Remember - R.J.Lupin von SeiKaze ================================================================================ Kapitel 1: Begegnungen im Schnee -------------------------------- „Nun komm schon, Remus... Papa hat sich solche Mühe gegeben, damit du hierher kannst.“ Remus seufzte leise und trottete neben seiner Mutter in Richtung des Camps, in dem er die nächsten drei Wochen verbringen würde. Er fühlte sich immer noch erschöpft vom letzten Vollmond, so dass er das Geburtstagsgeschenk seiner Eltern gar nicht richtig genießen konnte. Eigentlich hatte er sich auf das Camp gefreut nachdem seine Eltern ihm davon erzählt hatten. Doch nun, zwei Tage nach seiner letzten Verwandlung, war er einfach nur müde. Das Camp begrüßte sie schon am Eingang mit einem freundlichen Banner und fröhlichen Farben. Dahinter wartete ein kleiner Platz auf sie, der von unterschiedlich verzierten Hütten umrundet war und auf dem sich die ankommenden Kinder und deren Eltern sammelten. Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, bis Remus Mutter eine Betreuerin gefunden hatte, mit der sie sich angeregt zu unterhalten begann. Sie wollte wissen, was ihren Sohn nun wirklich erwartete und sichergehen, dass er es im Camp gut hatte. Remus lauschte den Erklärungen der Betreuerin nur halbherzig und begann stattdessen lieber damit sich umzusehen. Die bunten Hütten zogen seine Aufmerksamkeit auf sich, ebenso wie die Kinder die davor standen. Es war auffällig, dass sie meist in kleinen Grüppchen zusammenstanden und fröhlich miteinander lachten. Er schien der Einzige zu sein, der noch niemanden kannte. Aber das wunderte ihn nicht. Leise seufzte er und sah wieder zu seiner Mutter, ehe er langsam am Rand des Platzes entlangging und die Hütten dabei näher betrachtete. Jede Hütte hatte ihr eigenes Schutztier und je nach dem Schutztier waren sie angemalt worden. So zeigte die erste Hütte zum Beispiel einen Hasen, der an einer Blume schnupperte und sie nur einen Augenblick später abfraß. Magische Bilder eben. An der Türe der Hütte hing ein Schild, auf das zwei Namen geschrieben waren. Auch die anderen Hütten sahen ähnlich aus: ein Schutztier, dass sich auf dem Holz der Gebäude bewegte und ein Schild mit zwei Namen. Nur seinen Eigenen hatte er noch nicht entdeckt. „Remus? Komm bitte mal her, diese nette Dame zeigt uns deine Hütte!“ Die Stimme seiner Mutter riss ihn aus seinen Gedanken und er sah zur anderen Seite des Camps, ehe er lächelte. „Bin schon da Mum!“ Er wollte nicht, dass seine Mutter sah, dass er Angst hatte, darum lächelte er. Sie sollte denken, dass es ihm hier gut gefiel. Sie und sein Vater hatten sich solche Mühe gegeben ihm diese Ferien zu ermöglichen. Und da er ein Werwolf war, war das sicher alles andere als leicht gewesen. Sie hatten bestimmt lügen müssen... Also lächelte er, als er bei seiner Mutter ankam und ergriff die Hand, die sie ihm entgegenstreckte, ehe sie der Betreuerin hinter die Hütten folgten. Es gab noch einen zweiten Platz mit Hütten. Die Hütte, die die Betreuerin ihnen zeigte schien kein Schutztier zu haben. Oder zumindest zeigte es sich nicht, als sie vor der Türe standen und die Betreuerin aufschloss. Auch das Schild mit den Namen war noch leer und innen in der Hütte standen bisher nur Remus Sachen. Also war er doch wieder alleine. Enttäuscht ließ sich Remus auf sein Bett sinken und starrte das zweite, leere Bett auf der anderen Seite der Hütte an. Er hatte keinen Mitbewohner? Und auch bei dem Schutztier war er sich nicht so sicher. Vielleicht war die Hütte neu und hatte darum keines. Dabei hätte er doch ein wenig Schutz und Gesellschaft gebrauchen können. Gerade er... „Nun lass den Kopf doch nicht hängen, Remus...