Diary von Meroyui (Ich will einen Platz in deinem neuen Tagebuch) ================================================================================ Kapitel 1: Vergiss mich nicht ----------------------------- „…fünf Minuten…“, murmle ich leise, du drehst dich zu mir um. Du lächelst. Aber du bist traurig, das weiß ich. Ich kann nicht lächeln. Du hörst auch auf, als ich es nicht tue. Mir ist einfach nicht nach lächeln zumute. „Sieh es positiv.“ Wie soll ich das positiv sehen? Das geht nicht. Und das sage ich dir auch. Was ist positiv daran, wenn wir vielleicht nie wieder etwas voneinander hören? Wenn wir uns vielleicht nie wieder sehen? Du siehst mich traurig an und ich will dich trösten. Aber… Ich darf dich nicht einmal umarmen. Deine Eltern sind in der Nähe. Mit ihnen musst du gleich weg. Nach Australien. Wegen der Arbeit. Nur die ist deinen Eltern wichtig. Sie dürfen nicht wissen, dass wir zusammen sind. Das würde nur Probleme für dich geben. Wir haben alles geheim gehalten. Niemand weiß, dass ich dich liebe. Niemand weiß, dass du mich liebst. Aber das ist immer okay gewesen, weil ich weiß, wie es bei dir zu Hause abgeht. Für deine Eltern bin ich nur ein Freund, ein Kumpel von dir. „Schreibst du das auch hinein?“ Meine Frage lässt dich irritiert schauen. Aber ich weiß, dass du weißt, was ich meine. Kurz überlegst du. Dann schüttelst du den Kopf. Warum schüttelst du den Kopf? Das verstehe ich nicht. Sonst schreibst du alles in dein Tagebuch, das hast du mir erzählt. Aber einen Blick durfte ich nie hineinwerfen. Ich stehe auch drin, deswegen darf ich nicht. „Warum?“ „Weil ich ein Neues habe…“ Du hast ein neues Tagebuch? Ist dein Altes voll? Oder ist es etwas anderes? Weil es ein Neuanfang für dich ist? Ich schlucke schwer. Ein neues Tagebuch und … „… was machst du mit dem anderen?“ Jetzt lächelst du geheimnisvoll. Manchmal verstehe ich dich nicht, Takanori. Warum hast du dir ein neues Tagebuch gekauft? Willst du etwa ein neues Leben beginnen? Ein neues Leben ohne mich? Der Gedanke daran tut weh. Aber das kann nicht der Grund sein. „Noch drei Minuten.“ Warum weichst du mir aus? Trotzdem nicke ich. Drei Minuten und ich will dich umarmen, will schreien, dich anflehen hier zu bleiben. Hier bei mir. Aber das ist Schwachsinn. Du bist noch zu jung. Wir beide sind es. Du musst bei deinen Eltern bleiben. „Taka…“ Du weißt genau, dass ich unbeantwortete Fragen hasse. Außerdem interessiert es mich. Ich will mich von dem Gedanken ablenken, dass ich dich vielleicht nie wieder sehe, dass ich bald allein bin. Ohne dich. „Sei doch nicht so ungeduldig.“ Was meinst du? Ungeduldig? Ich will nicht, dass die Zeit so schnell vergeht. Warum geht es nur so schnell? Du lässt mich allein. Du hast ein neues Tagebuch. Willst du mich hinter dir zurücklassen? Willst du etwa doch ohne mich weiterleben? Willst du mich zu einem ‚schönen Erlebnis’ hinunterstufen und einfach weiterleben? „Taka!“ Du zuckst leicht zusammen, fragst mich, was ich auf einmal habe, weil ich dich an den Schultern gepackt habe. Ich sehe dir ernst in die Augen. In die Augen, die mich von Anfang an hypnotisiert haben. „Ich will einen Platz in deinem neuen Tagebuch.