Hearts Melody von Filicia (just a song from the bottom of a heart) ================================================================================ Kapitel 1: Living for Love -------------------------- Es war ein sonniger Tag. Ein Tag wie jeden Sommer in dieser kleinen ruhigen Stadt. Von irgendwo dringt Musik hervor, in einem Garten wird gegrillt, frisches Fleisch und Fisch. Niemand denkt an irgendetwas schlimmes, Vergangenes wird liegen gelassen. Wer interessiert sich auch für so etwas? Wenn doch solch ein schöner Tag ist. Die Vögel singen ihre Lieder, glücklich, zufrieden wirkt der äußere Teil dieser kleinen Stadt, idyllisch, friedlich. Nur die Reichen können sich ein solches Haus leisten. Wenn man dem Duft von frisch gegrilltem Fisch folgt, gelangt man in einen Garten. Ein großer weiter Garten, viele Blumen stehen dort, auch Rosen, rote, orange, rosa, weiße Rosen. Ein großer langer Pool, mit einem Sprungbrett ist ebenfalls in diesem Garten. Alles grünt, es scheint als wäre alles normal, friedlich, wie jeden Tag. Einige Personen sitzen im Garten, an einem großen weißen Tisch. Reden miteinander. Es scheint sogar eine sehr bekannte Person darunter zu sein. Jamie Laison, Sänger, neu entdeckt, ein New Comer Held in den letzten Tagen. Er hatte blondes, lockiges Haar, frech sah er damit aus, die bernsteinfarbenen Augen schienen jederzeitig gleich, monoton, typisch für die heutigen Jugendidole, völlig gleichgültig. Neben ihm ein Plattenproduzent, Johannes McHallie, mittlern Alters mit braunen kurzen Haaren und denselben dunklen Augen die er schon immer hatte. Neben ihm sitzen zwei unbekannte junge Gesichter. Zwei Mädchen sicherlich nicht viel älter als 17. Eine davon mit langen rotblondem Haar und dunklen braunen Augen. Sie hatte einen kurzen roten Rock an, hatte sich scheinbar herausgeputzt für diesen Tag. Neben ihr ein etwas gelassenes Mädchen, bronzefarbenes, etwas länger als schulterlanges Haar und eiskalten blauen Augen. Sie trug einen etwas längeren schwarzen Rock, ein braunes Oberteil, eine schwarz Weste und einen etwas für diese Zeit unmodernen schwarzen Hut. Es schien als würden die Personen sich angeregt unterhalten. Über alles und nichts. Das zuletzt genannte Mädchen hatte einen ewigen ständigen eiskalten Blick. Sie änderte ihn kaum, selten, nie. Ihr Gegenüber, Jamie Laison, sah sie etwas nachdenklich an. „Wenn du nicht diesen „neumodischen“ kram hörst. Was hörst du denn dann?“ Die Stimme des Jungen hallte im Garten wieder. Der Blick des Mädchens blieb monoton, ihre Stimme gleichgültig. „Meine Musik ist nicht definierbar, Musik sollte man nicht definieren, Musik ist allein Gefühl. Musik in der Gefühl fehlt ist nicht meine Musik.“ Langsam schien der junge Mann aufgewühlt zu sein. Das herausgeputzte Mädchen lächelte beschwichtigend. „Mach dir nichts draus, Lana ist immer so!“ meinte sie ruhig. Der Junge schien etwas nervös. Seltsam, sonst war dies nie seine Art und Weise. Aber dieses Mädchen, diese Lana, schien ihn fast wahnsinnig zu machen. Warum war er an diesem Tag dort? Nun viele Gründe konnte man nicht nennen. Sein Produzent, McHallie, hatte ihn darum gebeten. Wieso? Eine Freundin seines Patenkindes hatte Geburtstag und war ein absoluter Fan. Nun er hatte zu gestimmt nach ewigem diskutieren. Nun saß er dort. Saß er dem Patenkind seines Produzenten gegenüber. Lana, Lana Jonsen. Sie schien kein normales Mädchen zu sein. Ein normales Mädchen hätte ihn nicht aus der Fassung gebracht. Ein normales Mädchen hätte ihn unberührt gelassen. Aber diese Kälte in ihren Augen, als wäre ihr inneres gefroren, ihre Stimme, kalt. Alles an ihr war kalt. Lächeln, ob sie das konnte wusste er nicht. Sie hatte den ganzen Tag nicht gelächelt. Ihre Freundin war absolut aufgewühlt und über glücklich ihm gegenüber zu sitzen ihn anzustrahlen, zu versuchen ihn anzumachen. Sein Blick blieb kühl auf diesem Mädchen. Lana, er sah sie an, musterte sie viele Male. „Meine Musik hat kein Gefühl?