Just Two Puppets von Forest_soul (Mello x Near) ================================================================================ Prolog: -------- „Gib mir das!!“ ... „Nein- den kannst du nicht haben!!“ ... Near saß zusammengekauert am Boden und drückte einen weiß-grauen Spielzeugroboter an sich. Er würde ihn nicht loslassen, egal wie sehr Mello daran herumzerrte. Der Blonde musste endlich begreifen, dass er nicht Alles haben konnte. Dann packte der, damals noch Siebenjährige, Nears weißen Nachtpyjamaärmel und versuchte ihn daran wegzuziehen. Near igelte sich nur weiter ein, tat alles um sein Lieblingsspielzeug vor den gieren Pratzen des Älteren zu schützen. „Rück’ ihn raus!!!“, Mello ließ den Jungen los, stampfte dabei wütend auf. Near hob den Kopf, seine schwarzen Augen funkelten hoch und musterten den Blondschopf durchdringend. Dieser hob seine Oberlippe angewidert und verließ den Raum, knallte dabei wütend die Türe ins Schloss. .. Da saß Near nun wieder. Alleine in seinem viel zu großen Zimmer, umgeben von Spielzeug, das mehr oder weniger freundlich auf ihn herabstarrte. Er in der Mitte, ein kleiner, weißer in sich zusammengesunkener Haufen. Traurig sah er auf sein Lieblingsspielzeug, strich mit einem Finger zärtlich über dessen Kopf. Das weiße Plastik glänzte ihm schweigend entgegen. In letzter Zeit war es öfter vorgekommen, dass Mello einfach in das Zimmer des Sechsjährigen geplatzt war. Er hatte sich etwas in den Kopf gesetzt, das war Near in seinem Jungen Alter schon klar gewesen. Mello hatte ihn als seinen persönlichen Feind auserwählt. Und zwar genau deswegen, da er wusste, dass sie Beide klüger.. nein besser, als all die Anderen waren. Aus diesem Grund, war bloß Near ein Gegner. Er musste ihn in jedem Punkt überlegen sein. Noch waren sie unschuldige Kinder, deswegen reagierte Mello nur unbewusst auf dieses Gefühl und äußerte es dadurch, Near ständig dessen Besitz streitig zu machen. Egal, was Near zur Zeit am liebsten mochte – Mello mochte es viel mehr, das wusste er und deswegen musste er es auch besitzen. Letztes Jahr war es ein Stofftier gewesen – dieses Jahr war es ein Roboter. Near wurde von Versuch zu Versuch hartnäckiger und Mellos Hass auf den Jüngeren größer. .. Zwei Tage waren vergangen, seitdem Mello das letzte Mal mit ihm gestritten hatte. Doch heute gab es eindeutig Wichtigeres – heute war sein Tag! Der Blonde grinste glücklich vor sich hin. Er kringelte immer wieder eine Zahl auf dem kleinen Tischkalender ein. Das heutige Datum – der 13. Dezember. Es war noch morgen, doch die Schneemassen vor dem Zimmer ließen das Grau, das sich über „Wammys House“ gelegt hatte, beinahe weiß erscheinen. Kein ideales Wetter um Geburtstag zu feiern, wie er es sich gewünscht hätte, doch würde sich heute alles um IHN drehen. Er war beliebt – also hatte bestimmt niemand auf seinen Geburtstag vergessen. Zudem war ein Samstag, was zu bedeuten hatte, dass sie noch nicht mal in den Unterricht zu gehen brauchten. Mello freute sich auf seinen achten Geburtstag und sie feierten ihn ausgelassen. .. Bis sie nach dem gemeinsamen Abendessen in ihre Zimmer geschickt wurden. Mello war zufrieden. Er hatte viel bekommen. Spielzeug (vor allem Spielzeugwaffen, über die er sich besonders gefreut hatte) und jede Menge Schokolade. Müde brachte er seine neuen Besitztümer auf sein Zimmer, feiern war anstrengend, wenn man dabei so viel Spaß hatte. .. Plötzlich wurde sein Blick starr. Was lag da seltsam Weißes vor seiner Zimmertüre? Langsam ging der Blonde näher. Bei genauerem Hinsehen entpuppte sich der Gegenstand als Spielzeugroboter. Noch genauer, um NEARs Spielzeugroboter. .. Was