Unschuld von Jadelady (Die Ohren zu verlieren ist gar nicht einfach) ================================================================================ Kapitel 13: Freitag ------------------- Ritsuka schreckte aus dem Schlaf. „Ritsuka?“, hörte er ein weiteres Mal seine Mutter rufen. „Bin ja schon wach“, erwiderte dieser gerade laut genug, damit sie es hören konnte. Müde schaute er auf seinen Wecker und sprang gleich darauf hellwach aus dem Bett. Er hatte verschlafen! So schnell wie möglich duschte er und rannte dann, seine Tasche geschultert, aus dem Haus. Er hatte noch fünf Minuten Zeit, bis die Schulglocke klingeln würde, allerdings brauchte er für gewöhnlich sieben Minuten für den Weg. Ritsuka rannte die Straßen entlang und betrat gerade das Schulgebäude, als er das Klingeln hörte. In letzter Sekunde kam er vor dem Klassenzimmer an und sah, dass seine Lehrerin gerade die Tür schließen wollte. Mit einem: „Halt! Ich muss auch noch rein“, schaffte er es, die Frau lange genug abzulenken, um in den Raum schlüpfen zu können. „Das war aber knapp, mein Lieber“, bemerkte die Lehrerin nur und wartete darauf, dass er sich gesetzt hatte. Sofort beugte sich Yuiko zu ihm rüber und fragte leise: „Ritsuka, wo warst du?“ „Verschlafen“, grummelte er und widmete sich dann dem Unterricht, da die Frau an der Tafel seine Aufmerksamkeit beanspruchte. Der restliche Tag gestaltete sich eigentlich recht friedlich, abgesehen davon, dass es Freitag und somit der letzte Schultag in der Woche war. ***** Nach Unterrichtsende warteten Yuiko und Yayoi am Tor auf ihren Freund. Dieser hatte sich noch einen Vortrag über das Träumen im Unterricht anhören dürfen, da er etwa fünf Minuten nicht aufgepasst und stattdessen an Soubi und das bevorstehende Wochenende gedacht hatte. „Sag mal, du hast heute Morgen wirklich verschlafen?“, fragte Yayoi. „Ja. Mein Wecker hat nicht geklingelt und meine Mutter musste mich wecken“, erklärte der Ohrenträger. „Vielleicht solltest du darauf das nächste Mal besser achten. Du weißt ja, was los ist, wenn man mal zu spät kommt“, erwiderte der Junge nun und musste leicht grinsen. Vor einem Monat war Yuiko zu spät zur Schule gekommen und musste deswegen sehr lange nachsitzen. Noch heute fand Yayoi das sehr komisch. *Bilde ich mir das nur ein, oder ist er wirklich freundlicher als sonst?*, fragte sich der Ohrenträger im Stillen. Es war so. Yayoi, der sich seit gestern endlich sicher war, dass Ritsuka keine Gefahr darstellte, hatte aufgehört, so eifersüchtig zu sein und gab sich nun freundlich und fröhlich. Doch mit einem Blick auf die Uhr verkündeten Yuiko und der Junge, dass sie nun auch los mussten, da jeder etwas am Wochenende vorhatte. So trennten sich die Freunde ein weiteres Mal und Ritsuka fragte sich, was er tun könnte, wenn er zu Hause ankam. ***** Es war still, als er die Haustüre aufschloss, so dass er schon dachte, seine Mutter wäre nicht zu Hause. Doch das stimmt nicht. Als der Junge die Küche betrat, sah er sie. Mit großen Augen starrte die Frau ihn an. „Ritsuka?“, fragte sie ruhig. „Wo ist mein Sohn?“, schrie sie dann jedoch plötzlich. ***** Leise schluchzend stand der Ohrenträger an der Ecke der Straße. Mit zitternden Fingern tippte er Soubis Nummer. „Soubi?“, fragte er mit verweinter Stimme. „Was ist los?“, erklang es. Der Mann hörte sich besorgt an. „Hol mich bitte ab. Ich stehe an der Ecke von meiner Straße.