Wounded Soul von Redbird2 ================================================================================ Kapitel 6: Alpha ---------------- Hey ho, ich bin's mal wieder! 6 Monate seit dem letzten Update. Ihr müsst zugeben, ich werde besser! XD Seltsamerweise überkommt mich immer in den Semesterferien die Lust zum Weiterschreiben. Allerdings nur dann, wenn ich eigentlich an einer Hausarbeit für die Uni sitzen müsste... Nun gut, ich hab ja noch zwei Wochen bis zum Abgabetermin, das krieg ich schon noch hin. Die besten Arbeiten schreib ich grundsätzlich unter Druck und außerdem ist „Wounded Soul“ dafür jetzt um ein Kapitel reicher! ^^ Ich entschuldige mich mal wieder für die lange Wartezeit und bedanke mich gleichzeitig bei allen (alten und neuen) Lesern, die den Weg hierher gefunden haben! Viel Spaß beim Lesen! Kapitel 6 „Alle sofort aufstehen! Leistungsprüfung in 10 Minuten in Halle 4!“ Unerbittlich schallte die Stimme aus den Lautsprechern und riss die jungen Blader der Abtei aus dem Schlaf. Erschrocken fuhr Kai auf und tastete nach dem Lichtschalter neben dem Bett. Er fühlte sich noch etwas benommen und sein Gefühl sagte ihm, dass er nicht lange geschlafen haben konnte. Draußen ist es bestimmt noch stockdunkel. Aber mittlerweile hatte er bemerkt, dass die Abteileiter nur wenig Rücksicht auf die Erholung ihrer Schüler nahmen. Und besonders die immer wieder überraschend anberaumten Leistungsprüfungen wurden gerne zu unchristlichen Zeiten abgehalten. Kai hatte die Vermutung, dass Boris mit Absicht die Blader zur Unpünktlichkeit verleiten wollte, um sie dann vor allen anderen bestrafen zu können. Der Junge hatte trotz seines zarten Alters erkannt, dass dieser Mann einen sadistischen Zug hatte, und immer einen Anlass für ein „Exempel“ suchte, wie er es nannte. Da Kai nicht derjenige sein wollte, an dem dieses statuiert wurde, zog er sich schnell das graue T-Shirt an, steckte seinen Blade ein und lief los. Auf dem Gang waren bereits weitere Schüler unterwegs, die jedoch keine Notiz von ihm nahmen. Kai erwartete dies auch nicht. Abgesehen von Sergej und Nadia hatte keiner von ihnen kaum je ein Wort mit ihm gewechselt. Auch untereinander führten sie nur sehr selten Unterhaltungen, wie er gemerkt hatte. Am Anfang hatte ihn das noch gewundert, besonders bei den gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal. Immerhin waren es bestimmt über hundert Kinder, die dort jeden Tag gemeinsam aßen, doch bis auf das Geklappere von Geschirr war meist kaum etwas zu hören. Die Wachen wiesen jeden scharf zurecht, der ein lautes Gespräch begann. In den drei Monaten, die er nun in der Abtei war, hatte Kai sich an dieses Schweigen gewöhnt. Er selbst sprach auch weniger als früher, das hatten Sergej und Nadia ihm gesagt. Ihm war das überhaupt nicht aufgefallen. Vielleicht lag es daran, dass er so selten Gelegenheit zum Reden hatte. Aus irgendeinem Grund hatte Boris persönlich die Verantwortung für Kais Beybladetraining übernommen und erteilte ihm meist Einzellektionen. Eine Tatsache, über die Kai nicht sehr glücklich war, denn nicht nur, dass er den lilahaarigen Mann fürchtete wie nichts auf der Welt, er hatte so auch kaum einmal die Möglichkeit, Zeit mit seinen Geschwistern zu verbringen. Manchmal, wenn er abends vollkommen erschöpft zu seinem Zimmer trottete, fand er Nadia im Schneidersitz auf seinem Bett vor, nachdem sie oft stundenlang auf ihn gewartet hatte. Bei zwei Gelegenheiten war auch Sergej dabei gewesen, doch das war schon einige Wochen her. Es bedeutete immer ein gewisses Risiko, sich nachts aus den Betten zu schleichen, und entweder waren die Wachen in dem Trakt, in dem Sergejs Zimmer lag, um einiges aufmerksamer als ihre Kollegen oder Nadia war einfach