Beichte von Jadis (Confession) ================================================================================ Kapitel 3: VIP -------------- Kapitel 3 ~VIP~ Alexandra sah zu Heidi. Wie paralysiert, starrte sie noch immer auf die Stelle an der die Jungs verschwunden waren. Das Los derer die in der ersten Reihe standen, war nicht in jedem Fall ein gutes. Klar, sie waren der Band so nah wie keiner sonst, aber dafür waren sie auch diejenigen die am längsten warten mussten. War es vor Konzertbeginn auf den Anfang der Show, oder war es nach Konzertende auf das Verlassen der Arena. Tausende Fans drängten zum Ausgang und machten es ihnen im Moment unmöglich auch nur einen Schritt in dessen Richtung zu machen. Heidi schien aus ihrer Starre zu erwachen. Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie der Bühne den Rücken kehrte und sich der Menschentraube vor ihnen gegenüber sah. Skeptisch sah sie zu Alexandra, zuckte mit den Schultern und ging in die Knie um sich zu setzen. Alexandra tat es ihr gleich. Jetzt hieß es wohl wieder eine Weile warten. Sie waren es ja gewohnt... Es tat unglaublich gut, wenn die Beine nach unzähligen Stunden des Stehens nicht mehr das ganze Körpergewicht tragen mussten und man sich endlich einmal setzen konnte. Es dauerte nicht lange und Alexandra merkte, wie Heidis Kopf langsam in ihre Richtung kippte. Erst schien sie gegen den Schlaf anzukämpfen, doch dieser Kampf wehrte nicht lange. Nach kurzer Zeit ruhte ihr Kopf sacht auf Alexandras Schulter. Alexandra beobachtete noch eine Weile wie sich die Arena langsam, wirklich sehr langsam, lehrte. Ein paar Parolen wurden hier und da noch gerufen, doch auch dies lies immer mehr nach und die erschöpften Fans schlichen weiter Richtung Ausgang. Alexandra vermutete, dass viele jetzt den Backstage-Ausgang suchten um die Jungs dort abzupassen um noch ein paar Fotos zu machen und vielleicht auch ein Autogramm zu erhaschen. Ein Leben als Teenie-Idol war echt nicht leicht, dachte Alexandra und warf ihren Kopf in den Nacken um in den Himmel zu sehen. Es war eine herrliche, sternenklare Nacht. Als sie Heidis gleichmäßiger Atmung lauschte, ereilte die Müdigkeit auch Alexandra. Es war doch ein gewaltiger Unterschied, ob man in einem schönen weichen Bett schlief oder die Nacht, in eine Thermodecke gewickelt, auf hartem Betonboden verbrachte. Das wusste sie jetzt ganz genau. Doch dieser unglaubliche Abend, hatte diese Strapaze tausendfach entschädigt. Und warum sollte sie sich auch beschweren? Es war doch ihre eigene Entscheidung gewesen. Und das sie etwas so großartiges erleben würde, hatte sie vor wenigen Stunden gewiss nicht gedacht. Denn das war der Abend gewesen: großartig. Eine Sternschnuppe flitzte über den nächtlichen Himmel, als sie darüber nachdachte, wann sie das nächste Mal auf ein Konzert gehen würde, denn das stand für sie außer Frage: sie wollte mehr davon! Sie wusste nicht wie lange sie so an die Absperrung gelehnt saßen, als Alexandra langsam begann zu frösteln. Sie straffte sich etwas. Diese Bewegung reichte aus um Heidi aus ihrem Schlaf zu reißen. Aus kleinen Augen sah ihre neue Freundin sie verschlafen an, dann sah sie sich in der Arena um. Weit hinten, am Ausgang, verließen gerade die Mädchen die neben ihnen gestanden hatten, die Arena. Als sie im dämmrigen Licht der Flutlichtanlagen