An unexpected Lesson von MajinMina (Eine unerwartete Lektion) ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- Auch wenn ich nur übersetzte: Über Komments oder Feedback würde ich mich sehr freuen ;) Nur nochmal zur Erinnerung: Daisuke: Vater und Ältester der Kabuki-Familie. Verheiratet mit Ikuko, Söhne: Orinosuke, Ryosuke, Ennosuke. An Unexpected Lesson Eine unerwartete Lektion Kapitel 6 Der Himmer wurde dunkler und dunkler und schwere Gewitterwolken zogen herauf, während sich der Wagen langsam wieder in Bewegung setzte. Nach der Begegnung mit dem, was die Banditen von ihrem letzten Überfall zurückgelassen hatten, war beschlossen worden, die Frauen und Kinder sicherheitshalber nicht vom Wagen steigen zu lassen und alle Mann waren nervös. Der kleinste Windhauch, der Äste zum rascheln brachte, das kleinste Knacken im Geäst ließ jeden erstarren – nur nicht Kenshin. Er alleine blieb relativ entspannt, da ihm seine scharfen Sinne sofort jede drohende Gefahr gemeldet hätten. Er wusste, dass sie auf der Strasse relativ sicher waren, zumindest vorerst. Es dauerte nicht lange, bis die Pferde ihren Unwillen über die plötzlich durch die Frauen und Kinder erschwerte Last des Wagens kundgaben, so dass Daisuke Ennosuke die Zügel in die Hand drückte und vom Wagen sprang. Doch es half nichts, die Pferde waren erschöpft und deswegen befahl Daisuke, kurz Rast zu machen. Doch wegen der Gewitterwolken war es äußerst düster geworden und es schien jede Minute dunkler zu werden. Plötzlich tauchten vor ihnen Lichter auf der Strasse auf, die sich ihnen zu nähern schienen. Daisuke schaute zu Orinosuke, der genau wie er angestrengt in das Dunkel starrte, um auszumachen, von wem oder was die Lichter zu kommen schienen. Hinter den Lichtern auf dem Weg schienen noch weitere kleine Lichtpunkte in der Landschaft zu liegen - ein Dorf vielleicht? “Baiko!” rief Daisuke seinen Wachmann herbei, “kannst du ausmachen, was das für Leute bei den Lichtern sind?” Baiko fluchte. „Männer mit Fackeln. Ich wette, kein Begrüßungskomitee.” Er sah sich nach Kenshin um, doch Kenshin stand immer noch still an der rechten Seite des Wagens. „Himura!“ rief ihn Baiko herbei, „schnell, komm her!“ Der drängende Tonfall Baikos ließ Kenshin herbeieilen und er gesellte sich zu den Brüdern, wenn auch so fern von Orinosuke wie möglich. „Was hältst du davon?“ fragte Baiko ihn mit Blick auf die Lichter. Seine Stimme hatte nun einen ängstlichen Unterton. Die Männer mit den Fackeln waren nun nah genug, so dass man erkennen konnte, das sie mit allerlei Gerätschaften – Stöcken, Messer, Schwertern, Harken - bewaffnet waren. „Keine ausgebildeten Kämpfer,“ war Kenshins Antwort, „aber dennoch sind sie uns feindlich gesinnt.“ Kaum waren diese Worte ausgesprochen, als Orinosuke schon sein Schwert zog und in Angriffsstellung ging. „Es wäre trotzdem besser,“ meinte Kenshin leise zu Baiko, „wenn Orinosuke-san seine Waffe wegstecken würde.“ Baiko legte die Stirn in Falten. „Steck das Ding weg!“ rief er dann Orinosuke zu. „Willst du uns alle umbringen?“ Orinosuke schaute ihn fragend und wütend an, bis Daisuke donnerte: „Tu, was er sagt!“ Die Männer hatten nun den Wagen erreicht. Es waren nur fünf – offensichtlich Bauern aus einem Dorf und keine Banditen. Ihre Waffen, so stellte Kenshin mit Erleichterung fest, waren alle in schäbigem Zustand. Er hatte also richtig vermutet – es waren keine Kämpfer, sondern normale Bauern, allerdings mit Sicherheit in wütender Stimmung. „Wer seid ihr und was wollt ihr hier?