nur mutiger als ihr großer Bruder. Kai vermisste Sergej. Sie sahen sich zwar fast jeden Tag beim Unterricht oder beim Essen oder auch mal während des Trainings, doch immer waren die Aufseher der Abtei in ihrer Nähe und so gab es keine Möglichkeit, mit ihm zu reden. Das meiste über seinen Bruder erfuhr er von Nadia, die offenbar auch Sergej immer wieder heimliche Besuche abstattete. Wie es aussah, hatte dieser es nicht leicht. Zwar waren seine Beyblade-Fähigkeiten mittlerweile besser geworden, aber Boris' Ansprüchen konnte er trotzdem nicht genügen. Deshalb trainierte er nun in einer Gruppe, die unter den älteren Schülern abfällig als „Kanonenfutter“ bezeichnet wurde. Kai verstand zwar nicht, wieso man eine Kanone füttern sollte und hatte überhaupt in der Abtei noch nie eine Kanone gesehen, doch wann immer dieser Begriff fiel, spürte er Unbehagen. Ob Sergej wohl auch zur Leistungsprüfung muss? Oder muss er jetzt die Kanone füttern? Bei der letzten Prüfung vor zwei Wochen war sein Bruder nicht dabei gewesen. Ebenso wenig wie Nadia. Er hatte sie danach gefragt, als sie ihm am folgenden Abend wieder besucht hatte. Sie war seinem Blick ausgewichen und hatte etwas von „War beschäftigt“ gemurmelt. Kai war sich noch immer nicht sicher, was das heißen sollte, aber Nadia hatte gesund gewirkt. Das tat sie immer. Sie war nicht voller blauer Flecke wie er und Sergej und sie war auch nie so müde. Gut, manchmal hatte sie ein kleines Pflaster am Arm oder auch am Hals, aber das war es auch schon. Wann immer er sie fragte, wie es ihr ging, lächelte sie und meinte „gut“. Sie sprach kaum über sich, weshalb Kai ihr glaubte. Denn, wenn es ihr schlecht ginge, würde sie es ihm ja sagen! Dessen war er sich ganz sicher. Noch halb in Gedanken erreichte er schließlich die Halle 4. Es waren bereits viele Schüler anwesend, die sich diszipliniert in einer Linie an der Wand aufgestellt hatten und Boris mit ihren Augen fixierten, der ungeduldig vor ihnen auf und ab ging. Rasch reihte Kai sich neben einem rothaarigen Jungen in seinem Alter ein. Er hätte sich am liebsten nach seinen Geschwistern umgesehen, doch damit musste er wohl warten, bis Boris mit der Prüfung begann. Hoffentlich müssen wir nicht wieder draußen zum Ausdauerlauf wie letzten Monat. Kai schauderte bei der Erinnerung. Zwei Kinder waren anschließend mit einer Lungenentzündung auf der Krankenstation gelandet und er hatte die beiden seitdem nicht wieder gesehen. Inzwischen neigte sich der Winter zwar dem Ende entgegen, aber die Nächte waren nach wie vor bitterkalt und der allgegenwärtige Schneematsch erschwerte das Laufen. Aber dazu hätte er uns gleich in den Hof schicken können. Wenn er uns hier in die Halle bestellt, will er bestimmt wieder, dass wir gegeneinander bladen. Kai hatte dies schon mehrmals erlebt. Jeder bestritt ein Match über drei Runden gegen einen vorher ausgewählten Gegner. Er wusste nicht genau, was sich Boris davon versprach, zumal der Abteileiter diese Testkämpfe nicht kommentierte, wie er es sonst immer im Training tat. Mir kann's ja egal sein. Ich muss einfach nur gut bladen und das Match gewinnen. Dies war zwar gar nicht so einfach, aber Kai wusste, dass diese Aufgabe für ihn nicht unmöglich war. Obwohl er bisher nur wenige Kämpfe gegen andere Abteischüler ausgetragen hatte, war ihm eines sehr schnell bewusst geworden: er war gut. Sehr gut sogar. Egal, wie oft Boris ihn ohrfeigte und ihn anschrie, wie unfähig er wäre, wusste Kai doch, dass er unter seinen Altersgenossen zu den besten Bladern der Abtei gehörte. Und mit jeder Leistungsprüfung, die er ablegte, wurde er besser. „Piotr! Roman! Ihr seit zu spät! Zwei Tage Arrest für euch! Kein Essen!