Harry Potter und das Medaillon der Vampire von Altron (Fortsetzung zu "Harry Potter und das Haus des Phönix") ================================================================================ Kapitel 24: Legilimentik ------------------------ Legilimentik Die letzten Ferientage gingen erstaunlich rasch zu Ende und am Abend vor dem ersten Schultag wimmelte es vor lauter Schülern im Gemeinschaftsraum. Harry sah sich einen Moment um, bis er Theodor erblickte, der mit seiner Freundin in einer dunklen Ecke saß und sie küsste. Eigentlich wollte er sie nicht stören, doch in dem Moment gesellte sich Pansy Parkinson zu dem Pärchen und so gab sich auch Harry einen Ruck und trat zu ihnen. Die beiden Mädchen begrüßten ihn herzlich und boten ihm einen freien Stuhl an. "Eigentlich wollte ich nur…" Harry brach ab, als Theodor ihn auf den Stuhl zog. "Nix da", sagte er. "Schluss mit verkriechen, Harry. … und nein du störst nicht! Claire will uns gleich etwas von dem Verwirrungstrank mitbringen und du bist herzlich eingeladen - in unserem kleinen Anti-Draco-Club." Harry sah ihn irritiert an. "Es war Claires Vorschlag", fügte Theodor rasch mit einem breiten Grinsen hinzu. Harry verschob das Gespräch, über dass erste, morgige Treffen mit Simon, um die gute Laune von Theodor nicht zu vermiesen und wandte sich beiläufig an die beiden Mädchen: "Wie waren eure Ferien?" "Klasse", sagte Dora. "Ich wette, das Schneequidditch hätte dir auch gefallen." "Es war ein geniales Spiel und ein so knapper Endstand, aber die Iren haben die Schweitzer am Ende weggekickt", fuhr Pansy fort. "Du hast die Frostbeulen vergessen!" "Welche Frostbeulen?" Pansy lachte. "Mum hat mit einem Zauber meinen Sitz mit einem leichten Glühzauber belegt, es war kuschelig warm, aber du wolltest ja nicht!" "Aber der beheizte Sitz hat dich nicht vor dem Schneeball geschützt!", sagte Dora schelmisch. "Pansy hat nämlich ganz schön was abbekommen." "Aber es war nicht so schlimm, wie bei dem Mann zwei Reihen vor uns!", wehrte Pansy ab. "Den hat man nach einem Frontal-Treffer ins angrenzende Krankenhaus bringen müssen. Dieser Mann wurde einfach so KO geschlagen!" "Was war das denn für…" Theodor stockte und sah sich aufmerksam im Gemeinschaftsraum um. "Ich habe von Anfang an gesagt, dass es eine mistige Idee ist!", schrie Claire ihren Zwillingsbruder an. " Das hast du dir selbst zuzuschreiben!" "Claire", tobte Norman. "DAS ist allein meine Sache und die von Draco." "Dann darfst du dich nicht beklagen, dass du nachts nicht mehr schlafen kannst und schon gar nicht, dass es George nicht gefällt." "Habe ich mich beschwert?", zischte Norman zurück. Harry, der die beiden streitenden Zabini-Zwillinge betrachte, sah, dass Norman eine blutende Hand hatte. "Außerdem, was geht mich George an." "Du könntest wenigstens ein bisschen Rücksicht auf die anderen nehmen. George hat…" "Claire! George hat hier nichts zu sagen!" Norman zog seine Schwester mit seiner unverletzten Hand weiter in Richtung Ausgang. "Er muss sich damit abfinden, oder er bekommt noch mal eine Abreibung." Die Steinwand glitt zur Seite und die Zwillinge hatten den Gemeinschaftsraum verlassen. Die beiden stritten sich ständig, doch im Grunde mochten sie sich viel zu gerne, als dass für Claire Gefahr drohte. "Ich glaube, wir brauchen erstmal nicht darauf hoffen, dass Claire uns den Trank vorbeibringt", kommentierte Dora die Szene und erhob sich, um selbst dafür zu sorgen, dass sie den Zaubertrank bekamen. Harry überlegte zwar, wer George war und was, Normans Aussage nach, seine und Dracos Sache war, doch Theodor kehrte zu seiner Frage zurück und verdrängte so Harrys Überlegungen in den Hintergrund. "Was war das für ein Schneeball, der einen Mann einfach so KO schlägt?" "Naja, er war etwas überdimensional… Man könnte meinen, der Sucher der Iren hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als Schneebälle heraufzubeschwören, die problemlos die ideale Grundlage für Schneemänner von zwei Metern Größe gewesen wären. Das war die reinste Schneeschlacht und obwohl das Wetter klar war, hatte man den Eindruck, in ein heftiges Schneegestöber geraten zu sein." Dora drückte jedem in der Runde einen Becher von dem heißen süßlich schmeckenden Verwirrungstrank in die Hand, den Harry dankbar annahm. "Du hast die unteren Reihen vergessen", fügte Dora hinzu. "Die waren im Laufe des Spiels derart eingeschneit worden, dass