Eine fröhliche Seele von Jael-chan ================================================================================ Kapitel 1: Besuch ----------------- Immer noch sein Frühstück essend, breitete Silyas die Karte von dieser Gegend auf dem Holztisch aus. Das Rascheln ließ die Leute wieder argwöhnisch in seine Richtung blicken. Zum Glück war das Gasthaus heute nicht so voll wie am vorigen Abend, denn es würde wohl noch eine Weile dauern, bis er sich an diese Blicke gewöhnt hatte. Sofort kam ihm wieder der Gedanke, wie sie wohl reagieren, wenn er seinen langen dunklen Mantel ablegen würde und er musste grinsen. Sie wären vermutlich nicht mehr so furchtsam und misstrauisch ihm gegenüber, doch angucken würden sie ihn trotzdem. Außerdem gab es immer Leute, die ihn nicht ernst nahmen und solang niemand sein Gesicht sah, hatten sie wenigstens Respekt vor ihm, was wollte er mehr. Er widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Karte vor ihm. Es war nicht mehr weit bis zum Hof von Onkel Aivars, wenn nichts dazwischen kam würde er schon heute nachmittag ankommen. Silyas freute sich jetzt schon Aivars wiederzusehen, denn es war schon ein paar Jahre her, seit sein Onkel sie das letzte mal besucht hatte. Daher packte er die Karte wieder weg, aß schnell auf, nahm seine Tasche und den Bogen und verließ das Gebäude. Nachdem er das kleine braune Pony aus dem Stall geholt hatte, setzte er seinen Weg fort. Die Sonne stand schon strahlend am Himmel und es waren kaum Wölkchen zu sehen. Das verbesserte Silyas Stimmung noch mehr. Vorgestern hatte es so geregnet, dass er komplett durchnässt und nicht richtig vorangekommen war. Er hatte zwar das Pony dabei, doch seine Mutter hatte es so sehr mit Wein beladen, dass es unmöglich war zu reiten. Wieder musste er grinsen, als er daran dachte, wie sehr Onkel Aivars ihren Apfelwein doch liebte. Wie vorhergesehen erreichte er am späten Nachmittag den Hof von Onkel Aivars. Es sah alles fast genauso aus wie seine Mutter es ihm beschrieben hatte. Gerade als er mit dem Pony zum Eingangstor kam, sah er Aivars, der mit zwei Eimern voll Futter über den Hof lief. Sein Onkel bemerkte ihn nicht gleich und blickte ihn nur verwundert an. Da nahm Silyas die Kapuze seines Mantels herunter, sodass ihm ein paar Strähnen seines rosafarben Haars ins Gesicht fielen. Sofort hellte sich Aivars Miene auf und er kam dem Jungen freudig entgegen. „Silyas mein Junge, schön das du endlich da bist“, begrüßte er ihn, „Wir haben uns wirklich lange nicht gesehen. Du bist aber...“ Onkel Aivars stockte und Silyas musste lachen. Zu gut kannte er die Floskel seines Onkels. Anscheinend störte es ihn auch nicht, dass er kein Kind mehr war. Jedes Mal, wenn sie sich sahen musste er bemerken wie groß sein Neffe doch geworden war. Das Problem war nur, Silyas war nicht groß. Er ging seinem Onkel nicht mal bis zur Brust. Früher hatte es ihn geärgert, dass er nicht so groß war wie die anderen, doch inzwischen war das anders. Seit er seine Flügel hatte wusste er schließlich wieso er so viel kleiner war: Er hatte Feenblut. (Rylan hatte sogar einmal scherzhaft festgestellt, dass Silyas genaugenommen viel zu groß war, denn die Blütenfeen in den Geschichten waren nie größer als Glockenblumen gewesen.) Außerdem waren es jetzt die anderen die ihn beneideten. Wer hätte nicht schon gerne ein paar Flügel, mit denen man fliegen konnte? „Ich freue mich auch, dich wieder zu sehen, Onkel Aivars“, entgegnete er freudig. Da fiel Aivars etwas auf: „Sag mal Junge, wolltest du nicht mit deinem Freund zusammen herkommen?“ „Doch, aber Rylans Vater ist krank geworden, da musste er da bleiben“, meinte Silyas betrübt, wurde dann aber sofort wieder fröhlich, „Schau mal, was Mutter mir für dich mitgegeben hat!“ Er wies auf das vollbeladene Pony, das inzwischen anstallten machte zu der grünen Wiese zu laufen. „Du meine Güte, da hat Kaela es aber mal wieder gut mit mir gemeint. Aber nun komm doch erst mal rein und bring dein Pony in den Stall. Die lange Reise war doch sicher anstrengend.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)