dark blue von bells-mannequin (es steckt herzblut drin.) ================================================================================ Kapitel 4: zusammentreffensblau ------------------------------- zusammentreffensblau Plötzlich streifte Stirn an Stirn, Streifte Wang' an Wange. Taumelnd ward mir's im Gehirn, Und die Brust schlug bange. „A-arigato“, murmelte Hinata zu dem netten jungen Mann, der ihr geholfen hatte, ihren Koffer in die Gepäckablage zu hieven. „Kein Problem“, lächelte dieser und setzte sich ihr gegenüber hin, bevor er ein mitgenommenes blau eingeschlagenes Buch aus seiner Tasche zog und an einer Stelle, die mit einem Eselsohr markiert war, weiterlas. Hinata wurde ohne Grund rot und sah verlegen aus dem Fenster, während sie sich bemühte, sich unsichtbar zu machen. Dann blickte sie in ihren Schoß, auf ihre zitternden Hände und ließ ihre Haare wie einen kaskadenförmigen Schleier vor ihr Gesicht fallen. Sie seufzte leise. „Was gibt es denn zu ächzen, schöne Dame?“, grinste ihr Gegenüber spitzbübisch, aber in seinem Blick war ein merkwürdiger Scharfsinn zu sehen. Einen Moment weiteten sich ihre Augen in erschrockener Furcht vor einem Gespräch, doch dann sah sie Hanabis und Narutos Lächeln, und stotterte: „Ich… i-ich fahre zu m-meiner Fam-… zu meinem Vater.“ Sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Irgendjemand tot?“ Hinata hatte vor vielem auf der Welt Angst, vor so vielen Dingen, dass sie sie nicht mehr zählen konnte, aber Unverblümtsein gehörte definitiv nicht dazu. Nicht mehr. „So ähnlich.“ „Mein Name ist Sen.“ „H-hyuga Hinata.“ Sen stieß einen anerkennenden Pfiff aus. „Hyuga wie in Hyuga-Companies?“ Sie nickte verlegen. „Nicht schlecht“, sagte er im blasierten Ton eines Neureichen, der sich davon beeindrucken ließ. Sie starrte ihn an. Und kicherte los. Sie gluckste so sehr, dass sie Schluckauf bekam, und irgendetwas Fröhliches rumorte in ihrem Bauch, als sie Sens weiches Lachen hörte. „Und du machst wirklich bei der japanischen Meisterschaft mit?“ Sen starrte sie an, als sei sie etwas Besonderes. Es war schon sehr lange her, dass dies geschehen war. Gott, Hinata, du bist das zauberhafteste, beste Mädchen, was es auf dieser großen, weiten Welt gibt! „N-nein, nur bei der Auswahl – au-außerdem hat sich das eh erledigt, weil mein Vater mich… zu sich holt. Ich werde nicht üben können und außerdem-… hasst er es. Er hasst es, dass ich Rhythmische Sportgymnastik und ‚d-dumme Kindereien’ veranstalte.“ Er runzelte die Stirn: „Und du lässt dich davon einschüchtern?“ Ja, das tat sie. Aber er kannte ihren Vater nicht, Sen kannte ihn kein bisschen. Sie kannte ihn kein bisschen. Ihr Vater war immer ein Mysterium gewesen, das sie sich nicht getraut hatte, erforschen zu wollen, und jetzt schien er sie zu verabscheuen und sie konnte es vollends verstehen. Dieser junge Mann, Sen, schien mit seiner Stimme, seiner Art, seinem Lächeln ihr Leben bis ins kleinste Versteck durchleuchten zu können, während er dabei selbst aus Höflichkeit die Augen schloss, sodass sie es allein verstehen lernen konnte. Aber alles, was sie sah, war wirr und unverständlich, und so ließ sie ihren Blick zum Fenster wandern und fokussierte die kleinen Regentropfen, die sich fast horizontal auf der Glasscheibe bewegten. „Ich bin müde“, sagte sie nur. Und Sen antwortete nichts. Was gab es auch schon groß zu reden? „Hinata“, hörte sie ein leises Rauschen neben ihrem Ohr. „Hinata…“ Sie presste die Augenlider aufeinander, bemühte sich, die Stimme ihrer Schwester auszublenden. „Hinata, dein Bahnhof wird in drei Minuten erreicht.“ „Was?“ Sie schreckte hoch, ihre großen Rehaugen in Schock aufgerissen. Sens Gesicht lächelte amüsiert, nur zehn Zentimeter vor ihrem. „Es sind noch d-dreißig Minuten, habe ich Recht?