“ wollte ein Mann mit einer großen Spitzharke von ihnen wissen. „Wir sind die Daisuke-Kabuki-Familie aus Kagoshima,“ antwortete Daisuke so ruhig wie möglich. „Wir hofften, einen ruhigen Platz für die Nacht zu finden.“ „Ihr seid Yakuza!“ rief ihm der Mann als Antwort entgegen und richtete seine Spitzharke nach vorne. „Yakuza?“ wiederholte Daisuke. „Nein, mit Sicherheit nicht. Schaut euch unseren Wagen an, wir sind eine Kabuki-Truppe.“ Nun trat ein zweiter Mann nach vorne, der mit einem rostigen und schartigen Schwert bewaffnet war. „Und warum seid ihr Kabuki-Menschen hier in der Wildnis unterwegs?“ fragte er drohend. Daisuke begann, sich um die Sicherheit seiner Familie ernstlich Sorgen zu machen. Dennoch ermahnte er sich, ruhig zu bleiben. „Wir sind auf dem Weg nach Miyazaki, um dort für den Präfekt der Provinz ein Stück aufzuführen. Wir wollen niemandem schaden und suchen nur einen sicheren Weg nach Miyazaki!“ “Beweise!” rief wieder der erste Mann. Daisuke befahl seiner Frau, die Schriftrolle der Einladung des Präfekt Shimazu, der sie nach Myazaki eingeladen hatte, herauszusuchen. Nach einer Ewigkeit, in der nur das Knistern der Fackeln, das ungeduldige Scharren von Füßen auf dem Boden und Gepolter aus dem Wagen zu hören war, reichte Ikuko ihrem Mann schließlich das verlangte Schriftstück. Daisuke rollte es auf und hielt es den Männern hin. Diese schauten neugierig darauf, aber blickten immer noch grimmig. „Das sagt uns nichts!“ riefen sie. „Wir können nicht lesen!“ Daisuke rollte die Augen. „Dann schaut auf das Siegel unten an der Rolle!“ Endlich scheinen sich die Männer einig zu werden, dass Daisuke anscheinend wirklich die Wahrheit gesagt hatte. Sie senkten ihre Waffen und entschuldigten sich unter zahlreichen Verbeugungen. Der Mann mit der Spitzharke reichte Daisuke die Rolle zurück und meinte mit einer tiefen Verbeugung, „Bitte, vergebt uns. Einige unserer Freunde wurden bereits von Yakuza überfallen und einer starb an seinen Verletzungen. Wir halten seitdem nach seinen Mördern Ausschau, und wir dachten – bitte um Verzeihung – ihr seid es!“ Daisuke erwiderte die Verbeugung als Zeichen, dass die Entschuldigung akzeptiert sei. Im Hintergrund begann es zu donnern. Einer der Dorfleute trat vor. „Darf ich euch für heute Nacht einen Platz in meiner bescheidenen Herberge anbieten? Bei diesem aufziehenden Sturm wird das Übernachten im Freien sicherlich nicht besonders angenehm werden.“ Wie als Bestätigung flammten zackige Blitze über den Himmel. Nun war es Daisuke, der sich tief verbeugte. Schnell folgten sie den Männern in das Dorf und kamen genau dann bei der Herberge an, als bereits die ersten schweren Regentropfen zu fallen begannen. Ikuko scheuchte die anderen Frauen und Kinder in das Haus, während Baiko und Kenshin die persönlichen Gegenstände und das Essen aus dem Wagen luden und Daisuke, Orinosuke und Ryosuke entgegenreichten. Innerhalb einer halben Stunde war der Wagen in einer Scheune und die Männer in der Herberge sicher untergebracht. Nach dem Abendessen seufze Daisuke tief und rief seine Söhne zu sich. Er weiß alle an, sich niederzusetzen. „Wenn ich sagen würde, das es mich verletzt hat, euch heute morgen so streiten zu sehen, wäre das noch eine Untertreibung!“ begann er. „Wenn ich daran denke, dass sich meine eigenen Kinder untereinander fast geschlägert hätten...