“ Boris' Stimme triefte vor hämischer Genugtuung, als er die genannten Nachzügler zurechtwies. Die beiden Jungen senkten demütig die Köpfe und sagten ergeben „Verzeihung, Gaspadin!“ Dann gesellten sie sich zu den anderen Schülern in die Riege. „Ich hoffe, ich habe euren wohlverdienten Nachtschlaf nicht gestört“, meinte der Abteileiter mit einem boshaften Grinsen, als er sich an alle Blader wandte. „Die Trainingsergebnisse einiger von euch haben mir gezeigt, dass sie es nicht wert sind, hier vor meinen Augen zu stehen! Dass sie es nicht wert sind, sich Beyblader nennen zu dürfen! Dass sie es nicht wert sind, der Biovolt dienen zu dürfen!“ Mit jedem Satz lauter werdend hielt Boris seine übliche Drohrede. Kai achtete schon gar nicht mehr auf die Worte, sie waren ja doch immer dieselben. Alle hier versammelten Blader waren Versager, denen Boris in seiner grenzenlosen Güte das Privileg zukommen ließ, seine Beachtung genießen zu dürfen. Kai gab nicht viel darauf, aber er hatte überrascht festgestellt, dass die meisten anderen Schüler, besonders die älteren, offenbar jedes Mal aufs Neue getroffen waren. Es schien sie ernstlich zu bekümmern, ihren Vorgesetzten enttäuscht zu haben. Kai war es unbegreiflich, weshalb sie sich derart nach der Anerkennung dieses Mannes sehnten. Ihm selbst machte Boris einfach nur Angst und er wäre froh gewesen, seiner Aufmerksamkeit zu entgehen. Doch das war scheinbar unmöglich. Zumindest, solange er Voltaires Enkel war. Wie aufs Stichwort öffnete sich auf der gegenüberliegenden Seite der Halle eine Tür und Kais Großvater trat zusammen mit einigen Wachen und Wissenschaftlern ein. In Kai zog sich alles zusammen. Die lauernden Blicke Voltaires bei seinen Kämpfen waren für ihn noch schlimmer als Boris' Geschrei. Er hatte dann immer das Gefühl, als würde der alte Mann auf etwas warten und mit jedem Match, dem dieser beiwohnte, schien dessen Blick ungeduldiger zu werden. Als Boris das Eintreten seines Vorgesetzten bemerkte, beendete er seine Ansprache und schritt diesem dann mit schnellen Schritten entgegen. Kai sah, wie die beiden Männer ein paar Worte wechselten, ehe sich sein Großvater abwandte und die Treppe ansteuerte, die zum Balkon führte. Von dort oben, das wusste Kai, konnte man die gesamte Halle überblicken. Boris hingegen wandte sich wieder seinen Schülern zu und brüllte Befehle. „Gruppen C und D ans Tableau 6! A und F zur 9! Gruppe B ans Tableau 3! Gruppen E, G und H zu Tableau 10 und 11!“ Kai wusste, dass Sergej in Gruppe H war. Jetzt sah er seinen Bruder auch, wie er mit den anderen Mitgliedern die betreffende Beyarena ansteuerte. Er erblickte auch Nadia, die sich an Tableau 6 einfand. Kai selbst war noch keiner Gruppe zugeteilt worden und wartete darauf, dass Boris ihn separat aufrief. Nach und nach dünnte die Riege aus und bald blieb nur noch ein Dutzend Blader übrig, Kai inbegriffen. „In Ordnung, Gruppe Alpha zu Tableau 1. Kai, du gehst mit!“ Kai schluckte. Auch wenn er die Hierarchie der Abtei noch nicht ganz begriffen hatte, so hatte er doch gemerkt, dass die Gruppe Alpha aus den besten Bladern der Abtei bestand. Unter ihnen befanden sich die ältesten Schüler, einige waren bestimmt schon zwölf Jahre oder älter, und sie alle waren unglaublich stark. Der Fünfjährige fragte sich, weshalb Boris ihn ausgerechnet zu dieser Gruppe schickte. Vielleicht will er, dass ich vor Großvaters Augen verliere. Dieser Gedanke machte ihm Angst. Es war schon schlimm genug, von Boris für eine Niederlage bestraft zu werden, aber zusätzlich noch von Voltaire Prügel zu beziehen, war echte Folter. Und Prügel würde er bekommen, wenn er seinen Großvater vor der gesamten Abtei blamierte, indem er verlor. Er versuchte ein Zittern zu unterdrücken, als er langsam zum Tableau 1 ging. Die Alpha-Blader