Taion von Chiruki ================================================================================ Kapitel 4: Blackness -------------------- Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe mich erneut in diesen Rauschzustand zu versetzen…ihn erneut aufleben zu lassen und die Show zu beenden, wie es die Fans verdient hatten. Ich weiß nicht, wieso mein Lächeln zurückkehrte und wie ich es geschafft habe nicht zusammenzubrechen, nachdem wir diesen Song performt haben…aber ich habe es geschafft, habe weitergemacht, nicht aufgehört und es zu Ende gebracht. Ich habe durchgehalten. Und es hat mir Spaß gemacht. Nun verlasse ich die Bühne. Es ist vorbei, das Tourfinale ist vorbei…und ich fühle mich als würde ich in ein großes, tiefes Loch fallen. Ein toller Abend…ein großartiger Auftritt. Er wird den Menschen im Gedächtnis bleiben, da bin ich mir absolut sicher. Aber es ist vorbei. Es war mit der Sekunde vorbei als ich dem Publikum ein letztes Mal zugewinkt habe und dann die Bühne verließ. Und nun stehe ich hier, im dunklen Gang hinter der Bühne und lehne kraftlos an der Wand. Mein Körper zittert…scheinbar habe ich es wie immer übertrieben. Mein Hals schmerzt, meine Augen brennen und mir ist kalt, doch ich ignoriere all diese Dinge und starre mit leerem Blick auf den Boden, warte, warte nur auf dich. Kai läuft an mir vorbei, musterte mich kurz und fragt ob alles ok ist. Ich nicke, lächele ihn kurz an und blicke ihm dann nach, als er weitergeht um in der Kabine zu verschwinden, wo er sich zweifelsohne erstmal auf eine der Couchen werfen und eine Weile wie tot liegen bleiben wird. Immer das gleiche. Diese Auftritte bringen jeden von uns an seine Grenzen. Und ich bin mir sicher, dass das auch der einzige Grund ist, wieso ich Kai so leicht abwimmeln konnte. Normalerweise ist er mit einem kurzen Lächeln nicht abzuspeisen, macht sich im Gegenteil sogar nur noch mehr Sorgen wenn man ihm etwas vormachen will. Insgeheim bin ich dankbar dafür, dass er nun wieder fort ist. Uruha ist auch schon weg…gut so. Ich will mit dir alleine sprechen. Erneut starre ich erschöpft zu Boden, als ich Schritte höre, aufblicke und dir in die Augen sehe. Du siehst abgeschlafft aus, dennoch lächelst du und gibst mir damit mal wieder einen Grund dich zu bewundern. Du bist stark. Stärker als ich. Du siehst müde aus aber nicht schwach. Ich weiß, dass es bei mir anders ist. Ich fühle mich wie überfahren und ich sehe auch so aus, dass ist immer so nach den Auftritten. Sobald ich die Bühne verlasse holt mich meine Schwäche ein und ich klappe schier zusammen, doch du bist ganz anders. Immer noch blicke ich dir in die Augen, warte ab und mustere dich schweigend. Machst du dir Sorgen um mich und bleibst deshalb stehen, so wie Kai eben? Oder hast du es etwa endlich bemerkt, hast du begriffen was ich dir mit meiner Performance übermitteln wollte? Mein Herz schlägt vor Hoffnung schneller und ich spüre ein leichtes Kribbeln im Magenbereich, kann nicht umhin dich noch forschender anzublicken und bin ganz hibbelig vor Neugierde auf das, was du als nächstes tun wirst. Meine Gedanken driften ab, zu einer Kussszene, in der du und ich die beiden Protagonisten stellen…wieso blickst du mir so in die Augen? Passiert jetzt wirklich das, wonach ich mich schon so lange sehne? Wirst du es tun? Wirst du mir sagen, dass du es verstanden hast, dass du das gleiche empfindest und nicht mehr ohne mich sein kannst?! Wirst du mich…wirst du mich küssen? „Gute Show!