HOLLOW von Creep (A Vampire Story) ================================================================================ Kapitel 4: Deadly Decisions --------------------------- Und endlich geht es weiter! Ich wünsch euch allen noch nachträglich ein schönes neues Jahr und frohe Xmas ♥ Kommt spät, ich weiß! Ich hätte gern früher weiter geschrieben, aber ich hab gewisse Magenprobleme durch den übermäßigen Alkoholkonsum an Silvester *hust* D.h.: Ich liege eigentlich meistens kotzend und mich windend in irgendeiner Ecke... Aber letztendlich hab ich's doch noch geschafft dieses, endlich mal längere chaps, hochzuladen. enjoy ♥ *-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-*-* Zeros Villa Toshiyas POV Staunend sah ich mich in dem riesigen Haus um. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass er mich einfach mitgenommen hatte, ich kannte ja nicht mal seinen Namen. Das Klicken des Haustürschlosses ließ mich leicht zusammenzucken. Ich drehte mich um und sah in ein freundlich lächelndes Gesicht. Anstatt zurück zu lächeln muss ich wohl nur ziemlich blöd aus der Wäsche geguckt zu haben, die Situation musste ich erst noch verstehen. Plötzlich wurde ich von hinten gepackt und sanft aber bestimmt durch eine Tür schräg neben mir geschoben. Etwas erschrocken sah ich mich um und stellte fest, dass ich mich in einer gemütlichen Küche befand. „Möchtest du was trinken?“, fragte der Fremde mich. Ich nickte, blieb jedoch sonst regungslos im Türrahmen stehen. „Du kannst dich auch setzen wenn du willst.“ Er lachte leise. Setzen? Gute Idee. Ich scannte also den Raum nach potentiellen Sitzmöglichkeiten und fand recht schnell einen Stuhl, auf dem ich Platz nahm. Langsam aber sicher breitete sich eine angenehme Wärme in meinem unterkühlten Körper aus und ich begann über den merkwürdigen Mann nachzudenken der mich einfach so aufgesammelt hatte. Wenn ich ehrlich zu mir war, glaubte ich nicht, dass er es einfach nur aus Nächstenliebe getan hatte, mein bisheriges Leben hatte meinen Glauben an das Gute im Menschen auf ein Minimum schrumpfen lassen. Allerdings kam er mir bis jetzt nicht wie ein dahergelaufener Perverser vor. Ich sah auf als sich ein Wasserglas in mein Blickfeld schob und nahm es dankend an. Gerade hatte ich das kühle Glas an die Lippen gesetzt, als die Tür aufflog und ein ziemlich klein geratener Typ die Küche betrat. „Ah, du bist wied-“ Er stockte und gaffte mich ungeniert an. „Wer ist das?!“ Mein Retter kam langsam hinter der Anrichte, hinter der er bis eben gestanden hatte, hervor und hob nur eine seiner schmalen Augenbrauen leicht an. „Ach, du schläfst noch nicht?“ Sein Ton hatte etwas Schneidendes in sich. Ich versuchte mich so unauffällig wie möglich zu verhalten und starrte wortlos auf meine Hände. „Nein, tu ich nicht! Aber wer zum Henker ist DAS?“, blaffte es von dem Kleinen zurück, der mit ein paar Schritten den Abstand zwischen Tür und Küchentisch überwand und sich auf einen der freien Stühle fallen lies. Der Angesprochene verschränkte die Arme und sah mich leicht fragend an. „Um ehrlich zu sein hab ich keine Ahnung wer das ist.“ Ich blinzelte erschrocken. Wie unhöflich war ich eigentlich? Er hatte mich einfach so aufgesammelt und ich war so dreist ihm nicht mal meinen Namen zu verraten. Hastig sprang ich auf und verbeugte mich. „Ähm… Hara Toshimasa“, stammelte ich „Aber ich werde Toshiya gerufen.