“ Er schaute seine Söhne an. „Wir leben in schwierigen Zeiten. Alles was wir gekannt haben - alles was unsere Vorfahren gekannt haben - wurde durch die Revolution verändert. Es ist jetzt ein neues Zeitalter angebrochen und es wäre hochmütig, glauben zu können, das wir ohne Veränderungen so weiterleben können wie bisher. Niemand kann jetzt mehr von seinen Söhnen verlangen, in ihre Fußstapfen zu treten, wie es vorher gängiger Brauch war.“ „Vater...“ wollte Ennosuke einwerfen, aber mit einer Handbewegung brachte ihn Daisuke zum Schweigen. „Ihr seid alle gute Söhne!“ fuhr Daisuke fort. „Ein Vater könnte sich nichts besseres erhoffen. Die Entscheidung, die ich vor sieben Jahren gefällt habe war die schwierigste in meinem Leben gewesen. Alle seid ihr mir ohne Murren weg aus Kyoto gefolgt. Erst jetzt erkenne ich, wie viel Überwindung es euch gekostet haben musste, mir so bedingungslos zu folgen.“ „Es gab keine Überwindung!“ rief Ryosuke, aber Orinosuke funkelte ihn wütend an. Daisuke nickte. „Ich glaube, dein ältester Bruder sieht das etwas anders,“ sagte er mit trauriger Simme, „und wie könnte ich es ihm übel nehmen? Ich habe ihn aus seiner Welt gerissen, in der er gerade Berühmtheit erlangt hatte. Sein Talent hat sich seit damals nur verbessert, deswegen ist es nur natürlich, wenn er wieder an seine früheren Erfolge anknüpfen möchte. Deswegen habe ich euch jetzt alle zusammengerufen. Es ist Zeit, dass ich euch erkläre, warum wir überhaupt Kyoto verlassen haben. Das bin ich euch schuldig!“ „Wieso?“ meinte Ryosuke fragend. „Ich dachte, der Grund war, weil die Leute vor lauter Angst vor Anschlägen nicht mehr ins Theater kommen wollten...“ „Komisch nur...“ warf Orinosuke ein, „dass keine der anderen Kabuki-Familien sich dazu veranlasst sahen, die Stadt zu verlassen. Nur unser Vater war feige!“ Daisuke schüttelte den Kopf. „Der wahre Grund für unsere Flucht war, dass ich die Familie vor ihrer totalen Auslöschung retten wollte.“ Alle hielten den Atem an. „Auslöschung? Wovon sprichst du?“ fragte Orinosuke langsam. Daisuke seufzte tief. „Wisst ihr, ich habe immer geglaubt, mein Leben würde genauso verlaufen, wie das meines Vaters und das meines Großvaters vor ihm und so weiter. Doch die Ankunft der schwarzen Schiffe hat alles verändert. Was wusste ich schon von Politik? Ich wusste nur, dass die Steuern immer höher und höher kletterten und dass dies die Schuld der Ausländer war, die unser Land bedrohten. Lebensmittel waren plötzlich kaum noch zu bezahlen, weil die Bauern rebellierten, Yakuza begannen plötzlich überall Schutzgeld zu erpressen, auch von uns Theaterbesitzern. Und was tat das Bakufu dagegen? Nichts! Wenn überhaupt, dann wurde die Korruption nur noch schlimmer. Ich weiß nicht, ob ihr euch erinnert, aber unser Theater war das Lieblingstheater von einem Mann namens Okubo Toshimichi. Ich glaube, er hatte jahrelang nicht eine einzige Vorstellung verpasst, immer verkleidet – er war ja Samurai – hatte er sich unter das normale Publikum gemischt. Eines Tages bat mich Okubo-sama um ein Treffen. Bei diesem Gespräch erfuhr ich von der Rebellion gegen das Bakufu, die die Provinzen Satsuma und Choshu planten. Ich fragte, wie ich mich dabei nützlich machen konnte und begann, immer einen Teil unserer Einnahmen den Rebellen zur Verfügung zu stellen – den Ishin Shishi. Ein Jahr lang unterstützte ich diese Vereinigung so finanziell. Dann aber begannen die Ishin Shishi, durch ihre Auftragskiller Terror in Kyoto zu stiften und das Bakufu reagierte mit harten Gegenmaßnahmen in Form der Shinsengumi. Nach außen hin versuchte ich ein neutrales Gesicht zu wahren, aber unsere Theaterbesucher waren nicht neutral. Wisst ihr noch, wie sie sich manchmal plötzlich in den Vorstellungen bekriegten und