“ Deine Stimme zerstört meine Illusion, du klopfst mir anerkennend auf die Schulter und grinst mich breit an, doch in diesem Moment hasse ich dein fröhliches Gesicht, deine lässige Art. Show ?! SHOW ?! Das war KEINE Show du Idiot! „Total theatralisch! Ich wette das hat den Fans gefallen. Sag mal…hast du irgendwas?“ „…Iie…bin nur…müde.“ Meine Stimme droht zu brechen und ich sammele mich hastig für ein Lächeln zusammen, dass von dir nur zu gerne erwidert wird. „Verstehe schon.“ Du verstehst schon?! Du verstehst gar nichts Aoi! Absolut gar nichts!!! Ein unbändiger Schmerz wächst in meiner Brust heran und ein widerlicher Klos beginnt meine Kehle zu besetzen. Es fällt mir immer schwerer ruhig zu bleiben und ich bin ziemlich erleichtert als du dich halb abwendest und dir mit der Hand durch die Haare fährst, scheinbar gehen willst. „Soll ich die Staffs holen, oder dich in die Kabine bringen?“ „Geht schon…brauche nur noch ein paar Minuten…“ verflucht, meine Stimme bebt so heftig als würde sie mir jetzt wirklich den Dienst versagen wollen! „Ich könnte bleiben und auf dich warten.“ „Iie…ich komme gleich…arigato.“ Presse ich hervor und immer noch ziert dieses falsche Lächeln meine Lippen. Du nickst leicht und endlich, endlich lässt du mich alleine. „Ruki?“ gerade bist du am Ende des Ganges verschwunden als auch schon der nächste Störenfried meine Ruhe vernichtet und mich dazu zwingt noch etwas länger durchzuhalten, nicht zusammenzubrechen, die Fassung zu wahren. Du hast es nicht gesehen…dabei habe ich alles getan damit du es bemerkst! Ich habe diesen Song niemals zuvor derart tiefgehend performt und du klatschst mir ein einfaches „Gute Show“ an den Kopf als währe nichts dabei! Mein Herz fühlt sich an als währe es gerade in tausend Stücke zerbrochen…und jetzt muss ich mich auch noch beherrschen, die Tränen zurückdrängen und einen auf gute Miene zum bösen Spiel machen! Wieso zum Henker muss Reita ausgerechnet jetzt hier durchrennen?! Konnte der nicht früher von der Bühne gehen und sich Richtung Kabine verpissen?! Das alles hier macht mich unglaublich fertig und zehrt an meiner Selbstbeherrschung, aber noch schaffe ich es das Lächeln zu wahren und blicke nun zu ihm hinüber. „Geht’s?“ er scheint bemerkt zu haben das ich zittere, dass mein Körper verrückt spielt, aber er ahnt nicht was wirklich mit mir los ist, da bin ich mir sicher. „Hai.“ Das kommt ungewollt ruppig über meine Lippen…verdammt, ich muss ihm was vorspielen sonst lässt er mich nie in Ruhe! „Geh ruhig, ich komme gleich nach.“ „Du kannst kaum noch stehen!“ Tatsache…meine Beine wollen wirklich nicht mehr und ich kann mich nur aufrecht halten, weil ich mich an der Wand anlehne. „Geht schon…“ erwidere ich etwas nachdrücklicher und flehe innerlich das er mir doch glauben mag, denn allmählich wird es immer schwerer nicht durchzudrehen. Verflucht lasst mich doch einfach alle in Ruhe! Ich will jetzt doch nur einen kurzen Moment für mich alleine, einen Moment in dem mich niemand anstarrt, in dem keiner sehen kann wie ich daran zerbreche dass du es einfach nicht gesehen hast! Mehr verlange ich doch gar nicht! Gebt mir 10 Minuten in denen ich diese Gefühle halbwegs bändigen kann und dann geht es doch wieder, dann will ich wieder euer kleiner fröhlicher Vocal sein, der keinerlei Sorgen und Probleme hat! Dann schaffe ich es den Abend durchzuhalten, mit euch feiern zu gehen und dabei gut gelaunt zu wirken! Dann halte ich durch bis ich wieder Zuhause in meinem viel zu großen Bett mit einem viel zu leeren Herzen liege und mir die Augen ausheule. Dann sieht keiner das ich kurz davor bin, den Verstand zu verlieren…dann bemerkt keiner das ich nicht mal halb so stark bin wie ich tue…das ich alleine, einsam bin und damit nicht klarkomme…das ich mich nach dir