“ Gott war das peinlich. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss und setzte mich schnell wieder auf meinen Stuhl, den Blick hielt ich gesenkt. Der Mann mit den schwarzen Haaren nickte. „Du kannst Zero zu mir sagen.“ Zero? Was war das denn bitte für ein Name? War das überhaupt ein Name? Durfte ein Otto Normalverbraucher seinen Sprössling „Zero“ nennen? War das legal? Meine Grübeleien wurden schlagartig unterbrochen, als der Typ, dessen Namen ich noch nicht kannte, ein leises Schnauben ausstieß. „Ok…fassen wir also zusammen: Noch heute Vormittag hast du mich zur Sau gemacht, weil ich mich mit einem Kerl getroffen hab“ Er schwieg eine Weile, ich interpretierte es als Kunstpause. „Und jetzt kommst du, ausgerechnet DU, mitten in der Nacht an und hast irgendeinen verwahrlosten Stricher aufgesammelt!?“ Sofort schrumpfte ich unter diesen Worten zusammen. Sah man es mir so offensichtlich an? Auf einmal fühlte ich mich unglaublich schmutzig und wünschte mir nichts mehr, als auf der Stelle im Erdboden zu versinken. „Bei mir kann ich wenigstens sicher sein, dass nicht plötzlich die Polizei auf der Matte steht, weil ich mich nicht unter Kontrolle habe!“ Erstaunt sah ich Zero an. Er lächelte zwar, aber dieses Lächeln war alles andere als freundlich. Ich verstand nicht wirklich was diese Pygmäe da neben mir mit der Polizei am Hut hatte, aber ich wollte lieber nicht nachfragen, denn irgendwie war sie gruselig. Die Pygmäe, nicht die Polizei. „Hizumi, ich wäre dafür, dass du jetzt schlafen gehst!“ Und gerade als dieser Hizumi empört aufgesprungen war, wurde er schon von Zero aus der Tür geschoben. Ich hörte sie im Flur leise reden und nur wenige Augenblicke später kam Zero wieder zur Türe herein und schloss sie hinter sich. „Entschuldige.“ Wieder lächelte er mich an, diesmal war es jedoch das freundliche Lächeln, das er mir heute schon öfters geschenkt hatte. „Lass dich von Hizumi nicht irritieren, er kommt manchmal etwas unfreundlich rüber, meint es aber in den seltensten Fällen so. Möchtest du schlafen gehen? Du siehst verdammt müde aus.“ Etwas irritiert legte ich den Kopf schräg. Ich wunderte mich wirklich über den besorgten Blick den mir dieser völlig fremde Mann zuwarf. Nach einer Weile nickte ich zaghaft, denn ich war wirklich verdammt müde. Er sah mich an. „Ok, komm mit, ich zeig dir dein Zimmer“ Mit diesen Worten verschwand er im Flur. Nachdem ich das leere Glas in die Spüle gestellt hatte, folgte ich ihm in ein hübsch eingerichtetes Gästezimmer mit einem verdammt bequem aussehenden Bett. Ich sah mich kurz um und stellte meine ziemlich mitgenommene Tasche neben ein kleines Holzschränkchen. „Das Bad ist ganz am Ende vom Flur, wenn du was brauchst, ich bin oben.