verschwunden waren, gingen, jeweils mit einem lauten “KLACK”, die letzten Lichter aus und außer der blauen Notbeleuchtung auf der Bühne, war es jetzt komplett dunkel. Heidi blinzelte. Ihre Augen reflektierten das blaue Licht. Eine Sekunde später sprach sie zu Alexandra in ihrer Muttersprache. “Was?” wollte diese wissen. Heidi lächelte kurz. “Oh”, sagte sie peinlich berührt ”ich... wir gehen sollten.” Alexandra nickte und rappelte sich auf die Beine. “Ja, du hast Recht”, sagte sie und zog Heidi auf die Beine “bevor sie uns hier noch einschließen.” Heidi bückte sich noch einmal nach ihrer Jacke, auf der sie gesessen hatte, während Alexandra schon ein, zwei Schritte Richtung Ausgang ging. Nach kurzer Zeit bemerkte sie, dass Heidi ihr nicht folgte. Sie drehte sich um und sah wie sie, mit ihrer Jacke in einer Hand, nur halb aufgerichtet dastand und auf etwas stierte. “Kommst du?” wollte Alexandra wissen und folgte jetzt erstmals ihren Blick. Eine Silhouette war auf der Bühne aufgetaucht. Sie wurde von dem weichen, blauen Licht angestrahlt und schien etwas zu suchen. Dann war sie so nah, dass man erkennen konnte, um wen es sich handelte. Heidi hatte sich zwischenzeitlich wieder zu ganzer Größe aufgerichtet und sah, mit halb offenen Mund, ungläubig zu der Person hinauf. Ihre Müdigkeit schien verschwunden zu sein. “Ach, die kleine Verrückte von vorhin.” sagte Tom und trat näher an den Bühnenrand. Alexandra sah es nicht, aber sie nahm an, dass er grinste. “Ach, der große Verrückte von vorhin.” erwiderte sie. Er ging in die Knie und hockte sich an den Rand, seine Dreadlocks fielen über seine Schulter. “Mein Name ist Tom.” “Ja”, sagte Alexandra und trat wieder die zwei Schritte näher “das wissen wir.” Zwei Sekunden herrschte Schweigen. “Ihr habt ja ganz schön lange ausgeharrte”, sprach Tom weiter “die meisten sind schon am Hinterausgang und schreien sich dort die Seele aus dem Leib.” Alexandra zog eine Augenbraue in die Höhe und war jetzt so nah, dass sie seine Augen sehen konnte. “Es gibt auch Fans die nicht wie die Bekloppten anfangen zu kreischen, wenn sie euch sehen, hyperventilieren, in Ohnmacht fallen oder mit euch ins Bett wollen. Es gibt auch ganz normale Fans, die einfach nur darauf warten, bis die Arena leer ist um sie dann in aller Ruhe verlassen zu können.” Diesmal war es Tom der die Augenbrauen in die Höhe zog und anerkennend nickte. “Echt? Das ist mir ja ganz neu.” “Echt.” antwortete Alexandra. “Nur blöd, dass ihr eingeschlafen seit, was?” “Ich bin nicht eingeschlafen”, verteidigte sich Alexandra und ärgerte sich fast augenblicklich über den bissigen Ton in ihrer Stimme “Heidi ist eingeschlafen.” “Das ist also der Name deiner Freundin?” Tom sah zu Heidi, die immer noch stand wo sie stand und sich an ihre Jacke krallte. “Ja.” bestätigte Alexandra. Tom nickte in Heidis Richtung. “Freut mich.” Heidi nickte ebenfalls. Tom sah etwas skeptisch aus der Wäsche, sodass Alexandra ihn schnell aufklärte. “Sie kommt aus Finnland.” Alle Skepsis verflog. “Oh, wow. Deutsch ist eine schwere Sprache, was?” “Ja, schwer.” Er wandte sich wieder an Alexandra. “Und wie ist dein Name, wenn ich fragen darf?” “Darfst du.” meinte Alexandra und nannte daraufhin ihren Namen “Aber wehe du sagst Alex zu mir.” fügte sie schnell hinzu. Tom lachte. “Ich werds mir merken.” Er erhob