sehne, immerzu…immer stärker… Du hast es nicht bemerkt…du wirst es vielleicht nie bemerken. Du bist glücklich und ich habe kein Recht von dir zu verlangen, dass für mich aufzugeben, egal wie sehr ich es mir wünsche…egal wie sehr ich mich nach deiner Nähe sehne. Deshalb darf es niemand bemerken…keiner darf wissen, dass ich dich liebe verflucht! Hättest du es gesehen hättest du eigenständig entscheiden können was du tun willst, dann hätte es eine Chance für mich gegeben, dass du dich für mich entscheidest, das du mich vielleicht auch liebst und es mir gestehst, das wir glücklich werden, zusammen. Aber wenn Reita oder einer der anderen jetzt Wind davon bekommt werden sie sich einmischen, dann wirst du es von ihnen erfahren und nicht von mir…das wird dich beeinflussen und das wird alles zerstören! Immer noch steht Reita vor mir und ich werde immer schwächer, spüre wie mich der letzte Funken Willenskraft allmählich zu verlassen droht und dann ist es so weit, ich breche zusammen. Langsam fällt meine Abwehr…mein Körper hat nicht mehr die Kraft sich aufrecht zu halten und unwillkürlich geben meine Beine nach, weshalb ich an der Wand hinabrutsche und nur dank Reitas schneller Reaktion nicht auf den Boden falle. Ich spüre seine Hand an meiner Hüfte, er hat mich an sich gezogen und hält mich oben, lässt nicht zu das ich falle. „Ruki…du sturer Esel!“ höre ich ihn murren und mit einem Mal kann ich nicht mehr, gebe es wirklich auf. Ich bin zu schwach…schon wieder. Und die Verteidigungsmauer fällt, genau wie mein Lächeln, das mich vor seinen Fragen, seinem Misstrauen schützen sollte. Die Tränen schießen mir heiß in die Augen und ehe ich reagieren kann tropfen sie mein Kinn hinab und benetzen Reitas Schulter. Ich spüre wie er den Kopf hebt, wie er mich kurz von sich drückt und sein Blick völlig entgeistert über mein blasses Gesicht tastet. Da staunst du, hm? Ja…du hast mich noch nie weinen gesehen. Aber ich kann einfach nicht anders…währest du gegangen dann hättest du das nicht sehen müssen Reita. Ich sehe in seine Augen und kann schier beobachten wie sich die Gedanken in seinem Kopf überschlagen. Doch das, was er als nächstes tut erstaunt mich, damit hatte ich nicht gerechnet. Ohne ein weiteres Wort drückt er mich an die Wand und legt seine muskulösen Arme um mich, schließt mich in einer engen Umarmung ein und lehnt seinen Kopf an meine Schulter, während ich allmählich zu schluchzen beginne, jegliche Beherrschung verliere und die Finger hilflos in sein schweißnasses, dunkles Shirt kralle. „Ruki…“ höre ich ihn leise murmeln. Seine Lippen befinden sich ganz nahe an meinem Ohr und der raue Klang seiner Stimme lässt mich erschaudern. Was tut er da?! Ich will, dass er verschwindet, dass er mich alleine lässt! Bitte…so geh doch endlich und hör auf mich so zu behandeln als würdest du es verstehen, als würdest du mir beistehen wollen! Diese Nähe macht mich krank…diese Nähe ist wie Salz in meiner Wunde. Du bist nicht Aoi…du bist nicht er! Immer heftiger schluchze ich auf, versuche ihn von mir zu drängen, doch er lässt sich nicht vertreiben und hält mich ganz fest in seinen Armen. „Ruki…“ wieder mein Name…und jede Silbe brennt sich in mein Herz, lässt mich nach Atem ringen und die Tränen noch heftiger fließen. Du bist nicht er…doch ich wünsche mir so sehr das du es währest…das es Aoi währe der mich so in seinen Armen hält, dass er jetzt bei mir währe und mich trösten würde…aber er ist nicht da. Er wird mich nie so umarmen wie Reita gerade. Das hat er noch nie getan und er wird es auch nicht tun, das ist mir jetzt klar. Wenn Aoi auch nur annähernd das empfinden würde was