“ „Ich komme sofort“, sagte der Blonde und schon wurde aufgelegt. Ritsuka blutete leicht aus mehreren kleinen Schnittwunden an seinem rechten Arm. Auch im Gesicht hatte er einige Kratzer. Es brannte ziemlich und der Junge hoffte, dass Soubi bald kommen würde. Stumme Tränen liefen über sein Gesicht, die er nicht unterdrücken konnte. Es dauerte gar nicht lange, bis ein schwer atmender Soubi um die Ecke kam. Er war fast den gesamten Weg gerannt. Schon von weitem bemerkte er, dass etwas mit seinem Liebling nicht stimmte. Als er dann nahe genug heran gekommen war, sah er auch gleich, was es war. „Was ist passiert?“, wollte der Mann wissen. „Meine Mutter…“, stotterte Ritsuka nur, schluchzte auf und drängte sich an den Mann. Dieser jedoch traute sich nicht, die Arme um den Ohrenträger zu schlingen, aus Angst, ihm noch mehr weh zu tun. Doch jetzt, da er die Wunden etwas aus der Nähe betrachten konnte, stellte er immerhin fest, dass sie nicht allzu schlimm waren und er sie auch zu Hause behandeln konnte. Aber zuerst musste er seinen Kleinen dazu bringen, sich etwas zu beruhigen und mit dem Weinen aufzuhören. „Hey…“, hauchte Soubi sanft. „Hör auf zu Weinen. Du bist doch stark, oder? Nimm dich jetzt ein wenig zusammen. Wenn wir bei mir sind und ich deine Wunden versorgt habe, dann kannst du weinen.“ Als Rituka das hörte, versuchte er sich zu beruhigen. *Soubi ist jetzt da, er wird dafür sorgen, dass mir nichts geschieht*, dachte er und hörte auf zu schluchzen. Dass ihm die Tränen übers Gesicht liefen, konnte er jedoch nicht verhindern. Doch der Mann bemerkte, dass sein Kleiner es zumindest versuchte und musste unwillkürlich lächeln. *Was für ein tapferer Junge mein Schatz doch ist.* Danach machten sie sich auf den Weg. Es dauerte recht lange, bis sie bei der Wohnung ankamen, da Ritsukas Arm sehr schmerzte und es bei jedem Schritt unangenehm zog. „Bitte geh gleich ins Badezimmer. Ich hole nur etwas und komme dann auch“, wies ihn Soubi an, als sie endlich angekommen waren. Der Junge tat, was ihm gesagt wurde und ging in das für eine so kleine Wohnung ungewöhnlich große Badezimmer, wo er sich auf den Badewannenrand setzte. Dort lauschte er dann auf die Geräusche, die anscheinend aus der Küche kamen. Es dauerte gar nicht lange, bis Soubi mit Schere, Pflaster, Verbandszeug und Papiertüchern im Bad erschien. Er hatte seine Haare hoch gesteckt, was er gewöhnlich nur tat, wenn er malte. Doch nun konnte er es nicht gebrauchen, wenn ihm die langen blonden Strähnen ins Gesicht fielen. „Ich muss deinen Pullover zerschneiden, um dir nicht unnötig weh zu tun“, erklärte Soubi. Da dieser jedoch bereits von den Scherben zerschnitten worden war, machte es keinen besonders großen Unterschied mehr, ob der Mann den Pullover nun ganz zerschnitt oder nicht. Wegwerfen musste man ihn ja sowieso. Nach einem Nicken von Ritsuka begann der Blonde sogleich mit der Arbeit. Vorsichtig machte er sich daran, die untere Seite des rechten Ärmels aufzuschneiden. Dabei kam er dem Jungen sehr nahe und merkte, dass sein Kleiner noch immer leicht zitterte. „Sch…“, machte Soubi. „Möchtest du zuerst ein Schmerzmittel nehmen?