Chouchou von Wolkenfee ((französisch für "Schatz/Liebling")) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Sonntag war zum Glück frei, denn in diesem Zustand hätte ich auf keinen Fall eislaufen können. Ich schwebte immer noch auf Wolken und tat den ganzen Tag nichts sinnvolles, sondern lief mit verklärtem Gesichtsausdruck durch die Wohnung, was Emilie seltsamerweise nicht störte, im Gegenteil, sie freute sich. Montag hatte ich mich glücklicherweise wieder halbwegs gefangen, sodass ich zum Training gehen konnte. Dort stelle uns Jerome unsere Teamchoreographen Alexia und Francine vor und erklärte, dass jede von ihnen zwei Paare übernehmen würde. Dann teilte er uns ein und meine Partnerin wurde Xiao Mei, eine chinesischstämmige Kanadierin. Ich kannte sie im Moment noch nicht wirklich, aber das würde sich ja nun ändern. Außerdem waren auch Brandon und Josy in unserem Team, das Alexia übernehmen würde. Diese verkündete dann auch: „So, wir kennen uns ja noch nicht wirklich, deshalb schlag ich vor, dass wir erstmal was zusammen unternehmen, um uns besser kennenzulernen. Also, wir treffen uns heut Abend bei mir. Und jetzt zeigt mir mal, was ihr könnt, damit ich mir ein Bild machen kann!“ Abends stand ich dann also zusammen mit Brandon vor der Tür von Alexias Wohnung. Ich war froh, dass wenigstens er in meinem Team war. Da kannte ich schonmal jemanden. Alexia öffnete uns. „Kommt rein, kommt rein! Einfach hier lang, die anders sind schon da!“, erklärte sie während sie uns den Weg zeigte. Im Wohnzimmer saßen Josy und Xiao Mei auf der Couch und sahen ungefähr so unsicher aus, wie ich mich fühlte. Brandon und ich setzen uns also dazu und ich bemerkte, dass Alexia wohl Fondue machen wollte. Dieser Eindruck bestätigte sich, als sie noch einige Schüsseln rein trug und sich dann zu uns setze. Lachend meinte sie: „Leute, ihr sitzt da rum wie bestellt und nicht abgeholt! Ja, okay, wir kennen uns noch nicht wirklich, aber darum sind wir ja hier! Nehmt euch was zu essen, fühlt euch wie zu Hause! Fangt einfach an!“ Nach einem kurzen Moment der Stille überwand ich mich schließlich und spießte begleitete von einem „Äh, danke“ ein Stück Fleisch auf, um es in das heiße Fett zu tauchen. Auch die anderen machten es mir nach, doch noch immer hatte niemand etwas gesagt. Alexia schüttelte den Kopf. „Oh Mann, ich wollte eigentlich kein dummes Kennlernspiel machen, also muss ich euch irgendwie anders aus der Reserve locken. Wie wär’s damit? In drei Wochen fahren wir nach Tokyo, um an einer Gala teilzunehmen!“ Mit großen Augen starrten wir sie an, dann sagte Brandon: „Das ist nicht dein Ernst!“, während Josy nur ein „Echt jetzt?“ rausbekam. Xiao Mei wandte sich mir zu. „Oh wow, das wird so cool! Wir müssen unbedingt gut sein! Ich meine, du bist bestimmt gut, aber passen wir überhaupt zusammen? Ich kenn dich ja gar nicht!“ Ich grinste. „Lässt sich ja ändern!“ So war das Eis also gebrochen und ich unterhielt mich mit Xiao Mei über alles Mögliche während wir munter Fleisch brutzelten. Wir verstanden uns sehr gut und kamen zu dem Schluss, dass es mit uns als Team funktionieren würde. Es wurde also ein sehr lustiger Abend. Nach dem Essen schlug Alexia vor, Tabu zu spielen, was für sehr viel Gelächter sorgte, vor allem, als Brandon versuchte, „ein Klavier stimmen“ vorzumachen und damit irgendwie überhaupt nicht klarkam. Dienstagmorgen waren wir also alle nicht ganz fit, aber Alexia, die selbst nicht wirklich ausgeschlafen wirkte, zeigte kein Erbarmen. Nach dem Training hatte ich dann endlich wieder Zeit, ins Kaffee zu gehen, doch zu meiner großen Enttäuschung war Mathieu nicht da. Sollte ich ihn anrufen? Ich war mir nicht sicher. Andererseits, was sprach schon dagegen? Nach einigen sinnlosen Hin- und Herüberlegen entschied ich mich schließlich dafür. Nervös und etwas aufgeregt wählte ich seine Nummer und nach dem vierten Klingeln meldete er sich. Unwillkürlich musste ich lächeln. „Hi, hier ist Jamie!“ „Oh, äh, hi! Warte mal kurz!“ Ich hörte, wie er irgendwas auf so schnellem Französisch, dass ich es nicht verstand, sagte und eine Frauenstimme im Hintergrund antwortete. „Hast du Besuch?“, fragte ich deshalb, obwohl das ja eigentlich klar war. „Ähm, ja… eine Freundin… ihr geht’s im Moment nicht so gut, deshalb…ähm, hat sie hier übernachtet“, erklärte er. „Also, was gibt’s?“ „Nichts besonderes eigentlich. Ich bin gerade im Café, aber du warst nicht da, also dachte ich, ruf ich mal an.“ Irgendwie klang das ziemlich doof, was Mathieu aber wie so oft überhaupt nicht zu stören schien. „Stimmt, wir haben uns auch lange nicht gesehen! Wollen wir was unternehmen? Sonntag hast du doch frei, oder? Was hältst du von schwimmen gehen?