sich kurze Zeit später und sah sich wieder nach etwas um. Heidi und Alexandra warfen sich einen kurzen Blick zu, dann hörten sie schon wieder Toms Stimme. “Ach, hier bist du ja.” Er bückte sich nach etwas und hob die Lederjacke auf die Bill auf der Bühne ausgezogen hatte. “Wenn sein Kopf nicht angewachsen wär, dann würde er den auch noch vergessen.” scherzte Tom und sah wieder zu den beiden Mädels. Er schien zu überlegen. “Habt ihr noch ein paar Minuten?” fragte er schließlich. Alexandra nickte und war sich plötzlich nicht sicher, ob er ihre Geste in der Dunkelheit gesehen hatte. “Sicher.” sagte sie und hoffte, dass es okay war, wenn sie für Heidi mit sprach. “Dauert nicht lange.” meinte Tom noch und verschwand in einer Mauer aus blauem Licht. Alexandra sah zu Heidi, die gerade ihre Jacke überzog. In der Ferne hörte man Mädchen kreischen. Wahrscheinlich hatten sie den Hinterausgang tatsächlich gefunden. Keine Minute später, kehrte der Gitarrist zurück, sprang mit einem Satz vom Bühnenrand und kam vor der perplexen Alexandra zum stehen. “Hier.” sagte er und legte ihr etwas um den Hals. Ihr fiel auf, dass er ein paar Zentimeter größer war als sie. Verwirrt sah Alexandra auf eine Karte hinab die an einem Stoffband um ihren Hals hing. In dem fahlen Licht konnte sie kaum etwas erkennen. Tom war zu Heidi getreten und hatte auch ihr etwas umgelegt. “VIP Backstage-Pass?” las Alexandra laut vor, nachdem sie die Worte entziffert hatte. “Yup, fand ich ne nette Idee.” meinte Tom nur und half Heidi bereits über die Absperrung “Sag bloß du hast keine Lust,... Alex?” fügte er hinzu. Alexandra funkelte ihn an und war sich der Provokation wohl bewusst. Sie beobachtete wie Heidi auf die Bühne kletterte und auf sie wartete. Tom stand noch immer vor ihr auf der anderen Seite der Absperrung. “Also?” fragte er und hielt ihr seine offene Hand hin. “Also gut, Tom.” sagte sie mit besonderer Betonung auf seinen Namen und legte ihre Hand in seine um sich über die Blockade helfen zu lassen “Hab gerade sowieso nichts besseres vor.” “Dacht ichs mir doch.” meinte er und packte zusätzlich ihren Oberarm um sie besser halten zu können. Als sie wenig später neben Heidi auf der Bühne stand, grinste die Finnin ihr zu. Alexandra erwiderte die Geste. Sah so aus, als würde der Abend doch noch nicht ganz zu Ende sein. Tom erklomm als letzter die Bühne und richtete sich zwischen den beiden auf. “Hier, halt das mal.” sagte er zu Alexandra und drückte ihr Bills Jacke in die Arme, die er immer noch in den Händen gehalten hatte. Ohne ein weiteres Wort ging er ein paar Schritte und kehrte kurze Zeit später mit... Gustavs Schuhen wieder, die dieser wohl ebenfalls vergessen hatte. “Ich bin einfach zu gut für diese Welt.” beantwortete er die ungestellte Frage der Mädchen und packte dabei Alexandras Hand, die wiederum nach Heidis Hand griff “Folgt mir unauffällig.” Er setzte sich in Bewegung und ein Ruck ging durch Alexandras Arm, bevor sie sich ebenfalls in Bewegung setzte und ihrerseits Heidi mit sich zog. Das Abenteuer Backstage konnte beginnen… Hinter der Bühne wirkten tausend Eindrücke auf sie ein und schienen sie m ersten Moment zu übermannen. Dutzend Menschen wuselten hektisch durch die Gegend und schienen keinerlei Notiz von ihnen zu nehmen. Auch die Security war plötzlich wie vom Erdboden verschluckt, aber vermutlich hatten sie sich alle wieder vor die Arena und an den Hinterausgang begeben, um die Massen von Fans unter Kontrolle zu bringen. „Vorsicht, nicht stolpern.