Highland Affairs 4 von collie ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Highland Affairs 4 Zwei Tage nach der Hochzeit kehrte General Whitehawk in Begleitung des ehemaligen Team Ramrod zurück nach Jarr. So gerne er den frisch Vermählten noch mehr Zeit gegönnt hätte, so dringend mussten sie auch die entworfenen Pläne in die Tat umsetzen. Seit er und Saber das Königreich verlassen hatten, waren immerhin zwei Wochen vergangen und die neue Kampfeinheit würde sich nicht ohne April fertig stellen. Saber verließ Kicho besorgt, als er feststellte, dass sie sich am Morgen seiner Abreise übergeben hatte. Ganz gleich wie sehr sie versicherte, dass dies die Nachwirkungen der Hochzeit seien, er glaubte es nicht wirklich. Er nahm ihr und ihren Schwestern das Versprechen ab, besser auf sie zu achten. Aber die Sorge blieb dennoch. Colt, Fireball und Saber steckten die Köpfe zusammen und machten sich daran, die neuen Begleitfahrzeuge zu entwerfen. Hierbei war Colts Wissen über Waffentechnik genauso erforderlich, wie Fireballs wenn es um Motoren sowie Fahr- und Flugeigenschaften ging. In Design, Beschaffenheit und Ausstattung lag Sabers Knowhow, welches er aus seinem umfangreichen Archiv bezog, dass er über die Dienstjahre angelegt hatte. Zeitgleich konstruierte April wie besessen an den Entwürfen der neuen Kampfeinheit herum. Während Ramrod je nur über einen Triebwerkmotor verfügte, brachte sie hier nun einen weiteren, separaten hinzu. Außerdem veränderte sie die Beschaffenheit der Außenhülle sowie die Form und damit das Erscheinungsbild der Einheit. Diese glich nun in keinster Weise mehr ihren Vorgängermodellen und wie selbstverständlich erhielt sie auch einen neuen Namen. „Wie kommst du voran?“ fragte Saber, als sich die vier zu einem Mittagessen in der Kantine des abgelegenen Stützpunktes trafen. April sah von ihrem Skizzenblock auf, den sie nur zum schlafen aus der Hand zu legen schien, und erwiderte: „Ganz gut so weit. Bald können wir mit dem Bau richtig loslegen.“ Sie senkte den Kopf wieder und wollte mit dem Zeichnen fortfahren, als Fireball seinen leer gegessenen Teller von sich schob. „Wie soll das Ding überhaupt heißen? Ramrod 3?“ wollte er wissen und lehnte sich zurück. Zögernd hob April den Kopf und meinte: „Nein. Ich dachte an … Guardian Eagle.“ Ihr Blick glitt dabei über die Gesichter ihrer Kollegen und musterte diese genau. Man musste kein Genie sein um zu wissen, dass April auf diese Weise ihrem Vater eine Art Denkmal setzen wollte. „Tja, warum auch nicht, “ meinte Colt schließlich. „Du hast ja schließlich allen Grund stolz wie ein Adler zu sein.“ Fireball und Saber nickten zustimmend. „Sie haben was?“ Völlig außer sich schlug Jesse Blue mit der Faust auf den Tisch. Eben hatten ihm Lilly und Annabel Bericht erstattet. Sie hatten zuvor in seinem Auftrag das Haus der Schwestern überschattet und wussten nun, dass General Whitehawk noch am Leben war und von der Doppelhochzeit ebenfalls. Als das Wort Hochzeit gefallen war, war Jesse blass geworden. Als er begriff, dass April jetzt tatsächlich Fireballs Frau war, bekam er einen regelrechten Anfall. Die mechanische Faust sauste auf den Tisch nieder und hinterließ eine sehr deutliche Delle darin. Mit einem Satz war der Aufbrausende um den Tisch herumgesprungen und fauchte Annabel ins Gesicht: „Sag, dass das ein Scherz ist.“ Kühl sah sie ihn an. „Du vergisst, dass wir Phantomwesen sind. Wir wissen nicht, wie man Witze macht.“ Ehe sie es sich versah, hatte er ihr mit der linken Hand eine Ohrfeige versetzt, die sie wortwörtlich umhaute. Sie rieb sich die Wange und funkelte ihn zornig an. „Du Mensch, “ schrie sie. „Du bist ja bescheuert. Deine Gefühle stehen dir im Weg und du merkst das nicht mal.“ Jesse schaute finster zu ihr herab, versuchte aber, sich zu beruhigen. Dann stellte er mit rauer Stimme fest: „Sie werden aufrüsten. Sie dürfen nicht aufrüsten.“ Lilly schob sich die Brille zu Recht. „Wir könnten diese Kleine entführen. Wir haben genug gesehen, um zu wissen, dass sie der Schwachpunkt ist. Vor allem Sabers, “ erklärte sie sachlich. Jesse hob die Augenbraue. „Der hat einen Schwachpunkt?“ Das überraschte ihn doch leicht. „Also gut. Nutzen wir das. Holt sie euch.“ Annabel hatte sich inzwischen erhoben. „Sollen wir sie töten?“ – „Wage es ja nicht“, fuhr er sie an. „Wenn dieses Mädchen tatsächlich eine Schwachstelle ist, nützt sie uns lebendig mehr. Wenn du ihr auch nur ein Haar krümmst, werde ich dich für immer in die Phantomkammer sperren. Ist das klar, “ schnappte er dann. „Ja.“ Annabel und Lilly verließen das Besprechungszimmer, welches in der obersten Etage des Towers lag, und machten sich mit dem Fahrstuhl auf den Weg nach unten. Kaum hatten sie die Tür geschlossen, flog der Schreibtisch aus dem Fenster, den Tower hinunter und hätte beinahe noch eine kleine Gruppe Outrider pulverisiert. Du liebe Zeit, was war nur mit ihr los? Kicho verstand es nicht. Die morgendliche Übelkeit, die Schwindelanfälle bei manchen Tätigkeiten und eine Launenhaftigkeit, die einfach nicht ihre Art war, die sie aber auch nicht ablegen konnte. Wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie glauben, sie sei … aber das war unmöglich. Oder? Langsam erhob sie sich von der Treppe, auf die sie sich gesetzt hatte, als dieser blöde Schwindelanfall sie übermannt hatte. Beinahe wäre sie gestürzt. Das durfte sie niemandem sagen. Schon gar nicht Saber. Er würde sich ja nur unnötige Sorgen machen. Es ging ihr doch eigentlich gut. Aber weil „Eigentlich“ die Aussage in Zweifel zieht, schritt sie langsam zum Telefon und wählte die Nummer ihres Arztes. Sicher hatte sie nur eine leichte Sommergrippe … oder so was. Sie würde sich etwas dagegen besorgen. Dann brauchte sie Saber auch nichts zu sagen. Bis er wieder hier wäre, wäre das sicher wieder vorbei. Am Ende der Leitung wurde abgenommen. „Hallo, Kicho MacCloud hier. Ich hätte gern einen Termin bei Dr. Housemann“ Da für ihre Missionen außerhalb des Schiffes Begleitfahrzeuge nun mal unabdingbar waren, konnte Colt so viel lachen, wie er wollte, und Fires neuen Racer noch tausendmal eine Flunder nennen. Das Ding erwies sich dennoch als ausgesprochen flott und wendig. Waffentechnisch war es durch einen Raketenwerfer erweitert, sonst war es etwas flacher und schlanker geworden. Auf dem Dach zwischen den beiden Heckrudern prangte nun ein Feuerball und an den Seiten war die japanische Flagge wieder auf lackiert. Fireball fand den neuen Namen FireRacer besser. Saber hatte sich wieder für ein Robopferd entschieden, dessen einziger Unterschied zu seinem vorhereigen Modell darin bestand, dass es schneller war und auf den Namen GO hörte. Dabei stand G für Gemma und O für Ophelia und damit für den richtigen Namen seiner geliebten Kicho. Als letzter im Bunde präsentierte Colt seinen neuen Flieger und bekam das Kompliment mit der Flunder gleich zurück. Auch war hier die modernere Version diesmal aufgerüstet und aerodynamisch verbessert worden. „Was schon so gut war, kann man schließlich nicht noch mehr veredeln“, erklärte der Scharfschütze und Fireball konterte, breit grinsend auf die beiden Düsen schauend. „Das einzige was sich hier geändert hat, ist die Lackierung.“ Jetzt riskierte auch Saber einen Blick auf die Farbgestaltung und sah, dass die Lackierung der Düsen doch sehr stark dem Anhänger an Robins Kette glich, welche Colt ihr kurz vor der Trauung geschenkt hatte. „Also Colt …“ grinsend tauschten er und Fireball Blicke. „Was soll das heißen?“ rief der angesprochene aufgebracht, weil er das Gefühl hatte, provoziert beziehungsweise auf den Arm genommen zu werden. „Lass uns einfach einen Testflug machen“, schlug Saber einigermaßen unschuldig vor. „Dir werd ich gleich Testflug …“ schimpfte Colt, der sich in seinem Verdacht nur bestätigt fühlte und jagte nun seine Kollegen durch die Wüste um den Stützpunkt. Fireballs Augen leuchteten vor Begeisterung. Zwei Monate hatten sie nun am Zeichentisch oder in der Werkstatt zugebracht und auch diese Runde war voll und ganz so gelaufen, wie sie sollte. „Jetzt müssten wir nur noch eine Art Trainingskampf austragen können um ganz sicher zu gehen“, sagte er, als er ausgestiegen war. Colt kletterte ebenfalls aus seinem Sitz. „Du hast mal wieder Hummeln im Hintern, was“, meinte er darauf. Saber trat zu den beiden und führte GO am Zügel mit sich. „Aber es ist etwas Wahres daran. Noch wissen wir nicht, ob sie im Kampf genauso zuverlässig sind. Wir sollten auch einen Test in einer Simulationsarea machen.“ – „Den Wunsch kann ich dir erfüllen.“ Stella MacCloud trat aus der Garage heraus auf den Stellplatz, auf dem die drei standen. Ihre Miene wirkte abgespannt und besorgt. „Was ist los?“ fragte Fireball bei ihrem Anblick verwundert. Colt und Saber überlief ein kalter Schauer. War vielleicht was mit Robin oder Kicho? Mit Kicho. Das stand fest, als Stellas Blick nicht mehr von Saber losließ. Dem schwante zwar nichts Gutes, da er eher an ihren wackligen Gesundheitszustand dachte, in dem er sie verlassen hatte, aber was Stella jetzt antwortete, warf ihn beinahe um. „Kicho wurde entführt.