Es war Nacht von Celest_Camui (Retro 2~) ================================================================================ Kapitel 1: Stimmen ------------------ Es war Nacht. Die Nacht vor meinem 17. Geburtstag. Es war kalt und ich konnte wie immer nicht schlafen. Ich hatte so ein Gefühl der Unbehaglichkeit wie schon lange nicht mehr. Lauter Fragen quälten mich. Fragen die nicht wichtig waren, welche die man nicht beantworten konnte und solche die sich jedes Mädchen mit fast 17 Jahren sich fragen würde. Eben solche Sachen wie: Werde ich mit meinem Videospiel weiterkommen? Oder, warum bin ich auf dieser Welt? So was wie, werde ich morgen dem Schulschwarm meine Liebe gestehen? Irgendwann schlief ich dann unter diesen Fragen ein. ~Da fing es an. Damals wusste ich noch nicht was es bedeuten sollte doch heute weiß ich es. Alles führt irgendwann zusammen.~ Das war das erste Mal seit langem, dass ich wieder einmal träumte. Doch normal war dieser Traum nicht. Ich sah mich um. Um mich herum waren viele Häuser – eine Stadt. Die Straßen waren leer und auch in den Häusern brannte kein Licht. Es kam mir wie eine Geisterstadt vor. Der Mond war die einzigste Lichtquelle. Es war Vollmond. Ich liebte den Mond schon seit ich klein war. Ich beschloss weitergehen. Plötzlich strahlte ein Lichtstrahl von mir aus durch die Straße. An mir herabsehend sah ich, dass der Strahl aus der Halskette, die mir mein Vater geschenkt hatte, kam. Der Anhänger hatte die Form eines Engels, mit einer Perle, die in allen Regenbogenfarben schimmerte. Engel liebte ich auch. Ich wünschte immer einer zu sein. Der Strahl wurde immer dichter. Ganz plötzlich tauchten Monster aus der Dunkelheit auf. Ich sah in ihre Augen. Sie wirkten so einsam, so verlassen auf mich. Willenlos, ist es das was ich dachte? Ich weiß es nicht mehr. Sie wirkten so angsteinflößend und zugleich selbst ängstlich. In meiner Hand spürte ich etwas. Es war ein Stab. Aus einem mir unerklärlichen Grund musste ich an Feen und Elfen denken als ich ihn ansah. Dann geschah etwas sehr seltsames. Die Schattenwesen griffen mich an und der Stab schwebte von allein. Ich konnte meinen Körper nicht mehr steuern. So sehr ich mich auch wehrte. Auf einmal schwebte ich. Meine langen blonden Haare flatterten wie verrückt um mich herum. Eine helle Lichtstrahlung ging von mir aus. Mein Körper brannte wie Feuer und war gleichzeitig kalt wie Eis. Er war so schwer wie Stein und so leicht wie Luft. Alles kribbelte in mir. Mein Rücken brannte und plötzlich bekam ich Flügel. Wie ein Engel verbreite ich das Licht. Als die Schattenwesen vernichtet waren sank ich erschöpft zu Boden. Da hörte ich eine Stimme die ich noch nie zuvor gehört hatte, die mir aber trotz allem sehr bekannt vorkam. Ich konnte nicht richtig verstehen was er mir sagte, doch was er dann tat konnte ich noch weniger nachvollziehen. Er zog sein Schwert und durchbohrte meinen Körper. In diesem Moment wachte ich Schweißüberströmt auf. War das jetzt real oder nicht. Ich hatte keine Verletzung doch ich spürte diese Schmerzen. Stärker als ich je welche hatte. Ich schnappte nach Luft und keuchte so stark, dass meine Zwillingsschwester Kasumi drohte aufzuwachen. Doch diese hat einen felsenfesten Schlaf. So saß ich da also, stark keuchend, schweißüberströmt und senkrecht im Bett. Meine Hand war fest an meine Brust gepresst, denn dort war dieses verfluchte Stechen am stärksten. Mein Blick wurde vom Licht des Mondes durch das Fenster angezogen. Ja, der Mond. Ich liebte ihn schon seit ich klein war. Eben wie die Engel. Doch heute wirkte er nicht so auf mich wie sonst. Er hatte nicht diese beruhigende Atmosphäre die mich sonst immer beruhigte. „Mann, Hitomi, was ist denn jetzt los? Leg dich wieder hin und schlaf. Morgen ist ein anstrengender Tag.