“ Einen Platz in deinem Tagebuch. Einen Platz in deinen Gedanken. Einen Platz in deinem Herzen. Einen Platz ganz nah bei dir. Denn du hast einen Platz in meinen Gedanken. Denn du hast einen Platz in meinem Herzen. Denn du hast einen Platz ganz nah bei mir. Plötzlich füllen sich deine Augen mit Tränen. Was hast du? Drücke ich zu fest? Augenblicklich lasse ich locker, meine Hände liegen nur noch auf deinen Schultern. Was ist los? Warum weinst du? Mach es mir nicht so schwer mich zurückzuhalten. Ich sehe mich kurz um. Deine Eltern reden mit irgendwelchen anderen Leuten. Meine Beherrschung geht mir verloren und ich ziehe dich in meine Arme. „Was ist los?“ „…“ Noch einmal frage ich dich. Sonst erzählst du mir auch immer alles. Warum dieses Mal nicht? „Du… bekommst einen Platz… im Tagebuch, bei mir…“ Ich lächle, streiche dir über den Rücken. Damit die Umarmung aber nicht zu auffällig wird, schiebe ich dich sanft von mir weg. „In meinem Herzen.“, flüstern wir beide gleichzeitig und jetzt lächelst du auch. Jetzt sind es bloß zwei Minuten und dann musst du gehen, aus meinem Leben verschwinden. Aber trotzdem hast du einen Platz in meinem Herzen, ich in deinem… und in deinem Tagebuch. Ich habe dich immer ausgelacht, weil du – meiner Meinung nach - so kindisch bist und in ein Tagebuch schreibst. Aber jetzt? Jetzt sehe ich es anders… Vielleicht hätte ich mir auch eins kaufen sollen. Damit ich dich jetzt in meines schreiben kann. Eins kaufen werde ich mir trotzdem nicht. Jetzt ist es zu spät… „Ich will, dass du es nimmst.“ Du bückst dich, öffnest deine Reisetasche. Da ist auch mein Geschenk drin, das sehe ich. Du hast dich darüber gefreut, über die Kette, meine Kette. Ich habe dir etwas Persönliches schenken wollen und etwas Besseres ist mir nicht eingefallen. Aber es verschwindet schnell wieder hinter dem Reißverschluss. „Nimm es.“ Mit zitternden Händen nehme ich es. ‚Diary’ steht auf dem schwarzen Einband. Meine Augen weiten sich, dann sehe ich dich an. „Dein…“ „Mein Tagebuch. Mein Altes…“ Ich schließe meine Augen, drücke das Buch kurz an mich. Du schenkst es mir? Ich verspreche dir, gut darauf aufzupassen. Es ist ein Andenken. Damit ich dich nicht vergesse, aber das werde ich auch so nicht. Wie könnte ich dich vergessen? „Schlag die letzte Seite auf, sobald ich weg bin.“ Nur ein benommenes Nicken. Mehr schaffe ich nicht. Ich werde sie aufschlagen. Dann ist die Zeit um. Du nimmst deine Tasche, schaust mich an. Ich schaue zurück. Abschied. Ich hasse Abschiede. Und besonders diesen. Weil ich das Gefühl habe, dass er endgültig ist… „Bye bye.“ Du drehst mir deinen Rücken zu, gehst zu deinen Eltern. Ich fühle mich schlecht. Ich will dir nachlaufen, dich festhalten, dich nicht gehen lassen. Aber das geht nicht. Wie angewurzelt bleibe ich stehen, sehe mit an, wie du langsam aus meinem Blickfeld, meinem Leben verschwindest. Du wendest dich mir nicht mehr zu, drehst dich nicht um. Weißt du, dass du es uns beiden damit nur schwerer machen würdest? Ich glaube schon… Wie von allein schlage ich die letzte Seite des Tagebuches auf und das was ich lese, macht mich fertig. Ich schaffe es nicht einmal meine Tränen zu unterdrücken und das, obwohl ich sonst nie weine… Der eine Eintrag… deine Handschrift… deine Bitte… dein Flehen… ‚Vergiss mich nicht, Akira’ __+Owari+__ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)