Drachenkind von maidlin ================================================================================ Kapitel 14: Ohne ihn... ----------------------- Hände berührten sie. Der Stoff auf ihrer Haut verschwand. Dann folgte Wasser. Um sie herum waren Menschen, die sie nicht kannte und keinerlei Bedeutung für sie hatten. Nichts hatte mehr eine Bedeutung. Aber das war alles was sie wahrnahm. Annie hörte keine Stimmen, kein Plätschern des Wassers in der Schüssel. Sie sah die Menschen vor sich und sah sie doch wieder nicht. Sie hatten keine Gesichter, bewegten sich verschwommen. Sie waren grau. Alles war grau. Und sie spürte nichts. Weder die Kälte des Wassers, noch die Berührungen der Kammerfrauen oder die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut, die durch das verglaste Fenster schien. Sie nahm auch nicht wahr, wie sie sie wieder ankleideten oder ihre Haare – nun frisch gewaschen und gekämmt – herrichteten. Annie wusste nur, dass es geschah. Mehr nicht. Sie wusste nicht einmal was geschehen war. Warum war sie an diesem Ort? Warum taten sie das mit ihr? Wo war er? Ihre Augen blickten immer noch gerade aus, suchend, als könnten sie ihn jederzeit entdecken. Als würde er jeden Augenblick zu ihr kommen und sagen, dass er nur kurz im Wald gewesen war, so wie er es immer getan hatte. Er würde sie in die Arme schließen, sie aus diesen unergründlichen leuchtend blauen Augen ansehen und sie würden sie wieder mit sich reisen. Dann würde er sie küssen. Irgendjemand schob sie zu einem Stuhl auf den sie gesetzt wurde. Danach schlossen sich irgendwo Türen. Verschwommen nahm sie war, dass eine Frau sie aus ausdruckslosen, leeren und toten Augen anstarrte. Unablässig, mit blassem Gesicht und noch blasseren Lippen. Annie blinzelte. Irgendetwas an ihr kam ihr bekann vor, als würde sie sie kennen. Doch als sie schließlich erkannte, wer sie anstarrte, erschrak heftig. Es schien als würde sie mit einem heftigen Ruck in die Welt zurückgerissen. Sie hatte in ihr eignes Spiegelbild gestarrt. War es dieses Bild, welches er die ganze Zeit gesehen hatte? Wie hatte er sie so lieben können? Kein Wunder, dass er gegangen war. Sie schlug die Hände vor das Gesicht, um die Tränen zu bändigen, die sich ihren Weg bahnen wollte. Doch plötzlich hielt sie inne und erstarrte abermals. Es genügte nur ein winziger Augenblick, um sich daran zu erinnern, wie es sich anfühlte, wenn sie mit ihren Fingern über seine glatte Haut strich und dabei die feinen Narben spürte, die ihn zu ihr geführt hatten. Sie würde es nicht wieder fühlen. Zaghaft wanderten ihre zitternden Finger zu ihren Lippen und berührten diese. Sie schmerzen noch und erneut überflutete sie die Erinnerungen an seine süßen Küsse. Nie wieder würde sie ihn küssen dürfen. Ihre Fingerspitzen strichen über ihr Gesicht: von ihrer Stirn, ihre Wange entlang zu ihrem Kinn, dann ihren Hals hinab, über ihr Schlüsselbein und ihre Schultern. An all diesen Stellen hatte er sie geküsst. Auf ihrem Schlüsselbein verhaarten ihre Finger länger. Dort waren seine Lippen länger verweilt. Als sie den Kragen des Kleides ein wenig zur Seite schob, sah sie dass er einen Beweis hinterlassen hatte. Ihre Finger, die Gerade noch seinen Kussmund berührt hatte, wanderten wieder zu ihrem Mund und sie küsste ihre eigenen Fingerspitzen, als wäre er es, den sie dadurch küsste. Annie ließ die Hand in ihrem Schoß sinken. Dort legte sie sie sich auf den Bauch, wo sie sich augenblicklich verkrampfte. Nie würde sie ihn wieder so spüren, wie in der letzten Nacht. Nie wieder würde er ihren Körper und ihr Herz ausfüllen. Nie wieder würde sie in seinen Armen liegen und sich beschützt fühlen. Ihr Körper krümmte sich vor Schmerz. Langsam und leise schlich sich die Erkenntnis von ihrem Verstand ihn ihr Herz und wieder zurück, schien sie zu überrollen und ihr die Luft zum Atmen zu nehmen. Es war vorbei. Alles war vorbei. Sie würde ihn nicht wieder sehen. Sie war allein. Ihre Lippen bebten und ein Zittern erfasste ihren Körper. Wieso nur hatte er das getan? Wieso war er einfach so gegangen? Wieso hatte er ihr nichts gesagt? Wie hatte er das tun können? Hatte er sie wirklich nicht geliebt? Hatte sie sich alle nur so sehr gewünscht, dass sie die Wahrheit nicht gesehen hatte? Annie fuhr zusammen, als die Türen sich geräuschvoll öffneten. Sie drehte den Kopf und sah zum ersten Mal den Ort an dem sie sich befand. Sie saß vor einem Spiegel, vor dem eine kunstvoll verzierte Kommode aufgestellt war. Darauf standen ein Wasserkrug und eine Waschschüssel. Auf einem kleinen Hocker daneben lag ein ordentlich zusammengefaltetes Handtuch. Dann realisierte sie, dass meterhohe Mauern sie umschlossen. Sie sah flüchtig einen Wandteppich auf der gegenüberliegenden Seite. Davor stand ein runder Tisch mit zwei Stühlen. Ihr zur linken stand ein riesiges Bett, dessen Vorhänge mit golddurchwirkten Kordeln an den einzelnen, vier dunklen und reichlich mit Ornamenten verzierten Pfosten befestigt waren. Davor stand eine ebenso prächtige Truhe. Ihre Augen hatten die Tür erreicht. Doch die Person, die sie sah, kannte Annie nicht. Kurz wurde ihr bewusst, dass sie niemanden kannte. Es war ein fremder Mann, der nun den Raum betrat. Er war weder groß noch klein, wie Annie schätze. Er hatte strohblondes Haar, die hinten zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Seine Augen waren wohl grün, seine Nase war gerade und seine Lippen schmal. Seine Körperhaltung war aufrecht und verriet nichts von seinen Gefühlen oder Gedanken. Er war eventuell ein paar Jahre älter als sie. Dennoch war er recht hübsch anzusehen. Er verneigte sich leicht, doch seine Augen ließen nicht von ihr. Angstschauer liefen ihr den Rücken herunter. Seine Augen sahen aus, wie die eines wilden Tieres, dachte sie plötzlich. Jederzeit zum Angriff bereit, um das zu vernichten, was sich ihm in den Weg stellte. Der Mann trat näher, aber Annie rührte sich noch immer nicht. Stumm sah sie ihn an. „Ich freue mich euch endlich meine Aufwartung machen zu dürfen, Mylady.“, sprach er mit weicher Stimme und nahm ihre Hand, auf deren Rücken er einen Kuss hauchte. „Bedauerlicherweise hatte ich noch keine Gelegenheit mich vorzustellen, dabei sind wir uns schon zwei Mal begegnet. Das letzte Mal heute Morgen erst, als ihr auf dem Rücken meines Pferdes diese Burg betreten habt. Aber ich will es sogleich nachholen.“ Annie sah diesen Mann an und überlegte, ob sie sein Gesicht schon einmal gesehen hatte. Sie konnte sich nicht erinnern. Die Ereignisse vom Morgen lagen im Dunkeln und allein der Gedanke daran genügte, um alles vor ihren Augen verschwimmen zu lassen. Doch kurz blitzte die Erinnerung an einen blonden Hinterkopf in ihrem Geiste auf. Ein Mann der auf einem Pferde saß. An dem Tag, an dem Barrington ihr dieses verwerfliche Angebot gemacht hatte. „Wenn ihr erlaubt, Mylady, ich bin Jonathan Semerloy, engster Freund und Berater eures zukünftigen Gemahls, Sir John Barringtons.“ Wieder erschrak sie und zuckte zusammen. Sie war tatsächlich in Barringtons Sitz. Sie würde ihn... Kalte Schauer liefen ihr über den Rücken. Sie würde ihn tatsächlich heiraten müssen. „Euer Mienespiel ist recht interessant.“, unterbrach Jonathan Semerloy ihre Gedanken. Hatte er sie etwa beobachtet? Wusste er woran sie gedacht hatte? Sie versuchte seine Worte zu ignorieren, indem sie nicht darauf reagiert. Er war ein Freund Barringtons, nicht ihrer. Sie würde ihm nicht trauen können. Sie konnte niemandem trauen. Sie war wirklich vollkommen allein. Sie wandte den Kopf ab und sah sich scheinbar noch einmal im Raum um. Dabei suchte sie nur nach einer Möglichkeit ihn nicht ansehen zu müssen. Doch das war ein Fehler. „Verzeiht mir, Mylady...“, sagte Semerloy und streckte eine Hand nach ihr aus. Noch bevor sie wusste, wie ihr geschah, schob der den Stoff, der über ihrem Schlüsselbein lag, beiseite. Sie wusste, was er sah. „Ich habe mich heute früh also doch nicht geirrt.