“ Für den Bruchteil einer Sekunde hatte er das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren. Das konnte doch nicht sein. Wer hätte etwas davon ausgerechnet Kicho zu entführen? Sie war doch niemand, der irgendwem gefährlich werden konnte. Sie war kein Starsheriff, wie er … dann musste das der Grund sein. Jemand hatte sie verschleppt um ihm zu schaden. Und damit, dass ging ihm auch auf, auch die Starsheriffs und die ganze Aufrüstungsarbeit zu beeinträchtigen, genauer gesagt aufzuhalten. Das wiederum konnte nur eines bedeuten. Jesse Blue steckte dahinter. „Wann?“ fragte er schließlich. Stellas Blick wich auf den Boden und blieb an ihren Füßen haften. „Vor drei Tagen“, gestand sie. „Wie bitte?“ Es war nicht nur Saber, der verständnislos aufbrauste. Colt und Fireball stimmten gleichermaßen mit ein. „Ihr habt wohl nicht mehr alle Dudeln am Sack?“ Colt wollte lieber nicht daran denken, was er mit Stella machen würde, wenn sie im Falle, es wäre Robin gewesen, auch erst nach drei Tagen angerückt wäre. Das Gespräch dürfte man dann nur zensiert wiedergeben. „Wo habt ihr gesucht?“ sachlich stellte Saber diese Frage, so dass Colt meinte sich verhört zu haben. Es ging hier schließlich um die Herzdame des Guten. Wie konnte er dann so tun, als ginge es ihn nichts an? Doch da bemerkte Colt das unterdrückte Zittern von Sabers Hand, als dieser GOs Zügel anzog um ihn in die Werkstatt zu bringen. Stella folgte ihm und erstattete Bericht. Fireball warf dem Cowboy einen traurigen Blick zu. „In seiner Haut möchte ich nicht stecken“, raunte der Rennfahrer ihm zu. Dann gingen sie den Beiden nach. April war geschockt, als sie die Nachricht erhielt, dass Kicho entführt worden war. Völlig verständnislos schaute sie Stella an und fragte: „Ihr wartet drei Tage, bevor ihr damit zu uns kommt.“ Diese wand sich ein wenig unter dem Blick. „Familienangelegenheiten klären wir lieber innerhalb der Familie.“ Mit noch verständnisloserem Blick bohrte April weiter: „Soll das heißen, Saber gehört für euch nicht zur Familie?“ Damit hatte die Blondine die Schlimmsten Befürchtungen ihres Vorgesetzten und Stellas tatsächliche Gedanken ausgesprochen. MacClouds Älteste blickte erst wie ertappt auf April und dann zu Saber. „Also, was jetzt?“ Der Gefragte war zunächst nicht in der Lage zu antworten. Nicht nur der Umstand von Kichos Entführung sondern auch die Tatsache nicht als Teil der Familie gesehen zu werden, wirkten auf ihn wie ein KO-Schlag. „Was jetzt?“ wiederholte Stella ungeduldig. Colt ließ schwungvoll seine Faust auf dem Tisch fallen und schenkte der Unruhigen einen bedeutungsvollen Blick. Stella begriff, dass hier Zurückhaltung ihrerseits erwünscht war. „April und Fireball, ihr kümmert euch weiter um den GE, “ sagte Saber schließlich. „Colt, du kommst mit mir.“ Das Team erhob sich von seinen Plätzen und verließ den Raum. Stella blieb zurück und schüttelte verwundert Kopf über die Vier. Die taten ja gerade so, als hätte sie irgendetwas Schlechtes gemacht. So langsam war ihr egal, was Jesse angeordnete hatte, denn dieses blonde, kleine Miststück fing an eine Plage zu werden. Innerhalb der letzten drei Tage seit ihrer Entführung hatte sie es geschafft den kleinen Kreuzer genauso oft lahm zu legen und damit das Verschwinden erheblich zu behindern. Gerade eben war Lilly dabei das Triebwerk wieder in Gang zu bringen, nach dem sie dort einen Schraubenschlüssel entfernt hatte. Währenddessen zielte Annabel mit grimmigem Blick auf Kichos Kopf. Ein Mucks von ihr und das Ding würde sich von ihrem Hals verabschieden. Scheiss auf Jesse. Kicho kniete am Boden und betete, dass Annabel genügend Respekt vor Jesse Blue hatte um nicht abzudrücken. Denn wenn sie das nicht hatte, daran wollte Kicho lieber nicht denken. Es war ohnehin nicht angenehm entführt zu werden, aber wenn man dann noch etwas unterm Herzen trug – das war einfach zu viel. Natürlich achtete Kicho sorgfältig darauf, sich in dieser Hinsicht nichts anmerken zu lassen, doch war es nicht ihre einzige Sorge, sich und das Kind heil aus dieser Sache herauszubringen. Sie wusste sicher, dass der Vater sie bald finden und ihr helfen würde. Was sie jedoch nicht wusste, war, wie er die überraschenden Vaterfreuden aufnehmen würde? Sie hatte noch nie über dieses Thema geredet, dazu war die Beziehung noch zu frisch gewesen. Und angesichts des Risikos, das sie allein schon für ihn darstellte, war sie sich überhaupt nicht sicher, was er zu einem weiteren Risiko durch ein Kind sagen würde. Oh, wie sie ihn vermisste. Wie gern würde sie ihm alles sagen. Was er wohl sagen würde? Würde er sich freuen? Oder würde es ihm Sorgen machen? Ein Starsheriff, dass wusste sie aus eigener Erfahrung riskierte nicht nur sein Leben, sondern das aller, die ihm nahe standen. Sie konnten zu seinem größten Schwachpunkt werden. Nicht zu letzt aus diesem Grund hatte Ocean seine Töchter im Kampf ausgebildet. Würde es wohl eine Tochter werden? Oder ein Sohn? Vielleicht hätte er oder sie die klaren, blauen Augen des Vaters? Oder seine Ruhe? Oder sein … „Hoch mit dir.“ Annabells Stimme riss sie unsanft aus ihren Gedanken. Grob packte sie Kicho am Arm und zerrte sie auf die Füße. Kaum freundlicher stieß Lilly ihr das Knie in die Bauchgrube. Kicho wurde schlecht und wusste nicht, ob vor Schreck oder vor Schmerz. „Du findest das wohl lustig, uns ständig so nette kleine Streiche zu spielen. Aber wir Phantomwesen verstehen keinen Spaß. Noch ein so ein Ding und ich schieße dir mit Freuden deine großen, grünen Augen aus dem Schädel. Diesmal ist keiner da, der das verhinder wird, “ erklärte Lilly ihr scharf. „Das ist wahr, “ stimmte Annabell ihr zu. „Ich werde sie ganz sicher nicht davon abhalten und solltest du versuchen zu fliehen, werde ich dir die Kniescheiben pulverisieren. Klar?“ Zögernd nickte Kicho. Ab jetzt musste sie tun, was sie wollten, sonst würde es ein übles Ende nehmen. Annabell schleifte Kicho zurück an Board des Kreuzers, während Lilly noch einmal eine Blick auf das Triebwerk warf. Zu frieden stellte sie fest: „Sehr schön.“ – „Das finde ich nicht.“ Im nächsten Moment schoss ihr jemand den Blaster, nach dem sie gegriffen hatte, aus der Hand. Langsam drehte Lilly sich herum. „Ihr“, erkannte sie einigermaßen überrascht. Colt und Saber nickten. „Es wird euch nichts nützen …“ Doch Lilly brachte den Satz nicht zu Ende, sondern wurde von Saber in die Phantomzone zurückgeschickt. Nach dem er gesehen hatte, wie sie mit Kicho umgesprungen waren, hatte er keine Skrupel mehr. Colt duckte sich unter dem Triebwerk durch auf die andere Seite des Kreuzers. So konnte ihn Annabell, deren Aufmerksamkeit die Geräusche außerhalb des Schiffes erregt hatten, nicht sehen. Sie trat mit Kicho als Schutzschild aus der Tür. „Lass es“, sagte sie, als sie Saber erblickte und drückte Kicho ihren Blaster an die Schläfe. „Leg den Blaster weg“, forderte sie ihn auf. Saber tat es zögernd. Gespannt schätzten Annabell und er einander ab. Dann versetzte diese Kicho einen heftigen Stoß in Sabers Richtung. Gerade, als er seine Liebste auffing, zielte Annabell auf ihn, doch zum Schuss kam sie nicht. Colt war einmal mehr schneller als sie und ließ sie Lilly folgen. Er steckte seinen Blaster zurück in den Halfter. „Wie geht es ihr?“ Kicho klammerte sich erleichtert an Saber fest. Es tat so gut, dass er hier war. Sie hatte gewusst, dass er kommen würde. Er würde immer da sein um ihr zu helfen. Sie … Sie richtete sich auf und sah seine besorgtet Miene. Bis zu diesem Moment hätte sie ihm alles erzählt, nun aber brachte sie keinen Ton heraus. Wenn er jetzt erfuhr, dass sie in freudiger Erwartung war, würde er nur noch besorgter zu seiner Einheit zurückkehren. Oder als Single. Sie konnte nicht abschätzen, wie er reagieren würde. So schwieg sie. Auf seine Frage, ob es ihr gut ginge, antwortete sie nur durch ein Nicken. Saber war verwirrt. Gerade eben hatte er noch gedacht, sie freue sich, ihn wieder zu sehen, aber irgendwie tat sie es wohl doch nicht. Während der ganzen Reise zurück zum Hause MacCloud herrschte eine seltsame Stille. Auch wenn Colt nicht entging, dass Kicho sich anders als sonst benahm, so schob er es jedoch auf den Schock über ihre Entführung. Saber aber bekam das Gefühl, dass sie sich von ihm entfernte. Panik beschlich ihn dabei. Würde er sie verlieren? Wenn ja, weshalb? Was war geschehen, seit er fort war? Er bekam keine Antwort auf diese Frage, geschweige denn konnte er sie stellen. Kaum erreichten sie das Haus der Schwestern, war Stella da und nahm ihm Kicho ab. Der Befehl von General Whitehawk lautete, unverzüglich zur Basis zurückzukehren, richtete ihnen die Älteste aus. Saber sah Kicho noch einmal an. Er hoffte auf ein Zeichen ihrerseits, doch sie schaute ihn nur mit ihren großen Augen, als hätte sie etwas angestellt. Das bereitete ihm Bauchschmerzen. Bevor er weiter darüber nachdenken konnte warum, erinnerte Stella ihn an den Befehl und so zogen er und Colt wieder von dannen. Diese blöden Menschen. Glaubten die eigentlich dieses Materialisieren sei ein Spaziergang. Das tat höllisch weh. Mit einem Schrei zwischen Schmerz und Wut sanken Annabell und Lilly auf den Boden. „Das ist das zweite Mal in vier Monaten“, keuchte Annabell wütend und stemmte sich mühsam nach oben. „Das ist eindeutig zu viel.“ Lilly japste nicht weniger. „Jesse scheint zu denken, dass uns das nichts ausmacht. Frei nach dem Motto: Wir kommen wieder. Die Qualen, die das verursacht, spürt er ja nicht.“ Annabell schaffte es, sich auf die Beine zu stellen, wenn auch wacklig und half ihrer Kameradin hoch. „Ich dachte, der verstünde was davon. Immerhin hat ihm doch diese … äh wie heißt sie doch gleich?