“ Zum ersten Mal seit langem schlich sich ein ehrliches Lächeln auf meine Lippen. „Danke schön“ Ich sah ihn zum ersten Mal richtig an. Zero war hübsch, auf seine eigene, merkwürdige Art und Weise. Er war ein Stück kleiner als ich, sein Alter konnte ich nicht wirklich einschätzen, doch als ich seine Augen sah lief mir ein Schauer über den Rücken. Aus dem ebenmäßigen Gesicht blickten mich hellbraune Augen an, die etwas an sich hatten, das ich noch nie zuvor gesehen hatte. Doch bevor ich mich in ihnen verlieren konnte drehte Zero sich um, wünschte mir eine gute Nacht und verschwand. Mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb. Solche Augen hatte ich noch nie gesehen, schon ihre helle Farbe war mehr als ungewöhnlich, aber hauptsächlich hatte mich ihr unbeschreiblicher Blick fasziniert. Schnell schüttelte ich den Kopf um mich ein bisschen zu beruhigen. Ich brauchte unbedingt Schlaf. Im Halbdunkeln ging ich den Flur entlang und fand sogar das von Zero beschriebene Badezimmer. Nachdem ich mir das Gesicht gewaschen und die Haare gekämmt hatte, ging ich zurück ins Gästezimmer und ließ mich, nur mit Shorts bekleidet, aufs Bett fallen. Es war wirklich so weich wie es aussah und sofort kuschelte ich mich unter die warme Decke. Eine Weile dachte ich nach, über diesen höchst merkwürdigen Abend, über meine etwaige, wahrscheinlich sehr miese Zukunft, über diesen komischen Hizumi. Hauptsächlich jedoch über den Mann, der mich mitten in der Nacht auf der Straße aufgesammelt hatte. Mit einem letzten Gedanken an ihn schlief ich schließlich ein. Hizumi Es war doch einfach unfassbar, was erlaubte dieser aufgeblasene Schnösel von einem Vampir sich eigentlich? Für wen hielt der Spinner sich denn bitte? Wütend schlug Hizumi die Haustür hinter sich zu. Erst schiss er ihn wegen einer harmlosen Bekanntschaft mit einem Menschen an, dann kam er auf die Idee Mutter Theresa zu Spielen und irgendwelche drogenabhängigen Stricher mit nach Hause zu nehmen! Unfassbar. Grummelnd vergrub der junge Mann die Hände in den Manteltaschen und schlurfte missgelaunt durch die nächtlichen Straßen. Als ob er jetzt noch eine Sekunde länger im Haus dieses miesen, scheinheiligen, bemutternden Verräters bleiben würde. Definitiv nicht! Einzig und allein aufgrund des Mangels an sinnvollem Gedankengut, schweifte Hizumis Vorstellungsvermögen langsam aber unaufhaltsam wieder zum vergangenen Tag ab, somit auch zu Saga. Das war schon ein merkwürdiger Mensch. Ok, Menschen erschienen ihm seit ungefähr zweihundert Jahren als sehr komische Geschöpfe. Aber der? Der war noch komischer als die meisten die er bis jetzt getroffen hatten. Gut. Okay, irgendwann in der Kolonialzeit hatte es mal einen Kerl gegeben der redete mit seinem Schaf wie mit einer Frau. Was er noch mit dem Schaf getan hatte, hatte Hizumi zum Glück nicht in Erfahrung gebracht. Angewidert verzog er das Gesicht. Aber wir wollen nicht abschweifen: Saga war merkwürdig! Erst hatte er Hizumi umgerannt und sich somit ein Loch in dessen Dolce Jeans zu Schulden kommen lassen! Fatal! Dann hatte Saga begonnen ihn, wenn auch kaum merklich und vielleicht sogar unbewusst, anzugraben und gerade als Hizumi selbst in die Offensive gehen wollte rief Zero an. Toll. Vampir müsste man sein. Versunken in einen Haufen aus hasserfülltem Gedankenschrott bemerkte der äußerst attraktive Untote viel zu spät, dass er schnurstracks an seinem eigenen Haus vorbei lief. Wenige Minuten und einige Wutausbrüche und Flüche später fand er sich doch noch in seiner eigenen Küche vor dem Kühlschrank wieder. Immer noch leise fluchend angelte er nach einer Blutkonserve. Die letzte. Er würde Zero dezent darauf aufmerksam machen müssen, dass er gefälligst