Das fünfte Schuljahr - Part 2 von Fukai (Hearts of Darkness) ================================================================================ Kapitel 2: Verborgen hinter Masken ---------------------------------- Harry Potter Das fünfte Schuljahr Part 2: Hearts of darkness -------------------------------------- Chapter 22: Verborgen hinter Masken Grelles Licht riss ihn aus der barmherzigen Bewusstlosigkeit, die ihn während der letzten Monate wie ein schützendes Tuch umhüllt hatte. Er stöhnte kraftlos und versuchte die weißen Schleier wegzublinzeln. Nur allmählich begann sich die verschwommene Umgebung zu lichten. Rot glitzernde Augen stachen wie Dolche in die seinigen. Eine tiefe, mächtige Stimme drang in sein benebeltes Bewusstsein. "Lestrange, mein treuer Todesser." Der Angesprochene schien einen Moment verwirrt und orientierungslos, doch dann, als die Erinnerungen plötzlich wiederkehrten, klärte sich sein Gesichtsausdruck und ein leichtes Lächeln trat auf seine rissigen Lippen. Er war frei. Sein Lord hatte ihn tatsächlich befreit. Er hatte ihn aus Askaban, der letzten Festung, gerettet. Wärme durchflutete seinen geschundenen Körper. Wie sehr hatte er diesen Tag herbeigesehnt. Er wusste, dass sein Meister zurück an die Macht gelangen würde. Dennoch hatte es länger gedauert, als er erwartet hatte. Um genau zu sein vierzehn endlose Jahre. Doch nun waren die Qualen und die Schmerzen vorbei. Er war wieder zu Hause, in den Reihen der Todesser, unter der Führung seines Meisters. Nie gab es einen größeren Mann, einen Herrscher, für den es sich lohnte die Qualen Askabans in Kauf zu nehmen. Schwerfällig drehte er seine Kopf, der sich anfühlte, als würde in ihm ein unerbitterlicher Kampf unter Trollen stattfinden. Mit riesigen Keulen schienen sie auf seinen Schädel einzuhämmern, der beinahe unter den unerträglichen Kopfschmerzen zerbarst. Er erkannte einen kleinen Raum. Die Fenster waren mit grünen Tüchern verhangen, auf dem Fußboden standen unzählige Kerzen, die unruhig im Zugwind tanzten, welcher unter einem dünnen Türspalt hindurchzog. Er selbst lag auf einer schmalen gepolsterten Pritsche, die mittels silberner Metallketten in der grauen Steinwand verankert war. Der Lord stand über ihn gebeugt, musterte den dürren grauhaarigen Mann aus fürsorglichen Augen, als würde er seinen eigenen Sohn vor sich haben, was jedoch durch ihren Altersunterschied merkwürdig anmutete, da Voldemort trotz seiner fast 70 Jahre um mehrere Jahrzehnte jünger aussah. "Es ist schön dich wieder unter uns zu haben", begann er leise. "Du warst stets einer meiner treusten Anhänger. Und deine Loyalität soll auch belohnt werden." Er lächelte geheimnisvoll. "Doch alles zu seiner Zeit. Jetzt musst du erst einmal wieder Kräften kommen." Er deutete auf ein Tablett zu seinen Füßen, worauf einige dampfende Speisen standen und auf ihren Verzehr warteten. Eine kleine Phiole mit dunkelblauem Inhalt weckte sein Interesse. Voldemort, der seinem Blick gefolgt war, erklärte: "Der Trank wird dir gut tun. Mein Potion Master hat ihn gebraut. Er lindert deine Schmerzen und beschleunigt den Prozess der Heilung. Du wirst einige Zeit schlafen." Der Lord nickte ihm auffordernd zu und wandte sich dann zum Gehen. In der Tür hielt er jedoch noch einmal inne. "Deinen Sohn haben wir übrigens auch befreien können. Er ist wohlauf." Seine Miene verdüsterte sich leicht. "Deine Frau und deine Tochter konnten wir jedoch nicht finden. Ich vermute, dass sie bereits den Dementoren zum Opfer gefallen sind." Ein bedauerndes Lächeln umspielte seinen schwarzen Lippen. "Aber keine Angst. Du bekommst deine Rache. *** Es war bereits früher Morgen, als er sich endlich erschöpft durch das große Portal schleppte und die steinernen Treppen hinab in den Kerker stieg. Die dunklen Ringe unter seinen Augen, die sein