musterten ihn kalt und Kai hätte beinahe vor Angst gezuckt. Sie waren fast alle mindestens zwei Köpfe größer als er. Der einzige Junge in seinem Alter war der Rotschopf, neben dem er eben schon in der Reihe gestanden hatte. Doch dieser schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Inzwischen hatten sich zwei Wissenschaftler zu ihnen begeben und erteilten Anweisungen zu den Kampfpaarungen. Der rothaarige Junge sollte als Erstes kämpfen, sein Gegner war ein stämmiger Junge von etwa 10 Jahren. Kai schenkte dem Match nur die halbe Aufmerksamkeit. Viel mehr versuchte er zu erfahren, wie sich Nadia und Sergej schlugen, doch beide waren zu weit weg, um Genaues erkennen zu können. Boris hatte sich derweil zu Voltaire auf den Balkon gesellt und überblickte die gesamte Halle. Kurz kreuzten sich ihre Blicke und Kai richtete den Blick hastig wieder auf das Match vor ihm. Die beiden Spieler waren erstklassig, das erkannte er sofort. Bei jedem Aufprall der Blades schien der Boden unter Kais Füßen zu beben. Es dauerte fast zehn Minuten, bis alle drei Runden entschieden waren und der Rotschopf als knapper Sieger hervorging. Kai musterte den Gleichaltrigen unauffällig. Ob ich jemals so gut werde? Diese Frage stellte er sich in der nächsten halben Stunde noch öfter, während er einen Kampf nach dem anderen verfolgte. Seine Nervosität steigerte sich mit jedem Start, den er beobachtete, und am Ende war er sich sicher, dass er den heutigen Test nicht bestehen würde. Schließlich waren nur noch er und ein hochgewachsener Junge mit aschblonden Haaren übrig. Kai wurde es mulmig, als er sich zum Start positionierte. Sein Gegner war mehr als doppelt so alt wie er und in den dunklen Augen las er keinerlei Mitleid. Der wird mit mir den Boden wischen. Doch Kai wusste auch, dass Feigheit noch härter bestraft wurde als Niederlagen. Er atmete einmal mühsam aus und zwang sich zur Ruhe. Schließlich griff er nach der Reißleine und wartete auf das Startzeichen. Die Hand des Trainers ging nach unten und zeitgleich schossen die beiden Blades in die Arena. Kai atmete auf. Der Start war ihm geglückt, ohne dass er mit dem Gegner kollidiert war. Er hatte schon öfter gesehen, wie geübte Blader ihren Kontrahenten noch in der Flugphase nach dem Start erwischten und gnadenlos aus dem Ring kickten. Es verlangte Präzision und eine perfekte Balance, aber war es effektiv, hatte der Gegner dem kaum etwas entgegenzusetzen, denn im Flug ließ sich ein Blade bekanntlich nicht kontrollieren. Vielleicht ist der Typ doch nicht so gefährlich, wie ich dachte. Dennoch blieb Kai auf der Hut und brachte seinen Blade zunächst in die Verteidigung. Wenn er genau in der Mitte des Tableaus blieb, war er am besten im Gleichgewicht und verfügte zudem über den Luxus, in jede Richtung ausweichen zu können. Er müsste nur den richtigen Moment abpassen. Sein Gegner verharrte kurz am Rand der Arena, als versuche er, Kais Taktik zu durchschauen, dann raste er schnurgerade auf Kais Blade zu. Angestrengt verfolgte der Junge die Bewegung, um den richtigen Moment zum Ausweichen zu erwischen. Gleich. Gleich. Gleich. JETZT! Abrupt wichs Kais Blade zur Seite aus, doch im gleichen Moment änderte der Gegner seine Bahn. Statt direkt auf die Mitte zuzuhalten, setzte er zu einer Spiralbewegung an und erwischte Kais Blade mit voller Wucht von der Seite. Entsetzt sah Kai zu, wie sein Beyblade in die Höhe geschleudert wurde und mit einem unschönen Knacken außerhalb der Arena landete. „Hmmm, erbärmlich. Soviel also zum großartigen Hiwatari-Enkel“, höhnte der Blonde, während Kai rasch zu seinem Beyblade lief. Als er ihn hochnehmen, zerfiel der Kreisel in seine Einzelteile. Ungläubig starrte Kai auf die zerbrochene Basis und den zerschmetterten