neue Nahrung brauchte. Seufzend und auf einmal todmüde watschelte er die Treppe hinauf, ins Schlafzimmer und warf sich aufs Bett. Nachdem Hizumi seine Klamotten zum Teufel geschickt hatte und nun, nur noch in Shorts, auf dem Bett lag, schnappte er sich die Konserve und riss sie auf. Gedankenverloren nuckelte er die rote Flüssigkeit aus dem Beutel, der eigentlich für sterbenskranke Menschen in höchster Not, oder zur Rettung von irgendwelchen halb toten Bälgern dienen sollte. Wen interessierte so was? Wenn er sein Fresschen nicht bekam, dann würden die Bälger gar nicht mehr dazu kommen lebensgefährliche Krankheiten zu bekommen, da der Ausdruck „lebensgefährlich“ bekanntlich eine Wortkombination aus „Leben“ und „gefährlich“ ist. Und um auf diese Art gefährdet zu sein brauchte man nun mal ein Leben. Doch wenn Hizumi sein Blut nicht regelmäßig bekommen würde, hätten einige Menschen wohl nie mehr die Chance in eine lebensgefährliche Situation zu kommen, mangels Leben. Solch philosophische Gedanken machten schläfrig. Der etwas zu klein geratene Blutsauger warf die Konserve auf den Boden, wo sie wohl nun, zusammen mit einem Haufen ungewaschener Wäsche, ihrem Tod durch die Müllpresse entgegenfiebern würde. Der konnte allerdings noch Monate weit entfernt sein. Aufräumen war für Sissis! Nördliches Industrieviertel Tokio, abgelegener Teil des Clanreviers ... Karyus POV Ich war beunruhigt. Hier stimmte etwas nicht, das spürte ich direkt. Ruhig ging ich weiter, sah mich nur von Zeit zu Zeit um, ganz unauffällig eben. Plötzlich hörte ich Schritte, die von überall herkommen konnten. Die hohen Mauern der Fabrikgebäude und die engen Gassen, ließen jedes noch so kleine Geräusch schon fast ohrenbetäubend laut klingen. Ich blieb stehen und verschränkte die Arme, der Menschengeruch wurde stärker. Wenige Sekunden später bog ein recht unscheinbarer Mann, ich schätzte ihn allerhöchstens Mitte zwanzig, um die verrottende Hausecke zu meiner Rechten. Ich erkannte ihn sofort. //Hab ich dich…// Ich musste mir ein siegessicheres Grinsen verkneifen. Ich war wirklich unglaublich talentiert! Ich lief jetzt höchstens seit einer halben Stunde durch diese stinkende Schrotthalde, die sich einmal Industriegebiet geschimpft hatte und schon lief mir der Jäger in die Arme. Äußerst praktisch. Da sollte Zero noch einmal mit seinem ironischen Unterton sagen, dass ich sein Held wäre. Der Mensch kam geradewegs auf mich zu, ich spürte wie sich Adrenalin in mir ausbreitete. Sobald er nah genug war, würde ich zum Sprung ansetzen und ihn niedermetzeln, ohne die üblichen dämlichen Regeln die Zero und schon dessen Vorfahren aufgestellt hatten, um in Ruhe zusammen mit den Menschen zu leben. Wozu das ganze? Es war nutzlos! Menschen waren Futter, mehr nicht und dieser kleine Widerling hatte meinem Clan einige wichtige Mitglieder auf brutalste Art und Weise genommen. Warum also sollte ich mich an den Schutzpakt halten? Der Jäger war nun wenige Meter von mir entfernt, als mir ein Gedanke durch den Kopf schoss. Leichtsinnig. Es wäre unglaublich leichtsinnig und dumm ihn jetzt anzugreifen! Hizumi, der würde so was tun, aber nicht ich. Jetzt hatte ich ein Problem: Ich stand hier, mutterseelenallein, auf direktem Weg zu mir ein Kerl, der es geschafft hatte