Brüder von Mono-chan (das letzte Kapitel ist da) ================================================================================ Kapitel 27: Anrufe ------------------ Nach Kojiros Eröffnung war es eine Weile sehr still. „Kenji?“, wiederholte Tsubasa dann langsam. „Sicher?“ Kenji schnaubte. „Sicher ist relativ. Ich habe ihn nur kurz gesehen und nur von hinten. Aber ich könnte schwören, dass er es war!“ „Aber Kenji ist tot!“, wandte Ryo ein. „Wie soll er….“ „Das weiß ich selbst! Deswegen wollte ich ja zuerst mit Tsubasa sprechen, bevor ich zur Polizei gehe.“, meinte Kojiro ungehalten, bevor er wieder Tsubasa ansah. „Kenji ist ganz sicher tot, ja?“ Tsubasa schüttelte leicht den Kopf, um wieder einen klaren Gedanken fassen zu können. Diese Neuigkeit trug nicht gerade dazu bei, das leicht benommene Gefühl von den Schmerztabletten loszuwerden. „Ich weiß genauso viel wie du. Sanae hat den Zeitungsartikel gefunden und uns gezeigt, mehr Info haben wir nicht. Es hieß Autounfall….“ „Hat man ihn einwandfrei identifiziert?“ „Davon gehe ich aus. Einfach so wird die Presse nicht einfach behauptet haben, dass er es ist.“, meinte Taro trocken. „Warum bitte hast du das nicht der Polizei gesagt?“, fragte Izawa verständnislos. „Sie hätten schon längst nach ihm fahnden können…. Deswegen hättest du doch nicht warten müssen….“ „Ich habe keine Lust, mich zum Vollidioten zu machen.“, hielt Kojiro dagegen. „Die hätten mir doch kein Wort geglaubt! Ich wollte erst sicher gehen und hören, ob Tsubasa auch was gesehen hat….“ „Auf jeden Fall hat die Polizei bessere Möglichkeiten, herauszufinden, ob Kenji noch lebt oder nicht.“, meinte Tsubasa dumpf und rieb sich die Schläfen. In diesem Moment bereute er es bitter, die Tabletten genommen zu haben. Seine Erinnerungen an den Strand waren auch bei klarem Kopf verwirrend genug. „Ich habe auf jeden Fall nichts bemerkt, nicht mal was gehört. Da war der Countdown auf meinem Handy….“ „Countdown?“ Kojiro blickte Taro an. „Davon hast du nichts erzählt. Was für ein Countdown?“ „Ich hab es auch nicht richtig mitbekommen…. Und es ging ja alles sehr schnell…“ „Eine verzerrte Männerstimme hat einen Countdown auf meine Mailbox gesprochen….bis 0 abwärts. Die letzte Nachricht war nur ein Peng, und dann ist es auch schon passiert….“ „Peng?“ Ryo runzelte die Stirn. „Und direkt danach wurde geschossen?“ „Ich glaube ja…“ Taro nickte. „Das kommt in etwa hin, glaub ich.“ Daran erinnerte er sich nur zu gut – Tsubasas verwirrten Blick auf das Telefon, der Blitz, der den Himmel erhellte, der Donner…das Blut…. „Das heißt, er hat dich beobachtet und gewartet, dass du das Handy anschaltest.“, meinte Kojiro finster. „Und wir haben ihn wieder nicht bemerkt…“ „Weil wir auch keine Ahnung haben, nach wem wir suchen sollen…“ „Aber wenn es wirklich Kenji war…“, setzte Ryo an, wurde aber sofort von Kojiro unterbrochen. „Ich weiß, wen ich gesehen habe!“ „Schon, aber…“ „Hast du die Nachrichten mittlerweile gelöscht?“, wollte Izawa wissen. Tsubasa schüttelte den Kopf. „Nein… um ehrlich zu sein hab ich nicht mal eine Ahnung wo mein Handy gerade ist.“ Nach allem, was er wusste, lag es immer noch am Strand und war mittlerweile dank Wind und Regen völlig hinüber. Aber zu seiner Überraschung zog Taro nun leicht verlegen das Telefon aus der Tasche. „Ich hab es mitgenommen…. Seit gestern Nacht ist es aus, ich hoffe das ist ok…“ „Klar… Danke.“ Tsubasa nahm ihm das Handy ab, hatte aber den Eindruck, dass Taro eigentlich noch etwas sagen wollte. „Was ist los? Hab ich noch mehr verpasst?“ Taro zögerte und öffnete schon den Mund, entschied sich dann aber anders und zuckte nur leicht mit den Schultern. „Mach schon, ruf die Mailbox ab.“, drängelte Kojiro ungeduldig. „Vielleicht ist es Kenjis Stimme!“ „Sicher nicht.“, antwortete Tsubasa trocken. „Das wäre mir aufgefallen.“ Trotzdem gehorchte er Kojiros Aufforderung. Er schaltete das Handy ein, wählte die Nummer der Mailbox an und stellte das Telefon anschließend auf laut. Unbehagliche Stille senkte sich über das Zimmer, als zunächst die Nachrichten seiner Freunde abgespielt worden und anschließend die verzerrte Männerstimme ihren Countdown begann. „PENG.