“ er sprach wieder kühl, ruhig, jedenfalls versuchte er das. Sie sah ihn immer noch gleichgültig an als sie antwortete: „Wenn es das hätte, müsstest du nicht Fragen!“ ihr Patenonkel lächelte sie beruhigend an, er war einwenig erhitzt über diese Diskussion. In solchen Fragen mit seinem Patenkind zu diskutieren lag ihm nicht. „Dann spiel mir Musik vor, die mehr Gefühl haben soll.“ Meinte Jamie schwach, versuchte gleichgültig zu klingen. Wenn es um seine Musik ging war er eigen. Er wollte Geld damit verdienen, wollte groß rauskommen. Lana stand wie aufgefordert auf und holte eine CD. Ihr Patenonkel schien genervt davon zu sein. Er sah in die Luft und zu Boden. Als würde ihn diese Aktion belasten, beunruhigen. Ihre Freundin sah auch etwas genervt aus. Sie hasste das, sie hasste dieses ewige in der Vergangenheit hängen ihrer Freundin. Als Lana zurückkam, sah sie genauso monoton aus wie zu vor, sie hielt eine CD in der Hand. Stoppte den CD-Player, legte ihre CD hinein. Ruhige, stille Musik, nur ein paar Gitarren Töne. Eine sanfte Männerstimme klang hervor. Eine Stimme die Gänsehaut auslöste. Eine Stimmung lang nun über der Menge, ein betretenes Schweigen. Der Text, die Musik, das Gefühl, alles kam herüber. Drang in die unberührten Ohren, tief in die Köpfe, sogar in die Herzen der anwesenden Personen. Als das Lied endete lächelte Lana zum ersten Mal an diesem Tag. „Song of My Life…“ murmelte sie leise, sie wollte, konnte diese Stimmung nicht zerstören. Dann nahm sie die CD wieder heraus. Mit einem gezielten Blick sah sie ihren Patenonkel an. „Er hätte sich nicht vermarkten lassen können!“ murmelte er etwas eingeschnappter weise. Sie setzte sich. Sprach kein Wort mehr. Bis Jamie das Wort ergriff. „Wer war das? Wieso lässt er sich nicht vermarkten?“ er schien etwas verwirrt. „Er ist tot.“ Sagte Lanas Freundin knapp. McHallie lächelte matt, strich sich durchs Haar, er wurde scheinbar nervöser. Dann murmelte er: „ein Freund von Lana, aber das ist Vergangenheit und die sollte man ruhen lassen…“ dann stand Lana auf. Sie ging Richtung Schwimmbecken. Zog ihre Kleidung langsam aus, darunter hervor kam ein schwarzer Bikini. „Nicht einmal nach seinem Tod könnt ihr seine Musik anerkennen“ mit diesen Worten sprang sie ins kühle Nass. Sie sagte nichts mehr, sprach nicht mehr, tauchte erst einige Minuten später wieder auf. Jamie war wie Hypnotisiert. Er fühlte sich von diesem Mädchen angezogen. Er wollte mehr wissen, mehr über sie, über den Jungen der dort gesungen hatte. Wer er war, wo er herkam, wieso Lana ihn kannte. So viele Fragen brannten auf seiner Zunge. Er unterhielt sich noch eine weile mit Lanas Freundin. Den Blick auf den Pool gerichtet. Sie schwamm darin wie ein Fisch. Sie hatte etwas, das andere Mädchen nicht hatten. Und er wusste einfach nicht was. Nach einer Stunde verabschiedete sich Lanas Freundin, sie müsse zu Verwandten, hatte sie gesagt. Er nickte nur, lächelte matt und verabschiedete sich von ihr. Auch Lana verabschiedete sich, sie kam aus dem Wasser, nass von oben bis unten, wunderschön. Sie legte sich ein rotes Handtuch um und verabschiedete ihre Freundin. Dann setzte sich Lana wieder an den Tisch. „Hört mal, ich muss noch kurz etwas klären, naja könnte etwas dauern.