“ Da hatte sie nicht ganz Unrecht, morgen war Wandertag der Klasse. Da fiel mir doch ein, dass meine Parallelklasse auch mitging. In dieser war ein Junge in den ich seit der siebten heimlich verliebt war, das heißt drei Jahre. Oh Mann, das konnte ja was werden! Eigentlich hatte Kasi, der Spitzname von Kasumi, ja Recht. Doch jetzt auch nur an Schlaf zu denken war absurd. Dieser Traum ließ mich einfach nicht los. Dafür wirkte er zu real. Nicht das ich nicht nur nicht schlafen konnte, nein ich hatte auch regelrecht Angst davor. Mein Atem war nun wieder im Normalzustand. Doch nicht nur vor der Nacht, nein auch vor dem Tag graute es mir. Das lag an vielerlei Gründen. Erstens Wandern. Ich hasse wandern mehr als alles andere. ~Heute würde ich so was niemals sagen.~ Zweitens Training. Denn nach dem Ausflug mussten Kasi und ich noch zum Kampftraining. Ich im Kendo, also Holzschwertkampf, obwohl das Teil mehr wie ein Stock aussieht, und Kasi trainiert mit Wurfsternen und Kanuis, Wurfmesser. Und last but not least Riku. Mein Schwarm. Eine aus meiner Klasse sagte mir er sei in Kasi verknallt. Das machte dann wohl den Tag perfekt. Außerdem beschlich mich so ein Gefühl der Angst und Unsicherheit. War das ein böses Omen? Ich stand auf und ging so leise ich konnte in Richtung Fenster. Automatisch machte ich die schon angewohnte Bewegung. Ich schnappte ein Kissen und kniete mich vor das weit geöffnete Fenster. Betend sah ich den Mond an. Doch ich betete nicht an Gott wie normale Menschen, nein, ich betete zu meinen Helden. Ja, meine Helden aus meinen Videospielen. Manche hielten mich ja für verrückt, doch ich fand das ganz normal. Denn diese Spiele konnte man ja selbst erleben, und alles was man selbst erleben kann ist für mich real. So saß ich dort also im Mondschein und betete. ~So im Nachhinein bin ich mir dafür sehr dankbar.~ Einige Minute später erhob ich mich wieder und ging ins Bett zurück. Diese Stimme von vorhin im Traum. Woher? Woher kannte ich sie nur? Unter all diesen Fragen schlief ich letztendlich doch noch ein. „Aufstehen! Dein Riku wartet!“, mit diesen Worten weckte mich Kasi. Ich verstand nicht ganz. Vorsichtig fragte ich: „Wie meinst du das, Kasi?“ „Na ist doch logisch! Er wartet draußen um uns abzuholen. Du weißt doch, der Ausflug. Das kannst du doch nicht vergessen haben.“ Ich war so müde das ich heute noch langsamer war als sonst. Und Riku. Der war mir im Moment auch vollkommen egal. Der kam doch bestimmt bloß wegen Kasi. Ich sah in den Spiegel. Da stand ich nun. Weite Hose, weiter Pulli mit weitem T-Shirt darunter. Zerzauste Haare, ungeschminkt, also wie immer. Denn Lust hatte ich nicht morgens so früh aufzustehen und mich zu richten. Weite Sachen sind bequem, schminken unnötig und ungesund für die Haut und die Haare würden auf dem Weg zur Schule garantiert wieder vom Wind zerzaust. Also, warum der Aufstand? Um Jungs zu gefallen? Nee, das wäre nichts für mich. Ich will, dass sie mich so mögen wie ich bin. Altmodischer Satz, aber immer wieder neue Wirkung. Die Mädchen zicken zwar rum, aber das bin ich mittlerweile gewöhnt. ~So begann also der verhängnisvolle Tag~. Auf dem weg zum Bahnhof unterhielt sich Riku ganz prächtig mit Kasumi. Ich stand mal wieder im Hintergrund, allerdings muss ich auch sagen, dass mir das gar nicht so aufgefallen war. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt über diesen Traum nachzudenken. „Hey! Was ist denn los? Du siehst so blass aus. Geht es dir nicht gut?“ Erst jetzt war mir aufgefallen das Riku ganz nah an meinem Gesicht war. Er hatte einen richtig besorgten Gesichtsausdruck. Ich wurde so rot, dass Kasi sich kaum das Lachen verkneifen konnte. „Und jetzt bist du ganz rot. Ist dir auch nicht schwindlig? Was ist denn nur los?“ Ich drehte den Kopf in die andere Richtung, sagte: „ Du nervst, das ist los!“, und schubste ihn, ohne auf die Straßenlaterne zu achten, dagegen. Ich merkte, dass er sich am Arm wehgetan hatte, und wurde nervös. „ Oje, sorry. Das wollte ich nicht, ehrlich! Ist alles in Ordnung? Hast du dich verletzt?