“ – „April.“ – „Ja, genau. April. Die hat ihm doch das Herz gebrochen, behauptet er.“ Annabell schüttelte verächtlich den Kopf und ließ Lillys Hand wieder los. Gemeinsam torkelten sie von der Plattform über die schmale Brücke auf die Kabinen zu und zogen sich an. Als sie heraustraten, stellte Lilly fest: „Menschen sind widerlich und lästig.“ Der Rotfuchs nickte. „Vor allem, wenn sie so krank sind wie dieser Blue. Ganz ehrlich, dass lass ich mir nicht mehr lange bieten.“ Lilly strich ihre Bluse glatt und hob die Augenbraue. „Tja, dann schätze ich, wir werden nicht die einzigen sein.“ Ihre Kollegin grinste zustimmend. „Ganz sicher nicht.“ Kicho sank erleichtert auf dem Frauenarztstuhl zurück. Gesund, dachte sie glücklich. Dr. Housemann wischte das Gel von der Ultraschaluntersuchung von ihrem Bauch. „Miss MacCloud?“ begann er. Kicho richtete sich erneut auf und sah ihn fragend an. Was gab es denn noch? Ihr Kind hatte die ganze Aktion heil überstanden. Oder war …? „Der Ultraschall zeigt eines deutlich“, fuhr der Arzt fort. Kicho blickte ihn unverwandt fragend an. „Ja, meinem Kind geht es gut. Das sagten Sie doch gerade.“ Der Arzt räusperte sich. „Ihren Kindern geht es gut.“ Kichos Augen weiteten sich. Hatte sie richtig gehört? „Es sind eineiige Zwillinge“, hörte sie ihn sagen. Kicho lächelte nicht nur glücklich, nein sie war selig. Gedankenverloren strich sie über ihren Bauch. Zwei. Zwei kleine Engel da unter ihrem Herzen. Zwei Engel von dem Mann, den sie über alles liebte. Konnte es etwas Schöneres geben als das? Noch immer wie auf Wolken schwebte sie aus der Praxis. Das es das Leben so gut mit ihr meinte, versüßte ihr den Tag gewaltig. Allerdings nur so lange bis sie im vorbeigehen den Gesprächsfetzen zweier Frauen aufschnappte. „Wenn er von einem schon nicht begeistert ist, was sagt er dann erst zu zweien.“ Abrupt blieb Kicho stehen und blickte verwirrt in die Richtung aus der die Worte gekommen waren. Zwei Damen in fortgeschrittenerem Alter unterhielten sich schnell und laut über … du lieber Himmel, grad waren es noch die Schwiegertöchter, jetzt bei der Rosenzucht. Die werdende Mutter wand sich ab, bei weitem nicht mehr so glücklich wie eben. Der Satz hatte sie sehr unsanft in die Realität zurückgeholt. Der Vater ihrer Kinder wusste nichts von seinem Glück. Sie erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er sie angesehen hatte. Da war Liebe in seinem Blick gewesen und Zärtlichkeit, aber auch eine Frage. Eine Frage, die sich nicht beantwortete hatte, weil sie vor seiner Reaktion darauf Angst hatte. Aber nicht nur ihm hatte sie die veränderten Umstände verschwiegen. Niemand außer ihr wusste es. Sie fürchtet nämlich genauso auch Stella und dem, was die dazu sagen würde. Noch war nichts zusehen und wenn etwas zu sehen war, würden sich alle damit abfinden müssen. Dann schon zweimal. Gedankenverloren strich sie wieder über den Bauch. Zwei, hatte der Arzt gesagt. Wie schön musste das sein, wenn es Jungen würden und sie beide aussähen wie ihr Vater. „Ist das wirklich nötig?“ Mit Unbehagen nahmen sowohl Colt als auch Saber die eben verhängte Nachrichtenspeere zur Kenntnis. Der Senat hatte sie ausgesprochen. Es war ja schließlich mehr als offensichtlich, dass Jesse mit der Entführung Kichos versucht hatte, die Arbeiten am GE zu stoppen. Jetzt saß das Team in dem kleinen Büro von General Whitehawk und war wenig begeistert von diesen Neuigkeiten. Colt und Saber, die dem General am Schreibtisch gegenübersaßen, hatten das volle Mitgefühl der jungvermählten Teammitglieder, die hinter ihnen an einem der Aktenschränke lehnten. „Ich fürchte, ja, es ist nötig“, beantwortete Whitehawk Sabers Frage. „Außerdem werden wir den Standort wechseln müssen. Wir können es uns nicht erlauben, entdeckt zu werden, bevor wir ihnen waffentechnisch ebenbürtig sind. Es geht schließlich in erster Linie um die Sicherheit des Neuen Grenzlandes.“ Colt zog sich seinen Hut ganz tief in Gesicht. „Wie lange?“ fragte er mit rauer Stimme. „Solange wir den GE nicht fertig gestellt haben, würde ich sagen, bis auf weiteres“, antwortete der General. So sachlich sein Ton auch war, in seinem Blick lagen Mitgefühl und eine gewisse Traurigkeit. Er konnte sich sehr gut vorstellen, wie es dem Scharfschützen und Saber dabei ging. Auch wenn letzterer die gewohnte „Befehlen muss man gehorchen“-Miene zur Schau stellte. Nach dem, was Whitehawk vor und während der Doppelhochzeit gesehen hatte, wusste er ganz genau, dass Saber ganz sicher nicht leicht fiel. Colt auch nicht, denn er erhob sich knurrend wie ein Hund vom Stuhl und verließ den Raum. Saber folgte ihm. „Colt“, rief er. Der antwortete nicht sondern lief weiter. „Colt.“ Er folgte ihm den Gang entlang und erreichte ihn schließlich an der Tür, die nach draußen führte. „Colt.“ Saber berührte ihn an der Schulter und wich erschrocken zurück, als sein Scharfschütze herumfuhr. Seine Augen funkelten vor Zorn, doch Saber war auch klar, dass dieser Zorn nicht ihm galt. Colt bebte regelrecht und versuchte, sich wieder zu beruhigen. „Was immer es ist, Colt, lass es raus, “ meinte sein Vorgesetzter, als ahne er, was genau den Cowboy so rasend machte. „Stella, diese blöde XXX, “ brach es aus ihm hervor und Saber wusste, dass er Recht hatte. Colts Wut richtete sich einzig gegen sie, was darin begründet lag, dass sie so regelrecht abgekanzelt und fortkomplimentiert worden waren, nachdem sie Kicho Heim gebracht hatten. Colt hatte kaum die Chance gehabt zu fragen, wie es seiner Angetrauten, die an diesem Tag augenscheinlich nicht da war, überhaupt ginge. Es war ja deutlich geworden, dass Stella ein Problem mit Saber hatte. Auch wenn der nicht begriff weshalb. Die Nachrichtensperre jedoch sorgte dafür, dass der Scharfschütze ebenso darunter zu leiden hatte. Dass er dies für alles andere als gerechtfertigt hielt, war absolut verständlich und unterm Strich der Sinn des weniger freundlichen Wortschwalls, der Saber da gerade entgegen sprudelte. Als Colt dann doch mal Luft holen musste, fragte Saber vorsichtig. „Geht’s dir jetzt besser?“ Der Gefragte schüttelte den Kopf. „Was? Musst du erst noch wo drauf schlagen?“ Ganz so wortgetreu hatte Saber die Frage eigentlich nicht gemeint, dennoch prallte er unsanft gegen die Wand. „Ich finde ja nicht, dass ich Ähnlichkeit mit Stella habe, aber trotzdem … autsch, “ meinte er und rieb sich das schmerzende Kinn. Colt räusperte sich verlegen: „Sorry, Boss“, begann er. Saber unterbrach ihn mit einer Handbewegung. „Geht’s dir jetzt besser?“ Der Cowboy nickte. „Na, da hab ich ja richtig Glück“, stellte der Säbelschwinger trocken fest. Verlegen grinsend begann Colt von neuem. „Hör mal, Boss, dass … ich … also …“ Der Boss winkte ab. „Ich weiß gar nicht, was du willst. Ist irgendwas gewesen?“ Erleichtert stellte Colt fest, dass Saber das Ganze hinnahm, wie ein Freund, der Bescheid wusste und Verständnis hatte. Wie hätte er aus nicht verstehen können, da es ihm ja nicht sehr viel anders ging. Noch immer etwas befangen sah er seinen Vorgesetzten an. Dann hörten sie Schritte. Fireball und April näherten sich ihnen. „Alles klar?“ fragte der Pilot und blickte verunsichert von einem zum anderen. „Klar“, erhielt er zur Antwort. „Wie weit ist eigentlich der GE?“ Der Guardian Eagle bedurfte noch zwei kompletter Monate intensiverster Arbeit ehe er zu seinem ersten Testflug abhob. Schon einigermaßen aufgeregt, saßen die vier in ihren Modulen. Wie auch in Ramrod richteten sich die Satteleinheiten der Jungs entlang dem Panoramafester aus. Doch war die Brücke insgesamt schmaler geworden und April saß ihnen daher näher. Auf diese Weise war es auch möglich, die Module untereinander zu vernetzten so dass es für jeden möglich war, ein abwesendes Teammitglied zu ersetzen oder im Notfall den GE allein zu steuern. Der Eagle war nicht so breit und April hatte tief in die Trickkiste der Kompatibilität gegriffen um Praktisches und Bequemes für den Aufenthalt während der zukünftigen Missionen unterzubringen. Im Moment war es allen wichtiger, dass dies Ding überhaupt erst einmal abhob. Fireball startete die Triebwerke. Gespannt hielten alle den Atem an. Tatsächlich zündeten sie. Der Pilot fuhr die Startrampe entlang und beschleunigte, bis er schließlich abhob. Anmutig, beinahe majestätisch, glitt der Eagle über den Himmel. Ob Fire ihn, zum Entsetzten der restlichen Crew, vom Himmel plumpsen ließ um ihn knapp vor dem Boden doch wieder hochzuziehen, ob er Schleifen, Schlenker oder Zickzack flog – es klappte, wie sie erhofft hatten. Doch hielten sie den Testflug kurz. Sie wollten keine Aufmerksamkeit erregen und den Feind womöglich zeigen, was sie da hübsches hatte. Bei der Landung gab es ein Problem. Eines der Fahrwerke klemmte und ließ sich nicht vollständig ausfahren. Als sie etwas holprig dann doch gelandet waren, sprang April sogleich aus ihrem Sattelmodul um nachzuprüfen, wo der Fehler lag. Währenddessen nutze der ehemalige Rennfahrer die Zeit seine Kollegen auf eine Führung durch den Eagle zu nehmen. April hatte unter anderem den Fitnessraum verkleinert und die Geräte rausgeschmissen, oder viel mehr weggelassen, die auf Ramrod schon nicht so häufig benutzt worden waren. Die Küche unterschied sich nicht wirklich von der auf dem Robotcowboy. Sie hatte sich bewährt und die Ingenieurin sah daher keinen Grund, Veränderungen daran vorzunehmen. Die