Angriffsring. Es war so eine einfache Attacke. Wie konnte er damit soviel Schaden anrichten? Mit diesem Blade konnte er nicht mehr kämpfen! Kai schluckte. Was sollte er jetzt tun? Er musste noch zwei Runden spielen! Voltaire würde ihn hart bestrafen, weil er dieses Match verloren hatte. Wie würde er erst reagieren, wenn Kai jetzt auch noch aufgeben würde? Panik stieg in dem Jungen auf. Was soll ich tun? Was soll ich nur tun?! Was...? Plötzlich spürte er eine seltsame Wärme in seiner Hosentasche und er griff verblüfft hinein. Was er dort herauszog, erschreckte ihn beinahe noch mehr als der Anblick seines zerstörten Beyblades. Dranzer! Er hatte natürlich gewusst, dass er den Blade seiner Mutter bei sich trug. Das tat er immer, schließlich war er sein Glücksbringer, das einzige Andenken an seine Eltern, das er besaß. Aber nie zuvor hatte sich der Phönix darin in irgendeiner Weise bemerkbar gemacht. Doch was sonst hätte diese Wärme eben bedeuten sollen, wenn nicht eine Reaktion des Bitbeasts? Was willst du mir sagen, Dranzer? Soll ich etwa... „Hey, Knirps! Können wir weitermachen oder pinkelst du dir gerade in die Hose?“ Ein wütendes Knurren entwich Kai. Dieser blöde Typ schrottete seinen Blade und machte dann noch dämliche Sprüche? Entschlossen festigte sich sein Griff um Dranzer. Das werden wir ja sehen, wer sich hier einpinkelt! Nervös, aber sich seiner Sache sicher setzte er den blauen Blade in den Starter. Niemand schien zu bemerken, dass das nicht der gleiche Blade war, mit dem er vorher gekämpft hatte. Ihm sollte es recht sein. „Drei, Zwei, Eins, los!“ Kai riss an der Reißleine und wurde im nächsten Moment zwei Schritt zurückgestoßen. Die Kraft dieses Blades war unglaublich! Beinahe hätte es ihn von den Füßen geholt. Fasziniert beobachtete Kai, wie Dranzer durch das Tableau raste. Er musste den Blade nicht führen, das Bitbeast übernahm die Kontrolle. Geschickt wich er jedem Angriff des Gegners aus oder blockte die Attacke. Ein Hochgefühl überkam den Jungen. Dranzer kämpft mit mir! Ein Bitbeast kämpft mit mir! Davon hatte er geträumt, seitdem er zum ersten Mal, einen Beyblade in die Hand genommen hatte. Auch wenn Dranzer im Moment den Kampf ohne ihn bestritt, war es ein unglaubliches Gefühl. Er spürte eine Verbindung zu dem blauen Beyblade, die er nicht in Worte fassen konnte. Er konnte jede Bewegung im Voraus sehen, ganz so, als wüsste er, was Dranzer beabsichtigte. Kann es sein,... dass ein Blader die Gedanken seines Bitbeasts lesen kann? Aber eigentlich war es vermessen, Dranzer als „sein“ Bitbeast zu bezeichnen. Der Phönix kämpfte nur für sich selbst, er erhielt keine Anweisungen von Kai. Versuchsweise gab der Junge dem Blade in Gedanken einen Befehl zum Angriff, doch offenbar weigerte sich das Bitbeast, dem nachzukommen. Es blieb bei dem fortwährenden Ausweichspielchen und dem Blocken. „Okay, Knirps, wir haben's kapiert, du kannst dich verteidigen! Aber für 'ne Attacke bist du zu feige, was?“ Der blonde Junge klang nicht mehr halb so selbstsicher wie zuvor. Kai meinte sogar, Frustration in dessen Augen zu erkennen. Er gestattete sich kurz ein zufriedenes Grinsen, wurde jedoch gleich wieder ernst. Er hat Recht. Wenn ich nicht angreife, kann ich auch nicht gewinnen. Dranzer, bitte, du musst einen Attacke starten! Doch entweder konnte oder wollte das Bitbeast ihn nicht hören. Die Minuten vergingen und in Kai wuchs langsam aber sicher die Verzweiflung. „Pah, ich wusste es doch! Du bist ein Feigling! Eine Schande, dass so jemand den Namen Hiwatari trägt! Aber wahrscheinlich waren deine Eltern genau solche Loser!