Macabre - Owari desu ka? von Jiyuu ================================================================================ Kapitel 3: Rum Cay ------------------ „Bitte begeben Sie sich auf Ihre Plätze und schnallen Sie sich an! Wir werden in Kürze landen!“ Kyo hüpfte auf seinem Platz aufgeregt hin und her und schaute neugierig aus dem Fenster. Er sah die Insel vor sich und war hellauf begeistert. Sehr viel unberührte Natur, viel Wald, aber in der Ferne konnte er ein Paar Häuserdächer sehen. Dies musste dann wohl Port Nelson sein, die Hauptstadt der Insel. Denn andere Städte gab es auf dieser Insel nicht mehr. Denn Siedlungen wie Black Rock oder Gin Hill sind mittlerweile verlassen und überwuchert. Es wird angenommen, dass der Name der Insel von einer untergegangenen Rumladung stammt. Spanische Forscher fanden ein, an den Strand gespültes Rumfass und nannten die Insel daraufhin Rum Cay. Langsam setzte das Flugzeug zum Landeanflug an und die Baumspitzen kamen immer näher. Sie flogen über einige Häuser rüber und fünf Minuten später waren sie schließlich gelandet. Sie holten ihr Gepäck und suchten sich ein Taxi, um zu dem Vermieter ihrer Ferien-Hütte zu fahren. Dieser wohnte nahe dem Zentrum der Stadt. Der Mann war sehr freundlich und erklärte ihnen ausführlich den Weg zu ihrem Domizil, denn dorthin führten keine Straßen mehr, sondern nur Fußwege. Die Insel war total zugewuchert, nur die Straßen und Wege wurden regelmäßig frei geschnitten. Ihre Hütte lag am Rande des Waldes. Von dort aus mussten sie nicht mehr sehr weit gehen, bis sie am Strand waren. Doch jetzt hieß es erst einmal die Hütte zu begutachten und auszupacken. Die Hütte war schön groß und es gab zwei Stockwerke. In der ersten Etage war ein großes Wohnzimmer, welches mit rustikalen Möbeln eingerichtet war. Es gab einen Kamin, vor dem ein heller flauschiger Teppich lag. Zwei Sofas standen in dem Raum. Farblich passten sie zu dem Teppich vor dem Kamin. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Fernseher. Vom Flur aus gelangte man noch in ein Badezimmer und in die große Küche. Beides war sehr schlicht gehalten und in der Küche stand noch ein schöner großer Esstisch. Am Ende des Flurs war eine Tür, die auf die Veranda führte, diese verlief einmal um das ganze Haus herum. Daneben war eine Wendeltreppe, die in das zweite Geschoss führte. Dort waren nur die Schlafzimmer und 2 geräumige Badezimmer, eins auf jeder Flurseite. Außerdem gab es hier oben noch zwei kleine Arbeitszimmer. Eins nahm Kaoru gleich in Beschlag, denn obwohl er eigentlich Urlaub machen wollte, hatte er sich Sachen zum Arbeiten mitgenommen. Die anderen haben darüber nur die Köpfe geschüttelt. Jedes der Schlafzimmer hatte einen eigenen Balkon. Die Zimmerverteilung sah so aus, dass sich Shinya und Toshiya ein Zimmer teilen würden und Kaoru und Die auch. Kyo würde alleine ein Zimmer beziehen. Nachdem sie alles ausgepackt hatten, sahen sie sich die Umgebung und den Strand an. Vereinzelt standen einige Palmengruppen im Sand, die so etwas Schutz vor der Sonne boten. Dieser Strand schien auch mit zu dem Haus zu gehören, denn es standen ein Paar liegen im Sand, bei genauerem hinschauen waren es sechs Stück. Der Sand war weiß, das Meer war azurblau und am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen, also der perfekte Urlaub wenn das Wetter so bleiben würde. Kyo lief auf das Wasser zu und sprang in die Wellen. „Kyo was machst du da?