“ Wieder nickte der Junge nur. Also ging Soubi noch einmal in die Küche, um ein Glas Wasser und zwei Tabletten zu holen. Zurück im Badezimmer reichte er beides dem Ohrenträger, der die Schmerzmittel auch sofort schluckte. Nun, da das Zerschneiden des Pullovers nicht mehr so wehtat, begann Soubi damit, die rechte Seitennaht aufzutrennen. Als er damit fertig war, legte der Ältere die Schere weg und betrachtete sein Werk. „Ich werde dir jetzt helfen, den Pullover auszuziehen. Es könnte wehtun“, warnte er vor. Ein weiteres Nicken. Ritsuka biss die Zähne zusammen und signalisierte, dass Soubi nun anfangen könnte. Langsam und vorsichtig zog er den Stoff von der lädierten Haut. Ein leises Wimmern ertönte. „Sch… Ist ja gleich geschafft“, redete der Blonde leise auf seinen Liebling ein. Nun war der Stoff soweit entfernt, dass Ritsuka ihn nur noch über den Kopf ziehen musste. Schnell war auch dies getan. Soubi konnte nun erkennen, dass noch kleine Glassplitter im Arm seines Kleinen steckten. „Geht es?“, fragte der Mann besorgt, als er sah, wie dem Ohrenträger eine Träne über die Wange rollte. Wieder nickte Ritsuka nur, da er seiner Stimme in diesem Moment ganz und gar nicht vertraute. „In deinem Arm stecken noch Glassplitter. Ich weiß aber nicht, ob die Tabletten schon richtig wirken. Ich hole jetzt erst einmal eine Pinzette und eine Lupe und danach werde ich mir zuerst mal die Kratzer an deiner Wange ansehen“, erklärte Soubi und kramte in einer der Schubladen herum. Es dauerte nicht lange, bis er alles gefunden hatte und sich die Schnitte im Gesicht genauer ansah. Darin steckte zwar kein Glas, aber der Mann hielt es trotzdem für besser, auch diese Wunden zu säubern. Bei dieser Behandlung zuckte Ritsuka immer wieder leicht zusammen, da es ziemlich brannte. Doch da es „nur“ drei Schnitte waren, hatte Soubi auch dies schnell erledigt. „Wie geht es deinem Arm?“, fragte er, nachdem er die benutzten Tücher weggeworfen hatte. „Er fühlt sich taub an“, antwortete der Junge mit leiser Stimme. Ihm war ein wenig schlecht vom Geruch des Desinfektionsmittels, das ihn irgendwie an Krankenhaus erinnerte. Vorsichtig tastete Soubi nun die Ränder der Schnitte ab, um zu sehen, ob es noch schmerzte, aber da Ritsuka nichts sagte, begann er langsam damit, das Glas aus den Wunden zu ziehen. Nur selten zuckte der Ohrenträger dabei zusammen. Da er aber erneut angefangen hatte zu zittern, begann der Blonde wieder leise beruhigende Worte zu flüstern. Bei einem besonders großen Splitter musste er jedoch ein Messer zu Hilfe nehmen. Dabei bekam Ritsuka nun doch Angst und ihm liefen wieder die Tränen über die Wangen. Leise weitermurmelnd versuchte Soubi, es so schnell wie nur möglich zu machen, um seinem Kleinen nicht noch mehr Schmerzen als nötig zu bereiten. Als er dies geschafft und alle Wunden vom Glas befreit hatte, begann er mit dem Desinfizieren. Das tat jedoch sehr weh, so das Ritsuka immer wieder leise wimmerte und schon gar nicht mehr merkte, dass ihm noch immer die Tränen übers Gesicht liefen. Es war keine schöne Prozedur und tat Soubi auch weh, wenn auch auf eine andere Weise als dem Jungen. Soubi schmerzte es, seinen Liebling leiden zu sehen und er versuchte, sich nur darauf zu konzentrieren, die Wunden so schnell wie möglich zu versorgen. Immer wieder murmelte er leise: „Sch… Ist ja gleich vorbei.“ Und irgendwann war es tatsächlich auch so. Nachdem der Ältere nun auch noch den Arm verbunden hatte, zog er Ritsuka sanft in seine Arme. Dabei achtete er jedoch sehr darauf, dem Jungen nicht weh zu tun. Schluchzend und zitternd drängte sich dieser an Soubi. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)