“, flüsterte er und seine Stimme klang nicht mehr so weich, wie zuvor. Eher war sie bedrohlich und Annie überlief ein Grauen. Seine Finger strichen über Dracos Kuss und er sah sie eindringlich an. Panisch erkannte sie, was es bedeuten musste. Annie traute sich nicht zu atmen. Niemals würde sie sich und ihn verraten. Sie hasste es, dass er diese Stelle berührte, doch sie sagte nichts. Sie blieb reglos sitzen und zwang sich dazu seinen Blick zu erwidern. Auch dann noch, als seine Hand die Stelle verließ und stattdessen über ihre Wange strich und im Anschluss über ihre Lippen. „Wie ist das auf euer Schulter geschehen?“, fragte er sie und sein Blick schien sie zu hypnotisieren. Nur mit viel Anstrengung gelang es ihr, sich von seinen Augen zu lösen. Nur so konnte sie eine andere Antwort, als die Wahrheit, finden. Sie wusste, dass sie ihm antworten musste, wollte sie seinen Verdacht nicht verschärfen. „Die Äste im Wald hängen sehr tief.“, antwortete sie schließlich mit brüchiger Stimme. „Und?“, fragte er zurück und war nicht mehr so zuvorkommend und höflich, wie noch vor wenigen Augenblicken. Etwas in seiner Stimme weckte ihren Kampfgeist. Auf keinen Fall würde sie sich von ihm einschüchtern lassen. Nun suchte sie seinen Blick. Auch wenn sie den Grund zu Leben am Morgen verloren hatte, würde sie alles tun um Draco zu beschützen. „Ich war unachtsam und habe nicht gesehen wohin ich lief. Ich kann ihnen bedauerlicher Weise nicht genau erzählen, wie es dazu kam, aber wenn sie möchten, kann ich ihnen gern die Stelle zeigen, wo es geschah. Der Baum ist schon sehr alt und seine Äste wachsen nun einmal nicht gerade nach oben.“, antwortete sie und sie hoffte, dass es gelangweilt klang, dass sie ihm so etwas erklären musste. „Was hat sie denn so sehr abgelenkt, dass sie es nicht bemerkten?“, fragte er weiter und seine Finger fuhren in ihre Haare. „Der Zug der Vögel.“, antwortete sie knapp. „Sie müssten wissen, dass sie nun das Land verlassen und sich in Scharen sammeln. Und nun nehmen sie ihre Finger von mir.“, sagte sie bestimmt. Sie hoffte, dass es ihm zeigt, dass sie sich von ihm nicht würde einschüchtern lassen. „Ich denke nicht, dass es ihr Freund gutheißen würde, wenn sie mich so berühren.“, hängt sie zudem noch an. Sie würde alles nutzen, was sie konnte, um diesen Mann loszuwerden. Er war genauso widerlich wie sein Freund. Zu ihrer Verblüffung fing er aber plötzlich an leise zu kichern. „Er tat gut daran sie auszuwählen. Ihr seid recht unterhaltsam, auch wenn eure Zunge noch ein wenig zu scharf ist. Aber auch das kann man euch noch abgewöhnen. Nur eines solltet ihr vielleicht noch wissen: Wir sind sehr gut befreundet. So gut, dass wir auch die Frauen miteinander teilen.“ Seine Augen sahen sie an und sie wusste, dass sie bereits seine nächste Beute war. Einer seiner Mundwinkel zog sich schräg nach oben. „Doch erst einmal werdet ihr ihm einen Erben schenken.“ Mit Angst geweiteten Augen sah Annie ihn an, unfähig zu sprechen und sich gegen diese Worte zu wehren. Diese Ungeheuerlichkeit hatte sie wie ein tiefer Schlag getroffen. Abermals wurde die Tür geöffnet und Annie hoffte beinah, dass es die Kammerfrauen sein würden, damit dieser Mensch sie endlich verließ. Doch stattdessen war es John Barrington. Wieder erfüllte Panik sie. Dies hier war die Hölle, dachte sie. „Jonathan, konntest du feststellen, woher sie das Mal auf ihrer Schulter hat?“, fragte Barrington gleich. Annie sah ihn nicht an, doch dass Sonnenlicht, welches sich auf seinen Goldketten und – ringen reflektierte konnte sie nicht ignorieren. „Sie sagt, es wäre ein Unfall gewesen.“, antwortete Jonathan Semerloy und seine Stimme war wieder so glatt wie zuvor. „Glaubst du ihr?“, fragte Barrington zurück. Die Männer beachteten sie nicht einmal. Wahrscheinlich war sie es nicht Wert beachtet zu werden. „Ich kann es euch nicht sagen, Mylord. Ihr werdet es wohl selbst herausfinden müssen. Aber wenn sie gelogen hat, wird ihre Strafe umso schlimmer sein.“ „Ja.“, antwortete Barrington kurz und beinah gewann Annie den Eindruck als erhoffte er sich eben jenes. „Ich danke dir, Jonathan. Du kannst uns nun allein lassen.“ Obwohl sich der Ton in seiner Stimme nicht verändert hatte, klang es trotzdem wie ein Befehl. Jonathan Semerloy verbeugte sich noch einmal, doch Annie entging nicht, dass er es nur vor Barrington tat. Sie bedachte er nur mit einem Blick, der sie abermals an den eines Tieres erinnerte, welches Blut gelenkt hatte. Nun war es Barrington, der sie eindringlich musterte. „Das Gewand steht euch ausgezeichnet. Würdig meiner zukünftigen Frau und dem berauschende Fest, welches wir heute feiern werden.“ „Wie meint ihr das?“, krächzte sie aus Angst, ihre Vermutung würde wahr sein. Zum ersten Mal an diesem Tag, sah sie ihn richtig an. Das prächtige Gewand welches er trug, verziert mit aufwändigen Stickereien beeindruckte sie nur wenig. Er wirkte darin wie ein aufgeblasener Truthahn, der sich nicht anders zu zeigen wusste, als durch sein Äußeres aufsehen zu erregen. Aber vielleicht sollte es auch nur von seinem aufgedunsenen Gesicht und seiner widerwärtigen Persönlichkeit ablenken. „Von unserer Vermählung natürlich. Sie wird noch heute stattfinden. Ich habe bereits eine Woche länger gewartet und das nur euretwegen. Ihr solltet mir zutiefst dankbar sein, dass ich überhaupt so großzügig war. Ich gedenke nicht, es noch weiter hinauszuzögern. Ich habe zu lange auf euch und unsere Hochzeitsnacht gewartet.“ Seine Augen wanderten ihrem Körper entlang und er schien sie bereits nackt zu sehen, denn er leckte sich genüsslich die Lippen. Annie sprang bei diesen Worten von ihrem Stuhl auf und sah ihn entgeistert an. Schon heute sollte die Hochzeit sein?! Schon heute sollte sie diesem Mann versprochen werden?! Wo sie doch noch immer den süßen Schmerz ihres Körper spüren konnte, der von demjenigen zeugte, dem sie sich wirklich und wahrhaftig geschenkt hatte? Wo sie doch immer noch seine Berührungen spüren, seine Küsse schmecken konnte? Doch dieser traurigen Erinnerung wich ein anderer Gedanke. Sophie und ihre Familie würden schneller frei sein, je eher sie ihn ehelichte oder nicht? Auch Alexander bräuchte sich um das Wohl seiner Frau keine Sorgen mehr machen. Ihre Hochzeit würde den anderen helfen. Tränen sammelten sich in ihren Augen. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht. Sie hatte zu sehr über ihr eigenes Leid getrauert, dass sie vergessen hatte, was es für andere bedeutete. Sie würde ihr Leben retten, auch wenn ihres vorbei war. Irgendwo tief in ihr, war sie sogar noch in der Lage glücklich darüber zu sein. Annie sah Barrington mit dem Wissen an, was andere durch eine frühe Vermählung mit ihm gewannen. Der Gedanke daran sollte ihr Mut geben. Wenigstens so lange sich dieser Mensch in ihrer Nähe befand. „Da die Hochzeit bereits heute Abend stattfinden soll, könnt ihr meine liebe Amme nun gehen lassen, nicht wahr? Ich bin hier und es gibt keinen Grund mehr sie festzuhalten oder zu verdächtigen. Gleiches gilt für meinen Bruder.“ Sie versuchte sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen und wollte ihn als ebenbürtig gegenüber treten. Er sollte sie als eine Frau sehen, die zwar eingewilligt hatte ihn zu ehelichen, sich ihm aber auf keinen Fall beugen würde oder Angst vor ihm verspürte. Auch, wenn nichts davon der Wahrheit entsprach. „Das häng ganz davon ab, was ich heute Nacht vorfinden werde.“ Alle selbstauferlegte Sicherheit verschwand aus ihrem Gesicht. „Was meint ihr?“, fragte sie dennoch. „Oh, ich habe eure Frage nicht vergessen. Aber vielleicht ihr. Ihr fragtet mich vor einer Woche, was geschehen würde, wenn ihr euch einem anderen versprochen hättet. Ihr seid zwar schön, aber eine Frau und ich gedenke nicht, mich auf eurer Wort zu verlassen. Die Freiheit der Familie Weather und die eures Bruder hängt nur davon ab, ob ich den Beweis eurer Unbeflecktheit in meinen Lacken finden kann. Sollte es so sein, werde ich sie morgen früh gehen gelassen. Sollte es aber nicht so sein...“ Er sprach nicht so Ende, sondern fuhr sich mit dem dicken Zeigefinger die Kehle entlang. Eine eindeutige Geste. „Und das gilt nicht nur für die Familie Weather oder euren Bruder.“, fügte er hinzu. Die Androhung ihres eigenen Todes machte ihr nicht halb so viel Angst, wie der, der anderen Menschen, die sie liebte. Im Gegenteil. Ihren Tod würde sie begrüßen, würde dadurch dies alles nur schnell ein Ende finden. „Aber ich bin sicher, es gibt keinerlei Grund sich zu sorgen.