Gesicht schon seit Wochen von Müdigkeit zeichneten, schienen diesen Morgen noch tiefer in seine blasse Haut eingebettet zu sein. Er fühlte sich schlecht. Die tiefsitzende Schuld und die eigenen Vorwürfe zerrten wie zentnerschwere Gewichte an seiner Seele. Vergeblich hatte er in den letzten Wochen versucht sein Gewissen zu beruhigen, indem er sich immer wieder einredet hatte, dass er durch seine Taten auch Gutes vollbrachte. Er half den Menschen, half Intrigen, Anschläge und Morde zu verhindern, rettete Leben. Doch was nützte dies, wenn er im Gegensatz auch Attentate verübte und das Leben wieder nahm? War er dadurch, dass er es nicht aus freien Stücken tat, ein besserer Mensch als die anderen Todesser? Nur weil er im Auftrag der "guten Seite" handelte? Doch was ist schon gut? Kann man denn so einfach urteilen, was gut und schlecht ist? Auch wenn er seine Seele dem Lord nicht verschrieben hatte, so beging er dennoch unter seinem Befehl Morde. Konnte er also von sich behaupten "gut" zu sein? Nein, er war nicht gut. Seine Hände waren blutgetränkt, sein Herz schuldbeladen. Einst würde ihm der Weg in den Himmel verwehrt werden. Was war er schon noch wert? Er war nur ein dreckiger kleiner Todesser, ein Spielzeug des Lords. Aus Loyalität zu Dumbledore hatte er sich dem Dunklen Lord gestellt und dessen grausame Prüfungen bestanden. Der Schatten der Vergangenheit hatte sich wieder über ihn gelegt, schnürte ihm die Luft ab. Er war nur noch ein Gefangener seiner Selbst, gefangen in einer fremden Persönlichkeit, die gegen seinen Willen schreckliche Taten beging. Nur ein Spielzeug. Wie jämmerlich. Fast schlafwandlerisch trugen ihn seine schwachen Beine durch den dunklen kalten Flur. Seine Augenlider waren schwer und brannten vor Müdigkeit. Die bleierne Dunkelheit, die ihn, seit seiner Rückkehr in Voldemorts Reihen, wie ein verräterischer Schatten begleitete, schien ihn fast zu erdrücken. Er kannte den Weg zu seinem Büro. Selbst mit geschlossenen Augen hätte er ihn gefunden. Dennoch kam ihm der Flur heute deutlich länger vor. War es überhaupt der richtige? So ein Unsinn. Es gab nur einen Gang. Wie also sollte er den verfehlen? Endlich erreichte er die dicke hölzerne Tür des Kerkers, hinter der auch sein Büro lag. Gedankenverloren zog er seinen Zauberstab und murmelte die Zauberworte, um das magische Schloss zu entriegeln, als sein Blick plötzlich inne hielt. Als er erkannte, dass die Tür bereits einen Spaltbreit offen stand, war die Müdigkeit sofort verflogen. Alarmiert blickte er sich um. Er war vorsichtig geworden, seit seine Welt nur noch aus Lügen, Intrigen, Hass und Tod bestand. Doch der gang war leer. Er war allein. Entweder die Person, die sich in sein Büro gestohlen hatte, befand sich noch darin oder war schon längst über alle Berge. Er wusste nicht, welche Möglichkeit ihm lieber war. Zum einen wäre er beruhigter, wenn er das Zimmer leer vorfinden würde, zum anderen würde er dennoch gerne wissen, wer ihm diesen unerwarteten Besuch abgestattet hatte, um sich nicht endlos mit der Frage nach dem warum zu quälen. Vorsichtig schob er die Tür weiter auf. Raubtierartig schlüpfte er hindurch und schlich sich nahezu lautlos durch die leeren Bankreihen. In wenigen Stunden würden die ersten müden Schüler antanzen und das kalte Klassenzimmer mit fröhlichen Stimmen und Gelächter erfüllen. Das Leben würde einkehren. Der Potion Master mochte seinen Unterricht, die strahlenden Augen, wenn ein Zaubertrank besonders gut gelang und man sogar ein kleines Lob von ihm geschenkt bekam. Er wusste, dass er kein sehr umgänglicher Lehrer war. Er war sehr schnell reizbar und noch nie gut im Nachgeben gewesen. Dennoch war dieser Unterricht das einzig wirklich unschuldige in seinem jetzigen Leben. Hier war er er selbst. Hier verbrachte er die noch wenigen schönen Stunden, die