“ Die Anderen tauschten beunruhigte Blicke aus, noch während die höfliche Dame von der Mailbox verkündete, dass keine weiteren Nachrichten vorhanden waren. Tsubasa würgte sie ab und legte auf. Ihm war leicht übel, er hoffte, dass seine Freunde das nicht mitbekamen. Sein Bein pochte. „Der Typ ist krank. Absolut krank!“, brach Izawa das Schweigen schließlich. Seine Stimme klang heiser. Kojiro verschränkte die Arme vor der Brust, er konnte seine Wut nur schwer verbergen. „Es könnte Kenji gewesen sein. Die Stimme war immerhin verzerrt….“ Tsubasa schüttelte den Kopf, während er das Handy wieder auf stumm schaltete und auf den Nachttisch legte. „Nein. Kenjis Stimme würde ich erkennen, egal ob verzerrt oder nicht.“ „Bist du sicher?“ „Ja, absolut sicher.“ Mehr sagte Tsubasa nicht dazu, und seine Freunde hakten nicht weiter nach. Tsubasa war dankbar dafür. Beinahe war es, als hinge der Geruch von Kenjis Rasierwasser im Raum, und plötzlich schob sich auch Sanaes lebloser Körper in ihrem eigenen Blut vor sein inneres Auge. Er drängte das Bild sofort zur Seite und war dankbar, als Izawa ihn ablenkte. „Du gibst die Mailbox-Nachrichten doch hoffentlich zur Polizei, oder? Vielleicht kriegen die die Originalstimme raus…“ Tsubasa nickte. „Ja, klar. Aber es war ganz sicher nicht Kenji.“ „Hast du dir das Kennzeichen merken können?“, wollte Ryo von Kojiro wissen, der frustriert den Kopf schüttelte. „Nein. Es ging alles so verdammt schnell…. Wenn ich nur etwas früher reagiert hätte….“ Er brach ab. Kurze Zeit sagte niemand etwas. „Ich bin selbst schuld.“, meinte Tsubasa schließlich müde und lehnte sich zurück. „Ich bin alleine zum Strand, obwohl mich alle gewarnt haben. Wenn Taro mich nicht vorher schon gefunden hätte, wäre alles nicht so glimpflich ausgegangen. Ihr müsst euch keine Vorwürfe machen, niemand von euch hätte was ändern können.“ Wieder sagte niemand etwas, und die Stille wurde durch das Geräusch der Türklinke unterbrochen. Sein Vater kam zurück. Er war nicht sonderlich überrascht, die anderen zu sehen. Unwillkürlich musste Tsubasa an den Polizisten denken, der angeblich vor der Tür sitzen sollte – vielleicht hatte der ihm schon Bescheid gesagt. Wobei, wie waren seine Freunde dann an ihm vorbei gekommen? Allein von dieser Frage schwirrte ihm schon wieder der Kopf. Diese bescheuerten Schmerztabletten…. „Wir wollten gerade wieder gehen.“, meinte Izawa direkt nach der Begrüßung. Er blickte wieder Tsubasa an. „Noch mal sorry, dass wir dich geweckt haben. Morgen kommen wir wieder, ja?“ „Und denk dran, die Mailbox-Nachrichten der Polizei zu geben.“, erinnerte Kojiro, und Tsubasa lächelte trocken. „Klar, solange du daran denkst, der Polizei von Kenji zu erzählen.“ Kojiro war offenbar nicht zum Lachen zumute, er nickte ernst, dann verließ er zusammen mit den anderen den Raum. Nur Taro blieb stehen, er zögerte. Dann blickte er zu Tsubasas Vater hinüber. „Noch fünf Minuten….?“ Herr Ozora wirkte leicht überrascht, nickte aber und zog sich ebenfalls zurück. Mit einem leisen Klicken fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. „Ich hab vorhin schon überlegt, wann ich es dir am besten erzähle, aber ich wollte nicht, dass die anderen dabei sind.“, begann Taro, noch während Tsubasa ihn verdutzt ansah. „Heute Morgen hat Roberto auf deinem Handy angerufen.“ „Was?!“ „Ich hab es kurz angeschaltet.“, redete Taro sofort weiter. „Kojiro hat mich überredet, er wollte wissen, ob der Irre sich heute Nacht noch mal gemeldet hat und hat nicht locker gelassen, bis ich versprochen habe, kurz nachzusehen. Und genau da kam der Anruf. Roberto war – ziemlich durch den Wind, um es vorsichtig auszudrücken. In Brasilien scheint die Hölle los zu sein…. Du solltest ihn unbedingt zurück rufen, falls das von hier aus geht, er macht sich Sorgen.“ Tsubasa nickte betäubt. Es wurde besser und besser…. Wieder meldete sich das schlechte Gewissen, weil er das Spiel verpasst hatte. Hoffentlich hatte Roberto deswegen keinen Ärger… Taro musterte ihn ernst und besorgt. „Ich erzähle dir das im Moment nur ungern, aber ich denke, du solltest Bescheid wissen und das so schnell wie möglich klären, bevor alles noch schlimmer wird….“ „Ja, klar…danke.“ Taro lächelte schwach, dann verabschiedete er sich ebenfalls und verließ den Raum. Tsubasa zögerte, aber nur kurz, dann atmete er tief durch und griff nach dem Handy, bevor er Robertos Nummer wählte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)