“, sprach Barrington weiter. „Zumindest hoffe ich das für sie. Es wäre ein Jammer, wenn ich meine junge Braut morgen schon wieder zu Grabe tragen müsste.“ Annie erwiderte nichts und rührte sich auch nicht. Der Teufel persönlich stand ihr gegenüber. „Das Rot steht euch übrigens ausgezeichnet. Es hat fast die Farbe von Blut. Eine der schönsten Farben, wenn ihr mich fragt. Ich erwarte euch dann unten, meine Braut.“ Mit diesen Worten ließ er sie allein und die Tür fiel hinter ihm krachend ins Schloss. Annie wandte sich zum Spiegel, sah das Kleid zum ersten Mal. Es war wirklich blutrot. Nur um ihre Hüfte war eine goldene Kordel gebunden, die ihre Figur betonte. Das Oberteil saß eng, die Ärmel wurden nach untern hin breiter, genauso wie der Rock des Kleides. In ihrem schwarzen Haar saß ein Goldreif, der die runde Form ihres Kopfes hervorhob und in der Mitte des Reifens saß ein dunkelroter Rubin. Sie sollte zu einer Hochzeit gehen. Dabei fühlte sie sich eher, als würde sie zu einer Beerdigung gehen. Zu ihrer eigenen und selbst dann würde sie sich wohl nur halb so elend fühlen. Sie sah aus dem Fenster und bemerkte, dass der Zimmer recht hoch im Turm lag. Von diesem Standpunkt aus konnte sie einen kleinen Teil des Waldes erblicken. Irgendwo hinter diesem Fenster war ihr Geliebter. Irgendwann kamen die Kammerfrauen zurück. Annie konnte nicht sagen wann, denn sie hatte ihren Platz am Fenster nicht verlassen. Sie sollte von nun an oft an dieser Stelle stehen und sich nach dem Wald und dessen Geschichte, von der auch sie nun ein Teil war, sehnen. Man führte sie Stufen herunter, durch Gänge hindurch. Den Weg merkte sie sich nicht. Es interessierte sie nicht. Nichts interessierte sie mehr. Für sie selbst wäre ihr Tod nichts schlimmes, sollte er nicht das Erwünschte im Bette finden. Sie starb bereits jetzt und doch würde nichts sie von Draco trennen können. Dennoch überlegte sie fieberhaft wie sie Barrington und diesen Semerloy täuschen konnte. Sie musste es für Sophie und Alexander tun. Aber es erschien ihr unmöglich. Als sie den Raum betrat, suchte sie für einen Moment Alexanders Gesicht, aber schnell wurde ihr klar, dass er nicht da sein würde. Fremde Menschen standen an den Seiten des Raumes und starrten sie an. Am Ende des Raumes sah sie den Priester. Vor ihm stand Barrington und rechts neben diesem Jonatahn Semerloy. Der Platz zu ihrer Linken war leer. Sie hatte niemanden. Jeder sollte es sehen. Es war eine formelle Eheschließung. Nur ein Akt, der sie zu Barringtons rechtmäßiger Frau machte. Es hatte nicht mit der Zeremonie gemeinsam, von der sie als Kind geträumt hatte und die sie einst in den Straßen der Stadt gesehen hatte. Der Raum war nicht einmal geschmückt worden. Diese Dinge gingen ihr durch den Kopf, während der Mann Gottes seine Worte sprach. Die trivialen Gedanken lenkten sie von dem ab, was gerade geschah, betäubten sie noch mehr, wenn das möglich war und ließen die Veranstaltung nicht wie eine Ewigkeit erscheinen. Als der Priester sie fragte, ob sie Barrington ehelichen wollte, wie es seine Pflicht war, war es Barrington, der für sie antwortete. Sie hätte nicht mit „Ja“ antworten können und Barrington schien das zu wissen. Deswegen willigte er für sie ein. Der Priester fragte nicht weiter. Annie war es egal. Sie wusste nur, dass sie keine Schwäche zeigen durfte. Dass sie nicht weinen durfte, auch wenn sie dies am liebsten getan hätte. Man durfte nicht sehen, wie schwach sie war. Es würde ihr Untergang sein. Sie musste weiterleben. Zumindest so lange, bis die Weathers in Sicherheit waren, bis sie Alexander noch einmal gesehen hatte und vor allem, bis sie wusste, was mit Draco geschehen war. Im Anschluss wurde ein Fest gehalten. Annie merkte schnell, dass es nicht so sehr um die Hochzeit ging, sondern um das Fest selbst. Sie saß schweigend an ihrem Platz, wartete darauf, dass sie sich erheben durfte, während die Männer und die wenigen Frauen, die anwesende waren, dem Essen und Wein frönten. Letzterer floss in Strömen und Annie begrüßte dies sogar. Sie hatte die Hoffnung, dass, wenn Barrington vielleicht zu viel davon trank, er in dieser Nacht nicht mehr in der Lage sein würde die Ehe zu vollziehen. Vielleicht würde sie so noch einen Tag länger gewinnen können. Vielleicht würde sie dann einen Weg zur Täuschung finden können. Sie selbst aß nichts. Appetit hatte sie an diesem Tag noch keinen verspürt. Aber sie hatte Barringtons scharfen Blick gesehen und daraufhin mit angestoßen. Sie hatte keine Angst vor ihm, doch sie wusste, dass sie ihn bei Laune halten musste. Irgendwann, als die Stunden schon weit vorangeschritten waren, die Stimmung ausgelassener aber auch ordinärer war, winkte Barrington plötzlich einen der Diener zu sich heran. Obwohl die Unterhaltungen am Tisch sehr laut waren, verstand Annie seine Worte nur zu gut. Jeder verstand sie gut. „Holt die Kammerfrauen! Sie sollen meine Frau nehmen und für die Nacht bereit machen. Ich will sehen, ob sie im Bett genauso gut ist, wie sie hübsch ist.“ Lautes Gelächter und Gejohle brach aus und obwohl sie sich tief beleidigt fühlte, versuchte sie äußerlich unbeeindruckt zu bleiben. Sie verzog ihr Gesicht nicht und senkte auch nicht den Blick. Stattdessen sah sie weiterhin starr gerade aus und störte sich auch nicht daran, dass Semerloy sie anstarrte. Nur wenige Augenblicke später kamen zwei Kammerfrauen herbeigeeilt. Annie erhob sich auf die gleiche elegante Weise, wie sie es von ihrer Mutter hatte lernen müssen und was sie all die Jahre gehasst hatte. Doch niemand sollte ihre nachsagen, sie wüsste sich nicht zu benehmen. Sie würde nicht zulassen, dass der Name ihrer Familie in den Schmutz gezogen würde. Ganz gleich auf welche Weise sie es auch versuchen mochten. Die zwei Frauen geleitete sie nach oben. Wieder gingen sie zahllose Gänge und Treppen entlang und plötzlich fand sie sich in dem gleichen Raum wieder, wie zuvor. Der Raum wurde durch Kerzenlicht leicht erhellt. Auf dem Stuhl auf dem sie gegessen hatte, lag nun das Nachtgewand bereit. Sie erschauderte bei dem Gedanken an das Kommende. Möglicherweise würde er dem Wein noch ein bisschen mehr zusprechen. Sie hoffte darauf. Nein, vielmehr hätte sie mehr davon trinken müssen, erkannte sie zu spät. Die beiden Frauen begannen sie zu entkleiden und anders als am Morgen, war sich Annie ihrer Berührungen sehr wohl bewusst. Sie lösten erst den Reif aus ihren Haaren und sie fielen wild ihren Kopf herunter. Dann lösten sie die Kordel ihres Kleides. Im Anschluss öffneten sie hinten den Verschluss aus Häkchen. Obwohl sie mehr Luft zum Atmen haben sollte, fühlte sich Annie immer mehr als würde sie gewürgt. Es war kalt und die feinen Härchen auf ihrer Haut richteten sich auf. Sie begann zu zittern, doch ob vor Kälte oder Grauen wusste sie nicht einmal. Sie hatte sich geirrt, wie sie erkannte. Es war kein Nachtgewand auf dem Stuhl gewesen, sondern eine Art Umhang aus Leinen, den man ihr nun über die Schultern legte, um den nackten Körper ein wenig zu verbergen und vielleicht auch zu wärmen. Eine der Frauen führte sie vorsichtig zu dem Stuhle und platzierte sie darauf, bevor sie sich neben die Kommode stellte und unterwürfig den Kopf senkte. Die Hände in ihrem Schoß gefaltet. Die Zweite stellte sich hinter sie und nahm einen Kamm. Sie begann Annie vorsichtig das schwarze Haar zu kämmen. Wieder sah Annie, das Bild der fremden Frau, die sie anblickte. Nichts in ihrem eigenen Gesicht kam ihr vertraut vor. Sie begann ihren eigenen Anblick zu verabscheuen. Sie ließ die Prozedur schweigend über sich ergehen. Als auch ihre Haare fertig gekämmt waren, knicksten die Frauen einmal und ließen sie allein. Annie sah kurz zu Tür und fragte sich was geschehen sollte. Sollte sie hier einfach warten bis er kam? Das konnte gleich sein aber auch erst viel später. Sollte sie solange mit diesem dünnen Umgang dort sitzen? Sie stand auf und trat abermals ans Fenster. Die Nacht war schwarz und hatte den Wald verschlungen. Doch er war da, dachte sie und dieser Gedanke gab ihr ein wenig Trost. Mit der Hand berührte sie das kühle Glas, als könnte sie dem Wald so ein