hatte der hier verloren? Mello hob skeptisch eine Augenbraue. Sah nach links und rechts den Gang entlang, doch von dem weißen Nachtgespenst war keine Spur. Hatte er ihn ... verloren? .. Near und Gegenstände verlieren?.. Nein... da war etwas faul.. Noch immer etwas verwirrt hob er das Spielzeug auf und nahm es mit in sein Zimmer. Warum auch nicht. Wenn dieser Idiot nicht auf seine Sachen aufpassen konnte, dann würde er ihn wohl behalten – er hatte dieses Teil so und so schon immer „begehrt“. Grinsend schloss er sein Zimmer ab. Triumph machte sich in dem bereits von Glück erfüllten Herzen breit. Der Tag verdiente nur ein Wort und zwar „gelungen“. .. Da der nächste Tag ein Sonntag war, hatten sie auch heute „freie Zeiteinteilung“, wie sie es so schön nennen durften. Mello saß schon seit geraumer Zeit in dem Gesellschaftsraum des Waisenhauses. Seine Beine hatte er lässig übereinander auf den Tisch gelegt. In einer Hand hielt er eine von den vielen Tafeln Schokolade, die er gestern geschenkt bekommen hatte, in der anderen den weiß-grauen Roboter. „Erkennt ihr den wieder?!“, er zeigte ihn seinen Freunden, nicht nur Matt machte große Augen. „Das ist doch dieses Ding, das Near immer mit sich rumschleppt...“, er zeigte mit einem Finger darauf und sah Mello entgeistert an. Sie alle wussten um den Konflikt zwischen Mello und Near. „Richtig..“, Mello grinste höhnisch. „Aber wie...“, Matts Mund wollte noch immer nicht zugehen. „Weggenommen... wie einem dummen Kleinkind... er sollte langsam verstehen, dass zu einer ausgeprägten Intelligenz nicht nur Logik.. sondern auch List gehört..“, er grinste wie ein Fuchs und wackelte verspielt mit dem Roboter hin und her. „Mello... er ist erst vor kurzem erst Sechs geworden..“, japste Matt ungläubig. „Na und... um so früher er kapiert, dass ich – ...“, er stockte, drehte seinen Kopf langsam zur Seite. .. In der Tür stand Near... Etwas in sich zusammengesunken. Sein Blick – ausdruckslos. Doch in seinen Augen spiegelte sich etwas... unglaublich... Verletztes. Dann verdunkelte sich sein Blick. Er sank seinen Kopf und verließ den Raum unhörbar, genau wie er gekommen war. .. „Ich glaube, du hast ihn verärgert... wenn er Roger davon- ...“ „Pah – das ist mir doch egal!!“, Mello sprang auf. In diesem Moment hatte sich alles geändert. Da war weder Stolz noch Freude in seinem Herzen übrig geblieben. Wie ein Klos drückte etwas in seinem Hals, schnürte ihm die Kehle zu. Verdammter Near, musste doch wirklich immer alles kaputt machen... .. Wütend stapfte der Blonde aus dem Zimmer. Matt und die Anderen sahen ihm missmutig nach. Near saß still in seinem Zimmer. Um ihn herum hatte er seine eigene Welt aufgebaut. Eine Stadt... seine Stadt. In einer Ecke saßen unzählige Stofftiere.. doch die waren nicht interessant.. nicht jetzt. In seinen schlanken Kinderhänden hielt er bloß zwei Figuren. Betrachtete sie eindringlich, als würde er in Gedanken mit ihnen sprechen. Etwas unsanft setzte er eine ab, zog dafür die andere näher an sich heran und drückte sie an seine Brust. Bloß ein unglückliches Seufzen hätte ahnen lassen, wie es in seinem Inneren jetzt aussah. .. Seine Zimmertüre wurde aufgerissen. Mello stand leicht keuchend in der Türe und trat ungehalten auf ihn zu. Near, geschockt, dass Mello einfach so – wie in letzter Zeit öfters – in sein Zimmer platze, drehte sich zu ihm um, blieb aber wie versteinert sitzen, blickte hoch in die dunklen Augen des Blonden und versuchte dabei so viel Verächtlichkeit wie möglich in seine Mimik zu setzen. Mello fletschte gereizt die Zähne. Mit einer eine Handbewegung, als wolle er etwas lästiges loswerden, schleuderte er den Spielzeugroboter, über den er sich gestern Abend noch so sehr gefreut hatte, vor Near auf den Boden. „Dann pass’ besser auf dein Zeug auf!!!