“ meinte McHallie nach einiger Zeit und verschwand in seinen Arbeitsraum. Er hatte eine SMS bekommen, von wem wussten sie nicht. Aber es musste wichtig sein. Sie aß einen Schokoladen Keks, sprach nicht. Sie schwieg. Und sie war wunderschön in diesem ruhigen stillen Moment. Doch Jamie brannten zu viele Fragen auf seiner Zunge. „Ich weiß zwar, es gehört sich vielleicht nicht aber. Das Lied vorhin war wunderschön. Warum ist naja…“ er wusste nicht wie er hätte seine Frage formulieren sollen. Warum ist er tot? Warum hat er keinen Plattenvertrag gehabt? Warum ist sie so begeistert von ihm? Er wusste nicht, womit er beginnen sollte. „In Wirklichkeit, interessiert es dich doch sowieso nicht, habe ich Recht?“ sie stand auf, ging zum Pool, setzte sich an den Rand und ließ die Füße ins Wasser fallen. Ihr Blick war leer, kalt. Er bemerkte ihre Schmerzen nicht. Trotz allem wagte er auf sie zuzugehen. Er setzte sich neben sie. „Und wenn es mich doch interessiert?“ meinte er ruhig, leise, fast beruhigend. „Es ist ohnehin zu spät, als dass es sich lohnen würde es aufzuwärmen. Da hat Onkel Johnny schon recht.“ Erwiderte sie. Sie blickten sich in die Augen. Minuten, Sekunden schienen wie Stunden zu vergehen. Die eiskalten blauen Augen trafen auf ruhige warme Bernstein Augen. Keiner sprach ein Wort. „Aber manchmal muss man darüber reden um Vergangenes zu verarbeiten.“ Meinte er leise. Sehr leise. „Ich wüsste nicht wo ich beginnen sollte und wieso ich es dir erzählen sollte. Du bist doch genauso auf deinen Profit aus wie mein Onkel. Das ist nicht meine Welt.“ Erklärte sie immer noch ruhig. Er lächelte matt. Sie hatte Recht. Bisher ging es ihm nur um das Geld. Um den Profit. Deswegen war er hier. Er wollte es sich nicht mit seinem Produzenten verscherzen. Wollte noch viele Lieder singen um Geld zu verdienen. Aber der Junge über den er etwas erfahren wollte war Tod, es war völlig egal was er erfahren würde, damit ließe sich kein Geld machen. Und das wusste er. Trotzdem wollte er es wissen. „Du hast Recht. Aber nicht die ganze Welt besteht aus Profit. Und ich möchte auch deine Welt kennen lernen.“ Er berührte etwas in ihr. Tief in ihrem inneren. Man sah ihr an, dass sich etwas bewegte. Sie wog ab, ob es sich wirklich lohnen würde. Sie wog ab ob er es wert war ihm davon zu berichten. „Er war nie auf Profit aus, deswegen hat sich mit ihm kein Geld verdienen lassen. Ihm war das Gefühl wichtig. Wenn du nicht reden kannst, dann singe. Das hat er immer wieder gesagt. Wenn du nicht reden kannst, weil du fast vor Freude weinen musst. Dann singe. Wenn du so traurig bist, dass du kein Wort herausbringen kannst. Dann singe. Weil deine Stimme die Herzen der Menschen berühren kann.“ Sie lächelte matt. Man bemerkte, wie schwer es ihr fiel darüber zu sprechen. „Aber das, kann ich nicht singen. Ich muss es erzählen, weil es zu viele Worte sind.“ Jamie nickte. Ihre Worte hatten ihn tief berührt. Die Worte eines Toten, der dennoch in ihrem Herzen weiter lebte. „Er war nie reich an Geld gewesen. Er hatte nie viel gehabt. Er kam aus einem Heim, er wurde adoptiert vor ein paar Jahren. Seine Adoptiveltern sahen sein Talent nicht. Sie förderten alles, nur seine Musik nicht. Vor zwei Jahren, als ich 14 fast 15 war kam er an unsere Schule. Jedes Mädchen fand ihn „hübsch“ und „süß“ aber das war nicht alles. Das war nicht das was mich an ihn heran zog. Er war ehrlich. Er war immer ehrlich mit seiner Umwelt. Ich beneidete ihn, wollte ihm näher kommen… Dann bewarb ich mich bei unserer Schülerband „High Mountain“. Eine ziemlich verrückte Gruppe. Aber der einzige Weg, ihm näher zu kommen…“ Er sah es durch ihre Erzählungen fast förmlich vor seinen Augen. Er konnte fast in ihr Inneres sehen. Sie erinnerte sich zurück. Zwei Jahre zurück. Sie stand in dem kleinen Bandraum. Hatte noch kürzere Haare, einen kurzen Rock und ein zerfetzte Oberteil an. Und sie sang. Leise und schwach, bis er sie unterbrach. Ein Junge der quasi im Auswahlkomitee saß. „So geht das nicht.