wenig näher kommen. Draco war auf der anderen Seite. Irgendwo da draußen. Ob es ihm gut ging? Wo war er? Wusste er, was für ein Tag morgen sein würde? Konnte er es fühlen? Das Jahr würde mit den ersten Strahlen der Sonne vorbei sein. Konnte er doch noch zurück? Irgendwie... Sie betete für ihn und hoffte, dass Alexander ihr helfen konnte Antworten auf ihre Fragen zu finden. Er war der Einzige der das konnte. Annie ließ die Hand sinken. In ihren Gedanken versunken strich sie mit dem Finger über den glatten Stein des Fenstersimses und wartet darauf, dass es vorbei sein würde. Vielleicht konnte sie all die anderen Male ertragen, wenn nur das erste Mal vorbei war. Dabei war es vollkommen egal, wie oft Barrington sich zu ihr legen würde, wie oft er ihren Körpernehmen würde, nie würde sie Dracos Berührungen vergessen können. In der letzten Nacht hatte er etwas mit ihr getan, das sie nicht verstand. Doch nun wusste sie, dass es sein Abschied war. Er musste bereits gewusst haben, dass sie ohne ihn aufwachen würde, als er sie so innig und leidenschaftlich geliebt hatte. Und er hatte etwas von sich bei ihr gelassen. Annie konnte es nicht beschreiben, aber es war da und es würde nicht mehr verschwinden, ganz gleich wie lange sie an der Seite diese abstoßenden Mannes bleiben musste. Schmerz durchfuhr sie und sie zuckte zusammen. Es war das erste, was ihr Körper an diesem Tag überhaupt fühlte. Verwundert sah sie nach unten, fand aber aufgrund der Dunkelheit des Raumes die Ursache nicht. Wieder fuhr sie mit dem Finger über die Stelle. Es musste ein spitzer Stein sein, der aus dem Mauerwerk ragte. Sie fuhr mit etwas mehr Kraft über die Stelle und ihr Herz begann nervös in ihrer Brust zu schlagen, als er sich unter ihren Fingern lockerte. Abermals fuhr sie mit den Fingern darüber, kräftiger. Vielleicht konnte dieser kleine Stein die Rettung bedeuten. Langsam löste er sich aus dem Mauerwerk und mit einem letzten Kraftaufwand, in dem ihr ein Fingernagel umknickte und sie erneut ein Schmerz durchfuhr, gelang es ihr. Der kleine Stein, nicht viel größer, als der Nagel ihres Daumens, viel in ihre Hand. Hastig blickte sie sich um. Wenn man sie jetzt sah, würde alles verloren sein. Doch die Tür blieb verschlossen und so schnell sie konnte, ging sie zu dem Bett. Annie legte den Stein unter das Kissen auf der rechten Seite. Die Seite neben der Kommode. Sie hoffte und betete, dass es die Seite sein würde, die man ihr zuweisen würde. Aber vor allem hoffte und betete sie, dass der Stein noch da sein möge, wenn sie ihn brauchte. Er war die einzige Möglichkeit, die sich ihr bot. Sie ging die Schritte wieder zum Fenster zurück und dies keinen Augenblick zu früh. Es klopfte kurz, doch man wartete nicht auf ihren Einlass. Annie erwartete Barrington zu sehen, umso überraschter war sie, dass es Semerloy war. Seine Worte fielen ihr sofort wieder ein und Unbehagen breitete sich in ihr aus. Augenblicklich zog sie den Umgang fester zusammen. Jonathan kam auf sie zu und blieb direkte vor ihr stehen. „Ihr seid wirklich ein recht hübscher Anblick. Nicht, dass ihr das nicht ohnehin schon seid, aber so... Ich bin richtig neidisch. Zu gern würde ich wissen, was sich unter diesem dünnen Stoff verbirgt.“ Wieder streckte er die Hand nach ihr aus und mit dem Zeigefinger schob, er den Stoff oberhalb ihrer Arme beiseite. Annie verstand sich selbst nicht. Es gab so vielen Dinge, die sie hätte empfinden sollen. Dinge, die klug waren sie zu empfinden. Doch stattdessen wurde sie wütend. Ohne darüber nachzudenken, welche Konsequenzen ihr Handeln haben könnte, schlug sie unsanft seine Hand beiseite. „Wagt es nicht mich mit euren schmutzigen Fingern anzufassen.“, sprach sie und funkelte ihn aus ihren braunen Augen an. „Ah, wie mir scheint, gewöhnt ihr euch so langsam ein. Das freut mich zu hören und John sicherlich auch. Wenn ihr im Bett nur halb so leidenschaftlich seid, wie mit euren Worten, beneide ich ihn schon jetzt. Ich hoffe ich werde irgendwann auch in den Genuss eurer Leidenschaft kommen.“ „Nur über meine Leiche. Wenn ihr unbedingt eine Frau wollt, dann solltet ihr vielleicht eure Manieren überdenken.“, presste sie zwischen den Zähnen hervor. Wieder grinste Jonathan Semerloy sie schief an. „Ihr gefallt mir wirklich.“, sagte er noch einmal und ging. Die Tür schloss sich aber nicht hinter ihm, sondern die Kammerfrauen traten wieder ein. „Der Herr ist auf dem Weg zu euch.“, flüsterte die eine. „Ihr müsst euch bereit machen.“ Annie schluckte heftig. Sie hatte geglaubt ihre Angst würde nur aus Sorge um ihre Liebe herrühren, doch nun, da der Moment näher gerückt war, erkannte sie, dass sie versucht hatte sich selbst zu täuschen. Die Angst vor diesem Augenblick war genauso groß. Allein der Gedanke daran, dass die solch eine Intimität mit ihm teilen musste, verursachte bei ihr unkontrolliertes Zittern und Übelkeit. Nur noch ein Wunsch erfüllte sie: Es sollte so schnell wie möglich vorbei sein. Die Frauen nahmen ihr den Umhang ab, falteten ihn ordentlich und legten ihn wieder auf dem Stuhl ab. Sie führten sie auf die rechte Seite des Bettes und Annie warf einen betenden Blick auf das Kopfkissen. Eine schlug die Decke zurück, die andere drängte sie beinah in das Bett. Sie deckten sie zu und schlossen dann die Vorhänge des Himmelbettes. Annie lag im Dunkel, den Geräuschen der Nacht lauschend. Jeden Moment rechnete sie damit, dass die Türen sich ein letztes Mal für diese Nacht öffnen würden. Sie war nackt und ihr war kalt. Aber sie wusste nicht, ob die Kälte von ihrem Körper stammte oder von ihrem Herzen. Es war ganz gleich. Sie hatte furchtbare Angst. Konnte sie dem hier nicht entkommen? Blieb ihr wirklich nichts anderes übrig, als es geschehen zu lassen? Warum war sie so machtlos? Draußen hörte sie eine laute Stimme, ein Poltern und dann das knarren der Tür. Ihr Herz schlug laut und schnell, als wollte es vor dem davon laufen, was sogleich geschehen würde. Doch wie ihr Körper auch, hatte es keine andere Wahl und musste bleiben wo es war. „Wo ist denn meine Frau?“, sagte Barrinton laut. Sie hörte sofort, dass er noch mehr getrunken hatte. Dann folgte ein Flüstern. „Sie erwartet euch bereits, Mylord.“ Das war Jonathans Stimme. „Ihr werdet gewiss nicht enttäuscht sein.“ „Das will ich auch hoffen. Immerhin hat sie mir genug Ärger bereitet.“, lallte Barrington. Hinter dem Schutz des Stoffes hörte Annie, wie sie auch ihn entkleideten. Die Ketten klirrten laut, als sie zusammen schlugen. „Ihr könnt gehen! Ich brauche euch nicht mehr!“, befahl Barrington plötzlich. Es wurde ruhig im Zimmer, die Tür schloss sich sacht. Es waren alle außer Barrington gegangen. Man würde sie unbeobachtet lassen. Annie zog die Decke etwas weiter nach oben, als könnte sie sich dadurch schützen. Im nächsten Moment wurde der Vorhang beiseite gerissen und sie sah Barringtons Umrisse vor dem Bette stehen. Sein fülliger Körper wirkte noch breiter, aber wenigstens konnte sie nicht mehr erkennen. Die Kerzen waren gelöscht worden und es war Neumond. Lass es schnell vorbei sein, betete sie gen Himmel, als er die Decke zur Seite schlug und in das Bett stieg. Sofort senkte sich die Matratze aus Stroh nach unten. Annie begann zu zittern. „Da bist du ja! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie oft ich schon von dir und deinem Körper geträumt habe.“, sagte er und seine Zunge klang schwer. „Und nun werde ich dich endlich nehmen.“ Trotz der Dunkelheit konnte sie das Blitzen in seinen Augen erkennen. Nein sie konnte nicht! Auch, wenn sie alle sterben mussten, aber sie konnte diesen Mann einfach nicht akzeptieren! Sie wollte schreien und davonlaufen. Doch sie hatte sich noch nicht einmal aufgerichtete, da hatte er sie schon am Handgelenk gepackt und hielt sie fest. „Du wirst doch nicht weglaufen wollen. Obwohl... du kannst es ja mal versuchen. Das macht die Sache noch viel interessanter.“ Annie wagte es nicht sich zu bewegen. Stumm und mit weit aufgerissenen Augen saß sie halb im Bett und starrte ihn an. „Ah, vielleicht bist du doch noch nicht befleckt. Deine Reaktion ist einfach zu köstlich. Ich kann nicht mehr länger warten.