sogar Waffen zogen? Natürlich verängstigte das die normalen Theaterbesucher, und sie kamen nicht mehr. Allerdings, das alleine war nicht Grund genug für mich gewesen, die Stadt zu verlassen. Doch es kam noch schlimmer. Als die Shinsengumi die Führer der Rebellen im Ikedaya dahinschlachteten, kamen sie irgendwie auch an eine Liste mit den Namen derer, die die Ishin Shishi unterstützt hatten. Sofort begannen sie, alle auf der Liste zu eliminieren, egal, wie verdächtig man war. Eine Familie, mit der ich durch Theaterbesuche bekannt war und die auch die Ishin Shishi unterstützt hatten, wurde eines Nachts ermordet – alle, Mann, Frau, Kinder und sogar das kleine Baby. Nur, weil sie ein oder zweimal den Rebellen geholfen hatten! Dennoch fühlte ich mich nicht wirklich bedroht. Alles, was ich getan hatte, war ein bisschen Geld unter der Hand zu verleihen. Ich dachte, das kommt niemals raus. Natürlich lag ich total falsch. Zwei Tage nach dem Ikedaya-Vorfall ließ mir Okubo-sama durch seine Spione mitteilen, dass wohl auch mein Name auf der schwarzen Liste der Shinsengumi stand. Mein Leben war mir egal - ich hätte es gerne geopfert, wenn ich dadurch das Bakufu zu Fall hätte bringen können. Aber ich wusste, dass nicht nur ich in Gefahr war – sie würden alle töten, auch euch, meine Kinder. Unsere ganze Dynastie, die dreihundert Jahre in die Vergangenheit reicht, würde ausgelöscht werden. Deswegen musste ich einfach fliehen. Ich glaube nicht, dass es Feigheit war, Orinosuke!“ Nachdem Daisuke geendet hatte, legte sich Stille über den Raum. Daisuke nippte an seinem warmen Tee, spürte die warme Flüssigkeit seinen Hals hinunterlaufen, während er sich innerlich für das stählte, was er jetzt noch zu sagen hatte. „Unser Theater in Kagoshima läuft gut. Wir können viel freier Arbeiten wie in Kyoto und bekommen viel Zuwachs an jungen Theaterspielern. Auch mangelt es uns nicht an Aufträgen von berühmten Männern des Landes. Doch ich weiß, dass man wirklichen Ruhm nur in Kyoto erlangen kann. Deswegen, Orinosuke, erlaube ich dir hiermit, uns zu verlassen und nach Kyoto zurückzukehren. Es ist dein rechtmäßiger Platz und du wirst wieder der berühmteste Schauspieler der Stadt werden. Geh und akzeptiere das Angebot deiner Schwiegereltern. Auch du, Ryosuke, nimm das Angebot deiner Frau wahr und geh mit ihr nach Tokyo. Als neue Hauptstadt des Landes wird dort das Kabuki-Theater sicherlich in den nächsten Jahren zu neuer Blüte kommen. Und du, Ennosuke, ich halte dich nicht zurück, wenn du einem deiner Brüder folgen willst.“ Seufzend lehnte sich Daisuke zurück. Er hatte alles gesagt und er spürte nun, wie sich ein Klos in seinem Hals bildete. Er kämpfte die Tränen nieder, denn er wollte nicht, das einer seiner Söhne ihn so sah. Keiner sprach ein Wort. „Mein Wunsch war es immer, nach Kyoto zurückzukehren.... mit meiner Familie,“ sprach Orinosuke schließlich leise. „Ich muss es mir gut überlegen, ob ich alleine gehen möchte. Aber ich habe noch eine Frage, Vater. Hast du all die Aktionen der Ishin Shishi unterstützt? Auch die Auftragsmorde?“ „Natürlich nicht!“ antwortete Daisuke verblüfft. „Ich habe die Ziele unterstützt, nicht die Mittel, wenn das Mord bedeutete. Warum fragst du mich so etwas?“ „Ich werde dir meine Entscheidung mitteilen, wenn wir Myazaki erreicht haben,“ war alles, war Orinosuke darauf zu erwidern hatte, bevor er den Raum verließ. “Ich meinte das, was ich heute Nachmittag gesagt habe, ernst!” sagte Ryosuke. „Ich habe das Angebot bereits abgelehnt und dabei bleibt es.“ „Und du?