“ „Ich schwimme! Siehst du das etwa nicht?“ „Ich bin nicht Blind, aber du hast doch dein T-Shirt noch an!“ Darauf bekam Kaoru keine Antwort mehr, denn Kyo war schon zu weit raus geschwommen, um noch zu hören, was Kaoru ihm zugerufen hatte. Die zog sich sein T-Shirt über den Kopf, um es Kyo gleich zu tun und auch in die Wellen zu hüpfen. Toshi ließ auch nicht lange auf sich warten und hechtete auch in das Wasser. Sie spielten fröhlich im Wasser, schwammen um die Wette, tauchten sich gegenseitig unter, spritzten sich das Wasser ins Gesicht oder dümpelten einfach nur so dahin. Shinya und Kaoru hatten es sich auf den Liegen bequem gemacht und redeten über belanglose Dinge, wie die schöne Aussicht und das tolle Wetter. Sie genossen die Ruhe, die die diese Insel mit sich brachte. Die Sonne brannte ihnen auf den Rücken und Shinya cremte sich gerade mit Sonnencreme ein, da er keinen Sonnenbrand haben wollte. Kaoru genoss die Aussicht, er konnte zwar nur das Meer sehen und hinter ihm den großen Wald, aber es war toll! Die Blätter an den Bäumen waren grün und durch die Baumkronen schien leicht die Sonne durch. Toshi kam wieder aus dem Wasser heraus um Kaoru und Shinya auch dazu zu bewegen ins Wasser zu kommen. Nach einiger Zeit schaffte er es zumindest Shinya dazu zu bewegen ins Wasser zu kommen. Toshi lief noch schnell zum Haus zurück, um einen Wasserball zu holen, damit sie im Wasser ein bisschen spielen konnten. Er lief die Treppe hoch in sein Zimmer und durchwühlte seine Tasche nach einem aufblasbaren Wasserball. Kyo war währenddessen aus dem Wasser gegangen um aus seinem nassen T-Shirt heraus zu kommen. Nachdem er es zum trocknen aufgehängt hatte, wollte er sich die Umgebung etwas genauer anschauen. Weil er wissen wollte, ob er hier drinnen etwas Interessantes finden konnte. Verlaufen konnte er sich eh nicht, da er rechts von ihm noch leicht den Strand sehen konnte, also müsste er nur nach rechts gehen, um wieder auf den Strand zu kommen, von da aus würde es bestimmt ein Kinderspiel sein wieder zur Hütte zu finden. Links von ihm war ein kleiner Hang. Er kletterte dort hinauf, weil er unbedingt wissen wollte, wie es dort oben aussah. Mit einem Mal tauchte direkt vor ihm eine Nebelbank auf. Er überlegte kurz, ob er nicht vielleicht wieder umdrehen sollte, aber die Neugier siegte und so trat er einen Schritt in den Nebel hinein. Er konnte nicht sehen wo er hin ging. Der Nebel war sogar so dicht, dass er noch nicht einmal seine Beine sehen konnte. Trotzdem lief er weiter, denn irgendetwas sagte ihm, dass er unbedingt dort oben hin musste. So langsam wunderte es ihn, dass er nicht gegen einen Baum lief, aber er kümmerte sich nicht weiter drum. Nach einiger Zeit lichtete sich der Nebel etwas und er bekam die Antwort auf seine Frage, warum er nicht vor einen Baum lief. Hier oben stand kein einziger Baum mehr, aber aus dem Flugzeug hatte er nirgendwo so eine riesige Lichtung gesehen. Also, diese hier hätte er mit Sicherheit gesehen und auch den Nebel hätte er mit Sicherheit sehen müssen, denn so viel Nebel konnte sich hier ja nicht innerhalb von ein paar Stunden ansammeln, oder doch? Er nahm sich vor, auf dem Rückflug noch einmal drauf zu achten. Er schaute auf seine Uhr und bekam einen leichten Schreck. Seine Uhr zeigte ihm, dass er