“ Seine Mutter ging vor ihm in die Hocke und strich ihm über die Wange. „Melinda meint, dass alle Plätze im Camp besetzt sind. Dein Zimmerpartner kommt sicherlich nur etwas später.“ Sie lächelte ihren Sohn an, der das Lächeln schwach erwiderte. „Ist schon okay Mum. Selbst wenn ich mir mit niemandem das Zimmer teile, ich werde bestimmt Spaß haben.“ Er wollte nicht, dass seine Mutter sich Sorgen machte. Deswegen verstellte er sich. Das konnte er mittlerweile gut. Seine Eltern machten sich immer so viele Sorgen, dass er versuchte sie irgendwie davon zu befreien. „Du kannst mich ruhig hier alleine lassen Mum. Ich werde mein Geburtstagsgeschenk genießen!“ Seine Mutter drückte ihn, ehe sie ihm einen Kuss auf die Stirn hauchte. „Du bist schon so erwachsen mein Engel... dabei bist du doch erst sieben... Ich hab dich lieb mein Schatz...“ Wieder lächelte Remus. „Ich hab dich auch lieb Mum...“ Sie lächelte und nickte, ehe sie sich erhob und ihm erneut einen Kuss auf die Stirn gab. „Dann viel Spaß die nächsten drei Wochen! Und schreib mir ja eine Eule, wenn etwas nicht in Ordnung ist!“ Remus begleitete seine Mutter noch bis zur Türe seiner Hütte und verabschiedete sich dort von ihr. Er fühlte sich ohne sie etwas allein gelassen zwischen all den fremden Kindern. Aber das würde er ihr sicherlich weder sagen noch schreiben. Sie machte sich schon genug Sorgen um ihn. Als sie endgültig hinter den Hütten verschwunden war, wandte er sich um und sein Blick fiel auf das Schild an seiner Hütte. ‚Remus Lupin’ stand dort. Mehr nicht. Und irgendwie glaubte er nicht daran, dass sich das in den nächsten drei Wochen ändern würde, auch wenn er es dennoch hoffte. Doch Remus Vermutung bestätigte sich. Kein zweiter Name schrieb sich unter seinen. Das Schild blieb leer. Natürlich versuchte er mit den Anderen Kindern zurecht zu kommen, doch da sie sich immer in Zweierpaaren sammelten, war er meist das fünfte Rad am Wagen. Trotzdem hatte er Spaß – zumindest ein wenig. Er unterhielt sich mit den Betreuerinnen und machte bei den Spiel- und Bastelangeboten im Camp mit. Aber immer wieder zog es ihn hinter die Hütten in Richtung Wald. Dort war es wunderbar Still bis auf die leisen Geräusche der Natur und seine knirschenden Schritte im Schnee. Kein Kindergelache, kein Geschrei oder ähnliches. Nur das leise Rauschen der kahlen Bäume. Es ließ ihn Ruhig werden... und den Campaufenthalt überstehen. Außerdem fand er immer irgendwas Interessantes mit dem er sich beschäftigen konnte. Einmal sah er ein Reh, ein anderes Mal zwei weiße Hasen, die ihn ebenso neugierig aus einem Schneehaufen heraus beobachteten wie er sie. Und ein weiteres Mal sah er etwas, das ihn stutzen ließ. Er war zu einem seiner Lieblingsplätze gegangen, die er nach der ersten Woche gefunden hatte: ein kleiner verschneiter Steinstrand versteckt am See in der Nähe des Camps. Doch diesmal war ihm jemand zuvor gekommen. Ein Junge, der etwas Älter als er selbst zu sein schien, saß gedankenverloren