fast an die hundert Vampire an einem Abend auszulöschen. Ein zweiter, noch beunruhigender Gedanke gesellte sich zum ersten. Was wenn er erkennen würde was ich war? Wahrscheinlich hatte er sich hier in der Nähe einquartiert, das würde den Menschengeruch erklären, der an einigen Stellen besonders extrem haftete. Falls das der Fall war, hatte er sicherlich einige hübsche Spielzeuge bei sich und die konnten unter Umständen schmerzvoll bis tödlich wirken für Wesen wie mich. Aber so weit wollte ich nicht denken. Ich brauchte eine Strategie und zwar schnell! Doch zum Denken kam ich nicht mehr, denn er war einige Schritte von mir entfernt zum Stehen gekommen und sah mich aus kalten Augen fragend an. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“ Er setzte ein Lächeln auf, das so gespielt war, dass ich zweimal hinsehen musste um es überhaupt als solches zu identifizieren. //Schlechter Schauspieler// Ich lächelte mitleidig in mich hinein. Er vielleicht schon, aber ich ganz bestimmt nicht! Mein Adrenalinspiegel blieb konstant, als ich ihn mit einem perfekt gespielten, entschuldigenden Lächeln ansah. Ich schüttelte den Kopf, denn gerade war mir eine Idee gekommen, mit der ich mir auf jeden Fall eine provisorische Fassade aufbauen konnte. „Nein, danke der Nachfrage, aber ich sehe mich nur um. Ich bin hier im Auftrag einer Immobilienfirma unterwegs, die an einigen der leeren Hallen interessiert wäre.“ Karyu du Intelligenzbolzen! Die rechte Augenbraue meines Gegenübers wanderte langsam einige Zentimeter höher. „Ich wüsste nicht, dass hier etwas zum Verkauf aussteht.“ Er musterte mich skeptisch. Ich kämpfte gegen den Drang meine Augen zu verdrehen noch in letzter Sekunde erfolgreich an. Vollidiot! Der sollte mir mal was erzählen was ich nicht schon wusste, oder ganz die Fresse halten. Ich setzte ein weiteres freundliches, sympathisches und vor allem verdammt charmantes Lächeln auf. „Doch, einige Gebäude stehen offiziell zum Verkauf.“ Jaha! Hörst du, Mensch! So ist das! Ich hab Recht! Karyu-sama´s on the right side! Mich beschlich der Gedanke, dass ich besser aufhören sollte zu denken. Aber zurück zu meinem kleinen menschlichen Freund. Bevor er mir jetzt zum zweiten mal sagen konnte, dass hier rein gar nichts zum Verkauf stand, allein deshalb weil die ganze Gegend so versifft war, dass sie eh keiner gebrauchen konnte, verbeugte ich mich höflich und überlegte mir gleichzeitig einen möglichst menschlichen Namen. „Verzeihen Sie, ich habe mich noch nicht vorgestellt. Matsumoto mein Name.“ Das war gut! Jeder dritte Durchschnittsjapaner hieß Matsumoto. Er würde keinen Verdacht schöpfen. Auch er verbeugte sich kurz, bedachte mich aber weiterhin mit seinen misstrauischen Blicken. „Sano“, sagte er kurz und knapp. Ok, der Spinner war offensichtlich nicht gewillt sich freiwillig vom Acker zu machen, also blieben mir zwei Optionen: Erstere wäre ihm schlicht und ergreifend dabei zu helfen zu verschwinden. Ich überlegte. Keine so tolle Idee. Falls er wirklich der Jäger war, würde ich mich auf einen Kampf gefasst machen müssen und darauf hatte ich nun echt keine Lust. Immerhin hatte ich für den nächsten Tag einen Frisörtermin und meine Haare sahen grauenhaft aus, ich war momentan einfach nicht schön genug um ein zweites