“ er hielt sich den Arm, blickte zu mir hoch, denn er saß nämlich auf dem Boden, und grinste. Dabei sah er jedes Mal so süß aus! „Oho! Du machst dir ja Sorgen um mich! Rührend. Darf ich mir da vielleicht was drauf einbilden?“ In diesem Moment wurde ich wieder sehr rot und sauer. Ich schlug ihn volle Kanne auf den verletzten Arm. „Au! Hey, das tat weh!“ „Das sollte es auch und jetzt sei mal nicht so zimperlich! Du bist doch ein Junge. Und wenn dich ein Mädchen schlägt dürfte das ja nicht so schlimm sein.“ „Tja, für ein Mädchen bist du aber ziemlich brutal!“ Beleidigt lief ich weiter ohne auf Kasi oder Riku zu warten. Riku hatte so etwas an sich. Egal was er tat oder sagte, irgendwie wirkte es immer süß, oder so als ob er sich an dich, oder eben an seine Gesprächspartnerin heranmachen würde. Trotzdem stand er manchmal in einer Ecke und sah nur träumend vor sich hin. Dadurch wirkte er cool. Deswegen dauerte es auch nicht lange bis er zum sogenannten „ Schulkönig“ wurde. Das heißt, dass fast jedes Mädchen hinter ihm her war, ganz egal, ob älter, gleichaltrig oder jünger. Das bekam so ziemlich jeder mit, außer ihm selbst. Er dachte, dass die Mädchen nur Freundschaft wollten. Oh Gott, wie naiv kann man denn eigentlich sein? Aber was ich an ihm bewunderte ist, dass er sich nicht an die Mädchen heranmachte obwohl er alle haben könnte. Ich bin da aber anders als die anderen Mädchen. Ich mag ihn zwar auch sehr, aber bleibe immer auf Distanz. Und sollte er mir doch zu nahe kommen werde ich nervös und gemein. Gerade eben eines der besten Beispiele. Dabei mag ich ihn wirklich. Ich habe zwar keinem was gesagt, aber Kasi hat mich wohl durchschaut, auch wenn ich es immer leugne. Aber er soll ja hinter Kasi her sein. Und ich kann es ihm nicht mal verübeln. Sie ist wohl das genaue Gegenteil von mir. Aber selbst wenn die zwei Mal zusammenkommen würden, freue ich mich für Kasi. Dann hat sie einen richtig netten Kerl gekriegt. Unter diesen Gedanken war ich einfach weiter gelaufen und hatte die zwei sich überlassen. Plötzlich hatte ich das Gefühl das jemand in meiner Nähe war. Doch nicht so als wäre es jemand Fremdes vor dem ich Angst haben müsste. Nein, es war ein vertrautes, angenehmes Gefühl. Als ein warmer, sanfter Wind aufkam, dachte ich diese Worte gehört zu haben: ~Ich nur an dich, komm zeig mir wo du bist.~ Schon wieder hatte ich dieses Gefühl aus der Realität hinausgezogen zu werden. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Hüfte die mich zurück in die Realität holte. Riku stand rechts von mir und hatte seine Hand auf meiner linken Hüfte. Er war mir so nah wie nie zu vor und... ... ZACK! In Sekundenschnelle hatte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. „Was fällt dir ein mich so anzugrabschen? Lüstling, Schürzenjäger, Casanova...“ und noch eine ganze Palette anderer Wörter und Ausdrücke warf ich ihm an den Kopf. Ich weiß nicht auf wen ich wütender war, auf mich oder auf Riku. Endlich kamen wir am Bahnhof an, zwar ein bisschen später als geplant, da die Prügelszenen etwas Zeit nahmen, aber immerhin. Ich hörte die Mädchen schon von weitem schreien: „Oh, Riku. Was ist denn mit dir passiert? Wer hat dir das angetan? Den machen wir fertig.“ Und wenn sie das sagten dann meinten sie das auch. Erst jetzt merkte ich, dass er lauter blaue Flecken hatte. Wenn er jetzt etwas sagen würde, wären die nächsten Wochen für mich garantiert gelaufen. „Ach, dumme Geschichte.“, hörte ich ihn sagen. „ Ich bin gegen eine Straßenlaterne gerannt.“ Dann sah er mich auch über die relative Entfernung ernst an und sagte: „Wie ihr seht war das alles meine Schuld!“ das war seine Art sich bei mir zu entschuldigen. Denn den letzten Satz hatte er ernst gemeint. Auf einmal wurde mir schwindlig! Ich sank auf den Boden und hörte wieder diese Stimme: ~Denn ich werde glücklich, Wenn wir verschmelzen Also werde ich alles tun Um diesen Wunsch zu erfüllen.