Schlafräume hatte sich allerdings geändert. Es gab immer noch zwei davon und es war ziemlich offensichtlich, dass einer davon dem Ehepaar zustand. Unwillkürlich grinsten Colt und Saber. „Na, ich hoffe doch wohl sehr, dass wir getrennte Betten bekommen, Boss“, meinte Colt. „Wenn nicht, muss ich sie aus dem Team werfen“, erwiderte der. Aber niemand wurde aus dem Team geworfen. Der zweite Schlafraum war in zwei Bereiche aufgeteilt. Auf Sabers Nachttisch lächelte dem ein Bild von Kicho zu. Und der mit dem Foto von Robin auf dem Nachttisch gehörte zweifelsfrei Colt. Der Cowboy warf sich schwungvoll aufs Bett. „Bequem“, stellte er fest, wobei sein Blick auf Robins Foto hängen blieb. Saber und Fireball merkten, wie die Gedanken des Scharfschützen in die Heimat entglitten und ließen ihn allein. Fireball half April bei der Fehlersuche am Fahrwerk. Saber machte sich auf den Weg zurück auf die Brücke und wollte einige Dinge an seinem Modul prüfen. Das ihm dabei Kichos Bild im Kopf rumgeisterte, erschwerte jedoch die Arbeit. Immer wieder glitten seine Gedanken zu ihr. Wenn er doch bloß verstehen würde, was mit ihr los war? Warum hatte sie nicht mit ihm gesprochen? Warum hatte sie ihn so schuldbewusst an gesehen? Im Grunde gab es dafür nur eine Antwort. Ein anderer Mann. Saber krampfte sich das Herz zusammen bei dem Gedanken. Oh Gott im Himmel, alles, nur dass nicht. Bitte. Erneut versuchte Saber sich auf seine Arbeit zu konzentrieren. Erneut wurde er daran gehindert. Diesmal jedoch durch die heftig flirtenden Fireball und April. Die beiden hatten nur Augen für sich und turtelten wie frisch verliebt, was schließlich Saber dazu brachte, sich bemerkbar zu machen. „Na, habt ihr den Schaden gefunden?“ fragte er so beiläufig wie möglich. „Ja,“ antwortete April und versuchte ein Kichern zu unterdrücken, was ihr ziemlich schwerfiel, da Fireballs Mund an genau der Stelle in ihrem Nacken saß, die so heftig kribbelte, dass sie kichern musste. Auch ohne sich in seinem Modul umzudrehen wusste Saber Bescheid. „Und wie schnell können wir das Problem beheben?“ fuhr er fort um die beiden daran zu erinnern, dass jetzt vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. „Ich würde sagen, in fünf Minuten“, erklärte Fireball und schenkte April einen tiefen, eindeutigen Blick. „Ja, würd ich auch sagen.“ Es gehörte nicht viel Fantasie dazu um zu wissen, dass die beiden einen langen, innigen Kuss tauschten. Entnervt rollte Saber die Augen. „Könntet ihr euch bitte auf die Arbeit konzentrieren? Ist ja nicht zum aushalten.“ Irritiert hielt das Paar inne und sah ihn an. „Was ist dir denn zu Kopf gestiegen?“ fragte April verwundert. „Wohl eher in die Hose“, knurrte Fire missmutig. „Sonst hat dich das auch nicht gestört“, stellte er dann fest. „Ihr seid im Krieg nicht in den Flitterwochen, falls ihr das vergessen habt“, meinte Saber und ignorierte die reichlich ungehörige Äußerung seines Piloten. „Für Flitterwochen ist ja Dank des Krieges keine Zeit“, setzte der Jungspund den Schlagabtausch fort. „Dafür zum Heiraten. Beides war nicht meine Idee und beides muss ich ausbaden, “ entgegnete Saber ungewöhnlich gereizt. In den Köpfen des Paares klickte etwas. April und Fireball hatten überrissen, was wohl wirklich hinter Sabers Kritik steckte. Sie tauschten kurze Blicke und April verschwand mit der Erklärung, sie brächte wohl doch erst mal einen Kaffee, von der Brücke. Fireball platzierte sich langsam in seinem Modul und fragte ruhig: „Was ist los mit dir?“ Saber bedachte ihn mit einem kurzen Seitenblick.“Wieso mit mir? Es geht nicht um mich, sondern darum, wie ihr euch benehmt.“ Fireball ließ seinen Boss nicht aus den Augen. „Nicht anders als sonst.“ Sabers Miene war die übliche Maske mit der er stets verhindern wollte, dass jemand merkte, wenn mit ihm was nicht stimmte. Aber Fire kannte ihn nun lange genug um zu wissen, dass der Säbelschwinger etwas auf dem Herzen hatte, wenn er eben jenen Gesichtsausdruck drauf hatte. „Kann es sein, dass es was mit Kicho zu tun hat?“ riet Fireball aufs Geratewohl und war ziemlich sicher, dass er richtig lag. „Wieso mit ihr?“ Sabers Blick glitt ausweichend zum Fenster. ‚Volltreffer,‘ dachte der Pilot, antwortete aber: „Na hör mal, ich bin vielleicht jung, aber weder blöd noch blind. Seit Stella hier war und uns von der Entführung erzählt hat, bis du irgendwie anders. Aber richtig schlimm bist du, seit ihr, du und Colt, wieder zurück seid. Ich weiß, dass du Kicho gern hast. Machst du dir solche Sorgen um sie?“ Der angesprochene lachte freudlos. „Oh weh. Bildest du dir ein, nur weil du einen Ring am Finger hast, weiser zu sein?“ – „Das war ich vorher schon“, versuchte Fireball ihn aufzuziehen. Als er sah, dass es nichts brachte, fuhr er fort: „Wenn du Kicho liebst, dann sag es ihr einfach. Ich möchte nicht ausbaden müssen, dass du deine Klappe nicht aufkriegst. Du bist doch sonst so eloquent.“ Langsam begann es zu nerven, dass der Blondschopf so derart mauerte und einfach nicht reden wollte. Der flüsterte: „Ich glaube nicht, dass es für sie wichtig ist.“ Fireball fuhr aus seinem Sitz auf und warf verzweifelt die Hände in die Luft. „Was soll nicht wichtig für sie sein? Herrgott, kannst du auch mal nicht so in Rätseln reden?“ Unwillkürlich musste Saber lächeln. Ok, der Kleine versuchte ihm zu helfen. Er war schließlich sein Freund und kannte ihn schon ziemlich gut. Saber ließ seine Maske fallen. „Kicho sollte es wissen, Fireball …“ begann er. „Hoffentlich erwartest du nicht, dass sie deine Gedanken liest. Das wäre nämlich etwas zu viel verlangt, finde ich, “ wand der ein. „Nein, sie sollte es wissen, weil ich es ihr gesagt habe. Ich habe gedacht, dass alles beruhe auf Gegenseitigkeit. Aber seit wir sie zu ihren Schwestern zurück gebracht haben ist sie … ich komm nicht mehr an sie heran.“ Fire wiegte den Kopf. „Klingt so, als hätte sie ein Problem, mit dem sie nicht zu dir kann oder will. Habt ihr versucht, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Nicht jede Frau ist so ein Kaliber wie unsere April und steckt so eine Entführung einfach weg.“ Saber schnaubte leicht. „Mit Kicho über Probleme reden. Der war gut. Kicho hat keine Probleme. Und noch viel weniger redet sie darüber. Dabei waren wir so weit, dass sie es eben doch tut.“ Es war offensichtlich, dass Saber unter Kichos Verschlossenheit litt. Tatsächlich hatte der Pilot seinen Vorgesetzten noch nie so offenkundig hilflos und verunsichert gesehen. Er schüttelte den Kopf und fasste zusammen: „Wenn du zu Sarkasmus neigst, wird es echt bedenklich. Außerdem klingt das sehr nach einem weiblichen Saber Rider. Du glaubst also, dass sie dir nicht mehr vertraut.“ Saber sah erneut aus dem Fenster und seufzte: „Ganz ehrlich. Ich weiß nicht, was los ist. Dass ich für Stella nicht zur Familie gehören, war ja wohl mehr als deutlich. Aber dass Kicho mich nicht mehr an sich heran lässt … Dabei hatte ich gedacht, dass sie die Frau ist, die ich heiraten und mit der ich eine Familie gründen möchte. Ich wusste einfach, dass Kicho und ich zusammen gehören. Verstehst du?“ Fireball verstand das sehr gut. So ähnlich hatte er schließlich gefühlt, als er April zum ersten Mal gesehen hatte. So im Sinne von: Die eine, die eine oder keine. Für keine andre Frau ging ich lieber in den Bau … Fire holte sich selbst wieder zu dem Gespräch mit Saber zurück: „Saber, du warst immer ein guter Anführer. Aber in all den Jahren, in denen wir zusammengearbeitet haben, hab ich eins gelernt: Das hast du mir jetzt im Vertrauen gesagt, aber ich verwette alles, was mir lieb und teuer ist, dass du Kicho das eben nicht genauso gesagt hast, “ erwiderte er. Der Blonde schwieg betroffen, dann antwortete er zögernd: „Ich hab ihr gesagt, dass ich sie liebe. Ich sag dir noch was im Vertrauen. Ich glaub, ich hab sie verloren.“ Jetzt schwieg sein Gesprächspartner. Grübelnd fuhr er sich mit der Hand übers Kinn. „Wenn du das glaubst, hast du sie wirklich schon verloren“, gab Fireball zu. „Ich weiß nicht, wie oft ich April gesagt habe, dass ich sie liebe. Aber irgendwann klingen diese drei Worte nur noch wie eine hohle Phrase, egal, wie ernst du sie meinst. So selten wie du bei Kicho bist, dass nennt man wohl auch Fernbeziehung, solltest du dir etwas besseres einfallen lassen als ein schlichtes ILD. Wenn wir das nächste Mal zurück bei den Schwestern sind, könntest du ihr ja mal verklickern, was du mir grad gesagt hast.“ Saber wundert sich schon ein wenig über sein jüngstes Teammitglied. Es war klar, dass der junge Heißsporn einmal erwachsen werden würde. Aber soviel Freud hätte Saber nicht erwartet. „Werde ich tun, vorausgesetzt, Stella schlägt mir nicht die Tür vor der Nase zu, “ erwiderte er. „Stella soll schön die Füße still halten.“ Da war der gewohnte Hitzkopf wieder. „Lass niemanden, und das mein ich ernst, in deine Beziehung rein pfuschen. Keine Eltern, keine Geschwister, keine Kollegen oder gute Freunde.“ Kaum hatte er das ausgesprochen, musste er lachen. Und was tat er bitte schön die ganze Zeit? „Dann kann immer noch ein unbeteiligter Dritter rein pfuschen. Jemand, der nicht zu diesem Kreis gehört, “ konterte Saber. Fireball hob skeptisch die Augenbrauen. „Oh bitte, Matchbox, du weißt, was ich meine. Sieh dir Kicho an. Sie ist wunderschön. Glaubst du, dass fällt sonst keinem auf?“ Der angesprochene grinste breit: „Sag es meiner Frau nicht, aber ….