“ sagte der Junge mit den schwarzen Haaren und den hellen grünen Augen. Er lächelte sie ermutigend an. „Singe von Herzen, denk nicht daran, dass wir hier sind. Versuch dein Gefühl in das Lied zu packen.“ Sie stockte kurz. War unsicher. Dennoch probierte sie es, sie schloss die Augen und sang. Eine wunderschöne Melodie, traurig, depressiv und dennoch wunderschön. Als sie die Augen öffnete wurde applaudiert. Viel wurde ihr nicht mehr gesagt. Nur das sie dabei sei. Sie lächelte etwas nervös. Als er auf sie zu kam ihr die Hand reichte. „Ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Michael. Aber die Bandmitglieder dürfen mich auch Micha oder Michi nennen. Falls dir das lieber ist.“ Er strahlte eine Wärme aus. Etwas, das sie sofort an ihn zog. Micha, war sein Name. Micha, dieses Wort ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Er war sonst so ruhig, aber hier in diesem Bandraum schien er aufzublühen. Er erhob sie über den Staub der Erde und schien ihr Flügel zu schenken. Denn sie lächelte. Sie empfand mehr, als sonst. Sonst war sie immer allein gewesen. Sie wollte diesen Moment genießen. Es war toll dazu zu gehören. Jemanden gefunden zu haben, der einem aufhalf wenn man fiel. Und es schien als wäre ihre Welt mehr als nur in Ordnung. In diesem kalten, kaputten Bandraum, hatte sie etwas gefunden, dass sie nie mehr verlieren wollte, wofür sie kämpfen würde. Viel hatte sie mit ihm und der Band unternommen. Sie waren auf Absteigepartys. Spielten in kleinen Bars oder bei privaten Partys. Sie waren relativ begehrt. Auf diesen Absteigepartys war Alkohol absolut üblich. Alkohol und sexuelle Belästigung. Aber sie ertrug es, es war ihr völlig egal solange sie mit ihm Spaß haben konnte. Er passte auf sie auf. Trank eigentlich nie zu viel und beschützte sie wenn jemand ihr zu nahe trat. Und je länger sie bei ihm war, je mehr empfand sie für ihn. Empfand sie mit ihm. Sie spürte seine inneren Verletzungen, genauso wie seine äußerlichen, wenn er sich prügelte wegen ihr. Sie wusste, dass er sie nicht liebte. Aber er brauchte sie, so wie sie ihn brauchte. Weil sie ohne ihn nicht hätte Leben können. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Sie waren so unzertrennbar, wie etwas dass ohne das andere nicht existieren konnte. Wie Gut und Böse. Micha hatte immer die Texte geschrieben für die Band, für sie. Er sang selber, er schenkte ihr Selbstvertrauen und Mut. Durch nur wenige Worte. „Wir können die Welt verändern. Weil wir die Welt zum rollen gebracht haben. Wir Menschen. Und wir könnten sie genauso gut zum stehen bringen.