“ fragte Daisuke Ennosuke. „Kagoshima ist mein Zuhause,“ antwortete er. „Und ich möchte bei dir bleiben, weil ich noch viel von dir zu lernen habe!“ -- Kenshin saß in der Zwischenzeit auf der Veranda des Gasthofes und genoss die frische Nachtluft. Der Sturm war vorbei und hatte die Temperaturen merklich abgekühlt und es fröstelte ihn etwas, weswegen er seinen Gi fester um seine Schultern zog. Gerade wollte er aufstehen und ins warme Innere gehen, als er die Brüder aus einem Raum kommen sah. Ihre Gesichter waren grimmig. Die Diskussion war wohl nicht allzu gut verlaufen, überlegte Kenshin. Eigentlich wollte er jetzt noch den Verband an Ennosuke’s Bein wechseln, doch er entschloss sich, noch etwas zu warten. “Kein Haori?” “Hu?” Fragend schaute Kenshin auf, als plötzlich Baiko an seiner Seite aufgetaucht war und mit ihm zusammen in Richtung der Scheune lief, in der der Wagen stand, bei dem sie heute Nacht schlafen würden. Baiko hatte sich seinen warmen Kimonomantel schon übergeworfen. „Sessha muss sich wohl noch mehr Geld verdienen, um sich einen Haori kaufen zu können, bevor es noch kälter wird,“ gab Kenshin zu. „Vielleicht ziehe ich einfach meinen anderen Gi noch darunter.“ „Den alten, hässlichen? Na, lass das bloß nicht Ikuko sehen!“ schmunzelte Baiko. Kenshin lächelte. Er überlegte, ob er nicht für den Gastwirt etwas Holz hacken konnte und somit gleich bares Geld verdienen konnte... Gerade, als er auf dem Weg war, Ennosukes Wunde zu verbinden, kamen Ennosuke und Orinosuke an ihm vorbei. Orinosuke warf Kenshin einen giftigen aber triumphierenden Blick zu, worauf Kenshin wohlweislich schnell auf die Seite trat, um ihn vorbeigehen zu lassen. Kenshin sah ihm hinterher. Dieser Mann war gefährlich, überlegte er, und jede Minute wurde es schlimmer. Aber er konnte jetzt nicht die Familie verlassen, nicht nach deinem Versprechen gegenüber Daisuke. Kenshin fand Ennosuke im Esszimmer, er war gerade damit beschäftigt, seiner Tochter eine Gesichte vorzulesen. Kenshin wollte nicht stören, und blieb an der Tür stehen, von wo aus er der Geschichte lauschte. Die Szene vor ihm war so friedlich - es erinnerte ihn an einen der wenigen Glücksmomente, von deren Existenz er vor Tomoe nicht einmal etwas geahnt hatte. Genau für solche Dinge hatte er gekämpft – hatte er seine Seele gegeben – damit Familien einfach nur in Frieden miteinander leben konnten. Er selbst konnte nur hoffen, für die vielen Leben, die er vernichtet hatte, zu büßen, in dem er solchen Frieden für Familien schützte. Erst als Ennosuke das Buch geschlossen hatte und seine Tochter zum schlafen schickte, betrat Kenshin den Raum. „Ennosuke-san,“ sagte er, während er ihm aufhalf, „der Arzt Satoshi hat mir Anweisungen gegeben, dass ich deine Verbände immer Abends vor dem Schlafengehen wechseln soll.“ „Ah so, na dann... Zeit, dem Schmerz ins Auge zu sehen,“ seufzte Ennosuke melodramatisch. Die Wunde war bereits gut geheilt und Kenshin versicherte Ennsouke, dass er auf dem besten Weg war, bald wieder fit zu sein. „Du weißt wirklich viel über Medizin, oder?“ fragte Ennosuke. „Satoshi-Sensei hat mir das gesagt. Er schien von deinem Können beeindruckt. Wo hast du das gelernt?“ Fragen, dachte Kenshin wehmütig, immer diese Fragen. Er begann, Ennosukes Bein in frische Bandagen zu verpacken, während er antwortete, „Ich habe eine zeitlang Medizin verkauft und habe viel gelernt, ich dem ich anderen zuschaute.“ “Hmmm.” Ennosuke war von dieser kurzen Antwort nicht recht überzeugt. „Weißt du dann vielleicht auch einen Trick, wie ich dieses unerträgliche Jucken unter dem Verband loswerde?