“ meinte Tom, der Alexandra immer noch an der Hand hielt und hinter sich her zog, als er über ein Kabelwirrwarr trat. Überall standen technische Geräte und Instrumente, viele mit dem Tokio Hotel Schriftzug versehen. Handtücher und Wasserflaschen lagen nahe der Bühne verstreut auf dem Boden und weckten Erinnerungen an “Reden”. Alles in allem, schien es hier ziemlich chaotisch zuzugehen. Tom nickte dem einen oder anderen lächelnd zu und lies auch manchmal ein kurzes „Hi.“ hören, aber keiner schien sich über die kleine Gruppe zu wundern die sich so beharrlich ihren Weg durch den Backstage-Bereich bahnte. Und es war ein großer Backstage-Bereich. Langsam fragte sie sich, ob sie den Backstage-Pass wirklich benötigt hätte. Sie waren schon eine Weile unterwegs, als Heidis Stimme zu Alexandra nach vorn drang. „Darf man telefonieren?“ Alexandra blickte über ihre Schulter und sah wie Heidi ihr Mobiltelefon in der einen Hand hielt. Sie zuckte ahnungslos mit den Schultern und sah wieder nach vorn zu Tom, der die Frage anscheinend nicht gehört hatte. „Darf man hier telefonieren?“ wiederholte Alexandra sie. Auch Tom sah kurz über seine Schulter, während er gerade über weitere Kabel stieg. „Ja klar.“ meinte er nur und führte sie weiter. „Ja klar.“ trug Alexandra seine Worte nach hinten weiter und Heidi begann fast augenblicklich auf ihrem Handy herum zu tippen. Alexandra vermutete, dass sie ihren Vater anrufen wollte. Immerhin war sie noch nicht volljährig und er würde sich mit Garantie sorgen machen, wenn sie nicht bald im Hotel auftauchen würde. Tom führte sie bald darauf über eine kleine Treppe ins Freie. Die kühle Nachtluft tat gut, nachdem sie durch die Hitze des Backstage-Bereiches gegangen waren. Alexandra hätte nicht gedacht, dass es dort so warm war. Heidi beendete ihr Gespräch und Alexandra fragte: „Alles in Ordnung?“ Heidi nickte erleichtert, sagte jedoch nichts. Sie gingen über einen Parkplatz auf dem große Wohnwagen standen. Aus einigen wenigen leuchtete Licht durch die zugezogenen Gardinen auf den schwarzen Asphalt. Tom steuerte einen beleuchteten Wohnwagen ziemlich am Ende des Platzes an. Er lies Alexandras Hand los und stieg die eiserne Treppe, die zur Tür führte, empor. „Hereinspaziert.“ sagte er und betätigte die Klinke. Von innen drangen Stimmen an ihr Ohr. Weder Alexandra noch Heidi rührten sich. Toms Mundwinkel gingen in die Höhe und er trat mit einem „Okay.“ ins Innere. Alexandra schluckte. Okay, dachte auch sie sich und tat den ersten Schritt auf die Treppe um nach oben zu gehen. Heidi folgte ihr. „Jungs, ich hab uns n paar Mädels mitgebracht.“ hörte sie Tom schallmaien und trat in eben diesem Moment in den Wohnwagen, als er Gustavs Schuhe zu seinem Besitzer quer durch den Raum warf. Dieser konnte sie gerade noch so fangen und zog sie sofort über seine nackten Füße. Alexandra grinste. Und das hatte er nicht gemerkt? Heidi war neben sie getreten. Sie sahen sich im Raum um. Es war gemütlich hier, mit zwei Sofas, einem Sessel, einem kleinen, hoffnungslos überladenen, Tisch und einigen anderen heimlich wirkenden Möbelstücken. „Das ist ja mal was ganz neues, Tom.