er hatte. Umgeben von kleinen Schlaumeiern, die später hoffentlich mal ein besseres Leben führen würden. In einer Zeit, die nicht von Angst beherrscht wurde. Sein Blick richtete sich wieder nach vorn. Die innere Unruhe hatte sich wieder gelegt. Er war jetzt auf alles vorbereitet. Den Zauberstab fest umklammert schlich er an dem Lehrerpult vorbei auf seine Bürotür zu. Fahles Licht sickerte über den dunklen Steinboden, tauchte ihn in flüssiges Gold. Leise trat er näher. Er konnte keine verräterischen Stimmen oder Schritte vernehmen, die auf die Anwesenheit einer Person hindeuteten. Lediglich das Huschen eines blassen Schattens erregte seine Aufmerksamkeit. "Allohomora", flüsterte er leise und die Tür knallte mit einem Ruck gegen die kalte Steinwand. Die unbekannte Person fuhr erschrocken herum. Augenblicklich trat auf Snapes Gesicht die Erleichterung, sofort gefolgt von Verwunderung. "Aber... was... was machen Sie denn hier?" Der weißhaarige Zauberer lächelte leicht und strich sich durch den langen Bart. "Schön, dass Sie wieder hier sind, Severus. Ich hab mir langsam Sorgen gemacht. Geht es Ihnen gut?" Der Zaubertränkelehrer nickte knapp, nicht willig, konkrete Aussagen über sein momentanes Befinden abzugeben. Dumbledore schien es jedoch zu genügen. "Gut. Ich befürchtete nämlich schon, dass der Lord sie wieder gefangen hielt." Snape schwieg. In Erinnerung an die grausamen Wochen der Folter wich noch ein wenig Farbe aus seinem ohnehin schon leichenblassen Gesicht. Dumbledore schenkte ihm einen mitleidvollen Blick. Dann wurde er wieder ernst. "Ich hörte, dass Askaban gestürmt wurde." Tiefe Falten gruben sich in seine Stirn. "Das Ministerium ist in heller Aufregung. Unsere Chancen haben sich dadurch natürlich um einiges verschlechtert." Er fuhr sie nachdenklich mit der Hand durch seinen zerzausten Bart. Snape senkte betreten den Kopf. Die Kälte Askabans schien ihn bis in die Wärme Hogwarts gefolgt zu sein. "Es tut mir leid, Albus..." "Aber Severus, es ist doch nicht ihre Schuld", versuchte ihn der Direktor zu beruhigen. "Sie mussten es tun. Und sie waren nur einer unter vielen." Er lächelte aufmunternd. Es war ein warmes und ehrliches Lächeln und er spürte, wie die Beklemmung allmählich von ihm abfiel. "Sie brauchen die Schuld nicht bei Ihnen zu suchen. Ich schätze Sie sehr. Sie tragen eine große Last und bringen viele Opfer ohne sich zu beklagen. Nicht jeder würde das tun." Er legte ihm seine große kräftige Hand auf seine schwere Schulter. "Sie sehen müde aus. Wir sprechen heute Abend weiter darüber. Schlafen Sie sich erst einmal richtig aus." Er zwinkerte. "Und denken Sie daran, morgen haben Sie ihre erste Stunde Verteidigung gegen die dunklen Künste. Professor Spruce hat sie während ihrer Abwesenheit würdig vertreten." Er lachte leise. Mit einem knappen Nicken verabschiedete er sich und wandte sich zum Gehen. Snape sah ihm lange hinterher, ehe er seine Bürotür ins Schloss schob. Müden Schrittes schleppte er sich in sein Schlafzimmer und ließ sich in sein warmes Bett fallen. Er machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Umhang abzulegen. Völlig erschöpft schloss er die Augen. -------------------------------- Rückblick -------------------------------- Als er die Augen wieder öffnete, war es dunkel um ihn herum. Eisige Kälte umhüllte seinen schmerzenden Körper. Er lag auf unebenem Stein, mit dem Bauch voran. Vorsichtig reckte er seinen Kopf, stets darauf bedacht keine zu hektischen Bewegungen zu machen, um den Schmerz in seinem Kopf nicht noch zu steigern. Seine Augen gewöhnten sich allmählich an die Umgebung und die Dunkelheit wich einem fahlen Grau. Leichte Konturen tauchten aus dem Nichts, gaben dem kleinen Raum (er traute sich nicht, es als Zelle zu bezeichnen) seine Form. Es brauchte keiner guten Beobachtungsgabe