“ Jetzt flüsterte er verschwörerisch. „Mir ist das auch schon aufgefallen.“ Saber grinste zurück. „Ansonsten glaub ich nicht“, fügte Fire in normalem Ton hinzu, „dass Kicho so was tut.“ Resigniert hob der Säbelschwinger die Schultern. „Wäre es denn so undenkbar? Nachdem du ja gerade festgestellt hast, dass ich zu wenig da bin und ihr nicht deutlich genug gesagt habe, was sie mir bedeutet … Was bitte sollte es sonst sein? Vielleicht gibt es ja jemanden, der besser für sie ist. Und wer könnte es ihr verdenken …“ Fire schnitt ihm das Wort energisch ab: „Erstens: Kann es ja sein, dass Kicho ja etwas anderes bedrückt. Und dies bei ihr herauszufinden ist verdammt schwer, also rede und wenn’s dich Kopf und Kragen kostet. Zweitens: Ich würd es ihr verdenken. Man zieht meinem Boss keinen anderen Kerl vor. Wo kommen wir denn da hin? Also Kopf hoch Boss. Was immer es ist, es renkt sich schon wieder ein und es gibt sicher keinen anderen.“ Saber wollte gerade Einwände anmelden, also fügte Fire noch scharf hinzu: „Ende der Diskussion.“ Jetzt musste Saber etwas lachen und der Rennfahrer nutzte die Gunst der Stunde: „Dir ist schon klar, dass du mir was schuldest?“ Saber nickte: „Ich weiß schon, was. Einen Freifahrtsschein zum Flirten mit deiner Frau.“ – „Genau.“ – „Tja, ich könnte versuchen, die Chefkarte auszuspielen, aber dann bekomm ich eher früher als später auch noch Ärger mit deiner Frau. Und da ihre Nägel die stärkeren Waffen sind – macht doch was ihr wollt.“ Fireball grinste breit, ehe er seinen Boss wieder allein ließ. Es vergingen noch zwei Monate in denen am Guardian Eagle montiert werden musste. Das Fahrwerk wurde repatiriert. Nach weiteren Test, bei denen auch die Waffen eingesetzt und die Challangephase geprobt wurden, konnte schließlich ein Großteil der Montagefehler behoben werden. April war sichtlich zu Frieden mit sich und ihrem Eagle. Die Jungs fanden zu Recht. Dafür, dass sie an der Einheit jetzt erst seit einem halben Jahr arbeitete und unter den Bedingungen des Kriegszustandes, war das Ergebnis schlichtweg gut. Die Übergriffe in den besetzten Gebieten Alamos häuften sich während der folgenden drei Monate und den Starsheriffs und den Truppen des Königreiches Jarr gelang es sie ohne den GE zurückzuschlagen. Vorerst sollte die Einheit noch geheim bleiben für eine möglichere, größere Offensive. Es blieb Jesse natürlich nicht verborgen, wer ihm da so erfolgreich Widerstand leistet. Die Wutausbrüche darüber mussten Lilly und Annabel über sich ergehen lassen. Blue war in keinster Weise bereit, Alamo aufzugeben. Schließlich befahl er einen Großangriff auf Alamo um den Planeten endgültig unter seine Kontrolle zu bringen. Der Badlander GX flog auf Alamo zu. Ihm folgten mehrere Schwadronen Hyperjumpers. Diesmal sollte der Planet fallen. Doch was Jesse erblickte, verwunderte ihn sehr. Weniger die Sternenflotte, die sich ihnen entgegenstellte sondern das Schiff, welches sie anführte. Es sah beinahe aus wie Ramrod. Doch es war augenscheinlich nicht der. Das Schiff vor Jesses Augen war schlanker als der Kolos Ramrod und dummerweise erwies es sich auch als schneller. In den Begleitkreuzern des Badlanders begriffen Annabel und Lilly, dass es sich hier um eine Waffe handelte, die ihnen noch einige Schwierigkeiten machen dürfte. Sie feuerten ihre erste Salve ab und staunten nicht schlecht, als sie ihnen um die Ohren flog. „Nachahmer“, stellte Jesse fest und zog provokant am GE vorbei. „Na, wenn das keine persönliche Einladung war“, meinte Colt. „Und so nett präsentiert“, fügte Fireball hinzu. „Na dann lassen wir ihn nicht warten. Das wäre sehr unhöflich, “ ergänzte Saber. Sie folgten Jesse zu einem nahgelegenen Asteroiden. Dort war er gelandet. „Ach, ihr bildet euch also ein, ihr hättet was besseres“, fragte er über den Comunicator. „Allerdings,“ erwiderte Fire. „Wir haben April.“ Jesse verzog das Gesicht, aber unter dem Helm war es nicht zu erkennen. Trotzdem, die Rivalität zwischen ihm und Fireball war ein offenes Geheimnis. „Dann lass mal sehen, was ihr drunter habt“, forderte Jesse. „Avec plaisir.“ Der Pilot leitete die Transformation ein. Aus dem schlanken Schiff fuhren Arme und Beine aus. Was Jesse jetzt zu sehen bekam, beeindruckte ihn leider mehr, als ihm lieb war. Der Guardian Eagle präsentierte sich ihm ähnlich wie Ramrod nur ohne Cowboyhut und nicht so breit. Statt des Umhangs den Ramrod sonst hatte, breiteten sich auf seinem Rücken Flügel aus. Die Schwingen eines Schutzengels oder Adlers. Seine Lackierung war weniger farbenfroh, aber silbern metallic wirkte dafür unglaublich stylisch. Auf der Brust des Eagle prangte die Flagge Frankreichs und dort, wo sozusagen der Gürtel gewesen wäre, die Flagge Japans. Auf den Oberarmen der Einheit waren ziemlich gut Stars‘ n Strips und der Union Jack zusehen. „Oh man, “ ließ sich Jesse vernehmen. „Airbrush und Trivialitäten. Mehr ist euch nicht eingefallen um mich aufzuhalten?“ „Sag, dass das nicht wahr ist. Von Saber? Du meine Güte, dass ist wohl das Schlimmste, was passieren konnte.“ Stella schlug theatralisch verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammen, denn eben hatte Kicho ihr gebeichtet, dass sie in freudiger Erwartung war. Sie hatte beichten müssen. Es war nicht mehr zu übersehen. Verwundert fragte die Blondine: „Was soll denn daran bitte schlimm sein?“ Stella bedachte sie mit einem Blick der Art „Bist du so dumm oder tust du nur so“ und erklärte dann: „Saber ist ein Starsheriff. Ein Mann, der nie zu Hause ist bei seiner Familie ist und um den man sich ständig Sorgen machen muss, weil man nie weiß, ob er wieder kommt. Also wirklich Kicho, du hättest besser aufpassen müssen.“ Diese erinnerte sich an die Nacht, in der die Zeugung nur stattgefunden haben konnte. Da war mit aufpassen nicht viel gewesen. Sabers Zärtlichkeit und Leidenschaft hatten ihr Gehirn völlig ausgeschalten. Tatsächlich störte sie das nicht im Geringsten. Sie freute sich auf das, was da unter ihrem Herzen wuchs. ‚Denn alles was dazu mich trieb, Gott war so gut, ach war so lieb …‘ „Ich kann mich nicht erinnern, dich je so über Vater reden gehört zu haben, “ sagte sie dann zu ihrer Schwester. „Vater hast du in den Himmel gehoben.“ Die angesprochene hob die Schultern. „Saber wird unserem Vater nie das Wasser reichen können.“ Kicho schüttelte den Kopf. „Das kann er und das tut er“, widersprach sie. „Was ist dein Problem?“ – „Mein Problem ist, dass du dich mit einem halbschwindligen Starsheriff eingelassen hast“, erwiderte die Gefragte ungeduldig. Kichos heftige Antwort folgte prompt: „Er ist kein halbschwindliger Starsheriff. Er ist ein Mann mit Ehre und das weißt du. Dein Problem mit ihm scheint mir eher zu sein, dass er es geschafft hat in Vaters Fußstapfen zu treten, aber du nicht.“ Das war ein Volltreffer auf dem wunden Punkt. Einer der Gründe, weshalb Stella die vier Freunde bei Kichos Entführung nicht sofort alarmiert hatte – die Konkurrenz, welche Saber für sie darstellte. „Er ist nicht in Vaters Fußstapfen getreten“, schnappte sie. „Genauso wenig, wie er hier den Platz des Familienoberhauptes einnehmen wird.“ Stellas hemmungslose Ablehnung ließ Kicho nach Fassung ringen. „Das muss er auch nicht“, erklärte sie um Ruhe bemüht. „Wer sagt denn, dass wir hier bleiben. Wir könnten auch genauso gut bei seinen Eltern wohnen.“ MacClouds Älteste verlor zusehends ihre Seelenruhe. „Du kannst doch nicht Bianca und die Zwillinge im Stich lassen. Bist du wahninnig? Wer soll sich denn um die Drei kümmern? Und das alles für einen Mann, der wahrscheinlich tot umfällt, als sich um ein Balg zu kümmern, “ kreischte sie aufgebracht. Jetzt brauste auch Kicho auf: „Hast du wirklich gedacht, wir verbringen alle unser Leben nur hier? Und woher willst du wissen, dass Saber sich aus der Verantwortung stiehlt? Vielleicht freut er sich. Es sind übrigens zwei. Zwei Söhne. Wie redest du über deine Neffen?“ Stella sank neuerlich theatralisch auf einen Stuhl. „Zwei? So viel Pech auf einmal kann ein Mensch ja gar nicht haben.“ – „Es ist ein doppelter Segen“, stellte Kicho klar. „Warum kannst du dich nicht einfach für mich freuen?“ Die Brünette schenkte ihr einen „Wie doof bist du eigentlich Blick“ und fragte: „Wie soll ich mich freuen, wenn im ganzen Neuen Grenzland Outrider auf offener Straße herumlaufen und es viel zu gefährlich ist, eine Familie zu gründen? Der Idiot wird sein Leben im Kampf lassen und du bleibst als trauernde Witwe mit zwei Kindern zurück. Ist es wirklich das, was du wolltest?“ Kicho wollte sich ebenfalls hinsetzen, spürte aber, dass sie dazu viel zu aufgewühlt war. „Dieses Risiko war bei Mutter und Vater auch immer da. Und sieh uns an. Alles was ich will, ist glücklich zu werden.“ Der Stuhl schlug auf den Boden, als Stella aufsprang. „Du musst ja nicht in jedem Atemzug deines Lebens alles tun, was Mutter auch getan hat. Glücklich? Du bist selbstsüchtig, Kicho. Die Aufgaben waren bei uns genau verteilt. Wir waren ein eingespieltes Team bis Saber kam und dir Flausen in Kopf gesetzt hat. Hier ist kein Platz für so was, “ erklärte sie hartherzig. Das Herz ihrer jüngeren Schwester krampfte sich zusammen. „Lass mich das zusammenfassen“, begann sie langsam. „Ich darf in jeder Hinsicht sein wie Mutter, nur nicht wenn es um Saber und mich geht. Das nennt man Doppelmoral, Stella. Du hast eine Handvoll Vorstellungen darüber, wie unsere Familie sein darf. Und eine Kiste verstaubter Normen, wie Saber und ich uns da einfügen müssen.