am Ufer und starrte hinaus auf den See. Irgendwie kam Remus dieser Junge bekannt vor. Lange, blonde Haare, zarte Züge, ein blasses Gesicht... Ein Ast knackste unter seinem Fuß und schreckte den anderen Jungen auf. Ein skeptischer Blick traf Remus und brachte ihn zum Schlucken. Es brauchte einen Moment, bis er scheu lächelte und dem Anderen winkte. Eine dumme Geste, wie ihm im nächsten Moment bewusst wurde. Trotzdem wurde sie von einem verdutzten Jungen erwidert. Langsam ging Remus zu ihm und ließ sich neben ihn sinken. Er blickte auf den See hinaus und sah dann kurz zu dem Anderen. „Ist das hier auch dein Lieblingsplatz? Ich hab dich im Camp noch nie gesehen... Wie heißt du?“ Ihm lagen noch viel mehr Fragen auf der Zunge, doch sein Gegenüber schien schon mit diesen drei zu ringen. „Ich... ich bin Lu- ...Louis Malloy... Und ich wohne nicht direkt im Camp sondern im Haupthaus... das wollten meine Eltern, als sie die Hütten gesehen haben.“ Der Blonde musterte Remus erneut. „Und du? Wer bist du?“ Remus lächelte, als der Andere ihm antwortete. Louis erinnerte ihn an sich selbst. Die gleiche ruhige Ausstrahlung. Und die gleiche Einsamkeit. „Ich bin Remus Lupin. Ich wohne in der Hütte ohne Schutztier... Was ist denn?“ Immer noch sah Louis ihn unverwandt an, ehe er etwas ertappt seinen Kopf in Richtung See wandte. „...die Hütte hat ein Schutztier. Es zeigt sich nur nicht Tagsüber. Es ist ein Wolf...“ Verdutzt sah Remus den Anderen an, ehe er schwach zu lächeln begann. Welche Ironie... ein Wolf also. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke. „Woher weißt du das?“, fragte er verwirrt, als Louis ihn entschuldigend ansah. „Ich hätte mit dir in der Hütte sein sollen Remi-... Remus. Entschuldige...“ Remus schwieg einen langen Moment. „Das macht nichts, Lu... Darf ich dich Lu nennen? Louis ist so lang...“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und sah sein Gegenüber an. „Wir können uns ja trotzdem treffen oder? So wie jetzt. Dann ist keiner von uns alleine.“ Auch Louis lächelte nun und nickte. „Sehr gerne!“ Ab diesem Tag trafen sich die beiden Jungen immer wieder. Sie wanderten zusammen durch den verschneiten Wald, saßen zusammen am See und unterhielten sich fröhlich. Remus war endlich wieder richtig glücklich. Das war er seit Jahren nicht mehr gewesen. Seitdem er seinen Sandkastenfreund verloren hatte. Remus fühlte sich bei Louis wohl. Sie hatten die gleichen Interessen, oft die gleichen Gedanken und Ideen und immer mal wieder schlief er lächelnd an Louis gekuschelt in der schwachen Frühlingssonne ein. In diesen restlichen zwei Wochen hatte er viel über Louis erfahren. Louis wollte wenn er groß war Künstler werden. Schon jetzt hatte er viele Bilder gemalt, die Remus einfach nur toll fand. Doch Louis fand sie selbst nicht sehr gelungen. Und auch seine Eltern schienen der Meinung zu sein. „Was hast du nur für komische Eltern...“, meinte Remus leise, als er wieder einmal mit Louis am See saß und beobachtete wie er zeichnete. „Ich finde deine Bilder toll... ich habe noch nie etwas Schöneres gesehen.“ Diese Worte brachten Louis zum lächeln. „Achja...? Willst du das Bild haben?“ Remus sah mit großen Augen zu seinem Freund auf. „Du würdest es mir wirklich geben?“ „Natürlich. Schließlich bist du mein größter Bewunderer. Mein einziger Bewunderer...