“ Kenshin kicherte. „Vielleicht, wenn du ein Stöckchen findest, das dünn genug ist, um unter den Verband zu passen. Damit könntest du dich kratzen. Aber ich habe mal gehört, das eine gute Flasche Sake bei der Ablenkung von so etwas Wunder wirken kann.“ Ennsouke lachte aus vollem Herzen. „Ich glaube, diese Lösung wird meiner Frau nicht sonderlich gefallen!“ Kenshin stimmte in das Lachen mit ein und begann, die Salben und Verbände wieder einzupacken. Dabei spürte er Ennosukes Blick auf sich ruhen und irgendwie machte ihn das nervös. Er war erleichtert, als Ennosuke endlich weitersprach. „Weißt du,“ begann Ennosuke, „mein ältester Bruder ist nicht von der gleichen Machart wie mein Vater. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, bleibt er solange stur, bis er sein Ziel erreicht hat.“ Kenshin wollte wegschauen, doch etwas in Ennosukes intensiven Blick fesselte ihn. War er etwa um ihn besorgt? „Ich vertraue dir, Himura-san. Und auch meine anderen Brüder und mein Vater vertrauen dir, wir stehen alle in deiner Schuld. Nur Orinosuke ist überzeugt, das mit dir etwas nicht stimmt. Er hält dich für gefährlich und will uns das beweisen. Er wird nicht lockerlassen, bis er sein Ziel erreicht hat. Deswegen frage ich dich jetzt gerade heraus – Was genau bist du?“ Kenshin schaute auf seine Hände. Was war er? Ein Killer – ein Mörder, der gehasst hatte, was zu tun von ihm verlangt wurde, aber trotzdem ein Mörder. Diese Sache ließ sich niemals ändern. Aber es war jetzt Vergangenheit, oder? Und jeder Tag, der verging, brachte ihn weiter von dieser Vergangenheit weg. „Ennosuke-san,“ antwortete Kenshin ruhig, „Sessha ist nichts anderes als was du vor dir siehst. Ja, ich trage ein Schwert, aber ich habe geschworen, damit niemals zu töten - sondern nur die Schwachen vor Ungerechtigkeiten zu beschützten. Deine Familie war so freundlich zu mir – ich habe diese Freundlichkeit nicht verdient. Wenn irgendjemandem von euch ein Leid geschehen würde, wäre das mehr, als ich ertragen könnte.“ Ennosuke war sprachlos von dem tiefen Ernst dieser Antwort. Mit so etwas hatte er nach dem Gespräch mit Orinosuke nicht gerechnet. „Himura-san, ich bin erleichtert, so etwas zu hören,“ antwortete Ennosuke. Kenshin verbeugte sich tief und verließ den Raum, Ennosuke hinter sich zurücklassend, in dessen Kopf jetzt noch mehr Fragen an den Rurouni herumschwirrten als zuvor. Jetzt verstand er, warum seine Mutter Ikuko diesen Mann so rätselhaft fand, denn er selbst wusste auch nicht, was er aus dem gerade stattgefundenen Gespräch machen sollte. Japanische Wörter: Yakuzas: Mafia-ähnliche Gangster Shimazu Hitamitsu: Er war der Daimyo der Provinz Satzuma und nach der Meiji-Restauration wurde er zum Präfekten oder Gouvaneur. Ikedaya: Das war die Gastwirtschaft, in der sich im Frühjahr 1864 die Führer der Ishin Shishi versammelten, von den Shinsengumi überrascht und getötet wurden. Schwarze Schiffe: Die Schiffe des Kommandeurs Perry. Er zwang die Japaner zur Öffnung ihrer Häfen und löste so die Innenpolitische Krise aus, die schließlich im Ausbrechen des Bürgerkrieges (Bakumatsu) gipfelte. Bakufu: Die Shogunats-Militärregierung Haori: warmer Mantel Anmerkung: Warum musste Okubo Tochimichi verkleidet ins Kabuki-Theater kommen? Damals durften keine Samurai in Vorstellungen des Kabuki, da dieses Theater nur für bürgerliche Personen gedacht war und es in den Stücken auch oftmals recht deftig zur Sache ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)