“, seufzte Hinata. Sen zuckte reuelos grinsend die Schultern: „Nur siebenundzwanzig, aber ich glaube, das, was du meinst, habe ich verstanden.“ Sie sah aus dem Fenster und hinter den dunklen Wolken und den großen Tropfen sah sie ihr müdes Gesicht mit den dunklen Augenringen und den unordentlichen Haaren. Sie kramte nach ihrer Handtasche, stand auf und zog die Tür ihres Abteils auf: „Ich g-geh mich frisch machen.“ Sens Blick glitt prüfend über ihren Körper, bis hin zu ihrem rot anlaufenden Gesicht. „Du bist auch jetzt schon hübsch.“ Hinata antwortete darauf sicherheitshalber nichts und beeilte sich, sich in die nächste Toilette zu zwängen. Ihre Hände zitterten, als sie ihre Bürste herausholte. Nejis ganze Körperhaltung strahlte Anspannung und Gewalt aus, während er sich an sein Auto lehnte und wartete, dass seine verdammte Cousine endlich kam. Er sah entnervt auf seine Uhr: Noch elf Minuten bei pünktlicher Zugankunft. Was war besser? Bei seinem Onkel seine Wut im Griff behalten müssen, oder auf seine kleine dumme Base wartend, seine Wut im Griff behalten müssen? Er visierte einen nach dem anderen, alle, die auf dem Parkplatz stand. Der Müllmann, der sich kaum bücken konnte und lachend von zwei kleinen Gören betrachtet wurde. Deren Mutter, die abwesend ins Nichts starrte. Diese blasierten Geschäftsfuzzis, die dachten, sie hätten die Welt in ihren Händen, dabei waren sie der Staub unter den Teppichen der Angestellten derer, die wirkliche Macht besaßen. Aber irgendwann war selbst er, der ungeduldige geduldige Hyuga Neji, es leid, Menschen zu betrachten, die in ihm nur Abscheu hervorriefen. Wie die meisten Menschen. Also tat er es wie die Frau und zerrupfte die Luft vor seinen Augen. Den graublauen Smog, der sich in jeder erdenkbaren Nische ganz Tokios eingenistet hatte, den Zigarettenrauch der Millionen Menschen, das schwere Parfum und Deodorant. Und er fragte sich, ob man Luft zerschneiden konnte. Neji, Neji, Neji, du bist so ein komischer Kerl, weißt du das? Ja, verdammt, er wusste es. Diese Hinata – wer ist das? Du redest von ihr, als wäre sie jemand, den du duldest… Hinata war eine kleine dumme Göre, die durch eine Aneinanderkettung von Missständen, beginnend mit seiner Geburt, endend mit dem Tod seines Vaters, mit ihm aufgewachsen war. In jeder Hinsicht nur ein nerviges Mädchen. „Neji-nii-san…“ Neji drehte sich langsam um, eine seiner tausendundeinen Angewohnheiten, die er in Anwesenheit derer pflegte, die ihn auf Schritt und Tritt beobachteten und darauf warteten, dass er zögerte, stolperte, fiel. Es hätte ihn irritieren müssen, dass er auch bei ihr so reagierte, aber im Nachhinein war das alles sehr, sehr logisch. Hinata hatte einen großen Koffer und eine Umhängetasche dabei, ihr Haar hing in einem losen Knoten in ihrem Nacken und ihre Augen waren geweitet und übermüdet, während sie sich ein paar Regentropfen von der Wange wischte. „Wie geht es d-dir?“ Er neigte nur leicht seinen Kopf, dann nahm er ihr die Koffer ab und stellte sie in den Kofferraum. Sein langes Haar fühlte sich schwer vom prasselnden Regen an, aber noch mehr störte ihn dieser Einfallwinkel, den Hinatas Blick hatte. Stumm öffnete er ihr die Tür zum Beifahrersitz und ging auf die andere Seite, um ebenfalls ins Auto einzusteigen. Die Fahrt verging schweigend. Natürlich wusste Neji, dass Hinata gern reden würde, nicht, weil sie sich so gern unterhielt, sondern weil sie dieses unangenehme Schweigen beenden wollte, aber so sehr sich ein Mensch auch verändern konnte, Hinata hatte sicherlich nicht ihre Schüchternheit abgelegt. Er würde ihr den Gefallen nicht tun. Und so hörte er ihre scheuen Augen im Fahrzeug herumschwirren, wie sie die nassen Straßen Tokios beobachtete, sein Gesicht betrachtete; ihr Blick fiel auf seine verkrampften Hände am Lenkrad. „E-es ist ziemlich lange h-her, nicht wahr?