“ bemerkte Gustav, als er sich in seinem Sessel wieder aufrichtete und die Neuankömmlinge begutachtete. Alexandra fragte sich, wie wohl das „Gustav Schäfer-Testurteil“ ausfallen würde, als Tom sie vor sich her weiter ins Innere schob. „Das ist Alex…andra“ stellte er sie vor und schob nun auch Heidi etwas weiter in den Raum „Und das ist Heidi, sie kommt aus Norwegen.“ „Finnland.“ korrigierte Alexandra ihn ohne in seine Richtung zu sehen. „Hab ich doch gesagt.“ Die Jungs lachten. Bill, der mit einem Plastikbecher in der Hand auf dem Sofa gesessen hatte, erhob sich und kam auf sie zu. Für einen Moment, dachte Alexandra an nichts Gutes, doch er streckte ihr nur seine Hand entgegen. Sich in Gedanken schellend, schüttelte sie diese. „Ich bin Bill“, stellte er sich unnötigerweise vor „Freut mich.“ „Mich auch.“ war Alexandras höfliche Antwort während er auf Georg zeigte. „Der Hüne da ist Georg“, Georg hob zum Gruß die Hand „und das ist Gustav.“ Gustav nickte. „Ja“, bestätigte Tom und scheuchte Gustav aus dem Sessel, damit Heidi sich setzen konnte „und wir müssen sie immer vorstellen, weil sie selber ihre Namen nicht sagen können.“ Eine leere Plastikflasche flog gegen Toms Kopf. „Aua.“ beschwerte sich dieser und warf sie zu Georg zurück. Alexandra beobachtete wie der Becher Georg um einen guten Meter verfehlte, als ihr bewusst wurde, dass sie noch immer die Lederjack in den Händen hielt. “Oh, hier.” sagte sie und überreichte sie an Bill. Er bedankte sich etwas überrascht und legte sie über die Lehne des Sofas. “Nichts zu danken.” erwiderte Alexandra. “Sei froh, dass du sie wieder hast”, meinte Tom, der jetzt auf eben diesem Sofa lümmelte, zu Bill “ich hab sie dabei erwischt wie sie gerade versuchte die Jacke unauffällig aus der Arena zu schmuggeln.” Alexandra funkelte gespielt böse in seine Richtung. “Glaub ihm kein Wort.” sagte sie. “Keine Angst”, grinste Bill “das tu ich nicht.” „Okay”, begann Tom nach einem Moment der Stille “jetzt wo wir uns alle so schön bekannt gemacht und Nettigkeiten ausgetauscht haben…setz dich doch.“ “Öh...ja.” sagte Alexandra schlicht und ließ sich auf das freie Sofa fallen. Bill nahm neben ihr Platz. “Na toll.” war von Gustav zu hören, der als einziger noch stand und jetzt keinen freien Platz mehr hatte. Heidi kicherte. Kurzerhand setzte er sich auf die Lehne des Sessels auf dem sie saß. Alexandra sah, wie sie leicht rot um die Ohren wurde und ihre Füße plötzlich schrecklich interessant fand. “Lasst mich raten”, versuchte Alexandra ein Gespräch anzufangen “ihr wartet hier nach Konzertende eine Weile, damit ihr nicht durch die Teeniemassen am Hinterausgang müsst, lieg ich richtig? Alle nickten übereinstimmend. “Absolut richtig.” meinte Georg und nippte an seinem Becher. “Apropos Konzert”, nahm Tom den Faden wieder auf “Wie hats euch eigentlich gefallen?” Alexandra sah zu Heidi. Sie hatte gerade mit Gustav ein Gespräch angefangen. Oder er mit ihr? Na egal, jedenfalls war es jetzt an Alexandra die Frage zu beantworten. “Äh...”, sie räusperte sich und dachte, dass dies von den Jungs eventuell als schlechtes Zeichen aufgefasst wurde “sagen wirs mal so...ich hab noch nie so viel Menschen, nein” sie korrigierte sich selber “ich habe noch nie so viele Mädchen so laut schreien gehört! Ein paar blaue Flecken hab ich glaub ich auch, aber das war es wehrt, denn, um