und endgültiges Mal zu sterben! Die zweite Möglichkeit wäre, etwas mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. Sehr hilfreich, sofern er der Jäger wäre, ansonsten Zeitverschwendung. Aber hatte ich eine Wahl? Natürlich nicht. Wäre zu einfach gewesen! Innerlich seufzend fasste ich den Beschluss es also auf die gewohnt charmante Tour zu versuchen. Immerhin war es bei genauerer Überlegung doch nicht hundertprozentig sicher, dass er der gesuchte Mörder war. Falls er sich in dieser Nacht einfach nur zufällig hier herumgetrieben hatte, hatten wir ein Problem. Ich brauchte Gewissheit bevor ich ihn abmurkste. Also immer schön weiterlächeln! Meine Mundwinkel begannen zu schmerzen. „Dürfte ich Sie fragen, was sie hier hingezogen hat? Die Gegend ist, wie ich gehört habe nicht wirklich sicher.“ Ich versuchte möglichst teilnahmsvoll zu klingen. Offensichtlich zog die Masche „guter Junge“, denn sein Blick wurde ein klein wenig weicher. Er wiegte den Kopf. „Ich habe hier in der Nähe eine kleinere Halle angemietet.“ Ui, toll! Konnte der auch mal mehr sagen als nur einen Satz? Wenn er mir wenigstens mal in die Augen gesehen hätte, dann wäre mein Problem gelöst gewesen. Würde er nämlich einmal Blickkontakt aufbauen, könnte ich mich in seinen Gedanken umsehen. Aber nein! Der Dämlack war damit beschäftigt mich von oben bis unten zu begaffen. Mein Gegenüber verschränkte die Arme. „Warum sollte irgendjemand die Gebäude hier kaufen wollen? Der Großteil davon kann sowieso nur noch abgerissen werden.“ Aha! Zwei Sätze! Na das war doch schon mal ein Anfang. Ich zuckte die Schultern. „Warum wohl? Weil's Geld bringt. Ich soll mir nur die Örtlichkeiten ansehen, aber ich habe gehört, dass sie das Viertel komplett sanieren wollen.“ Ich machte eine Pause. „Aber dürfte ich fragen was genau Sie hier machen? Mit Ihren Fabrikraum, meine ich.“ Ich behielt mein freundliches Lächeln und mein Gesicht wurde langsam taub. Die Augenbraue des vermeintlichen Jägers zitterte sich noch ein Stück höher gen Haaransatz. „Ist das hier ein Kreuzverhör?“ Eiskalt. Ich musste mir wirklich eingestehen, dass der Kerl hier eine harte Nuss war. Normalerweise wurde jeder Sterbliche dank meiner Ausstrahlung und meines Lächelns schwach. Unvermittelt sah er mir in die Augen. Perfekt. Sofort klinkte ich mich in seine Gedanken ein, die ich nun problemlos, selbst wenn er wegsehen würde, mithören konnte, ohne dass er es merkte. Eilig schüttelte ich den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Entschuldigen Sie bitte, ich wollte nicht aufdringlich sein. Es hat mich einfach nur interessiert. Was machen Sie denn beruflich?“ „Ich studiere.“ Sofort folgte eine knappe Antwort. Offensichtlich sagte er die Wahrheit, denn seine Gedankengänge verrieten nichts anderes. „Irgendwo muss ich ja einen Platz finden, an dem ich in Ruhe arbeiten kann.“ Ich bohrte nach. „Oh, Sie studieren? Was denn?“. Langsam aber sicher starb mein Trigeminusnerv ab. Noch während ich sprach konzentrierte ich mich auf seine Gedanken. Er dachte nach und zwar ziemlich angestrengt. Jetzt hatte ich ihn! Er log mich an, ging im Kopf sämtliche Studienfächer durch, für die man unter Umständen eine größere Räumlichkeit brauchte. „Biochemie mit Schwerpunkt Genetik“ Ein gekünsteltes Lächeln kräuselte seine Lippen. Als ob. „Wir bekommen die Chemikalien von der Uni gestellt, allerdings ist meine Wohnung verdammt klein und ich schätze meine Vermieterin fände es nicht gerade berauschend, wenn sie rausfinden würde, dass ich in meiner Wohnung giftiges Zeug mixe. Also hab ich mich hier eingemietet.