um festzustellen, dass es keine Fenster gab. Lediglich eine kleine schmale Tür, bei deren Durchquerung er sich wohl bücken müsste, schmückte eine der tristen Wände. Jedoch war diese Tür zu und er zweifelte keine Sekunde daran, dass sie abgeschlossen war. Stöhnend rappelte er sich auf. Seine Gliedmaßen fühlten sich taub an, was wahrscheinlich der grausamen Kälte zuzuschreiben war, die in diesem "Gemach" herrschte. Wie lange war er wohl bewusstlos gewesen? War es Tag oder Nacht? Er wusste es nicht. Jegliches Zeitgefühl war verloren. Verängstigt verkroch er sich in eine Ecke, hüllte sich tiefer in seinen Umhang und verbarg seinen Kopf zwischen den Armen. Er würde stark sein. Er würde Dumbledore nicht enttäuschen. Dies war nur eine Strafe. Er kannte den Lord, um zu wissen, dass er keinen Ungehorsam und keine Ausreden duldete. Und er wusste nur zu gut, dass er das Leid anderer genoss. Es war nur eine Prüfung. Und er würde sie bestehen. Das Quietschen der Tür riss ihn aus seinem gnädigen Dämmerschlaf. Eine große dunkle Gestalt trat ein. Der Potion Master blinzelte geblendet in das grelle Licht. Seine Augen brannten. Dann fiel die schwere Tür wieder ins Schloss und die Dunkelheit umhüllte ihn erneut. Bunte Flecken tanzten vor seinen Augen, nahmen ihm die Sicht auf die fremde Gestalt, irgendwo vor ihm im Dunkel. Wer war das? Und was wollte er? Eine kalte schnarrende Stimme ließ ihn zusammenzucken. "Na wen haben wir denn da? Snape Snape Snape. Hat ganz schön lange gedauert, bis du angekrochen kamst. Hast es wohl mit der Angst zu tun gekriegt? Wollte dich dein treudoofer Muggelfreund nicht mehr beschützen?" Die Stimme lachte gehässig. "Malfoy", zischte der Zaubertränkelehrer angewidert. Warum ausgerechnet er? "Ganz recht, alter Freund." Er lachte erneut. Die Bezeichnung ,alter Freund' schien ihn zu amüsieren. "Der gute alte Malfoy. Unser Lord war so freundlich deine Bestrafung mir zu überlassen. Das fand ich wirklich sehr nobel von ihm." Eine grobe Hand packte ihn am Kragen und riss ihn brutal in die Höhe. Snape stöhnte leise, als eine erneute Welle des Schmerzes in seinem Kopf explodierte. Seinem Gegenüber schien das zu gefallen. "Du wirst doch nicht jetzt schon am Ende sein? Das würde ja gar keinen Spaß machen." Erneut drang Lucius' gehässige Lache durch die Dunkelheit und hallte an den kalten Wänden wieder, als würde selbst der Raum ihn verhöhnen, als würde er leise flüstern: ,Warum bist du zurückgekehrt, Snape? Dein Platz ist nicht hier!' Natürlich war sein Platz nicht hier. Überall, nur nicht hier. Doch es war wohl sein Schicksal, dass er sich dem Dunklen Lord stellen musste. Auf ihm lag eine große Verantwortung. Sie erdrückte ihn fast, und dennoch war sie in diesem Moment ganz fern. Er hatte das Vertrauen des Lords noch nicht errungen. Er war ein Spion, der nichts erfuhr. Ein nutzloser Spion. War er denn nur zu gar nichts gut? Eine harte Ohrfeige riss ihn zurück in die Welt des Schmerzes. "Das ist erst der Anfang, Snape. Du wirst leiden. Und ich werde jeden einzelnen Schrei genießen." Der Gepeinigte schluckte schwer. Die nach Qualen lüsternen Augen seines Gegenübers funkelten dämonisch. Das Fegefeuer war entfacht. Es gab keinen Entkommen, nur der direkte Weg hindurch. Resigniert schloss er die Augen, als auch schon der erste Cruciatus-Fluch auf ihn niederprasselte. ----------------------------- Ende Rückblick -------------------------------- *** Als er den Klassenraum betrat, trat augenblickliche Stille ein. Überraschte Stille. Seine Augen schweiften über die Klasse. Oh nein, der fünfte Jahrgang, Gryffindor und Slytherin. Er seufzte leise. Gerade die beiden Kurse, die er fürchtete. Jinathan Riddle und Harry Potter. Liebend gern würde er diesen beiden Jungen aus dem Weg gehen. Geistesabwesend schloss er die Tür hinter sich. Es war das