“ Sagte er einst. Die Welt zu verändern. Ja das war ihr Traum, den sie gemeinsam träumten. Den Traum der Welt die Gefühle des einfachen Menschen Nahe zu bringen. Die Welt zum stehen zu bringen, wenn auch nur für einen Moment. Alles schien perfekt, alles, ihre ganze Welt. Im Bandraum war sie zuhause. Dort konnte sie sein wie sie wollte. Wenn sie draußen war, war sie wieder das kleine Mädchen, das lieber schwieg als sprach. Aber bei ihm, bei der Band, fühlte sie sich zuhause. Bis zu dem Tag an dem sich alles ändern sollte. Sie erinnerte sich genau, es war ein Dienstag, es regnete. Als sie eine neue Mitschülerin bekamen. Karen Valentine. Ein gut aussehendes reiches Mädchen aus der Stadt, mit langen blonden Haaren und braungrünen Augen. Sie war wunderschön und keiner konnte sich vorstellen, was sie mit sich brachte. Seine Augen klebten förmlich an ihr, zogen sie mit seinen Blicken aus. Wogen ab und entschieden. Sein Herz blieb bei Karen, immer, die ganze Zeit über. Er war verliebt gewesen in dieses offene Mädchen, aus der Stadt. Sie, Lana, musste es akzeptieren, was hätte sie sonst tun können? Nichts. Sie war hilflos. Nie hatte sie ihm von ihren Gefühlen für ihn erzählt. Nun war es offensichtlich zu spät. Er hätte sich ohnehin nicht in sie verliebt. Wieso hätte er das auch tun sollen? Schließlich war sie nichts besonderes, sie war eigentlich eine graue, kleine Maus. Sie konnte ihn verstehen, dass er dieses Mädchen liebte. Sie war etwas neues, aufregendes, anderes als sie. Und wie erwartet hatte es nicht lange gedauert bis Karen und er ein Paar waren. Er nahm sich viel Zeit für sie. Sogar während den Proben. Er tat alles für Karen, er trug sie auf Händen, wenn es hätte sein müssen. Dennoch schien Karen es nicht zu würdigen. Sie bestand auf eine „freie Beziehung“ das hieß, sie durfte schlafen mit wem und wann sie wollte. Er natürlich auch, trotzdem tat er es nicht. Oft erzählte sie ihm von ihren Bettabenteuern. Sie hatte viele, hätte jeden haben können. Sie zeigte nur nach außen, dass sie mit Micha zusammen war. Warum? Micha war beliebt bei den Mädchen, viele liebten ihn, vergötterten ihn. Er blieb treu. Über Monate hinweg blieb Micha treu. Er rührte nie ein anderes Mädchen an. Er küsste kein anderes Mädchen. Nichts. Er war so liebevoll zu Karen. Er hätte alles für sie getan. Alles ertragen. Die Schmerzen die er hatte trug er nur mit seinen Liedern heraus. Sie wusste davon. Lana wusste wie er sich fühlte. Versuchte mit ihm zu reden, ihn auf zu heitern. Doch er zog sich zurück. Er sprach nicht über seine Gefühle. Aber Lana entschied sich, bei ihm zu bleiben. Seinen Schmerz zu teilen. Es fiel ihr schwer nicht über ihre Gefühle zu reden. Sie liebte ihn, was hätte sie nicht alles für ihn aufgegeben. Er wusste es, auch wenn sie es ihm nicht sagte. Es war eine weitere Sache, die ihn belastete, ihm seine Flügel brach. Sie konnte ihn nicht los lassen. Sie hatte solche Angst um ihn. Aber er betonte immer, immer wieder wie wichtig ihm seine Liebe zu Karen war. Wie wichtig dieses Mädchen ihm war. Das er für sie sterben würde. Er lebte für Karen und seine Musik. „Die Musik und seine Liebe war sein Leben, und wenn er eines verloren hätte, wäre er daran zu Grunde gegangen…“ Schwach erinnerte sich Lana, daran wie sehr er litt, wie treu er war. Tränen rannen über ihr Gesicht während sie davon erzählte. Es fiel ihr schwer darüber zu reden. Es war wohl das erste Mal, dass sie davon sprach. Jamie legte einen Arm um sie. „Ist schon okay… er war ein toller Kerl… nur… was… tut mir leid wenn ich frage. Aber was ist dann passiert?“ Lana lächelte matt, gezwungen. Sie riss sich zusammen. Wollte sich unter Kontrolle halten. „Sie hat Schluss gemacht. Das war im Sommer. Also 6Monate nachdem sie zusammen gekommen waren. Karen machte eiskalt Schluss. Er war ihr zu sentimental, zu emotional, zu sanft. Er war nicht was sie gesucht hatte. Aber nach außen erzählte sie anderes.