schon vier Stunden unterwegs war, dabei kam es ihm erst wie zehn Minuten vor. Es wurde auch schon langsam dunkel. Also machte er sich auf den Rückweg, die Anderen würden ihn mit Sicherheit schon vermissen. Also drehte Kyo sich um 180° und trat den Rückweg an. Er schaute noch einmal auf seine Uhr und wollte seinen Augen nicht trauen. Es waren schon wieder drei Stunden vergangen. Er schaute genauer auf seine Uhr und stellte mit Entsetzen fest, dass es nicht der Sekundenzeiger war der sich so schnell bewegte, sondern der Minutenzeiger. „Fuck! Was is’ das?!“, fragte er sich, er verstand hier bald gar nichts mehr. Was sollte dieser Nebel hier? Und warum spielte seine Uhr verrückt? Er musste so schnell wie möglich hier wieder raus. Er lief weiter und rannte mitten in den Nebel hinein. Er rannte so lange, bis ihn seine Beine fast nicht mehr tragen konnten. Plötzlich war dieser mysteriöse Nebel verschwunden, wie weg gezaubert. Er drehte sich einmal um sich selbst, aber der Nebel war nicht da. Von jetzt an konnte es ja nicht mehr weit sein, bis er wieder am Strand ankommen würde. Rechts von ihm war nun der Hügel und links von ihm müsste der Strand sein. Also lief er nach links. Aber er sah überall nur Bäume, keinen Strand. Normalerweise müsste er ihn auch schon längst erreicht haben, aber Kyo roch noch nicht einmal das Meer. Inzwischen war es Stockdunkel geworden und Kyo war immer noch nicht aus diesem Wald heraus. Er fand einen umgekippten Baumstamm und setzte sich darauf. Der Baumstamm war über und über mit Moos bewachsen. Es nutzte jetzt auch nichts mehr noch weiter zu gehen und außerdem war er hundemüde. Also machte er es sich so bequem wie möglich, aber er traute sich nicht die Augen zu schließen, denn inzwischen hatte er zu viel angst. Der Mond schien sehr hell und die Bäume warfen bedrohliche Schatten auf den Waldboden. Er hörte knacksende Geräusche hinter sich und drehte sich blitzschnell um. Doch da war nichts. Es knackste wieder, als wenn jemand durch den Wald gehen würde. Doch auch wieder konnte Kyo nichts sehen. Panik stieg in ihm hoch. Dieses Geräusch kam immer näher und als es direkt hinter ihm sein musste, sprang Kyo schreiend auf und lief in die entgegengesetzte Richtung davon. Er hatte panische Angst und so langsam gesellte sich auch der Hunger dazu. Plötzlich sah er direkt vor sich ein Licht und lief direkt drauf zu. Inzwischen kam Toshi aus dem Wasser raus und fragte Kaoru nach Kyo. Dieser antwortete ihm, dass Kyo vor einer halben Stunde in den Wald gegangen sei. „Was will er denn da?“ „Die Gegend erkunden, meinte er.“ „Und das hat er so gesagt? Der wird mir richtig unheimlich, wenn er so hochgestochen spricht.“ „Ja, das hat er genauso gesagt.“ Toshi ging wieder in das Wasser zu den anderen zurück, um mit Die und Shinya weiter zu spielen. Sie spielten Schweinchen in der Mitte. Die legte gerade einen Hechtsprung hin, um noch an den Ball zu kommen, verfehlte ihn aber knapp. Also musste er doch noch weiter das Schweinchen sein. Das Leben war ja auch so gemein zu ihm. Kaoru ging den geschwungenen Weg zur Hütte hoch, um sich seine Unterlagen, die er extra mitgenommen hatte, um noch ein bisschen zu arbeiten, zu holen. Er ging in das Zimmer von Die und ihm und wühlte in seiner Tasche nach dem Gesuchten. Als er es endlich gefunden hatte, ging er noch schnell in die Küche um sich einen Apfel