erste Mal, dass er nicht im Kerker unterrichtete. Diese hellen warmen Klassenzimmer schienen ihm irgendwie fremd, beinahe unwirklich. Er legte seine Tasche auf den Lehrertisch und sah in die Klasse. Überall erstaunte Gesichter. Sie alle hatten wohl damit gerechnet, das Professor Spruce sie unterrichten würde. Zu seiner Verwunderung erkannte er jedoch sogar einige erfreute Gesichter. "Gott sei Dank, Professor Snape", tönte es aus der hintersten Reihe. Zabini, eine Slytherin, hatte sich erhoben und lächelte freundlich. "Wir dachten schon, wir hätten Professor Spruce für immer am Hals." Snape konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen. "Nun, Professor Spruce hat mich während meiner Abwesenheit nur vertreten. Die Kurse wurden nach den Häusern aufgeteilt. Ich leite den Unterricht in Slytherin und Gryffindor, er übernimmt Hufflepuff und Ravenclaw. Ich denke also, ihr werdet ihn so bald nicht wiedersehen." Ein erleichtertes Aufatmen ging durch die Bankreihen. Vereinzelt brach sogar Jubel aus. Nur Neville, Harry und Jinathan blieben unbewegt. Neville fürchtete Snape zu sehr, um sich zu freuen. Harry hingegen war zu verwirrt. Die letzte Nacht hatte ihn sehr mitgenommen und er wusste nicht, was er noch denken sollte. Und Jinathan, nun Jinathans ewiges Lächeln war erstorben. Seine Augen waren zu bedrohlichen Schlitzen verengt und unentwegt auf Snape gerichtet. Harry musste plötzlich an ihre erste Begegnung denken, als er Snape im Wald gefunden hatte und sie im Schloss auf Jinathan getroffen waren. Ein eiskalter Blickkontakt. "An welcher Stelle seid ihr denn das letzte Mal mit Professor Spruce stehen geblieben?" unterbrach Snape die Begeisterung. "Vielleicht können wir gleich daran anknüpfen." Eine zaghafte Hand wanderte in die Luft. "Ja? Miss Granger?" Ein Wunder? Oder Illusion... Er hatte sie kommentarlos drangenommen. Weder hatte er sie ignoriert, noch zynische oder sarkastische Bemerkungen vom Stapel gelassen. "Wir... haben uns mit der Bekämpfung von Illusionen beschäftigt. Unter anderem mit dem Irritatum-Fluch..." Snape nickte dankend. Verwundertes Gemurmel wurde laut. Seit wann war Snape so freundlich? Hatte er einfach nur einen guten Tag erwischt oder war er gar nicht Snape? War er nur eine Halluzination? "Gut, ich würde sagen, dann werden wir heute mit dem Vielsaft-Trank weitermachen." Er verschränkte seine Arme vor der Brust und wanderte langsam durch die Reihen. "Wer weiß, was der Vielsaft-Trank ist?" Hermine, Harry und Ron tauschten verunsicherte Blicke aus. Ob er von ihrem Einbruch in sein Büro wusste? Zu aller Überraschung hob Harry seine Hand. "Mit dem Vielsaft-Trank kann man die Gestalt einer anderen Person annehmen." Snape nickte. "So ist es. Dieser Trank ist sehr raffiniert und die verwandelte Person ist kaum von der echten zu unterscheiden. Es gibt jedoch Möglichkeiten, um den Zauber zu durchbrechen." Forschend blickte er in die verwirrten Gesichter. Seine plötzliche Ruhe und Gelassenheit schien viele zu verunsichern. Er grinste innerlich. "Wer hat eine Idee wie man den Schwindel entlarven kann?" Wieder bahnte sich Hermines Hand ihren Weg in die Höhe. "Man unterzieht die Person dem Veritasserum?" Snape nickte erneut. Einige Schüler waren inzwischen auf die Idee gekommen eine Rolle Pergament zur Hand zu nehmen und mitzuschreiben. Harry aber legte seinen Kopf auf die Bank. Er kannte den Vielsaft-Trank aus eigener Erfahrung. Es war nicht unbedingt angenehm in der Haut eines anderen zu stecken. Besonders nicht in der Haut eines ausgewachsenen Rhinozeros. Irgendwann würde er sich später zurückerinnern und herzlich darüber lachen können. Schon allein Malfoys verdutztes Gesicht, als seine Sklaven plötzlich einen Eigenwillen zu entwickeln schienen, war es wert gewesen. Doch im Moment konnte er nicht lachen. Die schmerzlichen