“ Karen hatte damals erzählt, dass er sie geschlagen und vergewaltigt hatte. Auf brutalste Weise. Nichts davon stimmte, wie sich zu spät heraus gestellt hatte. Als er davon erfuhr, verstand er die Welt nicht mehr. Alles in ihm zerbrach. Die Band zerbrach, weil keiner mit einem Vergewaltiger arbeiten wollte. Der Proberaum stand leer, jeden Tag. Nur dann nicht wenn Lana und er sich dort trafen. Sie vertraute ihm weiter, versuchte ihm Halt zu geben. Probte und sang dort mit ihm. Manchmal, aber nur manchmal hatten sie dennoch einen Auftritt, zwar nur zu zweit auf einer Absteigeparty, aber dort schien er sich wohl zu fühlen. Sie versuchte alles um ihn zu heben, sie liebte ihn. Und sie hätte alles für ihn getan. Sie wusste auch davon, dass er sich selbst verletzte. Er sagte immer, er wollte dieselben Schmerzen spüren, die er Karen zugefügt haben soll. Aber er hatte nichts getan, er wusste es selbst genauso wie Lana es wusste. An eine dieser Absteigepartys im Herbst konnte sich Lana ganz genau erinnern. Micha hatte zu viel getrunken, es kam damals öfters vor, dass er zu viel trank. Sie selbst war nur leicht angeheitert, sie war bereits 16 und eine junge Dame. Viele Jungs wollten sie auf dieser Party anmachen. Aber sie waren ihr alle gleichgültig. Als er sehr angeheitert war, strich er ihr über die Beine. Er küsste sie. Sie wusste nicht, was sie hätte tun sollen. Hätte sie ihn zurückstoßen sollen? Aber sie hatte es sich doch immer gewünscht, seine Nähe gewünscht, seine Liebe gewünscht. Berührungen die auf ihrer Haut wie Feuer brannten. Die sich in ihre Seele und ihr Herz brannten. Und sie wollte mehr davon, wollte ihn, wollte alles für einen Moment vergessen. Und sie ließ sich fallen. Völlig fallen. Bei ihm zuhause angekommen hatte er, sie die Treppen hinauf getragen. Auf sein Dachzimmer, hatte sie in sein Bett gelegt, geküsst. Jede Berührung war so zärtlich, jeder Kuss so innig, dass ihr fast der Atem wegblieb. Es war wunderschön, wie er sie auszog, langsam ihren Körper erforschte. Sanft und vorsichtig, liebevoll ging er mit ihr um. Und er hatte ihr alles gegeben, was sie sich so sehr, so lange gewünscht hatte von ihm. Diese Nacht, war die schönste in ihrem Leben. In dieser Nacht fühlte sie sich dem Himmel so nahe gebracht wie nie zuvor. Danach war nichts mehr wie zuvor. Er zog sich immer weiter zurück. Wollte nicht noch einen Ausrutscher geschehen lassen. Sie wusste nicht, was in seinem Kopf vor sich ging. Sagte ihm immer wieder, dass es nicht so schlimm sei. Sie versuchte stark zu sein für ihn, weil er stark war für sie. Aber sie konnte ihn nicht halten, bevor er fiel. Und er fiel sehr tief. Sie sprachen oft miteinander, worüber? Über alles, über Gott und die Welt. Sie saßen Tage, Nächte lang zusammen, an einer Autobahnbrücke. Jetzt wo es zu kalt geworden war für die Partys. Denn es wurde Winter. Er blickte den Autos nach, ab und an versuchten sie, die vorbeifahrenden Autos zu zählen. Beide saßen auf dem Geländer. Sahen sich an. Beide kannten den Schmerz des jeweils anderen und sprachen nicht darüber. „Lana?“ hatte er einmal gefragt. Sie hatte ihn angesehen, in seine Augen geblickt. „Ja?“ sagte sie leise, schwach. Dann blickte er auf die Autos. „Wie sie es alle eilig haben, heute Nacht. Dabei dreht sich die Welt auch ohne sie weiter. Versprich mir etwas Lana. Versprich mir, mit deiner Stimme und deiner Art die Menschen in deiner Umgebung zu berühren und ihnen zu zeigen, das sie diese Welt sind und sie die Welt verändern können. Tust du mir den Gefallen?