“, schrie er beinahe. .. Der Roboter drehte sich kurz am Boden. Dann sprang etwas weg. Near und Mello folgten mit einer gleichen Kopfbewegung dem kleinen weißen Brocken, der sich schnell als linke Faust des Roboters herausstellte. Mello schluckte hart. Nears Augen wurden ansatzweise glasig. ... Da lag er nun, kaputt. Nears Lieblingsspielzeug – zerstört.. ... Mellos aufgerissenen Augen wanderten von der kleinen Faust zu dem Roboter. Tatsächlich, sie war nicht mehr dran. Dann suchten sie ihren Weg weiter und fanden schließlich Nears Gesicht. Man musste Near gut kennen um seinen Blick als „entrüstet“ zu definieren. Mello war wie gebannt. Starrte auf den Jüngeren und wartete dessen Reaktion ab. .. „Aber... den hatte ich dir doch... geschenkt...“, Drang es heiser von dem weißen Haufen zu ihm hinüber. Near zog sein Bein näher zu sich und neigte seinen Kopf um kleiner zu wirken, er wollte in diesem Moment nichts lieber, als weit von dieser Erde verschwinden. Von all diesem Schmerz der gerade seinen Brustkorb dehnte, nichts wissen. Er seufzte zittrig. .. Mellos wütender Blick veränderte sich rasch. Er war kurze Zeit leer und kalt. °Ein Geschenk... von NEAR???°, zuckte immer wieder durch seine Gedanken. Wie blöd war dieser verdammte Idiot eigentlich, ihm dieses grauenhafte Spielzeug zu schenken, obwohl er in den letzten Tagen immer versucht hatte, es ihm wegzunehmen?! Das war doch ein Eigentor... als Rivale hätte er alles daran setzen müssen, dass Mello das Spielzeug nicht einmal zu Gesicht bekommt... Ein Geschenk... .. Nears Blick ruhte auf seinem kaputten Lieblingsspielzeug. Die Entscheidung war schwer gewesen, sich davon zu trennen... und wurde nur mit Undankbarkeit belohnt... definitiv eine falsche Entscheidung. Nears Hirn... oder mehr sein Herz... sog diese Erfahrung auf wie ein trockener Schwamm. .. Mellos Wangen glühten und seine Augen brannten. Nun mehr als entsetzt biss er sich auf die Unterlippe, denn im ersten Moment hatte er gedacht, Zorn... Zorn auf Near.. würde diesen Schmerz auslösen. Aber es war unendlicher Scham, der sich in ihm ausbreitete. Ein Gefühl, dass er bis jetzt nicht kannte. Und es war heftig. Heftiger als die Freude gestern, heftiger als jede Wut, die er bis jetzt auf Near gehabt hatte. Es schien ihn zu zerreißen. Mit schnellen Bewegungen sammelte er die zwei Teile des Roboters auf und lief aus dem Zimmer. Lief so schnell er konnte – nur weit weg von Near und diesen Schmerzen. Seine Zimmertüre knallte zu, Near konnte es sogar von seinem aus hören. .. Near zupfte an seinen silbernen Locken. Rührte sich sonst noch eine Ewigkeit nicht. Was war das... Mellos Reaktion... seltsam... unerklärlich seltsam... Er schloss kurz die großen Knopfaugen, stand dann auf. Da in der Ecke lag noch immer die andere Figur, mit der er vorhin gespielt hatte und dann unsanft liegen hatte lassen. Bekümmert hob er sie auf, wischte ein kleines Staubkorn von deren Schulter und lächelte dann wieder, als wäre ein großer Stein von seinem Herzen gefallen. Mit beiden Puppen in den Händen schlurfte er in sein Bett. .. Wo war es?... Wo hatte er es hingetan?? Stürmisch riss Mello die Laden aus dem Schrank, kramte unermüdlich in dem Chaos, das darin herrschte. Da – endlich erblickte er die weiße Klebebandrolle am Grund. Schnell hatte er einen langen Streifen abgeschnitten. Seltsam... seine Hände zitterten und seine Wange fühlte sich nass an. Hatte er eben geweint? War ihm selbst nicht aufgefallen... Etwas verstört wischte er mit