auf deine Frage zu antworten, es war absolut geil! Ich würde jederzeit wieder kommen.” “Das ist doch mal ein Wort.” freute sich Tom. “Noch jemand ein Bier?” hörten sie plötzlich von Georg. Er sah zu Alexandra. “Du?” “Oh nein, danke”, lehnte sie ab “ich trinke kein Bier.” “Hohoho, dann müssen wir wohl die schweren Geschütze auffahren.” meinte er nur, während Bill neben Alexandra leicht mit den Augen rollte. Eine Sekunde später standen, wie aus dem Nichts aufgetaucht, eine Flasche Dooleys, eine Flasche Blue Curaçao und sogar eine Flasche Feuerwhiskey, die allerdings schon halb leer war, auf dem überfüllten Tisch. Überraschenderweise waren auch Gläser aufgetaucht die rasch gefüllt wurden. Seit Georg sie gefragt hatte, ob sie ein Bier wollte, waren gerade mal fünf Sekunden vergangen...unglaublich. Alexandra konnte Georg gerade noch davon abhalten ihr Glas mit Whiskey zu füllen. “Ich nehm Doolys, danke.” Und zu Bill gelehnt, der ebenfalls ein Glas des Likörs gereicht bekam, meinte sie: “Mit Orangensaft habt ihrs wohl nicht so, oder?” Er lachte. “Hey, du hast ja auch ein Zungenpiercing.” hörte sie Tom sagen und in ihre Richtung zeigen. Man, der sah aber genau hin. “Ja.” sagte sie kurz angebunden und nippte nach einem “Prost!” an ihrem Glas. Sie sah wie Heidi den Alkohol dankend ablehnte und statt dessen ein Glas Wasser nahm. Gutes Kind, sie war doch erst 15. “Jetz erzähl doch mal”, begann Tom wieder “Wo kommst du her? Wie alt bist du? Wie hast du Heidi kennen gelernt?” “Nicht weit weg von hier, rat doch mal, durch das Internet.” war Alexandras Antwort. “Also ich glaube du bist in unserm Alter.” schalltete sich Bill in das Gespräch ein. “Glaub ich auch.” nickte Tom und nahm einen Schluck Whiskey “17 also.” Alexandra lächelte. “Ratet weiter.” “18?” fragte Tom. Alexandra schüttelt den Kopf. “19?” war Bill an der Reihe. “Bingo!” “19", nuschelte Tom vor sich hin “soso.” Bevor Alexandra darauf reagieren konnte, stellte er die nächste Frage. Er war aber auch neugierig. “Und über welche Internetseite habt ihr euch kennen gelernt? Tokiohotel.de?” “Nein.” “TokioHotelFanclub.de?” “Nein.” “Aber über das Tokio Hotel Forum?” “Nein.” “Sondern?” “Deviantart.com.” “Oh, deviantart.com” wiederholte Tom und sah zu Bill. “Ich habs gehört.” meinte dieser nur. In diesem Moment brach Heidi in schallendes Gelächter aus in welches Gustav wenig später einfiel. Da schienen sich aber zwei zu verstehen. Nach fünf weiteren Gläsern Dooleys lachten die sechs wirklich über JEDEN Witz. Und wie spät war es eigentlich? Ach, keine Ahnung. Kicher. “Wie kommst du eigentlich nach Hause?” fragte Bill, während Tom es witzig fand Gustavs Schnürsenkel aneinander zu binden, jedoch bekam dieser es mit und lief nicht Gefahr nach dem Aufstehen auf dem Boden zu landen. “Heute wahrscheinlich gar nicht mehr. Ich bin mit dem Auto hier und jetzt nicht mehr wirklich Fahrtüchtig. Aber ich hab vorgesorgt und einen Schlafsack im Auto liegen. Das is kein Problem.” Bill nickte. “Verstehe.” Georg war zu fortgeschrittener Stunde der Erste der aufstand und zur Tür ging, nachdem er Alexandra und Heidi die Hand zur Verabschiedung geschüttelt hatte. “Bill, kann ich mal mit dir reden?” fragte er und trat bereits nach draußen. Bill stellte sein Glas ab und folgte ihm. “Wir wollten nur reden...” sang Alexandra fröhlich vor