“ – „Nur du“, korrigierte die Älteste sie. „Saber soll gefälligst da bleiben wo er ist.“ Fassungslos begriff Kicho vor allem eines: „Du willst mir allen Ernstes verbieten glücklich zu sein?“ Stella wand sich. Das war nicht ganz das was sie aussagen wollte. „Verbieten ist ein zu hartes Wort …“ begann sie, doch sie kam nicht weit. „Es bleibt aber das gleiche. Ich darf nicht. Ich muss zurückstecken. Ich muss ertragen. Ich muss aushalten. Ich muss verzichten. Du ziehst durch die Gegend und spielst Heldin ohne Rücksicht auf mich zu nehmen. Du setzt voraus, dass alles klappt, wenn du nicht da bist. Verdammt noch mal Stella. Ich bin deine Schwester, nicht deine Leibeigene.“ Ihre Stimme hatte gebebt, als sie zu sprechen begonnen hatte. Jetzt überschlug sie sich förmlich. „Ich habe alles, was ich hatte, unserer Familie gegeben.“ Tränen traten in Kichos Augen, das machte Stella betroffen. „Das weiß ich doch“, antwortete sie milde. „Ich will doch nur nicht, dass Saber sich mit dir vergnügt und sich dann verkrümelt, sobald es ernst wird.“ Sie wollte ihr die Hand auf die Schulter legen, doch Kicho stieß sie weg. „Das kannst du nicht ernst meinen. Du hältst Saber nicht wirklich für so schlecht.“ Doch der Blick ihrer großen Schwester verriet Kicho, dass es genauso war. „Du bist nicht nur eifersüchtig. Du hasst ihn. Was hat er dir denn getan?“ Unter dem zweiten Volltreffer wich die Angesprochene beleidigt zurück. „Du siehst ja Gespenster.“ Immer noch mit Tränen in den Augen schüttelte Kicho den Kopf. „Du siehst ein Gespenst und das ist Saber. Hör auf damit. Hör auf ihn schlecht zu machen. Du machst sonst alles kaputt.“ Nun wand Stella sich von ihrer kleinen Schwester ab und meinte: „ Mach was du willst Kicho. Ich werde Saber jedenfalls nicht, als Mitglied dieser Familie akzeptieren.“ Damit stapfte sie davon. „Das solltest du aber“, rief diese ihr nach. „Sonst hast du irgendwann eine Schwester und zwei Neffen weniger.“ Verzweifelt weinend brach Kicho zusammen. Kaum einen Augenblick später waren Bianca und die Zwillinge bei ihr, nahmen sie in die Arme und sprachen tröstend auf sie ein. Es war nicht nötig gewesen, dass eine der anderen Schwestern lauschte. Laut genug war geschrien worden. Darla und Cat folgten Stella und wollten sie ins Gebet nehmen. „Nicht Kicho macht die Familie kaputt, sondern du“, fuhr Darla sie an. „Wir werden schon eine Lösung finden“, meinte Cat. „Wir haben immer eine gefunden.“ Doch das Familienoberhaupt ließ die beiden wortlos stehen. Stella konnte nichts dazu sagen, sonst hätte sie zugeben müssen, dass sie im Unrecht war. „Mist,“ fluchte April. „Was ist?“ Fireball drehte sich zu ihr um. „Der nimmt uns gleich ein Stück von der Abdeckung ab. Wenn er an die richtige Schaltung kommt, zieht er uns den Stecker raus,“ erklärte die Ingenieurin. „Das Ding hat ein Stecker?“ fragte Colt, aber da war die Frau schon von der Kommandobrücke verschwunden und schnallte ihr Jet Pack um. Fireball öffnete die Bordluke und ließ sie ins All gleiten. Der letzte Schlag des Badlanders hatte zwischen den Flügeln des GE eine kleine Platte aufgerissen. An der Stelle lagen der Schaltkreis, welcher den separaten Triebwerkmotor mit den Rechnern verband. Wenn der erste Motor ausfiel, könnten sie den anderen nicht zuschalten. April wusste, wie riskant es war, sich während eines Gefechts mit sowas befassen zu müssen, doch daran verschwendete sie jetzt keinen Gedanken. Eile war geboten. Inzwischen flog der Badlander wieder auf den Guardian Eagle zu und Colt konnte einen entscheidenden Treffer auf dessen Sichtfenster abgeben, die einzige Stelle, von der die Feuerkraft nicht zurückgeworfen werden konnte. Der Schuss saß perfekt. Zwar zerbarst die Scheibe nicht, aber sie bekam tausend Risse und beeinträchtige Jesse Blick entscheidend. „Wir sehen uns wieder,“ ließ er die Crew des GE wissen. „Sollen wir ihm folgen?“ fragte Fireball. „Nein,“ antwortete Saber. „Wir müssen ihn ziehen lassen. April wird das Problem an der Außenhülle ausmerzen müssen. Sowas darf nicht noch einmal vorkommen.“ Der Pilot funkte die Blondine an: „Wie sieht es bei dir aus?“ Er erhielt keine Antwort. „April, alles klar bei dir?“ hakte er verwundert nach. „Melde dich Süße.“ Die Süße antwortete jedoch immer noch nicht. „Ich kann sie nicht orten,“ vermeldete Saber. „Da muss was passiert sein.“ Lilly und Annabell grinsten zu Frieden. Mit dem Knebel im Mund konnte sie nun mal nicht antworten. Da konnte der Typ funken so viel er wollte. Bis die auf den Gedanken kamen, dass die Chefentwicklerin des GE hier auf Pekos war, hätten sie sicher eine Lösung für das Problem gefunden. „Ich hoffe, du fühlst dich hier wie zu Hause,“ meinte Lilly. „Ist ja schließlich deine alte Zelle.“ Damit stieß sie April hinein, ließ die Lichtschranken schießen und legte den Helm der Blonden auf den Kontrollpult. Zu dem Dienst habenden Outrider sagte sie. „Lass sie ja nicht aus den Augen.“ Dann verließ sie den Gefängnistrakt. Das war ja besser gelaufen, als sie gedacht hatte. Wie weit wohl Annabell schon bei Jesse war? Die Antwort auf die Frage lief ihr auf dem Flur entgegen. Annabell schnaubte vor Wut. Mal wieder. „Was?“ fragte Lilly verblüfft. „Ich mach sie kalt,“ erklärte diese, schob die Brünette zur Seite und stürmte den Gang hinunter. Postwendend wurde sie verfolgt. Kaum hatten sie den Raum betreten, in dem April Gefängniszelle lag, schickte der Rotfuchs den Diensthabenden hinaus und fauchte: „Diese Weichbirne von Mensch wusste, dass sie“ – Dabei deutete sie auf April. „in der Lage ist, eine Kampfeinheit wie das Ding heute, zu bauen. Ohne sie hätten wir nicht das Problem, das wir jetzt haben. Und das Beste daran komm noch. Er hat mir grad den Befehl gegeben, sie nicht anzurühren.“ Lilly grinste. „Du nicht. Aber ich.“ Damit ließ sie die Lichtschranken zurückfahren. April, immer noch die Hände auf den Rücken gebunden und mit Knebel im Mund, wich an die Wand zurück. „Niemand wird dich schreien hören,“ versprach Lilly. April stieß sich von der Wand ab und versetzte Lilly einen Tritt in die Magengegend. ‚Aber dich,‘ dachte sie dabei. Tatsächlich brach Lilly mit einem Aufschrei zusammen. Aber Annabell war zur Stelle und vertrat der Blondine den Weg. Sie riss ihr die Beine weg, so dass diese stürzte. Dumpf prallte sie auf den Boden. Lilly richtete sich wieder auf und kam hinzu. Sie riss sie an den Haaren wieder nach oben und zückte den Blaster. „Das hast du nicht um sonst getan, Miststück,“ fauchte sie. Als April Anstalten machte sich zu wehren, erhielt sie einen Schlag mit dem Griff der Schusswaffe gegen die Stirn . Dann wurde der Lauf an Aprils Schläfe angesetzt. „Wag es ja nicht.“ Jesse Stimme war so eisig, dass sie vor Kälte klirrte. Unwillkürlich fuhren Annabell und Lilly auf. April plumpste neuerlich unsanft auf die Fliesen. Jesse trat zu ihr und half der Überraschten behutsam, beinahe zärtlich auf. „Du bist echt dämlich,“ ließ sich Lilly vernehmen. „Und du bist zu weit gegangen,“ erwiderte er ungerührt. „Das war dein letzter Fehler als Kommandant,“ erklärte Annabell ebenso gefühlskalt. Sie stand dem Controllpult am nächsten, drückte einen Knopf und befahl: „Zugriff jetzt.“ Im nächsten Moment brach auf dem Stützpunkt das Chaos aus. Outridereinheiten versuchten, die Kontrolle an den wichtigen Punkten zu übernehmen. Jesse hingegen brauchte nur einen Moment und drückte den Button an seinem Anzug. Die CanEs würden den Aufstand niederschlagen, dass wusste er. Und Professor Clarkson hatte dafür gesorgt, dass die vernichteten Phantomwesen sofort in ihre Phantomkammern verschwanden ohne vorher in zurückzukehren. Annabell und Lilly tauschten einen Blick und richteten ihre Waffen auf ihren Anführer. Aber sowohl Jesse als auch April hatten damit gerechnet. Lilly hatte der Blondine keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt und empfing überrascht einen Tritt in die Kniekehle. Währenddessen fuhr Jesse blitzschnell seine Armkanone aus, wich Annabells Schuss aus und schickte sie zurück in ihre Dimension. Ehe Lilly sich von dem Tritt erholte, folgte sie ihr. „He, meine Süße.“ Jesse fuhr seine Waffe wieder ein und nahm April vorsichtig den Knebel aus dem Mund. „Ich hätte ja nie gedacht, dass wir mal so gut zusammen arbeiten.“ – „Wir standen einen Momentlang auf der selben Seite,“ erwiderte sie. „Kein Grund, sich was drauf einzubilden.“ Jesse ging um sie herum und begann ihr die Handschellen zu lösen. Als sie aufschnappten, hielt er Aprils Handgelenke fest und drehte sie in seine Arme. „Jesse, was …“ Weiter kam der weibliche Starsheriff nicht. Sie fühlte Jesse Lippen auf ihren. Einen Augenblick lang fühlte sie sich, als würde man ihr den Boden unter den Füssen wegreißen. Sie hätte nie damit gerechnet, dass Jesse Kuss so warm, sanft und zärtlich sein würde. Aber dann spürte sie wie er fordernder wurde. Nicht, dass sie durch diese Umarmung schon sehr nah an Jesse gepresst war, er zog sie noch näher zu sich heran. April sah keine Chance sich zu lösen. Es war beängstigend. Sie spürte sein Drängen, nicht nur durch seine Küsse sondern auch unterhalb seiner Gürtellinie. Das wurde langsam zu viel. Sie wand sich in seinen Armen und brachte ihn dazu sein Gewicht zu verlagern. In diesem Moment sah sie die Chance sich zu befreien. So wie er jetzt stand, konnte sie gut zielen und tat es. Jesse fühlte einen mehr als unangenehmen Schmerz an der empfindlichsten Stelle eines Mannes. Prompt ließ er von ihr ab und sank zusammen. April zögerte nicht und lief davon. Mit viel Geschick und etwas Glück erreichte sie trotz der Kämpfe um sich herum, die immer noch andauerten, den Hangar zu erreichen und ein Schiff zu kapern. „Dieser Vollidiot,“ schimpfte sie, als sie startete und ab nach Hause zu ihren Jungs düste. Mehr als nur erleichtert begrüßten die Jungs ihre Blondine. Vor allem Fireball war natürlich froh, seine Frau wieder in die Arme zu schließen. Doch gerade als er ihr einen Begrüßungskuss geben wollte, hielt er inne und zögerte. Etwas störte ihn. „Was ist?