seinem Ärmel über die Wangen. Dann zog er den kleinen Roboter an sich heran und versuchte seinen Fehler wieder gutzumachen. Liebevoll verband er Arm mit Faust. Das Klebeband wirkte wie ein Verband. Nein, anwachsen würde sie natürlich nie. Aber er hatte sein bestes gegeben. Tief seufzend betrachtete er das Werk... es war immerhin jetzt... sein Roboter. Ein zufriedenes Lächeln breitete sich wieder auf seinen Lippen aus. Was dieser Near wohl damit bezwecken wollte... schenkte ihm einfach etwas, obwohl er Mello doch überhaupt nicht leiden konnte. Wahrscheinlich wollte er bloß Ruhe vor seinen andauernden Attacken haben.. Mello seufzte.. nun etwas bekümmert. .. Near sah interessiert auf, als Mello mit erhobenem Haupt an ihm vorbeistolzierte. Was hatte der Blonde denn da im Arm?.. Das war doch eindeutig... Er lächelte überrascht, als er den „Verband“ an seinem ehemaligen Spielzeug entdeckte. Da war wieder etwas. Eine seltsame Regung, die ihn leicht und zufrieden aufatmen ließ. Mello ließ das Spielzeug noch tagelang nicht aus den Augen. Und egal, ob Mellos Blicke die nächsten Tage noch immer finster und herablassend an ihm streiften. Es machte Near glücklich... Kapitel 1: ----------- 1. Kapitel Mello stand am Fenster. Die Aussicht bot nicht viel, ein paar graue Hochhausfassaden, zugezogene Vorhänge. Reges Treiben auf den Straßen. Immer wieder schweiften seine Gedanken ab, zurück in die Vergangenheit, wo sie nicht hingehörten. Er war doch sonst so zukunftsorientiert. Was war denn bloß los mit ihm? Er hatte wirklich wichtigere Sorgen, als das er seine Zeit mit Tagträumerein aus vergangenen Tagen vergeuden hätte können. Doch etwas ließ ihn nicht los. Schwermütig drehte er sich um. Ihr Versteck war schlicht. Und er hatte bloß das Nötigste mitgenommen... und dennoch starrte ein, mittlerweile eher alt wirkender Roboter auf ihn hinunter. Er saß dort oben in dem fast leeren Regal... wieso hatte er ihn nicht längst weggeschmissen? Der war doch Platz- und Zeitverschwendung... Reuig sah er auf das schon vergilbte Pflaster, welches das Spielzeug am Arm trug. Und wieder glitten seine Gedanken in die Zeit zurück, in der er noch Frieden hatte... und vor seinem inneren Auge wurde das Bild eines kleinen Jungen immer deutlicher. Mello seufzte tief. Er hatte Near erst letztens wieder gesehen, um ihm zu verraten, dass eine der Regeln, die in das Death Note geschrieben wurden, falsch war. Dafür hatte er sein Bild bekommen... das letzte Foto, das von ihm existierte. Angewidert erinnerte er sich an die Gleichgültigkeit in Nears Stimme. Er hatte ihn nicht einmal angesehen... Hass breitete sich in ihm aus. Auch wenn sein Rivale das Spiel eingegangen war. Mello wusste genau, dass den Jüngeren dieser ewige Wettkampf kaum interessierte. .. Er wusste nicht genau, was es war, doch etwas zog Mello schon seit längerer Zeit zu Nears Hauptquartier. Oft unterdrückte er dieses Gefühl. Doch es wurde zunehmend stärker. Immer wieder kreisten seine Gedanken darum, Gründe zu finden, Near einen Besuch abzustatten. Wie so oft, angelte er sein Handy und wählte Matts Nummer. „Gibt es Neuigkeiten?“, murmelte er monoton in den Hörer, als er die Stimme seines Freundes vernahm. „Nein, Mello, alles ruhig hier... mir ist so tot langweilig...“, Mello lauschte und seufzte leise. „Okay.. danke...“, ohne die weiteren Klagen Matts anzuhören, legte er auf. Schnaubte leise. Nichts würde seinen Drang stillen. Verzweifelt sah er aus dem Fenster, drückte seine Stirn an die kalte Scheibe. Und nichts würde seine Seele beruhigen. Dann machte er sich auf den Weg. Er wusste noch immer nicht wieso, und es wurde ihm nicht klarer, als der Wind gegen sein Gesicht peitschte. Er war mit seinem Motorrad viel zu schnell unterwegs. Aber alles in ihm trieb zu Nears Hauptquartier. Innerlich verfluchte sich Mello. Tiefer Hass auf Near machte sich breit, denn er veranlasste ihn zu solchen Dummheiten. .. „Rester, Lidner.. was ist los?