sich hin und erntete erneut ein Grinsen von den Zwillingen. Heidi und Gustav waren immer noch in ihr Gespräch vertieft, sodass sie sich jetzt mit Tom vergnügen musste. “So, du willst also in deinem Auto schlafen?” Sie nickte und leerte ihr Glas. “Ich hätte da auch noch ein Hotelzimmer anzubieten.” fuhr er fort und lehnte sich etwas weiter zu ihr. Wieso hatte Alexandra befürchtet, dass es irgendwann so eine Wendung nahm? “Glaub mir Tom”, sagte sie und lehnte sich ihrerseits in seine Richtung “du bist nicht so unwiderstehlich wie du denkst.” Entgegen ihrer Erwartungen verblasste sein Grinsen keineswegs, es wurde eher noch breiter. “Das werden wir schon noch sehn.” meinte er vielsagend und lehnte sich wieder zurück um ebenfalls sein Glas zu leeren. Es dauerte nicht lange bis Bill wieder auftauchte und berichtete, dass am Hinterausgang nur noch wenige Mädels warteten. Georg hatte es jedenfalls geschafft ungesehen zu verschwinden. Heidi und Gustav standen urplötzlich zeitgleich auf und gingen zur Tür. “Ich schaff Heidi zu ihrem Hotel.” meinte Gustav während Heidi gestikulierte, dass sie sich bei Alexandra melden wollte. Alexandra nickte und sah sich schon bald mit den Zwillingen allein. Sie gähnte. “Ich werd dann auch mal”, sagte sie, klopfte sich auf die Oberschenkel und stand auf “Vielen Dank für...” sie gestikulierte hilflos auf den Alkohol “die Getränke. War sehr nett mich euch.” “Fand ich auch.” sagte Tom und sprang neben ihr in die Höhe “Vielleicht sieht man sich ja mal wieder.” grinste er sie an und sie konnte nicht anders als zurück zu grinsen. “Ja, vielleicht. Machs gut.” sagte sie und hielt ihm die Hand hin. “Ach, komm her.” Ehe sie sich versah, fand sie sich in einer Umarmung wieder. “Parkst du weit von hier?” hörte sie Bills Stimme, als Tom sie wieder entließ. “Äh, nein, nur zehn Minuten zu Fuß.” “Ich...” begann er “...könnte dich zusammen mit Saki begleiten. Es ist schon spät und ich hätte kein gutes Gefühl, wenn du jetzt allein durch Straßen läufst.” “Och, ihr beiden seit so süß”, quietschte Tom gespielt und sah zu Alexandra und Bill, die sich gegenüber standen “ich krieg gleich nen Zuckerschock.” Mit blankem Gesichtsausdruck sahen ihn beide an. “Ich hol Saki.” sagt er schnell und verließ ohne ein weiteres Kommentar den Wohnwagen. “Saki?” fragte Alexandra. “Unser Bodyguard.” klärte Bill sie auf. Innerlich schluckte Alexandra. “Na komm.” sagte Bill schließlich, als sie keine Anstalten machte sich zu rühren. Als sie ins Freie traten, und Bill sich wieder die Lederjacke anzog, ging Alexandras erster Blick gen Himmel. Wolken waren aufgezogen und auch die Luft hatte sich weiter abgekühlt. Es würde bestimmt noch kälter werden. Zwischen den Wohnwagen tauchte Tom plötzlich wieder auf und rief ihnen zu: “Saki wartet am Haupteingang. Dort ist jetzt niemand mehr. Ich pack noch ein paar Sachen zusammen und fahr dann ins Hotel.” Bill nickte. “Ja, bis dann.” Alexandra winkte noch mal kurz, Tom zwinkerte ihr zu. Die beiden nahmen den selben Weg den sie von der Bühne aus gekommen waren, wobei es ihnen nicht ganz leicht viel geradeaus zu gehen. Die Dooleys hatten ihre Wirkung hinterlassen, obwohl die Frischluft gut tat. Die Absperrung vor der Bühne war bereits verschwunden und die Instrumente eingepackt. Der Rest würde aber erst morgen abgebaut, wenn es hell