“ Es war schwer gewesen, darauf zu antworten. Dann sprach er leise weiter. „Weißt du? Wenn du nicht reden kannst, dann singe. Wenn du nicht reden kannst, weil du fast vor Freude weinen musst. Dann singe. Wenn du so traurig bist, dass du kein Wort herausbringen kannst. Dann singe. Weil deine Stimme die Herzen der Menschen berühren kann.“ Sie sah auf die Autos, versuchte sich zu beruhigen. „Ja, ich verspreche es, aber…“ sie stockte kurz, dann sah sie ihn an. Legte ihre Hand auf die seine. Er sah ihr tief in ihre meerblauen Augen und sie ihm in seine Grasgrünen. „Mach dir keine Gedanken um mich. Ich werde tun, was ich für richtig halte.“ Sie wollte gerade etwas sagen. Da legte er einen Finger auf ihre Lippen. „Schweig.“ Hatte er leise gesagt. Er brachte sie an diesem Abend heim wie an jedem. Aber an diesem war etwas anders. Er gab ihr einen Kuss, einen innigen Kuss. Seine Augen waren sehr feucht, dann ging er. Als er sich noch einmal kurz umdrehte, lächelte sie ihn an. „Ich liebe dich…“ hatte sie leise geflüstert, bevor er ganz fort war. Wie jeden Mittwochmittag ging sie in den Proberaum. Sie ahnte nichts, wusste nicht was geschehen war. Als sie die Türe öffnete. Tränen konnte sie nun nicht mehr zurück halten. Es ging nicht, es war zu viel für sie. Jamie sah sie an. Er bemerkte ihren Schmerz, die Trauer um den Verlust. Er war alles gewesen, was sie gehabt hatte und sie konnte nur zusehen wie er innerlich zerbrach. Er nahm sie in den Arm. Er war so gerührt, dass er nichts weiter sagen konnte. Ob sie ihm das Ende erzählen würde. Es war ihm egal, wenn sie es nicht konnte. Aber er wusste jetzt, dass dieses Mädchen wirklich etwas ganz besonderes war. Lana, sie war nicht wie all die anderen. Die nicht wussten was Liebe war, sie war die Einzige, die ihm bisher dieses Gefühl gab. Und er wusste, er musste sie auffangen. Der Profit war in diesem Moment Nebensache. Wichtig war sie. „Als ich die Türe öffnete, erschrak ich… überall war Blut rotes Blut…“ Sein Blut, das Blut von ihm. Es lief seinen Arm herab, aber auch an vielen anderen Körperstellen. Er schien fast ausgeblutet. Sie kniete sich zu ihm nieder. Nahm ihn in ihren Arm. Sie konnte es nicht fassen, konnte nicht sprechen nur schweigen. Die Tränen rannen ihr Gesicht herab. „Lebe dein Leben, du bist wunderschön“ es war das Letzte, was sie von ihm gehört hatte. Es brannte sich in ihre Seele hinein. Dieser Moment, war der schwerste, den sie je erlebt hatte. Sie bemerkte wie unterkühlt er war. Sie wusste nicht was sie hätte tun sollen, sein Herz schlug nur schwach, dann gar nicht mehr. Sie hielt ihn fest, wollte ihn in diesem Moment nicht los lassen. Es war Zufall gewesen, dass ein weiteres Bandmitglied von damals die Beiden gesucht hatte um ihnen mitzuteilen, dass sich herausgestellt hatte, dass Karen gelogen hatte. Jedenfalls ging die Türe auf und einen Moment lang stand jemand völlig irritiert in der Türe. Bis der Krankenwagen kam, verging für sie, eine halbe Ewigkeit. Er war tot, er würde nicht wieder zurückkehren. Sie wusste das. Blut klebte an ihrer Kleidung. „er wird nicht wiederkommen… jetzt ist es…zu…spät…“ sie hatte Tränen in den Augen. Bekam kaum ein Ton über die Lippen. Jamie drückte sie fest an sich. Er verstand. Verstand warum die Musik Gefühl sein sollte. Warum es nicht wichtig war damit Geld zu verdienen. Er verstand sie, ihre Erinnerungen, obwohl es über ein Jahr her sein musste. Leise, ruhig, begann er zu singen. Eine Melodie, die Lanas Herz berührte, welche tief in sie eindrang. Nach einigen Zeilen, begann sie ebenfalls zu singen. „And I believe there’s nothing more important than to feel, you are alive…“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)