ich für ihn fühle, dann hätte er spätestens Heute gemerkt was mit mir los ist, oder sich zumindestens erkundigt, wieso ich diese beiden Songs Heute auf diese Art und Weise performt habe. Aber das hat er nicht…er hat es nicht getan. Und in diesem Moment wird mir klar, dass Aoi mich eigentlich gar nicht kennt. Natürlich…er kennt den quirligen kleinen Vocal, der ich für alle anderen immer gewesen bin und sein werde. Aber er kennt MICH nicht. Er weiß nicht, dass ich auch eine andere Seite habe…dass es in mir dermaßen dunkel aussieht, dass ich allmählich jegliche Hoffnung verliere. Aoi kennt mich nicht. Und dieser Erkenntnis nimmt mir den Verstand, denn wie soll er mich lieben wenn er mich gar nicht kennt? Das kann er gar nicht…weil ich auch ihm immerzu etwas vorgespielt habe…weil ich auch zu ihm nie ehrlich war…weil auch er nichts davon weiß, dass ich durchaus in der Lage bin traurig und völlig am Ende zu sein. Er kennt nur das ich, dass ich der Welt präsentiere…ein eintöniges, immer gut gelauntes Ich, ein langweiliges ich und ich wette, das Uruha um einiges ehrlicher zu ihm wahr und dass er diesen Menschen genau deshalb liebt, WEIL er Fehler hat, WEIL er nicht perfekt ist, eben weil er fühlen kann und diese Gefühle auch zum Ausdruck bringt. Ich bin falsch…ich bin verlogen, ich habe selbst Schuld an meiner verfahrenen Situation. Immer noch spüre ich Reitas Arme um meinen Körper, höre seinen Atem an mein Ohr dringen und die beruhigenden Worte, die er mir leise zuflüstert. „Schon gut…es ist alles gut…hör mir zu Ruki…hai…so ist es gut, hör genau hin…ich bin bei dir, ok? Du bist nicht alleine…und wenn es dir dreckig geht dann werde ich dich hier nicht alleine stehen lassen.“ damit spielt er wohl auf meine Hände an, die noch immer versuchen ihn weg zu schieben. „Da kannst du so lange schubsen und drängeln wie du willst. Ich lasse dich jetzt nicht los.“ Ich falle…Reita ich falle…lass los, lass mich fallen verdammt! Ich hab es nicht besser verdient! Ich will nicht mehr! Lass los…lass mich doch bitte fallen! „Ich bleibe bei dir. Das werde ich immer, ok? Wir sind Freunde kleiner…und Freunde lassen einander nicht im Stich.“ Ich habe dich belogen! Ich habe euch alle belogen! Wie kannst du so was sagen?! Freunde lassen einander nicht im Stich…ja, aber sie belügen einander auch nicht! Du kennst mich doch gar nicht…genauso wenig wie Aoi und die anderen. Ich spiele euch etwas vor, schon seit einer halben Ewigkeit. Ich habe es verdient sitzen gelassen zu werden. Ich habe es verdient, dass es mir gerade dermaßen dreckig geht…und du hast das Recht, nein die Pflicht jetzt zu gehen, denn ich war nicht ehrlich zu dir. Freundschaft bedeutet vertrauen…und mir kann man nicht vertrauen. Lass mich fallen. Ich habe gelogen und ich verdiene es nicht anders. Ich bin falsch. Lass los…bitte…so lass mich doch los! Doch er lässt mich nicht los. Und so füge ich mich irgendwann und lasse die Hände sinken. Ich werde es nicht schaffen ihn von mir zu stoßen. Scheinbar ist Reita dafür zu stark…oder ich bin zu schwach. Immer wieder spricht er leise mit mir, hält mich dabei fest als würde ich ohne ihn am Boden zerschellen. Und vielleicht würde ich das wirklich...vielleicht würde ich ohne seine Arme einfach fallen und nie wieder hochkommen. Langsam spüre ich wie sich eine Welle aus Müdigkeit in meinen Körper ergießt, wie er mir die Dienste völlig versagt und mein Kopf gegen Reitas Brust sackt. Das letzte was ich höre ist seine sanfte Stimme, die noch immer leise auf mich einredet…dann wird alles schwarz und ich verliere das Bewusstsein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)