war, erklärte Bill Alexandra. Langsam schlenderten sie durch die leere Arena in Richtung Hauptausgang. “Ohne Bodyguard könnt ihr fast nirgendwo auflaufen, was?” wollte Alexandra nach ein paar Momenten des Schweigens wissen. “Leider nein.” antwortete Bill “Das heißt, kaum. Obwohl es nicht so ist, dass uns irgend jemand etwas antun wöllte. Wir werden einfach nur...” ihm schienen die Worte zu fehlen. “Belagert.” vervollständigte Alexandra den Satz “Und wahrscheinlich zu Tode geknuddelt wenn dieser Saki nicht wäre.” Bill lachte. “So ungefähr.” Alexandra lächelte und stolperte einen Moment später über ihre eigenen Füße. Bill griff reflexartig nach ihren Arm. “Vorsicht.” meinte er als sie wieder normal ging. “Das war vielleicht ein Glas zu viel.” meinte sie nur. “Vielleicht.” sagte Bill und Alexandra konnte ihn lächeln hören “Ah, da ist Saki.” Alexandra hob ihren Blick und sah den typischen Bodyguard. Groß, breit wie ein Schrank und Muskeln an jeder Stelle des Körpers. “Das ist Alexandra.” stellte Bill sie vor, nachdem die beiden sich begrüßt hatten. Saki nickte. “Und wir geben jetzt der Lady Begleitschutz?” fragte er. Alexandra war die Situation nicht wirklich angenehm, doch bevor sie näher darüber nachdenken konnte, waren sie auch schon vor der Arena und vorbei an der Stele wo sie letzte Nacht geschlafen hatte. Die zehn Minuten bis zu ihrem Auto vergingen schnell. Sie und Bill unterhielten sich noch über alltägliche Sachen, wie Lieblingsband, Lieblingsessen und andere Smalltalkgeschichten, wobei sich Saki stets dezent im Hintergrund hielt. Dafür, dass es sich bei Dresden um eine Großstadt handelte, war es erstaunlich menschenleer um diese Uhrzeit. Nicht das es Alexandra gestört hätte, dass eben keine kreischenden Mädels angerannt kamen und um ein Autogramm baten. Als ihr Auto in Sichtweite kam, kramte sie nach dem Schlüssel und öffnete per Knopfdruck die Zentralverriegelung. Während sie den Schlafsack aus dem Kofferraum holte, sah Bill sich im Cockpitbereich um. “Nicht gerade viel Platz.” meinte er. “Ich brauch nicht viel Platz.” sagte Alexandra und legte den Schlafsack auf den Beifahrersitz um ihn später über sich entrollen zu können “Tja, also...” “War nett dich kennen gelernt zu haben.” meinte Bill schließlich nach einer Sekunde der Unentschlossenheit. “Fand ich auch.” Bill schloss sie zum Abschied in seine Arme, dann stieg Alexandra hinter das Lenkrad und stellte die Lehne nach hinten, um sich hinlegen zu können. “Und schließ die Tür ab.” meinte Bill noch, bevor sie die Tür zu zog. “Ja.” grinste sie und fügte in Gedanken noch ein “Papa” hinzu. Einen Knopfdruck später ertönte das typische Geräusch einer Zentralverriegelung. Bill prüfte von außen noch einmal, ob auch wirklich abgeschlossen war. Zufrieden nickend beugte er sich noch mal ans Fenster. “Gute Nacht, Lexa.” sagte er und sie hörte seine gedämpfte Stimme durch das Glas. “Gute Nacht.” Mit einem letzten Lächeln wandte er sich zu Saki und sie liefen gemeinsam die beleuchtete Straße zurück die sie gekommen waren. Irgendwie konnte es Alexandra nicht ertragen zu sehen, wie sie in der Ferne immer kleiner wurden. Sie drehte sich auf die Seite und zog den Schlafsack über sich. Hm, waren ihre letzten Gedanken als sie einschlief, Lexa... ~ Ende des 3. Kapitels ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)