“, Near hob kaum den Kopf, als er bauchseits am Boden lag, umragt von einer Stadt aus Lego. „Mello... er steht vor dem Eingang des Hauptquartiers.“, meinte Lidner mit wankender Stimme. „Mello?“, nun sah Near interessierter auf. °Was hat er hier zu suchen? Er hatte sich doch erst letztens das Foto abgeholt... ob er in Schwierigkeiten steckt°... „Wenn er alleine ist, lasst ihn rein...“, der Blick des Jungen verfinsterte sich, schnell veränderte er die Position einer bestimmen Figur, setzte sie neben die, die wohl ihn selbst darstellte. .. Mello betrat den Raum, schlug erst dann die Pelzkapuze in den Nacken. Seine Augen ruhten stumm auf Nears Rücken. Dieser machte keine Anstallten, sich nach ihm umzudrehen. Rester und Lidner standen regungslos an beiden Seiten Mellos, jederzeit bereit ihn zu eliminieren, wenn es erforderlich sein sollte. Doch im Gegensatz zu dem letzen Besuch des Blonden, trug dieser diesmal keine Waffe bei sich. Mello blickte sich gereizt um, fletschte die Zähne, beachtete die Gefolgsleute des Jüngeren aber nicht. Seine Wut galt scheinbar nur Near selbst. „Ich muss mir dir alleine sprechen!“, biss er in seine Richtung. Near regte sich nicht, bloß sein Mund verzog sich ein wenig verdattert, als Mello ihn so unhöflich begrüßte. „Ich wünsche dir auch einen guten Tag, Mello...“, hauchte er der Legowand entgegen. Mello blieb ruhig. Er wusste genau, wie sehr Near seine Unhöflichkeit missfiel. Langsam richtete sich der Jüngere auf und strecke sich, ließ sich dabei bei jeder Bewegung Zeit. Er blicke zu Lidner, dann zu Rester, ohne, dass sein Blick an Mello haften blieb. „Es ist in Ordnung... komm mit, Mello...“, schon drehte er sich wieder um und ging in einen anliegenden Raum. Mello folgte, wenn auch zögerlich. Er schloss die Türe hinter sich, als auch er das kleinere Zimmer betrat. Es war eindeutig Nears Zimmer, dafür musste er sich nicht lange umsehen. Es sah beinahe aus, wie damals in ‚Wammys-House’. Überall waren Spielzeug, Puzzleteile und Würfel auf dem Boden verteilt. In einer hinteren Ecke stand sein Bett, umringt von einer Armee Plüschtiere. Mello verzog, während er das Zimmer musterte, seinen Mund zu einem obskuren Lächeln. In sich fühlte er eine seltsame Abneigung Near gegenüber aufsteigen. Er musste etwas sagen, denn Near wartete sichtlich auf eine Reaktion, immerhin war Mello es gewesen, der dieses Treffen hervorgerufen hatte. .. „Wieso hast du immer diesen scheußlichen Schlafanzug an...“, er sagte das leise, abwertend und ohne Near anzusehen. Dieser hatte nicht mit einer Frage, wie dieser gerechnet und hob überrascht seinen Kopf. Kurz war es still. „Weil.. ich nicht aufwachen möchte, wenn ich aus dem Bett steige...“, kam die einfachste Erklärung, die Near so schnell hatte geben können. Seine Ehrlichkeit durchzuckte Mello wie ein kleiner Stromschlag. Er hasste Near für diese Ehrlichkeit, genau wie er L dafür gehasst hatte. Mello verdrehte die Augen. Hauchte bloß ein herablassendes „Das ist kindisch...“ Near schloss die Augen. Er wusste um seine fehlenden Fertigkeiten. Er wusste selbst, dass es kindisch war, sich vor dieser Welt zu verstecken. Nachdenklich, als hätten ihn Mellos Worte müde gemacht, ließ er sich auf den Boden gleiten, machte sich demonstrativ an einem Transformer zu schaffen. Als Mello wenige Momente noch immer nichts unternommen hatte, fragte der Jüngere schließlich nach. „Weshalb bist du hier?.. Hast du neue Informationen über Kira? Oder befindest du dich in Gefahr?