“, sprach er und zog mit einem kräftigen ruck an ihrem Arm. Annie wurde auf die Matratze zurück gezogen. Mit einer Beweglichkeit, die sie ihm nicht zugetraut hätte, saß er plötzlich auf ihr. Sie hatte das Gefühl, als würde die gesamte Luft aus ihrem Körper gepresst. Noch nie hatte sie so ein Gewicht auf sich gespürt. Als würde etwas sie erdrücken. Aber ihr blieb keine Zeit um darüber nachzudenken, denn als nächstes konnte sie seine Lippen auf den ihren spüren. Zumindest glaubte sie, dass es sein Mund war. Es fühlte sich feucht an, kalt, schmeckte nach Alkohol, Essen und faulem Atem. Es war einfach ekelerregend. Als würde sie einen Schwamm küssen, dachte sie einem Moment. Sie merkte wie etwas säuerliches ihre ihren Hals emporstieg. Jeden Moment würde sie sich übergeben. Doch bevor es dazu kam, ließ er von ihrem und Mund Annie schluckte heftig, um doch nicht erbrechen zu müssen. Sie wusste nicht, ob sie dankbar dafür sein sollte oder nicht. Denn was danach kam, war genauso furchtbar. Mit seinen kleinen, dicken Finger ertastete er ihre nackte Haut. Seine Berührungen waren grob und schmerzhaft, so fest streichelte er sie. Als er ihren Busen berührte und die zarten empfindsamen Knospen derb zwischen Daumen und Zeigefinger drehte, konnte sie nicht anders und stieß einen kleinen Schmerzensschrei aus. In der Nacht zuvor hatte sie noch in Dracos Armen gelegen. Er hatte sie so leidenschaftlich geküsst, so intensiv berührt und gestreichelt, dass sie es noch immer spüren konnte. Seine Hände waren so zärtlich über ihren Körper geglitten, dass sie es kaum gespürt hatte und doch war es durchdringender gewesen, als alles andere. Sein Mund hatte jeder Stelle ihres Körpers geküsst. Mit seiner Zunge hatte er sie so lange liebkost, dass sie geglaubt hatte, verrückt zu werden, wenn er ihr nicht gab, was sie am meisten begehrte – ihn, nur ihn allein. Seine Augen waren so unglaublich blau gewesen. Wunderschön und anziehend. Wie sehr hatte sie einen Teil davon werden wollen! Für immer und nicht nur für die wundervollen, aber doch viel zu kurzen Moment der vollkommenen Glückseligkeit und Befriedigung. Annie versank in ihren kostbaren Erinnerungen. Barringtons Keuchen wurden zu Dracos warmen Atem. Barringtons Berührungen zu Dracos sanftem Streicheln. Seine feuchten Küsse, wurden zu Dracos leidenschaftlichen und wenn Annie die Augen schloss, konnte sie das Blau sehen, welches sie sofort gefangen nahm. An all das klammerte sie sich, während Barrington sich von ihrem Körper nahm. Annie lang in der Dunkelheit. Rührte sich nicht. Sie wusste nicht einmal ob ihr Herz noch schlug ober ob sie atmete. Es war nicht wichtig. Es war geschehen. Sie wusste nicht, was sie denken sollte. Draco hatte sie gerettet. Allein die Erinnerung an ihn, hatte sie den Mann auf ihr vergessen lassen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, was er mit ihr getan hatte, nachdem sie sich ihrem Blau hingegeben hatte. Sie hatte nichts gespürt, war nur noch eine Hülle ohne Inhalt gewesen. Doch den Schmutz, der nun an ihr haftete, konnte sie umso deutlicher wahrnehmen. Annie hörte das laute Schnarchen des Mannes neben ihr. Immer noch konnte sie seinen widerlichen Atem riechen. Inzwischen füllte er den gesamten kleinen Raum aus, den die Vorhänge geschaffen hatten. Der beißende Gestank von Schweiß und Alkohol hing schwer in der Luft. Ihr Magen drehte sich erneut. Sie musste andere Luft atmen. Das wäre das klügste und sinnvollste. Aber was würde sich ändern, wenn sie tatsächlich atmete? Nichts. Es würde ihr nur einen weiteren Augenblick in der Nähe dieses Mannes bringen. Doch ihre Gedanken waren vergebens. Das wusste sie. Annie stützte sich mit den Armen auf der Matratze ab und zog sich nach oben. Sie schob die Vorhänge nur ein wenig beiseite und sofort strömte ein Zug frischer Luft in den beengten Raum. Annie blickte sich kurz um. Die Nacht machte ihr Angst, dachte sie. Es war das erste Mal dass sie so etwas dachte. Selbst als sie die erste Zeit allein im Wald gelebt hatte, war sie ihr niemals bedrohlich erschienen. Eher wie etwas notwendiges, um Kraft für einen neuen Tag zu sammeln. Als Draco dann bei ihr war, hatte sie sowieso eine ganz andere Bedeutung bekommen. So viel hatte sich des Nachts ereignet. Doch nun warf die Nacht nur noch schwarze Schatten, die auf sie zu krochen und sie zu verschlingen drohten. Sie griff unter das Kopfkissen und es dauerte nicht lange ehe sie den kleinen spitzen Stein ertastet hatte. Sie holte ihn hervor, drehte ihn zwischen ihren Daumen und Zeigefinger und hielt ihn gegen das schwache Licht, das die Sterne spendeten. Es musste funktionieren, wollte sie sicher gehen, dass Sophie in Sicherheit war und sie mit ihrem Bruder sprechen konnte. Die Spitze des Steins setzte sie an ihrem Mittelfinger. Sie spürte den Schmerz, als sie sich ihn in ihr Fleisch bohrte. Scharf sog sie den Atem dabei ein. Dann riss sie den Stein so schnell und heftig sie konnte nach unten, um den Schnitt größer werden zu lassen. Im fahlen Lichte sah sie das dunkle Blut, welches sofort floss. Annie hielte eine Hand darunter, um nur keinen Tropfen zu verlieren. Sie führte ihren Arm zu der Stelle, an der sie es für richtig hielt. Dann ließ sie das Blut auf das Lacken tropfen. Anscheinend war der Schnitt doch nicht so groß, wie sie gehofft hatte. Aber vielleicht würde es doch schon reichen. Sie wischte den blutenden Finger am Stoff ab. Das Pochen in der Wunde spürte sie kaum. Am nächsten Morgen schon würde es ganz verschwunden sein und nichts weiter als ein feiner Schnitt zurückbleiben. Annie ließ sich zurücksinken. Sie wusste, dass sie ihren Platz nicht verlassen durfte, dass sie ausharren musste, bis er ihr erlaubte zu gehen. Also lag sie in diesem fremden Bett. Neben ihr ein Mensch den sie nur als Klumpen Fleisch wahrnahm. Vielleicht würden die dumpfen Gefühle, die sie empfand, dem Hass auf diesen Mann weichen. Am Morgen zog Barrington gleich als erstes die Decke zur Seite. Als er das Blut sah zweifelte er nicht einen Moment an dessen Ursprung. Annie war nur kurz erleichtert, denn gleich darauf vollzog er die Ehe noch ein zweites Mal mit ihr - begleitet von den Worten, dass sie noch viel lernen müsste, um eine wirklich gute Ehefrau zu sein. Dabei verzog sich sein Mund zu einem hässlichen Grinsen. Wieder versuchte Annie sich in ihre Erinnerungen zu flüchten. Doch es viel ihr sehr viel schwerer. Es war hell und sie konnte John Barringtons vernarbtes und eitriges Gesicht sehen, sein Atem war noch fürchterlicher, als am Abend zu vor und sie glaubte, dass auch seine Berührungen noch gröber waren. Aber es dauerte nicht lange. Er verzichtete sogar darauf sie zu küssen. Vielmehr nahm er sich in nur wenigen Augenblicken, was ihm in seinen Augen zustand und sackte ebenso schnell mit einem lauten Schrei auf ihr zusammen. Als John Barrington das Bett verließ, vermied es Annie ihn anzusehen. Sie konnte seinen Anblick einfach nicht ertragen. Stattdessen flüchtete sie zurück in die Arme ihres Geliebten, wie er sie nach jedem Mal sanft geküsst hatte. „Dies hier wird euer Gemach sein. Ihr könnt darüber verfügen, wie ihr wollt. Aber ich werde mir die Freiheit nehmen, wann immer ich möchte, um euch besuchen zu kommen. Schließlich möchte ich schon bald einen Erben vorweisen können.“, sagte er, als er sich von zwei Männern, die Annie noch nicht gesehen hatte, ankleiden ließ. Sie nickte untertänig. Sie musste es tun, wollte sie eine Antwort auf ihre nächste Frage haben. Nur deswegen ließ sie es alles geschehen. „Ich war unbefleckt. Ihr habe den Beweis gesehen. Ich verlange, dass Sophie und ihre Familie freigelassen werden. Außerdem will ich meinen Bruder sprechen.“, sagte sie mit einigermaßen fester Stimme. „So gefallt ihr mir schon viel besser.“, sagte Barrington mit einem schiefen Lächeln und schien ihren nackten Körper unter der Bettdecke zu betrachten. „Ich mag es, wenn ihr so wild und ungezähmt seid. Es macht das Ganze doch gleich viel spannender. Ich hoffe mit mehr Erfahrung werden ihr das auch bald in anderen Bereichen sein.