Northern Lights von abgemeldet (sic transit gloria mundi) ================================================================================ Kapitel 1: One - Tabula Rasa ---------------------------- NORTHERN LIGHTS Sic transit gloria mundi 1 TABULA RASA (“Unbeschriebene Tafel”, sinnbildlich für “Neuanfang”) “In this big world I'm lonely, for I am but small, Oh angels in heaven, don't you care for me at all? You heard my heart breaking for it rang through the skies, So why don't you sing me lullabies..?” (Kate Rusby- Who will sing me lullabies) Matt hatte sich sein T-shirt bis über Mund und Nase gezogen - aber es half nichts. Der widerlich süße Geruch der Verwesung hing in der stickigheißen, stehenden Luft im Tunnel und raubte ihm fast die Sinne. Zweimal hatte er sich bereits fast übergeben müssen, als er an Stellen vorbei kam, an denen der Leichengeruch besonders stark war. Das eine Mal als die Tür eines Buses (über den er beim besten Willen nicht hatte drüberklettern können - er hatte sich seitlich an ihm vorbeizwängen müssen) offen stand und den Gestank seiner etwa 10 vor sich hin faulenden Insassen besonders intensiv abgab. Das andere Mal als er fast über einen Bernhardiner gestolpert wäre, der mit aufgerissener Bauchhöhle und weiteren kleineren Verletzungen auf der Motorhaube eines kleinen Jeeps lag. Der Hund war wohl noch nicht lange tot, denn der Geruch, der von ihm ausging war noch relativ frisch. Eine Weile war Matt dagestanden und hatte auf das Tier herabgeblickt. Er sah aus als hätte er mit einem anderen Hund (eher einem ganzen Rudel) gekämpft und war dann zum Sterben hierher gekommen... Wie der Hund es allerdings geschafft hatte so verwundet auf die Motorhaupe zu springen, und vorallem wieso der es getan hatte, anstatt einfach auf dem Boden zusammenzubrechen, vermochte Matt sich nicht vorzustellen... Respektvoll war er um den toten Hund herum gestiegen und hatte seinen Weg fortgesetzt, nachdem seine Übelkeit etwas abgeklungen war... Der Rothaarige lief jetzt sicher schon eine halbe Stunde in der zwielichtigen Dunkelheit des Tunnels über Autodächer, und langsam taten ihm die Beine weh. Denn so schlank er auch war, seinem Muskelaufbau war sein größtes Hobby nicht grade dienlich gewesen. Den ganzen Tag vor irgendwelchen Spielekonsolen zu sitzen und Monster abzuschlachten oder illegale Autorennen zu gewinnen, war ebenso wie das Rauchen eher hinderlich, wenn man sich eine gute Kondition antrainieren wollte... Aber an sowas wie Sport hatte Matt nie einen Gedanken verschwendet - warum auch? Er war ja nicht fett. Was zum Teil wohl auch daran lag, dass er mit einer Schachtel Kippen auch mal den ein oder anderen Tag ohne Essen auskam... Seine Knie schmerzten höllisch von dem ständigen Auf und Ab, und im Moment musste er wirklich dagegen ankämpfen sich einfach auf dem nächstbesten Autodach niederzulassen und Pause zu machen- wahrscheinlich trieb allein der Verwesungsgestank ihn weiter... Das und die Tatsache, dass er einen leichten Luftzug im Haar spürte. Und das konnte nur eins bedeuten: Das Ende des Tunnels war nah... Verdammt! Verdammt! Verdammt! Verdammt! Leicht nervös wischte er sich eine seiner langen, blonden Strähnen aus dem Gesicht und ließ den Blick über die Halterungen an der Hand gleiten. So viele gottverdammte Waffen, welche sollte er nehmen? Mello hatte nicht mal eine Ahnung, welche Projektile für welche Waffen geeignet waren. ‘Wo war nur ein Verkäufer, wenn man mal einen brauchte?’, dachte er ironisch. ‘Wo? Wahrscheinlich rottet er irgendwo in einer Seitengasse vor sich hin und die einzigen Kunden, die jetzt noch was von ihm haben, sind die Maden, die sich über seine Innereien hermachen..’ Langsam sank sein Blick auf die Glasvitrine vor ihm herab... Vielleicht war eine einfach Handfeuerwaffe besser als eins von den Gewehren oder den Automatikschusswaffen... So eine hatte er wenigstens schon mal in der Hand gehabt (auch wenn er damals nur auf eine Zielscheibe geschossen hatte). Er leckte sich über die trockenen Lippen. Okay, ruhig. Warum stressen? Er hatte Zeit, oh ja..alle Zeit der Welt. Eine Stunde mehr oder weniger war auch schon egal. Scheißegal. Was Mello allerdings nicht scheißegal war, war die Tatsache, dass er Angst hatte. Und deswegen wollte er so schnell wie möglich weg hier - er musste nicht, aber er WOLLTE. Der Gedanke daran, der einzige noch lebende Mensch in dieser bombastischen Stadt zu sein, machte ihn wahnsinnig. Seit 3 Tagen hatte er niemanden gesehen der noch am Leben war. Die meisten waren schon lange vorher aus der Stadt geflüchtet, viele waren auf der Flucht gestorben..und die wenigen, die bis zum Ende hier geblieben waren, verwesten jetzt in der heißen Sommerluft in ihren Häusern und Wohnungen, in Parks und auf den Straßen. Einzig die meisten Hunde und Katzen schienen gesund zu sein... und die Vögel. Von den anderen Tieren konnte er das nicht genau sagen; die Reptilien in dem Zoogeschäft an der großen Kreuzung waren tot. Aber die konnten natürlich auch verhungert sein, jetzt da niemand mehr sie fütterte.... Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Verfickt! Tausende Male hatte er sich gewünscht allein zu sein. Irgendwo zu sein, wo ihn niemand nervte, wo niemand versuchte ihm etwas vorzuschreiben..und jetzt.. Tja, jetzt hat sich dein Wunsch erfüllt - Herzlichen Glückwunsch! Mutterseelenallein zwischen Hochhäusern und Leichen... Die Nächte waren am schlimmsten. In der Dunkelheit des teuren Hotelzimmers auf Seidenlaken zu liegen und nicht schlafen zu können. Seinem Atem, dem einzigen Geräusch in der Stille, lauschend. Trotz der schwülen Hitze, fröstelnd... bis irgendwann die Müdigkeit kam und ihn gnädigerweise einige Stunden traumlosen Schlaf bescherte. Schlaf der ihn wenigsten eine Weile von den Gedanken ablenkte, die die Einsamkeit in ihm säte. Leicht zittrig seufzend fuhr Mello sich mit den Finger durch sein blondes Haar und biss sich auf die Unterlippe, die blauen Augen immer noch auf die Pistolen in der Glasvitrine gerichtet. Nein, mit so einer würde er sich nicht sicher genug fühlen... zu klein. Lack of Destruction... Er streckte sich etwas und nahm eine der Waffen, die Ähnlichkeit mit einem Maschinengewehr hatte, aus ihrer Wandhalterung. Die würde er brauchen - denn das hier war eine Ausnahmesituation. Und in Ausnahmesituationen wurden aus braven Kleinstadtbürgern plündernde und mordende Survival-Einzelkämpfer. Und Mello gab sich keiner Illusion hin - er war vielleicht der letzte Überlebende in dieser Stadt, aber die Welt war groß... Es gab sicher noch andere die sich von dieser verschissenen Grippe nicht hatten unterkriegen lassen... Er erinnerte sich noch genau wie das alles angefangen hatte. An diesen einen winzigen Zeitungsartikel, in dem eigentlich nichts weiter stand, als das man sich vor einer offensichtlich grasierenden Frühjahrsgrippe in Acht nehmen sollte. Nichts außergewöhnliches. Keinen Monat später war die Hälfte der japansichen Bevölkerung von der “Frühjahrsgrippe” betroffen.. Einige starben daran, und aus diesen einigen wurden immer mehr.... Mit den Händen in den Hosentaschen stand Matt auf dem Dach eines alten Peugeot und starrte den anderen Jungen an. Obwohl er sicherlich höchstens ein, zwei Jahre jünger war als er selbst, hatte der andere Haare, die ebenso schlohweiß waren, wie das etwas zu weite Hemd, das er trug. Und selbst seine Jeans waren so verwaschen, das sie gräulich-weiß erschienen. Das einzig dunkle an seiner Erscheinung waren die tiefbraunen Augen im blassen Gesicht, deren Blick ausdruckslos an den Legosteinen heftete, mit denen er spielte. Er saß mitten auf der asphaltierten Straße keine 5 Meter von dem Auto entfernt auf dem Matt stand und baute erstaunlich detailierte Gebäudekomplexe aus den bunten Kunststoffbauklötzen. Doch er schien Matt noch nicht bemerkt zu haben. “Hey..”, meinte der Rothaarige und sprang einigermaßen lässig von dem klapprigen PKW - was ihm seine Knie allerdings ziemlich übelnahmen, sie schmerzten immer noch wie die Hölle. Aber immerhin hatte er diesen grässlichen Tunnel hinter sich gelassen.. Der andere hob den Blick und musterte den Näherkommenden ausdruckslos. “Ganz alleine hier...?”, fragte Matt als er einige Schritte von ihm stehenblieb. Dann fiel ihm auf, das dieser Spruch sogar in dieser absurden Situation wie ein schlechter Anmachspruch klang. “Ja..” Die Stimme des weißhaarigen klang ein wenig, aber nur ein klein wenig feminin. Irgendwie kam Matt sich vor, als würde er mit einem Kindergartenkind sprechen, denn die dunklen Augen des Anderen waren bereits wieder auf sein Spielzeug gerichtet, mit dem er unbeirrt weiterbaute. “Hast du auch nen Namen?”, fragte der Rothaarige, wischte sich die Hände an seinem schwarz-rot gestreifeten Longsleeve ab und angelte sich seine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. “Ich bin Matt..”, kam seinen eigene