“, seine Stimme blieb gleich, bloß seine Finger bewegten sich etwas hektischer, um das veränderte Spielzeug wieder zur Seite zu legen. „Nein... nichts von all dem...“ „Weswegen bist du denn sonst hier?“ Near zog sein Knie näher an sich, legte sein Kinn darauf. Er fühlte sich nicht wohl und sein Hirn versuchte unermüdlich den Grund dafür zu finden, weshalb Mello hier war. Resigniert, weil er so schnell keine Antwort fand, weilte sein Blick nun frustriert an der gegenüberliegenden Wand. .. „Ich...“ .. ‚Ich weiß es selbst nicht so genau!’, wollte Mello einfach nicht über sich bringen. Etwas, das er über sich selbst nicht wusste? Das war lächerlich. Doch Near schien seine Ungewissheit zu erahnen. „Dann finde es heraus...“, murmelte er fast unverständlich und legte seinen Kopf schief. Ihn ereilte eine Vermutung, von der er erst sehr skeptisch dachte, die aber immer glaubwürdigere Formen in seinem Hirn annahm. War es einen Versuch wert um die Wahrheit über Mellos Zögerlichkeit herauszufinden? .. Near schluckte leise. „Dann.. berühr’ mich... das ist es doch, was du willst...“, er versuchte seine Stimme so selbstsicher wie möglich zu halten. Doch erschauderte er durch seine eigenen Worte. Mello riss ungläubig die Augen ein Stück weiter auf. Er hatte sich jetzt gerade bestimmt nicht verhört. „Spinnst du?? Wieso sollte - ?“, seine Stimme wurde unangenehmer, doch Near war sich nun fast sicher. „Dann geh’ wieder... wenn du grundlos hier bist..“ Um sich abzulenken zog er erneut ein Spielzeug an sich heran, griff es ab, als wäre es ihm neu, bloß um sich von der seltsamen Hitze abzulenken, die Wort für Wort in ihm anstieg. Mello stockte. Wieso traf Near es derart auf den Punkt? Und wieso hatte er es nicht vor ihm gewusst, etwas das so eindeutig war? Angewidert hob er einen Mundwinkel, bis Near weiter auf ihn einredete. „Finde heraus, was du wissen möchtest... du hast nicht oft die Gelegenheit...“, seine Stimme wurde leiser. Und er hatte Recht. Mello war ständig auf der Flucht, musste immer aufpassen, wo er gesehen wurde. Er hatte tatsächlich nicht oft die Gelegenheit hier zu sein. Und war es nicht egal, was Near von ihm dachte? Mit jedem weiteren Gedanken wurde er sich sicherer und trat Schritt für Schritt an Near heran. Blickte auf den zusammengekauerten Rücken vor sich hinunter. .. Seine Hände zitterten ein wenig. Wie sehr hasste er diesen Anblick. Er zog die ledernen Handschuhe aus. Streckte dann zaghaft eine Hand von sich weg, bis diese unmerklich Nears Haar streifte. Es war weich. Mello fixierte den Anderen genaust, als dieser unter dieser leichten Berührung noch etwas kleiner wurde. Er rührte sich nicht, sondern erduldete es ebenso, als Mello nun mit den Fingern durch das Haar strich. Interessiert beobachtete er jedes Erschaudern, das er durch die fast unspürbaren Berührungen an Nears Nacken hervorlockte. Strich sanft über die ersten Wirbeln seines Rückens. Mello sank auf die Knie. Direkt hinter Near. Die Innenseiten seiner Oberschenkel berührten den Jüngeren leicht, worauf sich Near weiter einkugelte. Mellos Nähe kam plötzlich und wurde von Moment zu Moment stärker. Dennoch machte sich Freude im tiefsten Inneren Nears breit. Denn er hatte Recht gehabt. Mello war, auch wenn es diesem selbst nicht klar gewesen war, nur wegen ihm gekommen. Leise hörte er das etwas unregelmäßige Atmen des Blonden. Es war nahe an seinem Ohr. Er konnte dessen Wärme fühlen, spürte an seinem Rücken das starke, beschleunigte Klopfen Mellos Herzens. Nahm seinen Geruch wahr, wie er bis zuvor nie getan hatte. .. Mello merkte, als sich Nears feine Nackenhärchen aufstellten. Insgeheim freute er sich über die Reaktion des Jüngeren. Er legte sein Kinn an Nears Schulter ab. Langsam schlang er seine Arme um den zarten Körper, legte sie an Nears Bauch. Seine Finger suchten ihren Weg unter das weiße Hemd, fanden schnell die samtene Haut. Near zuckte zusammen, als er die fremden Hände spürte. Er bemerkte, dass seine eigenen Wangen warm wurden „Es.. reicht...