zu holen. Schließlich ging er wieder zum Strand zurück. Er setzte sich auf seine Liege und vertiefte sich in seine Arbeit. So bekam er auch den Schrei, der aus dem Wald kam, nicht mit. Die anderen hatten ihn erst recht nicht gehört, weil sie zu weit weg und zu laut waren. Kyo lief immer weiter auf das Licht zu, doch es wollte einfach nicht näher kommen. Während er so weiter lief, ging langsam am Horizont die Sonne wieder auf. Er hatte ganz schlimmen Hunger, er brauchte irgendwo etwas zu Essen her. Er fand einen Strauch mit roten Beeren dran, sie sahen einfach zu appetitlich aus, um sie hängen zu lassen. Er pflückte einige ab und roch daran, doch der Hunger überzeugte ihn und er steckte sich eine in den Mund und sie schmeckten. Er suchte sich schnell etwas, wo er die Beere drauf legen konnte und pflückte viele Beeren ab. Er suchte sich ein schönes Plätzchen um die Beeren auf zu essen. Als er fertig war, war sein Hunger überraschender Weise gestillt. Also ging er weiter um den Strand wieder zu suchen. Er kam an einen kleinen Bachlauf. Am Ufer wuchsen die buntesten Blumen und in der Luft flogen kleine Tierchen auf und ab. Rechts neben ihm sah er eine kleine Hummel auf der Suche nach etwas zu Essen und als sich die Hummel auf eine Blüte setzte, freute Kyo sich für die Hummel. Um seinen Kopf herum flogen zwei Schmetterlinge, als würden sie fangen spielen. Er beobachtete sie noch ein bisschen, bis er sich an das Ufer setzte, um sich etwas von dem herrlichen Wasser ins Gesicht zu schöpfen. Das frische Nass tat auf seiner Haut richtig gut. Nachdem er sich noch ein bisschen ausgeruht und die Tiere am Bach beobachtet hatte, ging er weiter. Er hatte die ganze Zeit über so ein Hochgefühl, als könnte ihm die Welt nichts antun. So als könnte er jetzt einfach seine Arme ausbreiten und einfach davon fliegen. Einfach abheben und an einem anderen, schöneren Ort wieder landen. So hatte er sich bis jetzt noch nie gefühlt, aber dieses Gefühl war einfach nur berauschend. Er fragte sich auch warum er vorhin so eine Angst gehabt hatte, dieser Wald war doch nun wirklich wunderschön, hier kann doch nichts Gefährliches passieren. Er war so frei und so ungebunden, das gefiel ihm richtig. Er sprang und hüpfte fröhlich durch die Gegend. Er liebte dieses Gefühl, er wollte, dass es nie wieder aufhört. Kyo suchte sich ein schönes Plätzchen um die Tierchen im Wald zu beobachten, er fand es toll, dass sie so ungezwungen lebten, Seite an Seite mit Anderen Tieren, die Einen größer, die Anderen kleiner. Gerade als er sich fragte, was er vorhin eigentlich noch gesucht hatte, sah er vor sich ein kleines Rehkitz laufen. Er fand das so niedlich, dass er ihm hinter her lief. Hätte er sich aber noch einmal umgedreht, hätte er den Strand sehen können, dann wäre ihm auch wieder eingefallen was er gesucht hatte, aber das tat er nicht. Er lief und lief und lief bis das Kitz aus seinem Sichtfeld verschwand. Kyo kam langsam und lächelnd zum Stehen, als plötzlich ein Mensch in seinem Sichtfeld auftauchte. Dieser jemand kam direkt auf Kyo zu. Je näher diese Person kam, desto mehr nahm sein Hochgefühl ab und machte einem anderen Gefühl platz, der Angst. Er fragte sich gerade woher denn nun die Angst kam, aber es war ihm eigendlich egal. Seine Angst ignorierend ging er fröhlich einige Schritte auf sein Gegenüber zu. Doch je näher sie sich kamen desto schlimmer wurde sein Angstgefühl und eine Stimme in seinem Kopf wurde immer lauter ’Lauf weg!’