“ fragte seine Frau verwundet. „Ach …ähm, nur dein Lippenstift ist verschmiert,“ erwiderte er, wischte die Spur fort und küsste sie. Aber seine Wiedersehensfreude hatte einen Dämpfer weg, denn April war leicht zusammen gezuckt, als er das angesprochen hatte. Vorerst sprach er nicht davon. Schließlich war alles gut gelaufen. Trotzdem Lilly und Annabell den Moment der Schutzlosigkeit der Ingenieurin ausgenutzt, als diese gerade die kleine Reparatur beendet hatte, und sie verschleppt hatten, war April nun gesund und munter wieder bei ihnen. Zu diesem schönen Umstand kam hinzu, dass die Auseinandersetzung erfolgreich ausgegangen und Alamo endgültig befreit war. Das alles ließ hoffnungsvoller, als vor etwa einem halben bis dreiviertel Jahr, in die Zukunft des neuen Grenzlandes schauen. Natürlich bedeutete die von den beiden Outriderfrauen eingeleitete Meuterei auch sehr einen großen Vorteil, denn es schwächte Jesses Einfluss doch sehr und war eine Chance, sich endgültig von ihm zu befreien. Noch ein paar Überarbeitungen waren notwendig. Den GE einzusetzen, hatte gleich auch gezeigt, wo dessen Schwächen noch lagen. Die folgenden Wochen des vorläufigen Waffenstillstandes brachten sie damit zu, die Fehlerprotokolle und Fehlerquellen auszumerzen. Die Stimmung war recht still dabei. Colt sehnte sich unheimlich nach Robin und der Umstand, dass ein paar Urlaubstage nicht in Sicht waren, machte es nun wirklich nicht leichter. Saber ging es kaum anders. Nicht nur, dass er seine Kicho vermisste, ihm schwirrten zusätzlich auch noch die unglaublichsten Phantasien durch den Kopf, die hauptsächlich so aussahen, dass sie in den Armen eines anderen lag. Das war eine Qual über die er jedoch nicht sprach, weil er niemanden damit belasten wollte. Saber wusste schließlich um Colts Sehnsucht und hatte die unterkühlte Stimmung zwischen Fire und April bemerkt. Das junge Paar wich einander aus. Fire ging aus einem Grund, den er nicht verstand, der verschmierte Lippenstift nicht mehr aus dem Kopf. April befürchtete einen Tobsuchtsanfall seitens ihres Angetrauten, wenn sie ihm erzählte, was Jesse getan hatte und was er wahrscheinlich noch gern getan hätte. Aber irgendwas sagte ihr, dass sie es Fire erzählen musste, wenn sie nicht unterstellt bekommen wollte, dass es ihr gefallen hätte. Dennoch zog sich April auch an diesem Abend zeitig zurück und ließ die Jungs im Aufenthaltsraum sitzen. Fireball beunruhigte dieser Umstand sehr. Was sollte er davon halten? Was war vorgefallen, als sie auf Pekos war? Er beschloss, es endlich herauszufinden. So konnte es nicht weitergehen. Das hielt er jedenfalls nicht aus. Colt und Saber sahen ihm nach, als er aufstand, tauschten einen kurzen, bedeutungsvollen Blick und fuhren fort, ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Als Fireball das gemeinsame Quartier betrat, zuckte April zusammen. „Okay, was ist los?“ Er hatte sich endschlossen, den Stier bei den Hörnern zu packen. Die Art wie er April ansah, machte ihr klar, dass sie jetzt beichten musste oder ihre Ehe in Gefahr brachte. Denn Jesse würde es Fireball auf die Nase binden, wenn die beiden das nächste Mal aufeinander trafen. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Kaum hörbar beantwortete sie die Frage. „Er hat mich geküsst.“ Fireball starte sie einen Momentlang an, bis er verstand wer ER war. „Der hat was?“ Fassungslosigkeit und Eifersucht lagen in diesem Ausruf. „Der ist tot“, stellte er dann nüchtern fest. „Fire, bitte. Rede doch nicht solchen Unsinn.“ Beschwichtigend legte April ihm die Hand auf die Schulter. Ihr Mann schnaubte verächtlich. Das war also das interessante, kleine Detail, welches ihren verschmierten Lippenstift erklärte und welches sie verschwiegen hatte, weil …. Ja, warum eigentlich? „Küsst er gut?“ fragte Fireball eifersüchtig. „Wie bitte?“ – „Ich werte das als Ja, sonst hättest du es mir ja gleich sagen können. Geistert er noch in deinem Kopf rum? Als Traum deiner schlaflosen Nächte?“ April schnappte nach Luft. „Spinnst du?“ Aber irgendwie hatte sie ja mit einer solchen Reaktion gerechnet. „Wenn du mir das unterstellst …“ – „War es wirklich nur ein Kuss? Warum hast du dich nicht gegen ihn gewehrt?“ Die Frage war berechtigt, dass musste sie ihm zu gestehen. „Hab ich doch, aber das war nicht so leicht.“ Wenn auch aufgebracht, so erklärte sie ihm nun ganz genau, was vorgefallen war. Doch Fireball, nicht Herr seiner Eifersucht, stellte nur noch eine weitere Frage. „Hast du mit ihm geschlafen?“ Kaum hatte er das ausgesprochen, merkte er, wie wenig ihm dieser Gedanke gefiel. Dann klatschte es. Sie hatte ihm eine Ohrfeige verpasst. „Was fragst du mich da eigentlich?“ Entrüstet blickte sie ihren Angetrauten an. „Ich will nur die Wahrheit hören. Bei deiner letzten Erzählung hast du ja auch was weggelassen, “ meinte er. „Ja, weil ich wusste wie du reagieren würdest, “ rechtfertigte sie sich. „Und vielleicht verschweigst du mir aus diesem Grund ja auch den Rest,“ schnappte Fireball. Als Saber und Colt zu Bett gingen, dauerte der Streit noch an. In einer solchen Lautstärke, das die beiden fast jedes Wort verstanden, als stünden sie daneben. Es ließ sie nicht einschlafen. Lange nicht. Als im Nebenzimmer Ruhe einkehrte, hofften sie, endlich ins Reich der Träume gleiten zu können, doch Fehlanzeige. Was sich nun vernehmen ließ, war offensichtlich die Versöhnung. Für die beiden von Sehnsucht gequälten äußerst unangenehm. Schließlich stand denen genauso der Sinn danach, ähnliches mit ihren Herzdamen zu tun. Als Fireball und April gemerkt hatten, dass sie anfingen sich zum wiederholten Male zu wiederholen, schwiegen sie. Er wand sich von seiner Frau ab und setzte sich aufs Bett, ein wenig erschrocken über sich selbst und seine Eifersucht. April schwieg ebenfalls betroffen. Sie krabbelte ihrerseits aufs Bett und auf ihn zu. Er fühlte, wie sie ihre Arme um ihn schlang. Ihr Mund ganz nah an seinem Ohr flüsterte. „Du hast Recht. Ich hätte es dir gleich erzählen sollen. Verzeih mir. Ich hab nur nicht gewollt, dass wir streiten. Weil ich dich liebe. Weil du mein Leben bist.“ Diese Worte gingen ihm durch und durch und auch die Wahrheit, die deutlich daraus hervor klang. „Ich hätte nicht so schreien dürfen.“ Seine Stimme klang belegt. Er wand sich zu seiner Frau und küsste sie sanft, als wolle er sich entschuldigen. Sie erwiderte seinen Kuss und weckte das Bedürfnis in ihm, ihr zu zeigen, was sie ihm bedeutete. Ihr Verhalten machte klar, dass sie nicht gegen diese Beweisführung hatte. Oh überhaupt nichts. Und seit wann war die Nacht ausschließlich zum schlafen da? Am nächsten Morgen hätten Colt und Saber auch ohne die nächtliche Geräuschkulisse der vergangenen Nacht gewusst, was die beiden angestellt hatten. Je links auf dem Hals hatten Fire und April einen schön leuchtenden Knutschfleck. Die verschlafenen Blicke und das verlegenen Schweigen der beiden hielten Colt jedoch nicht davon ab, das Ganze zu kommentieren. „Für ein klassisches Kartenspiel wart ihr ziemlich laut“, bemerkte er so beiläufig er konnte. April schoss prompt die Verlegenheitsröte ins Gesicht. „Was soll denn das heißen?“ hakte Fireball nach. „Na ja, die Lautstärke war ja schon nicht mehr zumutbar. Wenn das eine Angewohnheit wird bei euch, werde ihr Probleme mit dem Nachwuchs kriegen, “ erwiderte er und sah seinen Teamkameraden nun direkt an. „Dann hast du nämlich keine Karten mehr zum spielen.“ Fireball schluckte hörbar. Saber und der Cowboy kicherten frech. Darla und Cat brachten die Schafe auf die Weide. Robin unternahm mit Josh, Bianca und den Zwillingen einen kleinen Ausflug. Stella blieb bei Kicho und half ihr, wenn auch etwas widerwillig, das Kinderzimmer einzurichten. Die Schwangere fühlte sich an diesem Tag überhaupt nicht gut. Immerhin rückte der Zeitpunkt der Niederkunft immer näher und mit gleich zwei Söhnen unter ihrem Herzen hatte das recht zierliche Frauchen doch so einiges zu tragen. Zu der ständigen Sorge um den Vater kamen heute Schwindelgefühle und leichte Magenkrämpfe hinzu. Alles kostete sie viel Kraft. Stella schwankte zwischen Ungeduld und Mitgefühl. Einerseits machte sie ihrer kleineren Schwester immer noch Vorwürfe, sich ausgerechnet von Saber schwängern lassen zu haben. Andererseits erstaunte es sie, wie sehr die Kleine tapfer war. Sie räumten vorsorglich den Kleiderschrank und die Wickelkommoden ein, bezogen das Bettchen und hängten noch ein Paar Gardinen auf. Doch dann passierte es. Kicho reichte Stella gerade die Gardine hinauf, als ein Krampf sie durch fuhr. Die Gardine fiel zu Boden. „Was ist?“ fragte Stella. Kicho hielt sich den Bauch. „Ich weiß nicht. Die Abstände zwischen den Krämpfen werden immer kürzer und….