Erinnerungen des letzten Schuljahres nahmen ihm noch immer die Luft zum Atmen. Barty Crouch. Auch er hatte den Vielsaft-Trank angewandt. Er hatte sie alle getäuscht, hatte mit ihnen gespielt. Sie waren wie Schachfiguren gewesen, in schlauen Zügen ausgespielt. Der letzte Zug, ein Schachmatt. Er hatte ihn und Cedric dem Lord ausgeliefert. Kaltherzig hatte er sie in ihr Verderben laufen lassen. Cedric war gestorben... "Potter, passen Sie lieber auf!" Erschrocken fuhr er hoch. "Entschuldigung, Professor." "Wären Sie nun so freundlich uns zu erklären, wie der Zauber in seiner Wirkung noch gebrochen werden kann?" Harry antwortete fast mechanisch. "Der Zauber hält nur eine Stunde an. Wenn man der Person den Trank entzieht verwandelt sie sich wieder zurück. Man sollte also darauf achten, woraus sie trinken, ob sie z.B. immer ihre eigenen Flach... Flaschen verwenden." Snape nickte zufrieden. "10 Punkte für Gryffindor." Harry sah verwirrt auf. Er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Die Slytherin öffneten entsetzt ihre Münder zum Protest, schwiegen jedoch. Noch nie hatte Snape den Gryffindors Hauspunkte erteilt. Was war nur geschehen? "Okay. Wir werden nun einen weiteren Zauber kennen lernen. Damit wird das wahre Aussehen eines Menschen enthüllt. Da wir aber keinen Vielsaft-Trank haben werden wir Masken aufsetzen." Er kramte in seiner Tasche und holte ein paar Faschingsmasken heraus, die er mit dem Schwenk seines Zauberstabs auf jede Bank verteilte. "Durch den Zauber erscheint das Ebenbild des Verhüllten. Man könnte es als Echo bezeichnen." Er sah in die Runde. "Setzt jetzt alle eure Masken auf und achtet darauf, dass auch eure Haare verborgen sind. Man darf euch nicht erkennen." Die Schüler zogen sich wie befohlen die Masken über und er gab ihnen zu verstehen, dass sie sich im Kreis aufstellen sollten. "Ich werd den Zauber jetzt an einem von euch vorführen. Keine Angst, dass tut nicht weh, es kribbelt nur etwas." Ziellos streifte er durch den Kreis aus Schülern. Schließlich, scheinbar wahllos, hielt er inne und richtete seinen Zauberstab auf sein ausgewähltes Opfer. "Revelatio!" Eine blaue Flamme brach aus seinem Stab und hüllte den Schüler gänzlich ein. Er zuckte erschrocken zusammen, wich jedoch nicht zurück. Dann, ganz allmählich bildete sich neben seinem Körper ein blauer Schatten der allmählich feste Konturen annahm. Es war ein Junge... Jinathan? Hermine riss ungläubig ihre Maske vom Gesicht und betrachtete den blauen Schemen. Aber das war doch... nicht Jinathan. In einem Moment der Fassungslosigkeit riss auch das Opfer des Enthüllungszaubers die Maske vom Gesicht und funkelte Snape finster an. "Was soll das?" Er verwischte das ungleiche zusammengekauerte Abbild neben sich mit einer herrischen Bewegung und die magischen Funken zerstreuten sich in alle Richtungen. Snape begegnete seinem finsteren Blick gelassen. "Der Zauber zeigt nicht nur den Menschen als Hülle, sondern vielmehr sein verborgenes Inneres." Jinathan knurrte. "Das hätten Sie auch früher sagen kö-" Ein jäher Schmerz ließ ihn aufstöhnen. Mit verzerrtem Gesicht umklammerte seinen rechten Oberarm. Auch Snape war leicht zusammengezuckt. Voldemort rief seine Todesser-Scharen wieder zusammen. Doch warum jetzt? Es war doch erst einen Tag her, dass sie Askaban stürmten. Doch er kannte die Antwort. Der Lord war unersättlich. Mord war seine Droge. Sara hatte sich hastig aus der Menge geschält und war herbeigeeilt. "Jinathan? Was hast du denn?" Zornig fuhr sie ihren Lehrer an. "Sie haben doch gesagt, dass es nicht wehtut." "Das kommt nicht von dem Zauber", erklärte Professor Snape nüchtern. Er warf einen gehetzten Blick aus dem Fenster, dann streiften seine Augen Jinathan. "Kümmert euch um ihn. Ich muss sofort los, etwas wichtiges erledigen. Der Unterricht ist