“ Sie schluckte heftig, verstand sie seine Worte doch nur zu gut. Ein Klopfen an der Tür ersparte ihr eine Antwort. Barrington ließ eintreten und als Annie Jonathan Semerloy erblickte, fühlte sie sich noch unwohler, wenn dies überhaupt möglich war. Sie lag immer noch nackt unter der Decke und die Vorhänge waren von Barrington weit aufgezogen worden, als wollte er sie unter keinen Umständen aus den Augen lassen. Unwillkürlich zog sie die Decke noch fester um ihren Körper. Der Blick mit dem Jonathan sie ansah, glich dem von Barrington – lüstern und scheinbar unersättlich. „Habt ihr gut geschlafen, Sir?“, fragte Jonathan Barrington. „Oh, ja. Vorzüglich. Du hattest recht gehabt. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Noch nie wurde sie von einem Mann berührt. Es war eine Freude der Erste zu sein. Ihre Haut ist so weich und zart, ein wahres Fest.“ „Es freut mich außerordentlich dies zu hören, Mylord.“, antwortete er und sah Annie mit glühendem Blick an. Er schien nur darauf zu warten, dass Barrington ihn erlaubt, es selbst in Erfahrung zu bringen. „Nun komm, Jonathan. Lass uns heute auf die Jagd gehen. Was gibt es nach einer erfolgreichen Nacht schöneres, als eine erfolgreiche Jagd?“ „Ich kann euch nur beipflichten, Mylord.“, erwiderte Semerloy und verbeugte sich tief vor seinen Freund. Für Annie hatte er nur ein kurzes Kopfnicken übrig. „Was ist mit Sophie und meinem Bruder?“, fragte Annie und klang nicht mehr so willenstark. In ihre Stimme hatte sich Angst gemischt, er könnte sie alle belogen haben. „Ach ja.“, sagte Barrington scheinbar desinteressiert. „Jonathan, lass veranlassen, dass die Weathers das Gefängnis noch heute verlassen können. Was aber euren Bruder betrifft, so müsst ihr euch noch etwas gedulden, meine ehrenwerte Gemahlin.“ Sie wusste, dass er sich über sie lustig machte, aber es war ihr egal. Sie musste Alexander sprechen. „Wann?“, fragte sie deshalb nur einsilbig. „Morgen vielleicht. Das kommt ganz auf euch an.“ „Was meint ihr?“, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen. „Nun, das werden wir sehen.“ Damit verließ er das Gemach. Fassungslos sah Annie ihm hinterher. Er wollte, dass sie ihm gefügig war. Erst dann würde er ihr erlauben Alexander zu sehen. Wie gefügig sollte sie noch werden?!, dachte sie wütend. An Barringtons Stelle betraten zwei Kammerfrauen das Zimmer und verbeugten sich kurz. Dann standen sie reglos im Raum und wartete scheinbar auf eine Anweisung von ihr. Noch nie hatte sie anderen Menschen Befehle erteilt. Nicht einmal in ihrem eigenem Elternhaus. Doch sie wusste, dass sie etwas sagen musste, wollten sie die beiden so schnell wie möglich wieder loswerden. Ihr Blick schweifte über den Himmel des Bettes. Mit dem Daumen konnte sie den kleinen Schnitt an ihrem Mittelfinger spüren. Sie wollte den Arm heben, um ihn sich anzusehen, doch Schmerz durchzuckte sie. Es war nicht mehr die Nacht mit Draco, die sie so empfinden ließ, erkannte sie mit Wehmut. Es waren Barringtons Berührungen, an die sich ihr Körper erinnerte. „Ein Bad.“, sagte sie schließlich. „Ich will ein Bad nehmen. Das Wasser soll heiß sein.“, gab sie kurz Anweisung. Die zwei Frauen sahen sich einen Moment schweigend an. „Was?“, fragte Annie zurück. Hatte sie etwas Falsches gesagt? „Mylady, ihr habt gestern erst gebadet. Ein zweites Mal hintereinander schickt sich nicht.“ Fassungslos starrte sie die Kammerfrauen an. „Hat er das gesagt?“, fragte sie und merkte, dass sie abermals wütend wurde. Wut war gut, dachte sie. Es zeigte ihr wenigsten, dass sie überhaupt noch etwas fühlen konnte. Die beiden Kammerfrauen nickten. „Ich will ein Bad und zwar jetzt gleich. Wenn er etwas dagegen hat, dann schickt ihn zu mir. Wenn er eine schön Frau haben will, muss er auch etwas dafür tun!“, fuhr sie die beiden an. Sie hörte ihre eigenen Worte und konnte sie selbst nicht glauben. War das wirklich sie, die so sprach? Seit wann war sie zu so einem Ton fähig? Aber es war ihr egal. Sie musste diese Berührungen abwaschen, koste es was es wolle. Er wollte es doch so. Er hatte es vor wenigen Augenblicken selbst gesagt. Er würde schon sehen, was er davon hatte, dachte sie beinah trotzig. Ihr Körper war gezeichnete mit blauen Flecken. Beweise, dass und vor allem, wie er sie berührt hatte. Während die Frauen das Bad bereitet hatten, hatte sie die Zeit genutzt um über ihre Position, die sie mit der Heirat von Barrington eingenommen hatte, nachzudenken. Auf keinen Fall würde sie nur seine Frau sein. Wenn sie schon an seiner Seite sein musste, dann würde sie ihre Stellung auch für etwas Sinnvolles gebrauchen. Sie wusste noch nicht genau, was sie tun wollte oder wie, aber sie würde nicht in diesem Zimmer verweilen und darauf warten, bis er sie besuchen kam, um sein Eherecht einzufordern. Annie wusch ihren Körper gründlicher, als sie es bisher jemals getan hatte. Die Stellen, an denen er sie besonders grob berührt hatte, bearbeitete sie so lange mit einem Schwamm, bis sie ganz wund geworden waren. Selbst ihre Lippen wusch sie, in dem sie immer wieder mit einem Tuch darüber rieb. Als sie schließlich angekleidet war, brachte man ihr ein Frühstück, welches sie kaum anrührte. Sie konnte den Anblick von Essen nicht einmal ertragen. Zu sehr waren ihre Gedanken beschäftig. Jeder zog sie in eine andere Richtung, doch am stärksten war nur der, der sich um ihn drehte. Morgen hatte Barrington gesagt. Das hieß sie würde ihm gefügig sein müssen, wenigstens noch eine weitere Nacht, wollte sie ihren Bruder sehen. Doch ließ er Sophie wirklich ohne weiteres gehen? „Ihr könnt gehen.“, schickte Annie die Frauen weg. Gleich nachdem sie den Raum verlassen hatten, trat sie ans Fenster und öffnete es. Die Luft war an diesem Morgen kühl und sprach von Herbst, auch wenn sie wusste, dass es im Laufe des Tages wieder sehr warm werden würde. So war es zumindest in den vergangenen Tagen gewesen. Annie sah über den Hof. Von dieser Höhe aus, konnte sie das Gelände gut überblicken. Das Tor lag gegenüber und jeder der die Burg verlassen wollte, musste über den Hof gehen, um zum Tor zu gelangen. Wenn sie an dieser Stelle warten würde, würde sie gewiss sehen, wenn Sophie und ihre Angehörigen ihr Gefängnis verließen, sollten sie denn hier eingekerkert gewesen sein. Aber daran zweifelte Annie eigentlich nicht. Sie waren ein zu wertvoller Pfand für Barrington gewesen, um sie anderen zu überlassen. Die Sonne erreichte fast ihren Mittagstand und es war tatsächlich sehr viel wärmer geworden. Die ganze Zeit hatte Annie ihren Platz nicht verlassen, aus Angst es würde geschehen, wenn sie wo anders hinsah. Doch die Ruhe trieb ihre Gedanken nur weiter voran und die Sorge um Draco schien noch größer geworden zu sein, wenn das überhaupt möglich sein konnte. Doch endlich schien sich auf dem Hof etwas zu tun. Sie hörte Stimmen, die etwas riefen, verstand sie aber nicht. Aber sie sah eine kleine Gruppe von Menschen, es waren sechs, die plötzlich eilig über den Hof liefen. Ein paar finster aussehende Männer hinter ihnen, wie Annie erkannte. Sie lehnte sich weiter nach vorn, um auch wirklich alles sehen zu können. Sie brauchte nicht lange darüber nachzudenken, um zu wissen, dass es wirklich Sophie war. Barrington hatte sein Wort also gehalten. Sie spürte selbst, wie überraschte sie war. Annie blickte ihnen hinterher und wünschte sich, dass sich Sophie umdrehen möge. Sie wollte sie noch ein letztes Mal sehen und ganz sichergehen, dass es ihr gut ging. Und als hätte sie Annies Blick auf sich gespürt, drehte sich die Frau, die hinten lief und deren Gang beschwerlicher war, tatsächlich um. Ihre Augen schienen so zu suchen und als sie Annies endlich fanden, erkannte Annie daran Verblüffung aber auch Schmerz. Annie bemühte sich ein Lächeln zu Stande zu bringen und es reichte gerade so lange, bis Sophie von einem der Wachen weiter zum Tor getrieben wurde. Sie beobachtete, wie sie das Tor durchquerten und dieses hinter ihnen wieder verschlossen wurde. Sie trat einen Schritt vom Fenster zurück und sah sich um. Sie brauchte etwas zu tun, dachte sie. Sie würde nicht einfach nur auf ihren Bruder warten können, bis er endlich Zugang zu ihr erhielt. Ihre Gedanken begannen bereits erneut ihre eigenen Wege zu gehen. Barrington hatte zwar sein Wort gehalten und Sophie wirklich recht schnell gehen lassen, aber Alexander sah Annie am nächsten Tag nicht. Auch, wenn sie seinen Besuch des Nachts gefügig über sich ergehen ließ. Ihr Körper schmerzte zunehmend, doch kein Laut war über ihre Lippen gedrungen. Etwas was Barrington wohl nur noch mehr anzutreiben schien. In der darauffolgenden Nacht, forderte er die Ehe gleich dreimal ein. Dies machte es ihr unmöglich zu schweigen. Mit jedem Mal wurde der körperliche Schmerz größer und verdrängte sogar Dracos Bild hinter ihren Augen. Ihr Körper wollte ihn nicht empfangen, sie war nicht bereit dazu. Er musste es gespürt haben. Aber wenn, dann störte es ihn nicht weiter. Annie war sich sicher, dass er das tat, aber Barrington nahm sich trotzdem was er wollte. Sie hatte das Gefühl, als würde sie innerlicht zerreißen. Mehrmals entrann ihr ein Schluchzen. Er schein es falsch zu deuten, denn Tags darauf sah er sie selbstzufrieden an, als er ihr Gemacht betrat und sie gerade angekleidet wurden. „Ich wusste, dass man euch noch einiges beibringen kann. Diese Nacht habt ihr mir schon sehr viel mehr Leidenschaft gezeigt, als die Nächte zuvor. Ich will eure Mühen belohnen und habe einen Boten zu eurem Bruder geschickt. Er wird wohl im Laufe des Tages hier eintreffen.