“ Ein Krampf ließ Kicho inne halten. „… stärker?“ beendete Stella den Satz für sie. Nicken. „Oh Gott, das sind keine Krämpfe. Das sind die Wehen.“ Wie ein Blitz schoss diese Erkenntnis durch Stellas Hirn. Sie stieg von der Leiter runter und riss die werdende Mutter mit sich. Beinahe in Panik schleifte sie sie über den Hof zum Auto. Hätte Kicho nicht solche Schmerzen verursacht durch die Wehen gehabt, hätte sie ihrer Schwester für diese schimpfliche Behandlung die Meinung gegeigt. So saß sie nun im Auto und wand die Atemtechniken an, die sie für solche Fälle in der Geburtsvorbereitung gelernt hatte. Stattdessen wetterte Stella beinahe ohne Punkt und Komma und immer mit dem Ergebnis: „Das ist alles seine Schuld. Der hat sie da rein gemacht. Der soll sie wieder rausholen.“ Dann fügte sie hinzu. „Wieso weißt du nicht, dass das die ganze Zeit schon deine Wehen waren?“ Entnervt rollte Kicho die Augen: „Hallo? Ich war bis jetzt noch nicht schwanger. Außerdem sind sie etwas zu früh“ Eine Wehe unterbrach sie und ließ sie nach Luft schnappen. „Das ist ja wieder typisch Mann. So eine Hektik zu machen um rauszukommen und dann für den Rest des Lebens scharf drauf wieder reinzukommen.“ Kicho stöhnte auf. „Hätte er dir nicht einfach nur eins machen können?“ fragte Stella. „Halt endlich die Klappe“, keuchte Kicho. Verdatterte schwieg Stella tatsächlich den Rest der Fahrt. Am Krankenhaus angekommen, sprang sie aus dem Auto, umrundete es und öffnete die Beifahrertür. „Na los, raus mit dir“, meinte sie. „Gern. Hast du einen Lastenheber in der Nähe?“ – „Kann ich helfen?“ Eine Krankenschwester näherte sich. „Ja, bei ihr haben die Wehen eingesetzt“, rief Stella ihr zu und Kicho unterstrich die Aussage in dem sie nochmals aufstöhnte. Dann ging alles sehr schnell. Es schien fast, als hätte das gesamte Krankenhaus nur auf sie gewartet. Ehe Stella richtig begriff, was geschah, fand sie sich auch schon im Kreissaal wieder und hielt die Hand ihrer Schwester, die sie unbarmherzig zusammen drückte. Irgendwer sagte immer wieder „Pressen.“ Doch Stella hatte das Gefühl, dass Kicho genau dies an der falschen Stelle tat. „Kicho, verdammt, dass ist meine Schusshand. Die brauch ich noch, “ jammerte sie. „Das ist mir grad scheissegal, “ presste diese hervor und holte tief Luft. Dann zerriss ein anderes Geräusch die Luft. Ein Baby brüllte lautstark darüber, dass man es aus dem schönen, warmen Leib der Mutter in die Kühle des Kreissaals geholt hatte. Zwei Minuten später folgte ein weiterer Protestant. Kicho sank erschöpft auf dem Bett zusammen. „Sie sind da“, stellte sie erleichtert fest. „Sie sind nicht zu überhören“, kritisierte Stella bevor man die kleinen Menschen in die Arme ihrer überglücklichen Mutter legte. Kicho brach vor Freude und Glück in Tränen aus. „Oh, sieh nur, Stella. Sieh nur. Sind sie nicht wunderbar. Sind sie nicht das allerschönste, dass du je gesehen hast.“ Stella beschloss kindischer weise sie nicht schön zu finden, als sie näher trat. Doch dann blickte sie in die Gesichter der kleinen Wesen, die sie schon jetzt mit großen, grünen Augen ansahen. „Sie sind umwerfend“, gestand MacClouds Älteste, richtete sich auf und … fiel ohnmächtig zu Boden. Kicho grinste. „So schlägt man Tante Stella also k.o.“, flüsterte sie ihren Söhnen zu und drückte sie an sich. „Also langsam reicht es,“ meinte Stella und hielt den kleinen Säugling von sich weg. „Jetzt haben mich beide angepinkelt. Das ist nun der Dank dafür, dass man ihnen auf die Welt geholfen hat.“ Kicho unterdrückte ein Lachen. „Sie sind offenbar nicht glücklich darüber, wie du über ihren Vater gesprochen hast,“ stellte sie glucksend fest. „Ach ja. So schlimm war ich ja nun auch wieder nicht,“ gab diese zurück und sofort riefen alle im Krankenzimmer Anwesenden im Chor. „Doch.“ Die Anwesenden waren Robin und Josh sowie Kichos gesamte Schwesternschaft und einschließlich der Zwillinge hatten alle das männliche Doppelpack auf dem Arm gehabt. „Also schön,“ gab Stella sich friedfertig. „Ich gelobe mich in Zukunft zu bessern.“ – „Amen.“ Die junge Mutter grinste. Robin reichte ihr den Zweitgeborenen zurück auf den Arm. „Süß sind die kleinen Rider,“ meinte sie. „Noch sind es ja MacClouds,“ stellte Stella pormt richtig. „Du fängst schon wieder an,“ ließ Josh sich vernehmen wich aber vorsichtig auf die andere Seite des Bettes aus. Er hatte einen heiden Respekt vor dem Familienoberhaupt und ihren Kopfnüssen, die sie so verteilen konnte, auch an ihn. Stella runzelte die Stirn. „Alte Angewohnheit.“ – „Schlechte Angewohnheit,“ berichtigite Kicho und ließ sich ihren Erstgeborenen in den anderen Arm legen. „Würdest du jetzt bitte sagen, wie die beiden heißen,“ schaltete Darla sich ein, bevor der Schlagabtausch in der Unendlichkeit gipfelte. „Das ist Jonathan Alexander und der kleine Schatz hier ist Matthew Dominique.“ Darla nickte. „Und was bedeuten die Namen?“ wollte sie als nächstes wissen. „Ist das so wichtig?“ Robin schaute sie verwundert an. „Für unsere Mutter war die Bedeutung immer wichtig. Nomen est omen. Weißt du,“ antwortete die gefragte. Cat erklärte. „Stella heißt zum Beispiel Stern und sie ist Starsheriff geworden. Bianca bedeutet die Weiße und weiß ist die Farbe der Unschuld. Es beschreibt ihren Charakter wirklich gut, finde ich. Maria ist das widerstrebende Wesen und Luisa kann man mit berühmt und Kampf übersetzen. Deswegen muss man wohl auch immer mit ihnen streiten, wenn man ihnen was sagt. Darla kommt von Darling oder Liebling. Ich denke, dass spricht für sich. Und zu guter letzt natürlich Gemma Ophelia.“ Sie deutete auf die im Krankenbett liegende. „Frei übersetzt … der helfende Edelstein. Dass das zutrifft, wissen wir ja alle.“ Darla fügte der Erklärung noch hinzu: „Catharina steht für die Reine.Wahrscheinlich bürstet sie die Pferde und Schafe deshalb immer bis zur Unkenntlichkeit.“ Cat schnitt eine Grimasse. „Puh,“ seufzte Josh. „Soviel Namenskunde bin ich ja gar nicht gewöhnt.“ – „Ich auch nicht,“ pflichtete Robin ihm bei. „Aber wo wir schon dabei sind … Was bedeuten die Namen?“ Kicho lächlte versonnen ihre Söhne an. „Matthew ist Gottes Geschenk und Dominique bedeutet zum Herren gehörend. Und Jonathan Alexander kann man wohl am besten mit: das Geschenk des Beschützers übersetzen.“ Robin lächelte, als sie Kichos Miene beobachtete. Das beide Namen die Bedeutung Geschenk enthielten war für sie völlig klar, denn die Mutter der beiden hatte sie von Anfang an, als solches betrachtet. Die junge Lehrerin hatte keine Zweifel daran, dass Jonathan und Matthew in eine der liebevollsten Familien hineingeboren worden waren, die man sich vorstellen konnte. Saber würde bestimmt mehr als nur stolz sein, wenn er heimkehrte und sah, wer ihn so erwartete. Gleichzeitig regte sich in Robins Herzen die Sehnsucht nach ihrem Mann. Colt war schon sehr lange nicht mehr da gewesen, wie auch das ganze Team, und er fehlte ihr. Je länger er fort blieb, desto schlimmer wurde es und diese bekloppte Nachrichtensperre hatte es nur noch verschlimmert. Weil die Ansammlung Besuch nun nicht gerade für Ruhe sorgte, scheuchte Robin alle anderen aus dem Zimmer und nach Hause. Sie selbst blieb noch ein Weilchen da. Jonathan begann zu weinen und Robin nahm Kicho Matthew ab, damit diese den Schreihals stillen konnte. „Wie willst du es ihm sagen?“ fragte sie nach einer Weile. Kicho schaute überrascht auf. „Wem was sagen?“ – „Na Saber sagen, dass er Vater ist. Der Gute weiß ja noch nichts von seinem Glück, soweit ich informiert bin,“ entgegente die Blondine. Kicho blickte auf ihr Söhnchen, dass zu frieden an ihrer Brust nuckelte und sich offensichtlich sehr wohl fühlte. „Ich weiß es nicht,“ gestand sie. „Ich hab keine Ahnung. Ich hoffe nur, er freut sich über die beiden genauso sehr wie ich.“ Verwundert wollte Robin wissen: „Warum um alles in der Welt sollte er sich nicht freuen?“ Die kleine Mami hob die Schultern. „Wir haben nie darüber geredet Kinder zu haben. Unsere Beziehung ist ja doch recht frisch. Vielleicht ist es ihm zu früh. Vielleicht fühlt er sich überfahren. Vielleicht will er gar keine Kinder. Vielleicht …“ – „Vielleicht ist er aber auch so außer sich vor Freude, dass er am liebsten gleich noch mal welche von dir will,“ unterbrach Robin den Strom des Zweifels ihrer Freundin. „Ganz ehrlich Kicho, es ist das letztere, von dem ich felsenfest überzeugt bin.“ Gedankenverloren streichelte die angesprochene die Wange ihres Sohnes. „Er ist so klein. So zart. So kostbar. Sie sind es beide. Ich frage mich, ob sie mal genau solche Männer werden, wie ihr Vater. Sie sehen schon jetzt aus wie er. Ich bin jetzt schon stolz auf sie.“ Sie lachte leicht. „So seltsam das vielleicht auch klingen mag.“ Robin musste unwillkürlich schlucken. „Klingt es nicht.“ Matthew in ihrem Arm wurde unruhig. „Ich glaube, er bekommt auch Hunger.“ Damit erhob sie sich von dem Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, übergab den Spross seiner Mutter und nahm Jonathan an sich. Matt ging es wohl nicht schnell genug. Er begann zu schreien, aber nur kurz, dann fand er, was er suchte und begann erleichtert zu lutschen. „Bist du jetzt glücklich?“ Ganz unvermittelt hatte Robin Kicho diese Frage gestellt. Ohne zu überlegen erwiderte diese. „Ja, dass bin ich.“ Ende Teil 4 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)