für heute geschlossen." Fast fluchtartig verließ er den Klassenraum. Sara sah ihm fassungslos hinterher. "Was...? Aber er kann doch jetzt nicht einfach verschwinden." Sie fuhr herum. "Jinathan? Alles in Ordnung?" Verärgert wischte er ihre Hand weg. "Ja, mein Gott. Jetzt krieg dich mal wieder ein." Sara wich verunsichert ein Stück zurück. Sie war zwar seine kalte Art gewöhnt, aber noch nie hatte er so wütend geklungen. Sein Gesicht war leichenblass, als er kurz nach Snape genervt den Klassenraum verließ. Langsam hatte er genug davon. Konnte man ihn nicht endlich in Ruhe lassen? Ständig hielt man ihm vor, wie er sein sollte. Offener, freundlicher, umgänglicher. Und nun dieser verdammte Zauber. Snape hatte ihn absichtlich ausgewählt. Bestimmt. Er wollte ihn bloßstellen, seine Schwachstellen herausfinden. Dieser verdammte Todesser... "Jinathan, warte!" Ohne zu überlegen war Hermine ihm gefolgt. Er wollte weiterlaufen, sie einfach ignorieren, aber sie hatte ihn bereits am Handgelenk gepackt und hielt ihn zurück. Langsam drehte er sich herum. "Was willst du?" Seine Stimme klang hart und kalt. "Das ist alles nur Fassade, Jin!" Der Junge presste zornig die Lippen aufeinander. "Ich weiß nicht, was du meinst." "Das weißt du sehr wohl", konterte Hermine erregt. "Hör auf, mir ständig etwas vorzuspielen. Ich hab es doch gesehen. Der Zauber, er hat dein wahres Inneres gezeigt. Snape hat es selbst gesagt." Jinathan riss sich los. "Was weiß der denn schon? Glaubst du alles, was er sagt?" "Magie lügt nicht!" Sie wirkte sehr entschlossen und er wusste, dass sie nicht so schnell aufgeben würde. "Sei endlich ehrlich zu dir selbst und lass dir helfen!" "Ich brauch eure Hilfe nicht!" In seiner Stimme schwang Zorn. Zorn über Hermines Naivität, Zorn über ihre Hartnäckigkeit und über seine eigene Schwäche. Er schwankte leicht. Sein Arm fühlte sich an, als würde flüssiges Feuer durch seine Adern strömen. Mit jedem Ruf des Lords war es schlimmer geworden. Das Mal schien sich direkt in seine Nerven zu fressen, ihn zu vergiften. "Jeder braucht Hilfe", fuhr Hermine überzeugt fort. "Man kann sein Leben nicht ganz allein bewältigen. Wir alle sind abhängig. Auch du, Jinathan Riddle!" Er antwortete nicht. Mit ungelenken Schritten durchquerte er den langen Flur. Hermine war ihm dicht auf den Fersen. Sie war nicht willig, so einfach aufzugeben. Nicht nachdem sie ihn so verletzt hatte, damals auf der Krankenstation. Sie würde ihn nicht einfach seinem Schicksal überlassen. "Hermine, lass mich endlich in Ruhe!" Seine Stimme zitterte. Schwer atmend stützte er sich an die Wand zu seiner rechten. Und noch ehe Hermine besorgt fragen konnte, ob er noch immer Schmerzen hatte, sank er bewusstlos an dem rauen Stein zu Boden. *** Als er auf die Lichtung disapparierte waren bereits unzählige Todesser anwesend. Erst gestern hatte er die wahre Größe des dunklen Heeres wahrgenommen. Es mussten Hunderte gewesen sein, die Askaban stürmten. Mit den Dementoren als ihre Verbündete waren sie eine schier unbesiegbare Übermacht gewesen. Viele Aurori ließen in dieser Nacht ihr Leben. Blut tränkt den Ort des Grauens. Snape rückte seine schwarze Todesserrobe gerade, die er in der Hast achtlos übergeworfen hatte. Er atmete tief ein, versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen. Man durfte ihm seine Nervosität, seine Unsicherheit nicht anmerken. Nicht hier. Er war ein eiskalter Todesser. Ein kaltblütiger Mörder. Seine Fassade durfte nicht bröckeln, jetzt, wo er so nah dran war. Das Vertrauen des Lords war fast erreicht. Er sah sich um. Die goldenen Sonnenstrahlen verliehen der Umgebung einen surrealistischen Anblick. Maskierte, in schwarz gehüllte Gestalten in einem märchenähnlichen Wald, in warmer Morgenröte vereint. Der Waldboden war übersäht mit bunten Blättern, als würde der