Vorstellung etwas genuschelt, da er sich bereits einen der Nikotinstängel zwischen die Lippen geschoben hatte. Eine gute Minute verstrich, ohne dass der andere antwortete. “Was is?” Matt ging neben dem Jungen in die Hocke. “Hast du keinen Namen oder was?” Wieder keine Antwort. Ohne Matt auch nur zu beachten baute er ungerührt an etwas das einer europäischen Kirche ähnelte. Matts Blcik fiel auf eine filigrane Silberkette mit einem winzigen “N”-Anhänger, die der Weißhaarige um den schmalen Hals trug. “N, also.. Dann nenn ich dich eben nur N... oder ich such mir n coolen Namen mit N für dich aus..” Er ließ sich von der Hocke in den Schneidersitz fallen und seine schmerzenden Beine, dankten ihm für die Pause. “Nostradamus..zum Beispiel..oder Nemo.. Neko...Ned...” Er nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette. “Oder einfach Near.... Du sitzt NAH am Tunnel..also bist du ab jetzt Near...” Der Blick des anderen striff für einen Moment den von Matt und wandte sich dann wieder den Lego- steinen zu. Offensichtlich gab es keine Einwände. Eine Weile saßen sie so schweigend beieinander - Matt rauchte seine Zigarette, und ‘Near’ hatte die Kirche fertiggestellt und war nun dabei ein Ein-Familien-Haus anzufangen. Irgendetwas in dem Rothaarigen trieb ihn zum weitergehen an... aber er wollte nicht. Seine Beine hatten sich zwar wieder etwas erholt... aber er hatte Angst davor weiterzugehen. Das zu tun, wozu er überhaupt hierher gekommen war... Es wäre sowieso unrealistisch sich Hoffnung zu machen, das hatte er von Anfang an gewusst. Wie hoch stand schon die Chance das ausgerechnet ER ebenfalls immun sein sollte..? Seine Finger zitterten. Fuck... Er drückte die fast bis zum Filter aufgerauchte Zigarette auf dem Asphalt neben sich aus. Verfickte Scheiße.. “Gibt es noch andere Überlebende außer dir, Near?”, fragte er und seine Stimme klang unbeteiligt. Als würde er sich nur nach einem belanglosen Fakt erkundigen. Ohne aufzublicken zuckte der Andere mit den Schultern und setzte den Schornstein auf das Hausdach. Wortlos erhob Matt sich und klopfte sich den Straßenstaub von der Hose. Dann zog er die Fliegerbrille, die er ihm Haar trug wieder auf seine Augen. Er wünschte er hätte eine Playstation Portable dabei..oder nur einen alten großen, grauen Gameboy..Hauptsache etwas das ihn von seinen Gedanken ablenkte... “Kommst du mit..oder bleibst du hier?” Er blickte Near von oben herab an und sein Gesicht war nun ebenso ausdruckslos wie das des Weißhaarigen. Einen Moment stutzte Angesprochener in der Bewegung, dann legte er den Legostein den er zwischen den Fingern hielt, wieder zu den anderen losen Steinen auf die Straße. “Wohin?”, fragte er leise, aber er erhob sich, und sah Matt dann geradeheraus an. Ein paar Sekunden lang herrschte Stille, eine gespenstische Stille angesichts dessen, dass das hier bis vor ein paar Tagen noch eine mehr oder minder florierende Großstadt gewesen war... jetzt hörte man nicht mal mehr einen Hund bellen. “Andere Immune suchen...”, meinte er dann nur und ging voraus... Mit einem Ledergürtel versuchte Mello das, er nannte es einfach mal “Maschinengewehr”(auch wenn es nur entfernt Ähnlickeit damit hatte), an seinem Motorrad zu befestigen. Zusammen mit Proviant und ein paar Klamotten würde das Ding das einzige sein, was er mitnahm. Und die Patronen natürlich- Er hatte einfach welche mitgenommen, die so aussahen als würden sie passen. Wenn er die Städte und Dörfer mied und sich auf entlegenen Landstraßen hielt würde er die Waffe vielleicht gar nicht brauchen.. Eine naive Hoffung, aber was sollte es... Er hatte sich vielleicht doch etwas zu viel Zeit gelassen, die Sonne stand schon tief, malte lange Schatten auf den Asphalt und tauchte den Himmel in ein sattes Orange-gold. Aber vielleicht war in der Nacht fahren gar nicht so schlecht... Mello zuckte zusammen. Schritte... Schritte? ... “It’s not too late, It’s never too late..” (3 Days Grace - Too late) ___________________________________________________________________________ Okay -.- da mein PC gesponnen hatte, hab ich die erste version dieses Kapitels verloren und musste es nochmal schreiben, das Ergebnis habt ihr gerade gelesen (als ob das hier jemand lesen würde XD außer vllt du MrsSueKapranos *wink* und das auch nur um nett zu sein xDD egal..) nächstes Mal wird es vllt etwas klarer, wegen der Grippe und so.. naja.. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)