doch nur ein Scherz sein... „...bedanken?“, fragte James darum noch einmal verwirrt nach und sah Lily wieder an. „Severus... hat mir erzählt was du für ihn getan hast... er sagte du hast ihm das Leben gerettet...“ James Augen leuchteten auf und er war sofort zwei Zentimeter größer. „Naja... ich konnte ihn ja schlecht bei- Au! Pad, das hat weh getan!“ Noch bevor James sich verplappern konnte, hatte Sirius ihm in die Seite geknufft und sah ihn nun mit einem kurzen nicken zu Remus ernst an. James blickte zu Remus, ehe sich seine Augen weiteten und er wieder zu Lily sah, die das ganze skeptisch beobachtete. „Ich-... ich konnte ihn ja schlecht in so einer Gefahr schweben lassen...“, setzte er seinen Satz etwas schwach fort und grinste Lily an. Lilys Augenbraue wanderte nach oben und sie ließ ihren Blick über die drei gleiten, ehe sie seufzte. Der nächste Satz schien ihr schwer zu fallen... „...auf jeden Fall hast du etwas gut bei mir Pott–“ „Ein Date!“ James hielt den Atem an. Lily verzog zwar kurz das Gesicht widersprach jedoch nicht. „Nächstes Wochenende, Hogsmead?“, fragte James hoffnungsvoll weiter und Lily nickte leicht. „Aber nicht dass du auf die Idee kommst mich in den Eberkopf auszuführen!“ Sie sah James ernst an, doch der strahlte ihr nur entgegen, bis sie sich mit einem leisen Seufzen abwandte und zu ihrem Platz zurück ging. Immer noch strahlend drehte sich James zu Remus und Sirius um und grinste. „Danke Pad!“ Die Große Halle war wie jeden Morgen brechend voll mit Schülern, die vor den ersten Unterrichtsstunden etwas zur Stärkung in den Magen bekommen wollten. Es war die Zeit kurz vor den Prüfungen, in denen das hektische Treiben die Luft elektrisierte, genau so wie es die rauschenden Flügelschläge der Eulen jeden Morgen taten, wenn sie die neuesten Nachrichten brachten. Wie an jedem Morgen tauchten die Eulen auch an diesem Tag pünktlich zum Frühstück auf und verteilten ihre Post: Der Tagesprophet, Briefe, Päckchen... Auch Remus bekam einen Brief. Doch noch bevor er ihn öffnen konnte, war einen Tisch weiter ein erstickter Schrei zu hören und ein Mädchen brach in den Reihen der Ravenclaws schluchzend zusammen. Stille kehrte in den Saal ein und Remus warf einen fragenden Blick zu seinen Freunden. Schulternzucken waren die einzigen Antworten die er bekam, zumindest, bis Lily ganz blass ihren Tagespropheten in die Reihen der Marauders schob. „Das ist Emily Greyson... lest den Artikel...“, flüsterte sie und deutete auf einen Abschnitt, dessen zugehöriges Bild ein zerstörtes, in Flammen stehendes Gebäude zeigte. Remus schluckte und zog die Zeitung näher zu sich her, ehe er den Artikel überflog und nun selbst an Farbe verlor. „Oh mein Gott... Das arme Mädchen...“ Die Überschrift des Artikels verriet schon den Großteil des Nachfolgenden Textes in dicken, schwarzen Lettern: ’Angriff auf Zaubererfamilien – Erneut der Dunkle Lord?’ Auch James und Sirius studierten mit ernsten Gesichtern den Text, ehe James aufatmete. „Niemand aus meiner Familie dabei...“ Er sah fragend zu den Anderen. Remus schüttelte den Kopf doch Sirius düsteres Gesicht verriet ihnen, dass etwas nicht stimmte. „Sirius?“ „Mein Großcousin ist gestorben...“, antwortete Sirius, ehe er tief durchatmete. „Er war einer der Angreifer...“ Stille breitete sich an ihrem Tisch aus und Remus legte Sirius eine Hand auf den Arm. „Du hast mit deiner Familie doch nichts mehr am Hut, Pad! Immerhin lebst du jetzt bei mir!“, warf James energisch dazwischen. „Trotzdem war es ein Black... kapierst du das nicht James? Mein Name Brandmarkt mich...“ Leicht schüttelte er den Kopf und atmete tief durch. „Du dürftest doch mit am besten wissen, dass mir meine Familie gestohlen bleiben kann... trotzdem ist es meine Familie. Und das wird mir immer wieder irgendjemand unter die Nase reiben.