Himmel Federn weinen. Die kahlen Baumgerüste stachen wie leblose Finger in das morgendliche Rot. Wie mahnende Boten warnten sie vor dem drohenden Unheil. Der Potion Master zog seine weiße Maske tiefer ins Gesicht, verschmolz mit der allgemeinen Masse, der Masse aus Mördern. Es dauerte nicht lange, da erschienen drei weitere Gestalten auf der Lichtung. In der Mitte, unverkennbar, in grün gekleidet, der Unnennbare Lord. Zu seiner Rechten der Fürst der Finsternis, Count Lestat. Zu seiner Linken ein hagerer Mann mit strähnigem grauen Haar. Sein Gesicht war von Falten zerfurcht und eine lange dünne Narbe vollzog sich quer über seine rechte Wange. Lestrange, der graue Panther. Schon vor seiner Zeit in Askaban hatte er mit seinen 35 Jahren graues Haar gehabt. Doch es war nicht nur sein Haar, sondern auch seine raubtierartige Eleganz, die ihm diesen Spitznamen bescherten. Schon damals zählte er zu den ranghöchsten Todessern. Doch nun, nach jahrelanger Folter in den kalten Mauern Askabans, war seine Aura erloschen. Vor ihnen stand nur noch ein alter gebrochener Mann, im krassen Gegensatz zu seinem Meister, der mit seinen fast 70 Jahren aussah wie höchstens 40. Es war bizarr. Als wäre er in einen Jungbrunnen gefallen, keiner konnte es sich anders erklären. Aber über einen derartigen Fluch, mit dem man die Zeit austricksen konnte, war nichts bekannt. Vielleicht hatte es auch mit seiner vierzehnjährigen unfreiwilligen Isolation zu tun. Immerhin hatte er in dieser Zeit keinen Körper gehabt. Er war ein Nichts gewesen, nein, sogar weniger als ein Nichts. Mit Leichtigkeit hätte man ihn zerquetschen können. Ja, "hätte". Was man im Leben alles hätte tun können, weiß man immer erst später. Wäre er doch nur nie ein Todesser geworden... Snape rieb sie hastig über die brennenden Augen. Die wenigen Stunden Schlaf, die er gestern noch gefunden hatte, hatten bei weitem nicht ausgereicht, um seine Kräfte wieder aufzuladen. Er fühlte sich schlapp. Wie ein ausgelaugtes Blatt im Wind, umgeben von einem Strudel aus Gewalt und Hass. Schließlich durchbrach Lord Voldemort die angespannte Stille. "Meine Todesser, wir haben gestern ganze Arbeit geleistet. Diese Nacht war ein Sieg auf der ganzen Linie, ein Sieg, von dem sich das Ministerium nicht so schnell erholen wird. Askaban, ihre unbezwingbare Festung, ist unter uns in tausend Stücke zerfallen." Gebieterisch hob er seine Hände in den Himmel. "Diese Nacht wird als die Nacht unserer Befreiung in die Geschichte eingehen. Die Befreiung von unseren unsichtbaren Ketten, die uns die Welt auferlegte. Doch nun ist ihr Bann gebrochen. Wir sind frei, wir sind voller Wut, wir sind unbezwingbar. Voldemort und seine Armee. Lasst uns in den Krieg ziehen!" Tosender Jubel brach unter den Todessern aus. Der Lord hatte aus ihren Herzen gesprochen. Ihre Wut und ihr Hass auf die Welt würde sich nun endlich entladen. Nichts würde mehr wie vorher sein. Snape stolperte entsetzt einige Schritte zurück bis er mit dem Rücken gegen einen mächtigen Baum stieß. Keiner beachtete ihn. Die lauten unerträglichen Schreie brachen wie ein plötzliches Gewitter über ihn und den Wald hinein. Zittern krampfte er seine Finger in das rissige Holz. Wie hatte er diesen Tag gefürchtet, den Tag, an dem der Krieg begann. ------------------------------------ A/N: So, wieder ein Kapitel zu Ende bebracht. Langsam wird es ernst ^^ Doch das Leid von Snape, Jinathan und Harry hat noch lange kein Ende *eg* Ich weiß, ich bin sadistisch veranlagt *lol* Im nächsten Kapitel treffen wir endlich wieder auf Malfoy Junior und blicken ein wenig hinter seine kalte Fassade. Außerdem erfahren wir mehr über die dunkle Nacht, in der Harry über Snape stolperte. Und eine alte Bekannte taucht auf. Lasst euch überraschen... Eure Feary Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)