“ Louis zeichnete noch einige Striche, ehe er das Bild mit einem Datum versah und an Remus gab. „Hier.“ Das Bild zeigte den See, an dem sie gerade saßen. An dessen Ufer lag ein kleiner Drache. Er hatte sich mit geschlossenen Augen an ein Wolfsjunges gekuschelt und lächelte zufrieden. Remus stockte der Atem. Er sah zu Louis auf und dann wieder auf das Bild. „Warum hast du einen Drachen und einen Wolf gezeichnet...?“, fragte er leise. Er hatte Louis doch gar nicht erzählt, dass er ein Werwolf war! Oder war es wegen der Hütte? Wieder sah er seinen Freund an. Louis hatte sich Zeit gelassen mit der Antwort und wippte etwas mit dem Kopf. „Naja... Der Drache bin ich... oder will ich zumindest irgendwann sein. Und der Wolf bist du.“, erklärte er leise und lächelte etwas. „Ich weiß nicht... du erinnerst mich eben einfach an einen Wolf. Du hast oft so traurige Augen... und deine Haare kitzeln ganz weich an meiner Wange, wenn du dich an mich lehnst. Wie das Fell bei einem Wolf.“ Er zuckte etwas mit den Schultern. „Stört es dich denn?“, fragte er leise und sah Remus an. „Ich kann dir auch etwas anderes zeichnen...“ Doch sofort schüttelte Remus den Kopf. „Nein! Ich... ich finde das Bild wunderschön... und es passt zu uns.“ Er lächelte Louis lieb an. „Du bist mein Drache... und ich dein Wolf.“ Damit konnte er sehr gut leben. „Ich will dir auch etwas geben!“, erklärte Remus nach einem Moment der Stille plötzlich und überlegte etwas, ehe er sich umsah. Ganz in der Nähe wuchsen in einer kleinen, schneelosen Nische einige Schneeglöckchen, von denen er sich eines pflückte und dann in seiner Manteltasche kramte. Diesmal war er froh bei einer der Bastelstunden im Camp mitgemacht zu haben, denn kaum, dass er das Schneeglöckchen mit etwas Zauberstaub bestäubt hatte, wurde es in einen kleinen Würfel Bernstein eingeschlossen. Und mit einem weiteren griff in seine Tasche, förderte Remus auch ein Lederband zutage, das er als Kette für den Bernstein benutzte. „Hier, damit du mich nicht vergisst!“, erklärte er mit einem Strahlen, als er Louis die Kette hinhielt. Es dauerte einen Moment, bis Louis die Kette vorsichtig in seine Hände nahm und sie erstaunt betrachtete. „Wow... die ist schön...“, flüsterte er und band sie sich schnell um den Hals, ehe er Remus ehrlich anlächelte. „Vielen Dank Remi.“ Der Abend kam und Remus musste wieder zurück zu seiner Hütte. Bald würde es für ihn wieder heißen ab nach Hause. Doch nun war es genau umgekehrt wie zu Anfang. Er wollte nicht gehen. Und wenn er schon gehen musste, dann wollte er Louis wenigstens wieder sehen können. Darum kam er am nächsten Tag extra früh zum See und sah sich nach seinem Freund um. Noch war Louis nicht da, aber er war sich sicher, dass er bald kommen würde. Er würde einfach warten. Doch als man vom Camp schließlich die Rufe zum Abendessen hörte, war sich Remus nicht mehr ganz so sicher... Wo war sein neuer Freund? Wo war Louis? Enttäuscht trottete er zu den Hütten zurück und setzte sich zu den Anderen zum Abendessen. Doch ihm war gar nicht so richtig nach Essen. Auch an den letzten beiden Tagen wartete er auf Louis, doch sein Freund blieb einfach wie vom Erdboden verschluckt. Nur das Bild mit dem Drachen und dem Wolf bewies ihm, dass er nicht geträumt hatte. Das Bild und seine Erinnerung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)