. Plötzlich sah er ein Messer in der Hand der anderen Person und die Panik ergriff ihn, aber seine Beine wollten ihm noch immer nicht gehorchen. Als der Mann keine zehn Meter mehr von ihm entfernt war, drehte Kyo sich plötzlich um und rannte weg. So schnell er konnte lief er vor dem Mann weg. Er lief ohne ein Ziel, mal links mal rechts. Plötzlich tauchte diese Person direkt vor ihm auf, wie konnte das denn jetzt sein? Kyo blieb abrupt stehen und starrte in eisblaue, kalte Augen. Er merkte gar nicht, dass diese Person immer weiter auf ihn zuging. Er war von diesen Augen gefesselt, noch nie hatte er so etwas gesehen. Selbst, als sie direkt voreinander standen, rührte Kyo sich immer noch nicht. Sein Gegenüber hob langsam das Messer, wie in Zeitlupe und stach es Kyo mit einem Ruck in den Bauch. Kyos Augen weiteten sich vor Schreck, er wollte schreien doch seine Stimme versagte. Kein einziger Ton kam aus seinem Mund. Die eisblauen Augen starrten ihm ausdruckslos entgegen. Und als ihm das Messer wieder aus dem Bauch gezogen wurde, schlich sich ein kleines Lächeln auf das Gesicht seines Gegenübers. Kyo senkte seinen Blick auf seinen Bauch und sah wie das Blut unaufhaltsam aus seiner Wunder heraus trat. Es war richtig dunkel rot und die Wunde schmerzte unheimlich. Ihm wurde leicht schwarz vor den Augen, weil er schon sehr viel Blut verloren hatte. In diesem Moment glaubte er zu sterben. Er sehnte sich den Tod herbei, da er die Schmerzen nicht mehr aushielt. Doch diesen gefallen tat ihm das Leben nicht. Das Lächeln auf dem Gesicht seines Gegenübers wurde immer breiter, bis es einem hämischen Grinsen Platz machte. Langsam drehte er sich um, schmiss das Messer weg und ging mit langsamen Schritten davon. Doch obwohl Kyo diese Schmerzen spürte, wurden sie ihm immer gleichgültiger, je mehr sich die Person entfernte. Auch er drehte sich langsam um und schleppte sich davon. Sein Hochgefühl kehrte auch zurück, er besah sich seine Wunde noch einmal und auch auf seinem Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. Es war so gewollt, er sollte Sterben, er fand sich damit ab und machte sich seine restliche Zeit so schön er es konnte. Mit der Zeit nahm sein Hochgefühl wieder ab und die Schmerzen kamen mit voller Wucht zurück. Er krümmte sich, da die Schmerzen immer mehr zunahmen. Und plötzlich traf es ihn wie ein Blitz, die Beeren! Von den Beeren kam sein Hochgefühl, deswegen war es ihm so gleichgültig gewesen und deswegen ging es ihm so gut. Er war High gewesen. Aber jetzt wo die Wirkung nachließ, merkte er erst in was für einer Situation er war. Er ließ seinen Blick schweifen und etwas links von ihm sah er einen kleinen Weg. Dieser Weg kam ihm so Bekannt vor, und als er sich noch weiter umschaute konnte er den Strand entdecken. Jetzt wusste er wieder was das für ein Weg war, dies war der Weg, den er in den Wald hinein gegangen war. Er lief so gut es ging los. Die Sonne schien und er betrat mit einem Glücksgefühl den Strand. Er war so froh wieder aus dem Wald heraus zu sein. Er sah die Liegen, die zu ihrem Haus gehörten und auf den Liegen lagen Kaoru und Shinya. Kaoru brütete über irgendwelchen Papieren und Shinya schlief anscheinend. Die und Toshi spielten fröhlich im Wasser. Hatten sie ihn denn nicht gesucht? Er war doch mehr als einen Tag verschwunden gewesen, hatten sie ihn denn nicht vermisst? Erschöpft lehnte er sich an eine der weißen Palmen. Und vor allem, wie konnten sie da so ruhig liegen, wo er hier doch am verbluten war? Ist es ihnen vielleicht egal was hier mit ihm passiert? „Kao!