“, erklärte er mir sachlich. Ich musste ihm lassen, dass er ein guter Lügner war. Respekt. Sich in so einer kurzen Zeit so eine hanebüchene Geschichte auszudenken war nicht schlecht! Ich nickte. „Hätten Sie nicht Lust mit mir einen Kaffee trinken zu gehen? Ich bin hier fertig und es war sehr nett mit Ihnen zu plaudern.“ Er schien zu überlegen, doch nach einer Zeit nickte er, zu meiner ehrlichen Überraschung. „In Ordnung, ich hatte heute eh nichts vor.“ Sein Blick und auch seine Gesichtszüge waren weicher geworden, seine Gedanken waren nicht mehr so misstrauisch wie noch vor wenigen Minuten. Und plötzlich kam mir ein Gedanke, ein Plan. Und zwar einer der nicht nur gut, sondern auch garantiert und wortwörtlich todsicher war… Nächster Morgen, Sagas Schlafzimmer ... Sagas POV Schweißgebadet wachte ich auf, kerzengerade in meinem Bett sitzend. Immer noch etwas verwirrt sah ich mich um. Ich war in meinem Zimmer, soweit alles ganz normal. Erschöpft ließ ich mich zurück in die Kissen sinken. Was bitte war das denn für ein Traum gewesen? Ich hatte von Hizumi geträumt, komisch genug, der Rest war wirres Zeug, an das ich mich nicht mehr erinnern konnte, das mir aber im Schlaf eine Heidenangst eingejagt hatte. Nach einer Weile beschloss ich aufzustehen und mein erster Weg führte mich, wie jeden Morgen, ins Bad und unter die Dusche. Das warme Wasser entspannte mich und endlich wurde ich die diffusen Bilder meines Alptraums los. Ein Bild blieb allerdings. Hizumi. Na Toll! Jetzt dachte ich schon am frühen Morgen und unter der Dusche an diesen Kerl. Was machte das denn für einen Eindruck? Prüfend sah ich an mir herab. Immerhin hatte ich keinen Ständer bekommen. Ein Hoffnungsschimmer am düsteren Hizumi-Horizont. Ich drehte den Duschhahn zu und wickelte mir ein Handtuch um die Hüften. Während ich mir die Haare abtrocknete sah ich in den Spiegel. Ich sah gut aus, wie immer. Wer konnte schon von sich behaupten morgens um sieben gut auszusehen? Nicht viele! Gähnend verschwand ich in mein Schlafzimmer und zog mir erstmal ein paar frische Klamotten an, dabei fiel mein Blick auf das siechende Schrott-Handy auf meinem Nachttisch. Sofort grabschte ich nach dem Mobiltelefon, das beim Anschalten ein bemitleidenswertes Fiepen von sich gab. Keine Anrufe in Abwesenheit. Manno... Ich überlegte. Ob ich ihn mal anrufen sollte? Oder doch lieber eine SMS schreiben? Würde er sich freuen, oder mich eher für einen armen, notgeilen Irren halten? Hilfe! Wo war ein großer Bruder wenn man ihn brauchte? Moment… Gute Frage! Wo zum Teufel war Tsukasa? Es war ungewöhnlich, dass mein leicht freakiger, menschenscheuer, aber doch eigentlich immer recht lieber, Spießer-Bruder um diese Uhrzeit noch nicht irgendwo im Haus herumgammelte. Ich durchquerte den engen Flur und schob die, nur angelehnte, Tür zu Tsukasas Zimmer auf. Das Bettzeug war zerwühlt, offensichtlich hatte er also hier geschlafen. „Tsukasa!?