~ Als ich wieder zu mir kam lag ich im Krankenzimmer der Schule. Und nur eine Person außer mir war dort: Riku! Er war zwar wieder über mich gebeugt um zu sehen wie es mir geht, aber diesmal war ich zu erschöpft um zu schimpfen. „Was mache ich ausgerechnet hier?“ „Na ja, die Schule war näher als sonst was also habe ich dich hier her gebracht!“ „Du?“ „Ja, siehst du doch!“ Wir schwiegen kurz, bis er dann in seiner Tasche kramte und ein kleines Geschenk herausholte. „Hier für dich.“ „Für mich? Wieso?“ „Du hast doch nicht etwa deinen eigenen Geburtstag vergessen, oder?“ Oh doch, das hatte ich. In dem Geschenk war ein Hello Kitty Anhänger. Echt niedlich. „Vielen Dank, Riku. Sehr nett. Dafür das ich dich vorher geschlagen habe.“ „Ich sagte doch dass das meine Schuld war. Ich hätte dich einfach nicht so überrumpeln sollen.“ „Wo sind die anderen?“ „Wahrscheinlich beim Ausflug. Ich sagte wenn die Lehrerin kommt, sollen sie ihr berichten was passiert ist und das sie nicht auf mich warten müssen, weil ich mich etwas um dich kümmere und dich verarzte.“ Oh Mann, wie sich das anhörte. Ich war todmüde und bat ihn mir etwas zu trinken aus dem Automaten vom Gang zu holen. Als er weg war schlief ich ein und träumte wieder den gleichen Traum nur, dass am Ende die Stimme kam: ~Wer kann schon wissen Ob es einen Sinn hat Das alles einzugehen Wenn es nicht schon passiert ist.~ Riku weckte mich, weil er dachte, dass ich einen Alptraum hätte. Da hatte er gar nicht so Unrecht. Das war ein Alptraum. Was sollte das alles? Warum immer diese grausamen Visionen? Und warum ich? Das ergab doch alles keinen Sinn. Ich bekam nur schwer Luft, sodass ich ihm keine Antwort auf seine Frage geben konnte. Außerdem war ich den Tränen nahe, denn diese Ungewissheit war zuviel für mich. Ich spürte Rikus sanften Blick auf mir und merkte wie er von seinem Stuhl aufstand und an mein Bett kam. Da fiel mir zum ersten Mal auf das von ihm etwas Magisches ausging. Etwas Mysteriöses. Er nahm mich behutsam in den Arm und sagte: „Ganz ruhig, das war nur ein Traum! Keine Angst, ich bin bei dir.“ War das wirklich der gleiche Riku der mich immer ärgerte? Bei dem ich mir nie über meine Gefühle sicher war? Denn manchmal hatte ich das Gefühl, als müsse ich ihn hassen, ein anderes Mal ihn lieben. In diesem Moment ging die Tür auf und Kasi kam herein. Geschockt von dem Anblick den Riku und ich ihr boten, drehte sie um, bevor sie das Zimmer überhaupt betreten hatte und rannte davon. Wie konnte ich nur so blind gewesen sein um nicht zu erkennen was meine Schwester, ja, meine eigene Zwillingsschwester, für meinen Schwarm fühlte, obwohl ich mehr als genug Möglichkeiten gehabt hatte sie zu beobachten. „Na los! Renn ihr schon hinterher“, sagte ich wie aus der Pistole geschossen zu Riku. „ Sonst ist es zu spät!“ „Wie? Was soll zu spät sein?“ „Na, wenn du ihr nicht gleich hinterherläufst wirst du niemals mit ihr zusammenkommen.“ „Zusammenkommen? Aber warum denn?“ „Sag mal stehst du auf der Leitung oder was? Ich weiß doch ganz genau das du Kasi liebst, und wie wir soeben erfahren haben, sie dich auch!“ „Was? Wer hat dir denn so was erzählt? Ich war die ganze Zeit doch nur in ihrer Nähe damit ich bei dir sein konnte!“ Er hatte das so energisch gesagt, das ihm der letzte Satz wohl nur aus versehen rausgerutscht ist, er lief nämlich knallrot an, lies mich auf der Stelle los und drehte sich weg. Doch das war wohl zu viel für mich! Erst dieser vermaledeite Traum, dann die Erkenntnis, dass meine Schwester wohl auch in Riku verliebt sei und dann noch der letzte Satz von ihm, was auch immer er bedeuten sollte. Das alles setzte in mir einen Energieschub frei, der mich durch das Zimmer schweben lies. 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