“ Annie bemühte sich ihre Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Dabei war sie so unbändig, dass sie am liebsten vor Freude in Tränen ausgebrochen wäre. Allein die Vorstellung ihren Bruder endlich wieder zu sehen und das noch am gleichen Tag, gab ihr so viel Hoffnung, wie sie schon nicht mehr geglaubt hatte empfinden zu können. Doch nichts davon sprach sie aus und auch ihr Gesicht verriet nichts. Stattdessen verbeugte sie sich leicht und sagte: „Ich danke euch, Mylord.“ „Ihr könnt euch heute Nacht bedanken.“, erwiderte Barrington und dabei stellten sich ihre Nackenhaare auf. Eine weitere Nacht... Annie wusste, dass sie ein Kind von diesem Mann wohl niemals würde lieben können und dennoch wünschte sie sich inzwischen nichts so sehr, wie Schwanger zu werden. Wenn er sie dadurch in Ruhe lassen würde, würde sie alles tun. Der Tag zog sich länger hin, als die anderen beiden zuvor. Mit jedem Atemzug rechnete sie mit Alexanders Erscheinen und jedes Mal war sie umso enttäuschter, wenn sich die Schritte vor ihrer Tür wieder entfernten. Sie saß am Fenster, inzwischen hatte sie dort einen Stuhl hinstellen lassen, und versuchte sich auf das filigrane Muster ihrer Stickarbeit zukonzentrieren. Das Fenster war geschlossen. Es war schon der sechste ungewöhnlich heiße Herbsttag, den sie je erlebt hatte. Ein weiteres Mal hörte sie, wie das große Tor geöffnet wurde. Sie atmete unsicher aus. Sollte sie wieder nachsehen oder einfach warten, bis sich endlich ihre Tür öffnen würde? Was würde sie tun, wenn es wieder nicht ihr geliebter Bruder war, der das Tor durchquert hatte? Doch noch bevor sich eine Antwort darauf gefunden hatte, stand sie auf und sah hinaus. Ihr Herz schlug dreimal so schnell, als sie endlich Alexanders vertraute Gestalt erblickte. Er ritt auf seiner braunen Stute und hatte drei weitere Pferde an den Zügeln gepackt. Es waren alles prächtige Tiere und Annie wusste, dass sie aus seinem eigenen Stall kamen. Wahrscheinlich waren sie das Hochzeitsgeschenk für Barrington. Hastig legte Annie ihre Stickarbeit beiseite und begann nervös im Raum auf und ab zu laufen. Sie hatte sich zwar gewünscht Alexander endlich zu sehen, aber nun da es so weit war, wusste sie nicht, wie sie ihn begegnen sollte. Als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie sich für immer von ihm verabschiedet. Sie setzte sich wieder und versuchte sich erneut in ihre Stickarbeit zu vertiefen. Wenigstens so lange, bis er wirklich an ihrer Tür klopfen würde. Anders konnte sie das Erwarten nicht ertragen. Doch mit jedem Stich den sie durch den Stoff tat, stach sie sich in den Finger. Der Schmerz lenkte sie nur unwesentlich ab, denn jeden Moment rechnete sie damit, dass es bei ihr Klopfen würde. Als es das dann endlich tat, sprang sie regelrecht von ihrem Stuhl auf und bat ihn mit zittriger Stimme herein. Sie erblicke Alexander und in diesem Moment wurde ihr klar, wie glücklich sie wirklich war ihn zu sehen. Endlich, nach so langer Zeit sah sie ein liebvolles Gesicht. Es waren nur ein paar Tage, die sie bereits an diesem Ort weilte, aber es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Gerade wollte Annie zu ihm laufen und ihn umarmen, wie es ihr erster Impuls war, als ihr Blick auf die Kammerfrauen fiel. Offensichtlich waren sie mit Alexander eingetreten und wartete wohl auf einen Befehl von ihr. Ihre Aufdringlichkeit ärgerte sie, auch wenn sie vielleicht nur ihre Arbeit taten. „Ich brauche nichts.“, sagte sie deshalb mit etwas zu scharfer Stimme. „Ihr könnt uns allein lassen.“ Wider verneigten sie sich vor ihr und verschlossen die Tür hinter sich. Annie sah ihren Bruder nun an und war nichts sicher was sie tun sollte. Am liebsten hätte sie ihn immer noch umarmt, aber etwas hielt sie davon ab. Auch sagen konnte sie nichts. Es gab so vieles auf einmal, dass sie nicht wusste, wo sie beginnen sollte. Alexander schien es nicht anders zu gehen. „Ich freue mich dich zu sehen.“, sagte er schließlich. Es war eine formelle Begrüßung. Aber es beruhigte sie irgendwie, dass auch er nicht recht wusste, wie er sich verhalten sollte. Annie nickte stumm, weil sie nichts anderes erwidern konnte. Tränen standen ihr in den Augen und sie bemühte sich vergeblich sie zurückzuhalten. Es war einfach zu viel passiert. Mit wenigen Schritten war er plötzlich bei ihr und schloss sie ohne umschweife in die Arme. „Ich bin so froh dich zu sehen.“, wisperte er gegen ihr Ohr, während die Tränen über ihr Gesicht rannen. „Ich auch. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr. I-Ich...“, schluchzte sie an seine Schulter und lehnte sich noch ein wenig mehr an ihn. Eine Weile standen sie so da und bewegen sich nicht. Alexander strich ihr beruhigend über das Haar, wie er es als Kind oft getan hatte und unter dieser vertrauen Bewegung, sammelte sie sich langsam wieder. „Geht es dir gut?“, fragte er sie unsicher, nachdem ihre Tränen ein wenig versiegt waren. „Ich meine, ... hat er dir wehgetan?“. Anscheinend wusste er nicht, wie er dieses Thema behandeln sollte. „Wie man es sieht.“, antwortete Annie mit trockener Stimme. „Er fordert sein Recht als Ehemann, jede Nacht. Immer und immer wieder.“, sagte sie so leise, dass Alexander es kaum verstand. Doch instinktiv zog er sie noch fester an sich. „Ich habe Sophie gleich heute aufgesucht, nachdem ich erfahren habe, dass du ihn... Er hat sie wirklich gehen lassen.“, sprach er weiter und erinnerte sie somit daran, warum sie dies alles über sich ergehen ließ. „Ja, ich habe gesehen, wie sie den Hof verlassen haben. Wir müssen... Du musst...“, berichtigte sie sich selbst. „Ich weiß. Ich habe bereits mit ihr und ihrer Familie darüber gesprochen. Sie müssen das Land so schnell wie möglich verlassen, solange Barrington keine fadenscheinigen Beweise mehr gegen sie hat. Anscheinend hat er selbst ihre Unschuld bezeugt.“ „Wirst du ihnen helfen?“, fragte Annie ihn. Noch immer lag sie in seinen Armen und wünschte es könnte für immer dort bleiben. So wie sie es sich bei Draco gewünscht hatte. Aber auch dieser Wunsch war nicht in Erfüllung gegangen. „Natürlich. Wir treffen gerade alle nötigen Vorbereitungen. Es wird nicht lange dauern. Sie danken dir von Herzen, Annie. Jeder einzelne von ihnen.“ „Es ist schön zu wissen, dass es ihnen alle gut geht.“ „Ja, nur deinetwegen. Ich habe wirklich geglaubt du würdest mit ihm gehen.“ „Das wollte ich, Alexander.“, sagte Annie ehrlich. „Das wollte ich wirklich. Aber er... er war nicht mehr da. Er ist einfach verschwunden.“ Bei diesen Worten kamen die Tränen zurück und schienen noch mächtiger zu sein, als vorher. „Ich hätte nicht gedacht, dass er es wirklich tut. Ich dachte er wäre selbstsüchtiger.“, murmelte Alexander. Annie schwieg und Alexanders Worte klangen sanft in ihren Ohren. Wie konnte er so von Draco denken, wenn er ihn doch überhaupt nicht gekannt hatte?, fragte sie sich. Er hatte es wirklich getan... Plötzlich stutzte sie. „Was meinst du damit?