“, hauchte er mit heiserer Stimme. Diese plötzliche Nähe war zu viel geworden. Mello hob seinen Kopf und linste ihn verwundert von der Seite an. Er wusste, dass es Nachteile mit sich bringen würde, wenn er nun nicht aufhören würde. Near hatte genug. Also stand er auf, taumelte mit noch immer starkem Herzklopfen einige Schritte rückwärts. Blickte auf die zusammengekauerte Gestallt vor sich hinab. .. Near atmete unhörbar ein. Einen kurzen Moment verharrte er in der Position, bis seine Knie nicht mehr zitterten. Etwas unbeholfen stand er auf, blickte Mello nicht an, sondern tapste zu seinem Schreibtisch. Dort zog er einen Schieber auf. Mello beobachtete ihn mit hochgezogener Augenbrauche. Was hatte Near nun schon wieder vor? Er konnte es nicht leiden, wenn er nicht beachtet wurde. Im Moment kam er sich sogar sehr überflüssig vor. Er räusperte sich leise, doch auch das ließ Near kalt. Kurz ruhte sein Blick auf dem offenen Schieber, bis er etwas daraus herauszog. .. Dann erst wandte er sich um, machte etwas schnellere Schritte auf Mello zu. Dieser erkannte den Gegenstand schnell als Tafel Schokolade – und zwar seine Lieblingssorte. Verwundert sah er auf seinen Rivalen hinunter, als er spürte, dass dieser ihm die Tafel an seine Brust drückte. „Komm öfter... zum Spielen...“, Near zog seine Mundwinkel zu einem kindischen Lächeln hoch. Verwirrt sah Mello auf die Süßigkeit, dann wütender und mehr aus Gewohnheit die Zähne fletschend wieder zu Near. Er war ein Rätsel. Und er schien es so bald nicht zu lösen. Er griff nach der Schokolade. .. „Spielen?!“, der Blonde fauchte leise. Seine Augen funkelten Near aggressiv an. Dessen Gesicht wurde wieder ernst. „Ich bitte Dich darum...“, er drehte Mello den Rücken zu. Mello schnaubte etwas. Was war das denn? Near bat darum?! Nein... das war bloß wieder eine Masche.. „Immer... deine verdammten Lockmittel... es ist wie mit unserem Spiel um Kira.. du wirfst mir einen Brocken vor und ich soll die Drecksarbeit für dich erledigen.. was willst du jetzt? Worum spielst du diesmal?!“, Mello wurde lauter. Near schwieg. Er hatte sich wieder auf den Boden gekniet. „Du bist freiwillig gekommen... und ich habe mich darüber gefreut... nicht jedes Spiel erfordert eine Erklärung, Mello...“, er legte nun den Kopf schief. Seine Stimme hatte sich normalisiert. In den Händen hielt er wieder die zwei Puppen. Blickte etwas skeptisch von einer zur Anderen. Mello lauschte. Seine Aggressivität klang etwas ab, auch wenn ihn Nears Worte reizten. .. „Und nicht aus jedem Spiel gehen zwingend Gewinner und Verlierer hervor...es gibt Spiele, die kein derartiges Ergebnis fordern...“, er seufzte. Kraulte die eine Puppe liebevoll am Kopf. Mello schnaubte nun etwas resignierter. Eine seltsame Einsamkeit drang aus Nears Stimme zu ihm. Was ging in seinem jungen Rivalen bloß vor... er konnte sich keine Antwort geben. .. „Man... sieht sich...“, Mello murmelte leise. Ging damit ohne eine Antwort abzuwarten aus dem Zimmer. Verließ das Hauptquartier so unangekündigt, wie er gekommen war. Near schloss die Augen und lächelte zufrieden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)