“ Für einen Moment glaubte Kai sich verhört zu haben. Hatte dieser Junge gerade wirklich seine Eltern beleidigt? Wütend ballte er die Fäuste. Dieser Vollidiot! Das sagt er nicht nochmal! Eine seltsame Hitze stieg in ihm auf und plötzlich vernahm er ein entsetztes Keuchen seines Gegenübers. Kai folgte dessen Blick und sah das Licht, das den blauen Blade umspielte. Im nächsten Moment bildeten sich goldene Flammen und dann schoss eine gewaltige Lichtsäule empor. Ein melodischer Schrei tönte durch die Halle und schlagartig richtete sich die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf das Geschehen am Tableau 1. Umgeben von Flammen erschien ein prächtiger, rotgefiederter Vogel aus der Lichtsäule und stieß einen weiteren Schrei aus. Geschockt starrte der blonde Junge auf den Phönix, welcher ihn mit blitzenden Augen taxierte. Dann richtete Dranzer seinen Blick auf Kai und sah ihn direkt an. Dieser spürte, wie ihn das Bitbeast einen Moment abschätzend musterte und erkannte dann die stumme Frage ihn dessen Augen. Er zögerte kurz, doch dann nickte er entschlossen. Sein Blick fiel wieder auf den gegnerischen Jungen und seinen Beyblade. „Dranzer. Greif an!“ Der majestätische Vogel legte seine Schwingen an und stürzte sich in die Arena. Reflexartig schloss Kai die Augen, als ein greller Lichtblitz aufflammte. Der Geruch von verbranntem Plastik stieg ihm in die Nase und er hörte den Wutschrei des blonden Jungen. Als er die Augen wieder öffnete, lag dessen Blade außerhalb der Arena. Dranzer schwebte über dem Tableau und Kai hatte das seltsame Gefühl, dass der Phönix zufrieden war. Noch einmal trafen sich die Blicke des Bladers und des Bitbeasts und Kai brachte ein kleines, dankbares Lächeln zustande. Daraufhin zog sich Dranzer wieder in den Bitchip zurück. Der blaue Blade kehrte zum Rand des Tableaus zurück und schoss dann seinem Besitzer in die Hand. Im gleichen Moment bemerkte Kai die Stille, die in der Halle herrschte. Er sah auf und fühlte mehr als hundert Augenpaare auf sich ruhen. Er ließ seinen Blick durch die Menge schweifen und entdeckte die ungläubigen Mienen seiner Geschwister. Rasch wandte er sich um, um die Reaktion seines Großvaters zu sehen. Dieser starrte ihn für einige Sekunden einfach nur an, genauso verblüfft wie jeder andere im Raum. Dann hoben sich seine Mundwinkel zu einem Lächeln und er nickte Kai anerkennend zu. Mit einem höchst zufriedenen Ausdruck im Gesicht wechselte er ein paar Worte mit Boris, ehe er sich umwandte und die Halle verließ. Okay, ich hatte dieses Kapitel mit dem Vorsatz begonnen: Jetzt führst du Dranzer ein! Das hab ich zwar geschafft, hätte aber nie gedacht, dass ich fünf Seiten dafür brauchen würde. Ich finde das Kapitel jetzt selbst nicht sonderlich interessant, es ist aber nötig, um Kais Charakterentwicklung zu zeigen und ein paar weitere Einblicke in die Abtei zu geben. Außerdem hatte Tala alias „der Rotschopf“ einen kurzen Gastauftritt.^^ Bevor ihr euch jetzt zu große Hoffnungen macht, es wird wohl bei Gastauftritten bleiben. Leider hab ich Tala, obwohl ich ihn sehr mag, keine große Rolle in dieser FF zugedacht. Aber andererseits kann man natürlich keine anständige Abtei-Geschichte erzählen, ohne ihn und die anderen Demo-Boys mal durchs Bild laufen zu lassen. Er wird also definitiv nochmal erwähnt werden, freut euch drauf. ;) Im nächsten Kapitel - wann auch immer ich dazu komme, das zu schreiben - geht's übrigens in der Gegenwart weiter und unser lieber Ray kommt auch mal wieder zu Wort. Ich hoffe wirklich, dass ich es schaffe, dieses Kapitel noch vor Semesterbeginn zu schreiben, weil ich mich selbst darauf freue. Aber wie gesagt, da gibt es noch so 'ne lästige Hausarbeit... Nun gut, danke, dass ihr bis hierher gelesen habt! Bis zum nächsten Mal und liebe Grüße, wünscht euch eure Redbird2! ;) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)