“, schlug er vor und ich stimmte zu. „Gut. Vorher sehen wir uns ja sicher nochmal. Morgen arbeite ich wieder“, erzählte er und meinte dann: „Du, ich würd wirklich gerne noch mit dir reden, aber…“ „Ja, natürlich, dein Besuch!“, fiel mir wieder ein. „Kein Problem! Bis morgen dann!“ Leider hatte ich die nächsten Tage so viel mit dem Training zu tun, dass es für mehr als am Café vorbeigehen und winken nicht reichte. Als er mir am zweiten Tag eine Kusshand zuwarf, wäre ich fast schon wieder gegen die Säule gelaufen. Diesmal war es Xiao Mei, die mich rettete. Lachend meinte sie: „Da ist aber jemand sehr verliebt!“ Lächelnd sah ich zu Boden. „So offensichtlich?“ Sie nickte grinsend. „Schon, ja.“ Schließlich war endlich Sonntag und ich stand vorm Schwimmbad und wartete auf Mathieu. Nach kurzer Zeit kam er dann auch an, begrüßte mich mit einem „Hi, chouchou!“ und küsste mich auf die Wange und ich schwebte sofort auf Wolken. Er hatte mich schon wieder „Schatz“ genannt! Ich lächelte glücklich und wir betraten das Schwimmbad. Kurze Zeit später standen wir umgezogen in der Schwimmhalle und sahen uns neugierig um. Es war ein sehr großes Spaßbad, in dem es Rutschen, Whirlpools, Wellenbecken und noch so einiges anderes zu entdecken gab. Lächelnd wandte ich mich an Mathieu: „Also, wohin zuerst?“ „Hm…“ Er überlegte und meinte dann: „Rutschen?“ Begeistert nickte ich. Ich liebte Rutschen! Das bewies ich ihm auch ziemlich schnell und wir hatten sehr viel Spaß und machten uns wohl auch einige Leute zu Feinden, da wir rückwärts, auf dem Bauch, kniend und in sonstigen verrückten Konstellationen rutschten. Lachend und prustend lagen wir nach unserer ich-weiß-nicht-wie-vielten Partie im Auffangbecken und ich erklärte außer Atem: „Ich brauch ´ne Pause!“ Mathieu nickte zustimmend, also begaben wir uns erstmal zu den Liegen, die am Rand des Wellenbeckens standen. Zuerst jedoch beschloss ich, die Toilette aufzusuchen. Als ich zurückkam, war Mathieu in ein Gespräch mit einem – wie ich leider zugeben musste – ziemlich attraktiven Kerl vertieft. Ich blieb erstmal in einiger Entfernung stehen und beobachtete die Beiden. Flirteten sie etwa? Mathieu zumindest lächelte gerade und dieser andere Kerl sah in eindeutig anhimmelnd an. Ich wollte schon wütend werden, als mir auffiel, dass das bestimmt auch mein Gesichtsausdruck war, wenn ich Mathieu ansah. Das machte das ganze natürlich nicht besser und ich ging schließlich doch auf die Beiden zu. Mathieu drehte sich zu mir und lächelte. „Hey! Das ist Jeremy, ein Bekannter. Jeremy, das ist Jamie.“ Aha, ein Bekannter also. Und ich war ohne Erklärung? Bedeutete das jetzt irgendwas? „Hi, Jeremy“, sagte ich also und konnte ihn sofort nicht leiden, was natürlich absolut nichts damit zu tun hatte, dass er Mathieu angehimmelt hatte. Jeremy begrüßte mich nun also auch nicht gerade begeistert und ich bemerkte an seinem Blick, dass auch er eine spontane Abneigung gegen mich hatte und natürlich auch warum. Lustig, wie viel man in so kurzer Zeit über einen völlig fremden Menschen erfahren konnte. Leider – für mich natürlich glücklicherweise – musste Jeremy zurück zu den Leuten, mit denen er da war. Tja, schade. So hatte ich Mathieu jetzt wieder für mich und wir entschieden uns, in den Whirlpool zu gehen. Dieser war von Palmen und anderem Gesträuch umgeben und somit vom Rest des Schwimmbads aus nicht einsehbar. Schön privat also. Und zu meinem Glück war auch sonst niemand dort. Lächelnd setzte ich mich und genoss die Massage des angenehm warmen Wassers. Mathieu betrachtete mich einen Moment lang leicht amüsiert und meinte dann: „Du magst wohl Whirlpools, was? Wusste ich gar nicht!“ Ich lachte. „Da gibt’s vieles, das du nicht weißt. Aber wo wir gerade beim Thema sind: Ich weiß noch viel weniger über dich!“ Er nickte. „Hm, stimmt. Was willst du denn wissen?“ Alles natürlich! Was für eine Frage! Das sagte ich aber natürlich nicht, sondern stattdessen: „Ich weiß nicht. Irgendwas. Was willst du mir denn erzählen?“ „Hm… Was will ich dir erzählen?“ Mathieu grinste und tat so, als müsste er überlegen. „Also, ich bin 23…“ Langsam rutschte er zu mir rüber. „…ich studiere Sportmedizin, kellnern ist also nur ein Nebenjob…“ Er legte sanft eine Hand an meine Wange und ich lächelte. „…und ich finde dich süß!“ Damit küsste er mich und mir war sofort absolut egal, dass ich nicht gerade viel über ihn erfahren hatte. Das hier war im Moment sehr viel wichtiger und interessanter! Vorsichtig erwiderte ich den Kuss und Mathieu zog mich näher an sich… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)