“, rief er, so gut es ging über den Strand, in der Hoffnung, dass er gehört wurde. „Da bist du ja wieder, ich hab dich schon vermisst. Aber Shin meinte zu mir, ich müsste mir keine Sorgen machen, du würdest schon noch wieder kommen, spätestens wenn du Hunger hast“, schmunzelte Kaoru. Inzwischen kochte Kyo innerlich, man hatte ihn zwar vermisst, aber man hielt es nicht für nötig ihn zu suchen? Kaoru sah Kyo aber nicht wirklich an, sondern hob nur einmal kurz den Blick und sah dann wieder auf seine Unterlagen. Dabei bemerkte er nicht wie schmerzverzerrt Kyos Gesicht war. Plötzlich wurde Kyo schwarz vor den Augen und er sank in eine erlösende Ohnmacht. Kaoru hörte nur einen dumpfen Aufschlag und sah endlich von seinen Unterlagen auf. Er sah Kyo im weißen Sand liegen, wie er sich den Bauch hielt. Kaoru sprang von seiner Liege auf, erschreckte Shinya damit zu Tode und lief zu Kyo. Er kniete sich neben ihn und schlug ihm leicht ins Gesicht, um ihn wieder auf zu wecken. Als dieser wieder bei Bewusstsein war, murmelte er etwas, was Kaoru als „Tut so weh, mach es weg“ entziffern konnte. „Was tut dir weh Kyo?“ „Bauch“, war das einzige was Kyo sagte. Daraufhin nahm Kaoru Kyos Hände von dessen Bauch und besah sich diesen genauer. „Kyo was ist denn mit deinem Bauch?“, fragte Kaoru skeptisch. „Messer – Bauch – Blut… Viel Blut“, flüsterte Kyo, da seine Stimme zu versagen drohte. „Ähm, Kyo, da ist nichts“ Und mit diesem Satz war Kyo wieder voll da. Seine Schmerzen waren wie weggefegt. Er sah an sich hinunter und wo vorher noch eine riesige Wunde seinen Bauch zierte, war nichts, einfach nichts, noch nicht einmal eine Narbe. Sein Bauch sah aus, als wäre nichts passiert. Auch das vorher schon angetrocknete Blut, was überall an seine Körper klebte, war weg. Das war doch unmöglich! Kyo sprang blitzschnell auf und rannte wieder in den Wald, hier musste doch irgendwo noch die Blutspur sein, die er hinter sich her gezogen hatte. Aber auch die war nicht da. Alle Beweise dafür, dass auf ihn ein Attentat ausgeübt wurde waren weg. Das gibt es doch jetzt nicht, hatte er sich das etwa alles nur eingebildet? Nein definitiv nicht! So etwas kann man sich doch gar nicht einbilden, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß, wie er es erlebt hatte. ’Was, verdammt noch mal, geht hier vor? Das ist doch nicht mehr normal! Das war doch real oder etwa nicht?’, fragte Kyo sich im Stillen, bis ihm plötzlich etwas einfiel. „Du Kao! Wie lange war ich weg?“ „So ca. vier Stunden. Warum fragst du?“ „Nur so.“ Aber sein Gesicht sagte was gänzlich anderes aus, Kyo war überrascht. Er war verdammt überrascht. „Aber was mich noch interessieren würde ist, was vorhin mit dir los war?“ „Ach nichts! Das hat sich schon erledigt.“ Vier Stunden? Das ging doch gar nicht, er hatte doch eine ganze Nacht durchgemacht. Aber jetzt fiel es ihm auf: Er war gar nicht müde! Irgendetwas läuft hier gewaltig schief. Aber er konnte das den Anderen ja nicht erzählen, die würden ihn ja für verrückt erklären. Er beschloss die Sache erstmal für sich zu behalten, doch falls noch einmal solche Kuriositäten auftauchen sollten, würde er den Anderen von seinem Abenteuer berichten. Kaoru sah Kyo jedoch noch immer mit einem skeptischen Blick an, auf den Kyo nur: „Nichts, nichts!