Schreibübungen von ChasingCars ================================================================================ Durdle Door ----------- Schreibübung 10 - Beschreibung Es war ein mörderischer Aufstieg gewesen. Anstrengend und kräfteraubend. Ich keuchte, als hätte mir jemand ein Loch in die Lunge geschnitten, und meine Füße brannten vor Schmerz. Hätte mir jemand gesagt, dass eine halsbrecherische Wanderung geplant war, hätte ich mein Schuhwerk mit Sicherheit sorgfältiger ausgewählt. Aber nein, wieso hätte sich auch jemand bequemen sollen, mich zu warnen? Die Riemen meiner Ballerinas schnitten mir tief ins Fußfleisch und die dünne Sohle mit dem harten Fußbett war nicht gerade für einen Marsch über Südenglands „Jurassic Coast“ gemacht. Jetzt war ich mir sicher, dass sie diesen Namen nicht wegen des heftigen Wellenbruchs an den Felsen trug, sondern wegen des tödlichen Aufstiegs. Nach dem gepflasterten Weg, der vom Tal aus fast senkrecht in den Himmel geführt hatte, dachte ich, es könne nicht schlimmer kommen. Doch falsch gedacht! Von da an ging es erst richtig los. Lauter enge Trampelpfade hatten uns an der englischen Südküste entlanggeführt. Noch ein paar Meter weiter, dann wären wir in Cornwall gelandet – Vielleicht. Und das „frische Lüftchen von Nordwest“, wie mein Vater es liebevoll nannte, hatte uns fast die Klippen hinab geweht. Doch – Ich musste zugeben, es hatte sich gelohnt. Ja, all die Strapazen, die kaputten Rücken und Füße, das wurde in diesem Augenblick alles wieder gut gemacht. Denn der Anblick, der sich mir bot, ließ mich für einen Moment ehrfürchtig die Luft anhalten. Wäre mein Leben ein Film, hätte ich auf die Pause-Taste gedrückt, um diesen Moment so lang wie möglich zu genießen. Dies war mit Sicherheit das Beeindruckenste, was ich je gesehen hatte. Endlos viele steinerne Stufen führten hinunter zum ozeanblauen Wasser. Dort erstreckte sich unter uns ein breiter Kieselstrand, der sich an die rauen Kalkfelsen schmiegte, bis sich der Blick am Horizont verlor. Doch der Strand allein war noch lange nicht der Grund für meine Faszination. Der Strand wurde auf Höhe der Treppen von einer gewaltigen Felswand, die aus den Klippen, auf denen wir standen, zu entspringen schien, vom Meer getrennt. Das dunkle Gestein der Felswand reichte bis ins Wasser. Die Wellen krachten mit lautem Getöse gegen sie und brachen. Das faszinierende an der Wand war, sie hatte ein Loch. Ja, ein Loch. Vielleicht so groß, dass ein Fischkutter ohne Probleme hindurchfahren konnte. Von hier oben konnte ich es nicht genau einschätzen. Das Loch wirkte wie ein riesiges Tor, ein Tor in die Freiheit. Wenn man auf dem Kieselstrand stand, konnte man direkt durch das Tor auf das tiefblaue, glitzernde Meer schauen. Als ob die gewaltige Felswand sagen wollte: „Komm, entdecke die Welt, sie ist groß und schön!“ Und die Felswand hatte völlig Recht – Die Welt war groß und schön, wenn es auf ihr einen Ort wie diesen gab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)