“, fragte sie ihren Bruder tonlos und sah zu ihm auf. Ihr Gesicht war tränenverschmiert und doch lag Argwohn darin. Alexander wich ihren Blick aus und das ungute Gefühl in ihren Bauch verstärkte sich nur noch mehr. „Alexander, was meinst du damit, du hättest nicht gedacht, dass er es wirklich tut. Hat er so etwas zu dir gesagt?“, fragte sie aufgeregt. Hatte Alexander etwa davon gewusst? Warum hatte er ihr nichts erzählt? Sie hätte verhindert, dass er einfach so gegangen wäre. Sie wären gemeinsam geflohnen. Sie hätte Sophie sterben lassen.... Kälte schüttelte ihren Körper. Jeder Weg, war der Falsche. „Nein, er hat nichts zu mir gesagt.“, antwortete Alexander, wandte sich aber von ihr ab. „Was dann?“, behaarte sie weiter. Ihr Bruder verschwieg ihr etwas, erkannte sie. Sie würde keine Ruhe haben, bis er ihr gesagt hatte, was es war. Vielleicht konnte sie so Dracos Verhalten endlich verstehen. „Annie, du darfst das nicht falsch verstehen, bitte. Nachdem ich bei dir war, habe ich nach ihm gesucht. Ich hatte nicht einmal die Hoffnung, dass ich ihn finden würde, aber das tat ich dann tatsächlich. Ich... Ich habe ihm gesagt, dass es das Beste wäre, wenn er verschwinden würde. Wenn er nicht mehr wäre, müsstest du dich nicht entscheiden und mit der Schuld leben jemanden wehgetan zu haben.“ Ihren Augen waren weit aufgerissen und ihr Mund stand offen. Entsetzen zeichnete sich deutlich auf ihrem Gesicht ab. „Du hast was?!“, schrie sie ihn unterdrück an und ihre Stimme klang dadurch wie ein Fauchen. Sie hatte nicht vergessen, dass sie möglicherweise belauscht wurden. „Annie, bitte, hör mir zu. Ich habe gesehen, wie schlecht es dir ging. Du warst hin und her gerissen zwischen dem was richtig war und dem was du wolltest. Du hättest dir niemals selbst verzeihen können, wenn du mit ihm gegangen wärst und Sophie und ihrer Familie dadurch ein Leid geschehen wäre. Ich war... ich bin überzeugt, dass du ihn irgendwann vergessen wirst. Dass du Menschen vielleicht in den Tod geschickt hast, hättest du niemals vergessen können. Du weißt es genauso gut wie ich und auch er wusste es. Sonst wäre er bei dir geblieben, so wie er es gesagt hatte.“ „Was?“, fragte sie erstaunt. „Er hat gesagt, er könnte dich nicht verlassen und das es allein deine Entscheidung war. Ich habe geglaubt, er würde es nicht tun. Du kannst dir nicht vorstellen, wie überrascht ich heute morgen war, als plötzlich ein Bote von Barrington vor meiner Tür stand und mir sagte, meine Schwester hätte diesen Mann geheiratet.“ Annie sah nach unten. Sie konnte das alles nicht glauben. Alexander hatte Draco dazu gebracht, sie zu verlassen. Wie hatte er das tun können? Wusste er denn nicht... „Du irrst dich.“, sagte sie mit leiser Stimme, als würde ihr die Kraft zum sprechen fehlen. „Ich kann ihn niemals vergessen. … Warum hast du das überhaupt getan? Du wolltest meine Entscheidung akzeptieren. Du wolltest eine anderen Lösung finden.“ „Es tut mir leid, Annie.“ Alexander seufzte schwer, als würde er die nachfolgenden Worte nicht aussprechen wollen. „Ich... Susan und ich versuchen schon seit unserer Eheschließung ein Kind zu bekommen.“. Überrascht sah sie ihn an. „Das habe ich nicht gewusst.“, antwortete sie leise. „Das konntest du ja auch nicht. Bisher hat es auch nicht geklappt, aber... nachdem du und... er da wart, da hat mir Susan anvertraut, dass sie möglicherweise Schwanger ist. Sie wusste, dass etwas nicht in Ordnung war und sie war besorgt um das Kind.“ „Oh, Alexander... das ist... Ich meine, ich wusste nicht, dass...“ „Sie ist nicht schwanger.“, unterbrach er sie etwas zu heftig. Zu Spät erkannte Annie seinen Schmerz. „An dem Tag, als ich bei dir war und mit ihm geredet habe, hat sie mir am Abend erzählt, dass wir uns wieder umsonst Hoffnung gemacht haben. Es war ein Irrtum. Ich war tiefbetrübt und ich habe nicht weiter an das Gespräch mit ihm gedacht. Ich glaubte ja auch, dass er seine Meinung nicht ändern würde. … Es tut mir wirklich leid, dass ich ihn ohne dein Wissen aufgesucht habe. Aber ich hätte unmöglich, das Leben meines ungeborenen Kindes in Gefahr bringen können. Ich hielt es für das Beste. …Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“ Annie trat zurück und sah wieder aus dem Fenster. Sie wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, was sie überhaupt denken sollte. Ihre Augen suchten den Wald, der in weiter Ferne lag. „Natürlich.“, wisperte sie schließlich. „Es tut mir leid, dass es nicht so war, wie du und Susan gehofft habt. Ich verstehe dich.“, vergab sie ihrem Bruder. Schweigen trat zwischen ihnen ein. Jeder der beiden dachte über das nach, was er gerade erfahren hatte. Sie wusste, dass es Alexander ehrlich leid tat, deswegen konnte und wollte sie ihm nicht länger böse sein. Er hatte an seine Familie gedacht. Daran war nichts Falsches. „Ist er bei dir?“, stellte sie ihm endlich die Frage, die sie von Beginn an hatte stellen wollen. Gleich würde sie Gewissheit haben. Irritiert sah Alexander sie an. „Wer?“ „Draco.“, sagte sie mit laut klopfendem Herzen, aber noch leiserer Stimme. Das konnte nicht... „Draco?“, fragte er verwundert und schien die Frage nicht recht glauben können. „Nein. Warum sollte er?“ „Er ist nicht bei dir?“ In ihren Augen spiegelte sich entsetzliche Angst. Es war die einzige Hoffnung, an die sie sich geklammert hatte. Erst jetzt erkannte sie, wie dumm dieser Gedanke doch war. Warum sollte Draco auch Alexander aufsuchen. Nachdem, was sie gerade erfahren hatte, würde er das niemals tun. „Aber er...“ Ihr Atme ging hektisch und ihre Gedanken rasten. „Annie, was ist los? Wenn er sich entschieden hat, ohne dich zu gehen, dann wird er auch gewusst haben, wo er hin wollte.“, versuchte Alexander sie zu beruhigen. Panisch schüttelte sie den Kopf. „Woher soll er dass denn wissen?“, fragte sie und ließ ihre Angst die Oberhand gewinnen. Ihr ganzer Körper bebte und ihr Gesicht zeigte die gleiche Blässe, die er vor wenigen Tagen schon einmal bei ihr gesehen hatte. Ihre Beine konnten sie nicht mehr tragen und sie sank auf den Boden. Alles um sie herum begann sich schwarz zu färben. Wo war er? Wie hatte sie diese Dummheit auch nur einen Moment glauben können? Ganz einfach, gestand sie sich ein. Weil sie es glauben wollte und weil Alexander der einzige Mensch war, den Draco noch kannte. Sie spürte, wie Alexander noch einmal die Arme um sie legte und sie an seinen Körper zog. „Annie, ich versteh nicht ganz. Warum sollte er ausgerechnet zu mir kommen? Vielleicht ist er in eine andere Stadt gegangen. Vielleicht lebt er auch irgendwo allein.“ Doch seine Worte schienen genau das Gegenteil zu bewirken. Statt sie zu beruhigen, wurde ihr Zittern noch schlimmer. Alexander konnte dies ganz und gar nicht nachvollziehen. „Annie, warum sollte das nicht möglich sein. Er ist erwachsen. Er wird schon in der Lage sein für sich selbst zu sorgen.“, redete er weiter auf sie ein. „Nein, dass kann er nicht.“, brachte sie mit heißerer Stimme hervor. „Warum nicht?“ „Er kann einfach nicht, Alexander! Er kann nicht. Er hat es nie gelernt!“ „Annie, ich...“ „Bitte, du musst ihn finden!“ Ihr Anblick erschreckte ihn. Noch nie hatte er diesen Ausdruck auf ihrem Gesicht gesehen. „Aber, Annie, ich bin sicher...“ „Nein, Alexander hör mir doch zu. Er kann nicht allein sein. Er weiß nicht, wie es geht. Bitte, ich bitte dich, finde ihn. Nimm ihn mit zu dir. Kümmere dich um ihn. Aber lass ihn nicht allein! Er kann nicht allein leben. Bitte... bitte suche ihn und... Ich flehe dich an, finde ihn.“ Alexander sah schweigend auf seine Schwester herab, unschlüssig was er tun sollte. „Wirst du mir erzählen warum?“, fragte er sie dann. Annie schüttelte den Kopf und verbarg das Gesicht hinter den Händen. „Ich habe etwas Furchtbares... Finde ihn. Bitte finde ihn.“, wiederholte sie ihre Worte abermals. Alexander rang sich schließlich zu einem Nicken durch. „Noch heute! Fange noch heute damit an. Bitte... Du darfst keine Zeit verlieren. Er kann nicht a-“ „Annie?“ Dumpf hörte sie seine so wohl bekannte Stimme, dann wurde alles schwarz und das Nichts schien sie zu verschlingen. Die Sonne stand hoch. Nicht mehr lange, dachte er. Nicht mehr lange und er würde von diesem Leben befreit sein. Endlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)