“ So wichtig, dass er die Tage, Stunden, Minuten zählen würde, war sie ihm nicht, so wichtig war ihm niemand mehr. Tot. „Wie geht e-es o-baa-san?“ Vor allem die nicht. Sie hatte ihn schon immer abgrundtief verabscheut, mit einem Ekel, der ihn selbst verstört hatte, damals, als er noch jünger und verletzlicher gewesen war, mit einer Erbitterung, die ihn sich gefragt haben ließ, ob er irgendwie falsch war, und jetzt, so viele Jahre später, konnte er sicher sagen: Ja, er war falsch. „Und TenTen-san?“ Die Reifen quietschten protestierend und etwas explodierte, als Neji für einen kurzen Moment der Schwäche die Kontrolle verlor und auf der leeren Landstraße schlitterte. Er atmete einmal schwer. „Scheiße, Hinata. Hör auf, mit mir zu reden, hör auf, mich über mein Leben auszufragen, es hat dich nicht zu interessieren. Dein geehrter Erzeuger wird uns für die nächsten Monate in diese beschissene Villa einsperren und ich habe keine Lust, es noch schlimmer zu machen, verstehst du das? Ich hab es satt.“ Hinata war zurückgezuckt, als ihr sonst so nüchterner Cousin lauter geredet hatte, gemeiner geredet hatte, und Neji wusste, sie wünschte sich, er würde lieber wieder nichts sagen als solches. „A-acht Jahre, n-nii-san. Wir h-haben uns acht Jahre und z-zwei Monate nicht ge-gesehen, nicht geschrieben, n-nicht gehört.“ Dann sagte sie nichts mehr, und er wusste nicht, ob er das schlecht oder schlechter finden sollte. „Hinata. Neji.“ Hiashi höchstpersönlich empfing sie an der Tür, aber ansonsten hatte sich nichts geändert. „Ihr wohnt im Ostflügel“, sagte er beiläufig, während er beobachtete, wie seine Tochter und sein Neffe ihre Jacken und Schuhe auszogen und in die Hausschuhe schlüpften. Ein diskreter Hausdiener begann, Hinatas Gepäckstücke wegzuräumen. Hinata ließ sich von all dem Pomp und Prunk nicht mehr so offensichtlich beeindrucken wie vor einigen Jahren, aber Hyuga Hiashi war ein guter Beobachter und selbst einem drittklassigem Idioten würde das Zittern auffallen, als sie ihren Mantel auszog und ihre zitternden Finger am zweiten Knopf verweilten. Neji sah aus wie sein Vater, und obwohl das eigentlich bedeuten sollte, dass er auch aussah wie Hiashi, war dem nicht so. Irgendetwas war falsch. Sein Blick war starr auf etwas gerichtet, das nicht in dieser Sphäre zu sein schien und sein Mund war ein immerwährender schmaler Strich. „Du wohnst in deinem alten Zimmer, musume. Neji, du beziehst das Zimmer gegenüber deiner Cousine. Essen wie früher um acht, vierzehn und neunzehn Uhr. Natürlich könnt ihr auch in der Küche essen oder etwas kommen lassen.“ Hinatas Mund verzog sich, aber sie sagte nichts. „Wir sehen uns morgen.“ Hyuga Hiashi verließ die beiden. Mit einem Seufzen warf Hinata einen letzten ruhigen Blick auf ihren Cousin. Neji taxierte die blütenweiße Wand und schien nicht unbedingt in sein Zimmer zu wollen. Um genau zu sein, schien er überhaupt nichts zu wollen, außer zu sterben. Hinata seufzte erneut und ging gen Ostflügel. Es würden die längsten Monate ihres Lebens werden. ~ Ich wusste doch, dass sie hübsch ist ~ -- Tut mir leid, dass ich ein bisschen spät dran bin... allerdings hab ich auch die Ausrede mit meinem PC: Ha! xDDDDD Mehr will ich auch gar nicht labern, also: Schöne Grüße, bells PS: Ein kleiner Nachtrag nebenbei: Mir ist aufgefallen, dass ich Kommentare anziehe, die zwar lang und wundertoll und bezaubernd und grandios sind, sich auf alles bisherige beziehend, sich allerdings so gut wie keine Menschen - Tiere oder meinetwegen auch Schwermetall - einfach so mal dazu aufraufen, mir was zu schreiben. *Schultern zuckt* Ich weiß nicht. Es wäre nur nett, wisst ihr? :) PPS: Zitat vom Anfang aus dem Gedicht "Zusammentreffen" von Victor von Strauß und Torney. Hosted by Animexx e.V. 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