“ Remus und James tauschten einen kurzen Blick aus. Sie wussten beide, dass Sirius höchstwahrscheinlich recht hatte. Und es behagte ihnen so ganz und gar nicht. „Ach was, die werden deinen Großcousin ganz schnell vergessen haben, wirst schon sehen“, versuchte James es erneut mit einem aufmunternden Grinsen, doch Sirius so ungewohnt ernster Blick ließ es schnell verschwinden. „Du hast den Artikel nicht wirklich gelesen, oder Prongs?“ Er schob James die Zeitung wieder entgegen. „Und jetzt zähl mal. Wie oft kannst du den Namen Black lesen?“ Es war eher eine rhetorische Frage. Der Name Black strahlte einem im letzten Absatz geradezu entgegen. James warf einen Blick auf den Artikel und seufzte, ehe er zu einer Antwort ansetzte. Doch eine andere Stimme unterbrach ihn. „Mister Black. Der Direktor möchte mit ihnen reden.“ Sirius war schon oft in Direktor Dumbledores Büro gewesen, doch noch nie hatte es einen anderen Grund als seine Streiche gegeben. Diesmal war es einmal mehr seine Familie, die ihn in Schwierigkeiten gebracht hatte. Wie schon so oft stand er vor dem Tisch des Direktors und begegnete dem Blick des alten Mannes. Sie sahen einander an und schwiegen, bis Dumbledore schließlich das Wort ergriff. „Es ist ungewöhnlich sie so still zu sehen, Mister Black“ „Gewöhnlich stehe ich auch nur wegen mir selbst vor ihnen. Diesmal ist es wegen meiner Familie, nicht wahr?“, fragte Sirius gefasst und beobachtete die Reaktion seines Gegenübers. Der Direktor schien genau so ruhig zu sein wie er, doch Sirius war nur äußerlich ruhig. Innerlich tobte ein Sturm an Gedanken. Seine Familie konnte ihm alles kaputt machen… Er wusste, dass Dumbledore gegen den Dunklen Lord war. Das war allgemeinhin bekannt. Und die Blacks waren für ihn. Auch das wusste jeder. Nur Sirius fiel aus dem Rahmen... Das wusste Dumbledore. Hoffte Sirius zumindest. „Ich habe sie hierher rufen lassen, weil ich sie etwas fragen möchte, Mister Black.“, begann Dumbledore das Gespräch ruhig weiterzuführen und fixierte dabei Sirius Blick. „Es ist mir bekannt, dass sie bei Mister Potter Unterschlupf vor ihrer Familie gefunden haben, darum ist diese Frage auch eine rein formelle Sache. Ich will ihre Antwort aus ihrem eigenen Mund hören: Sind sie für oder gegen den Dunklen Lord?“ Ein Grinsen huschte für einen Moment über Sirius Lippen, ehe er leise auflachte und den Kopf schüttelte. Er hatte etwas Ähnliches erwartet… aber trotzdem erleichterte ihn diese kleine Frage ungemein. Wenn es nichts Anderes war, was der Direktor von ihm wollte, war er schneller wieder aus dem Büro draußen, als er Quidditch auch nur denken konnte. „Da sie selbst sagen es ist nur eine rein formelle Sache, werden sie meine Antwort sicherlich schon kennen.“, entgegnete Sirius, nach einem Moment und erwiderte Dumbledores Blick, der immer noch abwartend auf ihm lag. „Ich bin gegen ihn. Ich verstehe es nicht wie meine Familie –... Nein falsch. Ich VERSTEHE, wie meine Familie ihm folgen kann. Ich kenne ihre Ideale und ich muss sagen, dass sie mir einfach nur verdammt gegen den Strich gehen. Genau aus diesem Grund bin ich ja bei James gelandet...“ Als er verstummte blieb es einen Moment still. Noch immer ruhte der nun forschende Blick des Direktors auf ihm, ehe der Magier schließlich nickte und sich lächelnd zurücklehnte. „Ich hätte nichts anderes von ihnen erwartet, Mister Black.“, sagte er sichtlich zufrieden und blickte Sirius über die Ränder seiner Brille hinweg an. „Danke dass sie mir meine Vermutung bestätigt haben. Wenn sie wollen, können sie sich noch ein Zitronenbrausebonbon nehmen, ansonsten... gibt es noch etwas was sie mir sagen wollen?“ Sirius schüttelte den Kopf und griff dann mit einem leichten Schmunzeln wirklich nach einem der ihm angebotenen Zitronenbonbons. „Dann wünsche ich ihnen noch einen schönen Tag.“ Sirius nickte auf den Gruß und erwiderte ihn, ehe er sich umwandte und das Büro verließ. Er hatte mehr erwartet... hatte er sich also umsonst Sorgen gemacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)