“ erwiderte. Kaoru sah diese Antwort als endgültig an und ging kopfschüttelnd zu seiner Liege zurück. Ihm machte der Vorfall ein bisschen Angst. Wieso hat Kyo so etwas erzählt und vor allem, warum war Kyo so überrascht gewesen, als er ihm gesagt hatte, dass er vier Stunden unterwegs war? Aber was hat Kyo damit gemeint, als er so vor sich hin gestottert und am Boden gelegen hatte? Das war alles mehr als kurios. Er hatte das Gefühl es den Anderen erzählen zu müssen, aber er konnte es nicht, die halten ihn doch für verrückt. Er beschloss erstmal nur mit Shinya darüber zu reden und ihn nach seiner Meinung fragen. Wieder bei den Liegen angekommen, weckte er Shinya auf, der inzwischen eingeschlafen war und erzählte ihm was eben passiert war. Als er geendet hatte spiegelte sich in Shinyas Gesicht Unglauben wieder. „Ach Kao, du kennst doch Kyo! Der wollte dich bestimmt nur verarschen!“, lachte Shinya, als er glaubte die Situation verstanden zu haben. „Das habe ich ja auch erst gedacht. Aber die Masche passt doch eher zu Die und Toto. Und außerdem habe ich Kyo noch nie so gesehen, wenn ich ehrlich bin, habe ich noch nie einen Menschen so gesehen. Noch nie! Ich glaube nicht, dass er mich ärgern wollte.“ Daraufhin schwieg Shinya und schaute nachdenklich in die Ferne. Es sah so aus, als ob er die untergehende Sonne beobachten würde, jedoch sah er sie nicht. Er hatte einen Punkt in der Luft fixiert ohne auch nur zu bemerken, was er sich da augenscheinlich eigentlich anschaute. Er dachte über das eben gesagte nach. Er kam zu dem Schluss, dass er abwarten würde, vielleicht entpuppte sich Kyo ja auch als ein brillanter Schauspieler, was er allerdings nicht zu glauben wagte. Aber wenn so etwas nie wieder passieren würde, war es ja vielleicht nur eine Einbildung Kyos. Spätestens dann müssten sie von hier verschwinden das stand für ihn fest. Kyo hatte definitiv keine Lust mehr jetzt noch ins Wasser zu gehen, obwohl Die und Toshi ihn zu sich winkten. Als Kyo nicht in das Wasser ging, kamen die anderen beiden hinaus. „Da bist du ja wieder!“, rief Die ihm entgegen. Kyo gab aber nur ein Brummen als Antwort. So langsam wurde es dunkler und sie entschlossen sich dazu wieder in ihre Hütte zu gehen. Kaoru sammelte seine Unterlagen ein, nahm sein Handtuch mit und ging den Anderen hinterher. Er konnte Kyo und Toshi schon gar nicht mehr sehen und Die und Shinya waren auch schon fast weg. Er wollte sich nicht beeilen, also schlenderte er langsam, über den Strand zur Hütte zurück. Er grübelte den ganzen Weg darüber nach, ob es nicht vielleicht falsch gewesen war hierher zu fliegen. Vielleicht wäre Hawaii ja doch die bessere Wahl gewesen? Wäre er nicht so in seine Gedanken vertieft gewesen, dann hätte er, an der Palme rechts neben sich, getrocknetes Blut gesehen. Und so ging er einfach nur weiter, wurde aber jäh aus seinen Gedanken gerissen, als er hinter sich etwas rascheln hörte. Er drehte sich um, konnte aber nichts entdecken, also setzte er seinen weg fort. Er bemerkte nicht, wie ihm eisblaue Augen hinterher starrten, mit einem wissenden Lächeln im Gesicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)