“ Ja ich habe eine laute Stimme! Doch auch auf erneutes morgendliches Brüllen reagierte Niemand. Ich zuckte die Schultern. Ok, dann nicht! Es war keine Seltenheit, dass mein großer Bruder mal einfach so verschwand. Vielleicht hatte er eine Vorlesung, oder er war mal wieder im Auftrag der MIB oder der Hellsing Organisation unterwegs. Ich grinste. Dieser kleine Freak mit seinen Vampiren. Ich hatte mich schon oft gefragt, wie ein so rational denkender Mensch seit Jahren einem solchen Schwachsinn hinter herlaufen konnte. Noch während ich über Tsukasas Blutsaugereskapaden nachdachte, kam mir die Idee. Sofort raste ich zurück zu meinem altersschwachen Handy und durchforstete mein Telefonbuch nach einer bestimmten Nummer. Zwischen unzähligen Handynummern von irgendwelchen Weibern, von denen ich so gut wie keine je zurückgerufen hatte, fand ich dann schließlich unter „H“ die gesuchte Zahlenfolge. Ich atmete tief durch und drücke den grünen Knopf. Es tutete. Und tutete. Und tutete weiter. Und- Plötzlich meldete sich jemand mit einem verschlafenen Grummeln. Ich war fasziniert von diesem entzückenden Laut und erst, als ich befürchtete mein Gehirn würde bald anfangen zu bluten, meldete ich mich mit einem stotternden „Ähm. Morgen. Hier ist Saga!“ Toll gemacht, Saga! Als Womanizer war ich ja unschlagbar, aber offensichtlich brauchte ich als Jungeninzer noch etwas Übung. Das Brummen am anderen Ende verwandelte sich mit einem Mal in einen Satz. „Ach du bist es! Ich dachte schon irgendein Freak hätte sich verwählt. Er lachte. Wie niedlich…. NEIN! STOP! Nicht schon wieder solch tuntige Gedanken! Ich verbot mir je wieder die Worte „Süß“, „Niedlich“, „Putzig“, „Schnuckelig“ und „Hübsch“ mit Hizumis Namen in ein und dem selben Gedanken zu benutzen. Damit wir das geklärt hätten! „Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob wir nicht zusammen wo frühstücken wollen?“ Kurzes Schweigen am Ende der Leitung. “Frühstücken? Ok, warum nicht. Ich brauch aber noch n bisschen, du hast mich aus tiefsten Träumen geweckt.“ „Oh! Das tut mir Leid!“ “Schon in Ordnung, ich schlaf eh immer viel zu lange!“ „Na gut, dann hab ich ja nochmal Glück gehabt…Also wann und wo wollen wir uns dann treffen?“ “Wie wär's mit neun Uhr in dem Café von gestern? Früher bekomme ich nämlich nichts runter.“ „Super! Dann sehen wir uns dann.“ “Jap, bis nachher. Ich freu mich!“ Er legte auf. Hatte ich das richtig verstanden? Er freute sich? Auf das Essen? Oder auf mich? Er war ja schon verdammt sexy. Vielleicht sollte ich doch…? NEIJEN! Merken: Neues Wort auf die „Diese Wörter nie mit Hizumi in Verbindung bringen“ -Liste: SEXY! Der war ein Kerl, der war nicht sexy! Ich atmete tief durch. Leere in meinem Kopf, Leere in meinem Kopf… Immer wieder brabbelte ich dieses selbst erfundene Mantra vor mich hin. Leere in meinem Kopf, Hizumi in meinem Kopf- Fuck! Es war zum Heulen. Ich schlug meine Stirn gegen die Schranktür. Ein heftiger Schmerz durchzuckte mich. Schon viel besser. Und wenn er fragen würde, woher die Beule an meiner Stirn käme, würde ich ihm einfach sagen, dass ich tragischer Weise die Treppe runter gefallen wäre und dann würde er sich vielleicht sogar Sorgen machen um mich und- Zum zweiten Mal begrüßte meine Stirn die Schranktür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)