man sie nach dem Spiel regelrecht wieder ausbuddeln musste." Die vier Slytherins saßen den ganzen Abend zusammen. Dora und Pansy vertieften sich weiter in die Ausführungen des Schneequidditchs und nach dem zweiten oder dritten Becher Verwirrungstrank hatte Harry vergessen, dass er eigentlich mit Theodor etwas Wichtiges besprechen wollte. *** Harrys erster Schultag begann mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Nur mühsam und mit verquollenen Augen schleppte er sich nach der ausgesprochen kurzen Nacht in die Große Halle zum Frühstück, doch bis auf ein paar Bissen von seinem Brot brachte er nichts herunter. Der Lärm der umstehenden Slytherins machten seine Kopfschmerzen nicht besser und so verließ Harry die Halle sehr früh, um zum Verwandlungsunterricht zu gehen, wo ihn Hermine abfing. "Was ist denn mit dir passiert!", merkte sie mit verschränkten Armen an. "Hast du zu viel getrunken?" Harry nickte knapp und ging neben ihr in den Klassenraum. Er mühte sich den ganzen Morgen damit ab seine übermüdeten Augen offen zu halten und erst beim Mittagessen schaffte Harry es endlich, sich zu Theodor zu setzen, um die anstehende erste Legilimentikstunde mit Simon anzusprechen. "Ich weiß", seufzte Theodor. "Ich habe schon mit Simon gesprochen." "Und? Du machst es?" Theodor nickte und füllte sich etwas auf den Teller. "Warum?" "Weiß nicht", entgegnete der Slytherin. "Es wird mir schon nicht schaden." "Und Simon?" "Mit dem ist alles geklärt, er wird nichts sagen wegen den Flammenfluch und … irgendwie hattest du Recht … wir brauchen, glaube ich, nichts zu befürchten!" "Redet ihr von Simon?", fragte Claire in die Unterhaltung der Jungen rein. "Der ist echt in Ordnung!", fuhr sie fort. "Ja, viel besser als diese Peony!", pflichtete Norman ihr bei. "Ihr seid ausnahmsweise Mal einer Meinung?", fragte Theodor belustigt, worauf sich die Zwillinge giftige Blicke zuwarfen. "Besser als Peony schon, aber du bist ja sogar zu blöd, deinen Trank umzurühren", giftete Claire ihren Bruder an. "Der Kessel ist doch nur explodiert, weil du die Birkenbaumrinde schlampig geschnitten hast." "Soviel dazu", bemerkte Harry grinsend, während die Zwillinge über die Schuldfrage des explodierenden Kessels stritten. "Wir treffen uns um Sieben vor dem Zaubertrankklassenzimmer!" Theodor nickte und Harry erhob sich, um bis zum Ende der Mittagspause noch etwas Ruhe im Schlafsaal zu finden. *** Simon führte die beiden Slytherins in das Zaubertranklager und wies sie an sich zu setzen. Simon entfachte mehrere Fackeln und es wurde sehr hell. Eigentlich wurde es viel zu hell. Denn jetzt nahm Harry jedes kleinste, störende Detail wahr. Der Raum war sehr aufgeräumt und jede Zaubertrankzutat stand ordentlich beschriftet im Regal an seinem Platz. Jetzt allerdings war zu erkennen, dass einige Flaschen einen Sprung hatten und, dass der Fußboden unter dem Kessel von einer schwarz eingebrannten Masse verunziert war, wie auch die Kerkerdecke starke Verschmutzungen durch Ruß aufwies. Aus einer Wand dahinter drang Feuchtigkeit und zwischen den einzelnen Ritzen wuchsen Moose und Schimmelpilze, die Simon sicher nicht für seine Zaubertränke züchtete. "Ich weiß", seufzte Simon, der Harrys Blick gefolgt war. "Aber wir brauchen das Licht. Du brauchst es, um Sehen zu können!" Simon ließ sich an dem Tisch nieder und überflog seine Notizzettel, die er vor sich liegen hatte. Erst dann sah er auf und wandte sich an Theodor. "Hast du deine Hausaufgaben gemacht?", fragte er. Der Slytherin beantwortete die Frage mit einem knappen Nicken und zog ein Stück Pergament aus der Tasche. "Sehr gut…", kommentierte Simon. "Aber dazu komme ich später." "Harry, du hast eine Menge Arbeit vor dir und ich bin mir wie gesagt nicht sicher, wie weit deine Gabe ausreicht. Aber das sehen wir, wenn wir soweit sind. Ich habe einen Sechspunkteplan erstellt, nachdem wir arbeiten werden. Die ersten vier Punkte werden dir durchaus bekannt sein. Es geht darum, ein Gefühl zu erfassen und den dazu gehörigen Gedanken, die Erinnerung, oder die Umstände herauszufinden. Punkt drei und vier beinhaltet das Beeinflussen, indem Fragen gestellt werden. Erst wenn du das beherrscht, können wir anfangen, Strategien für dich zu entwickeln, die es dir ermöglichen, fremde Gedanken und Handlungen zu beeinflussen." "Aber das will ich doch gar nicht", erwiderte Harry protestierend, "Ich will doch nur…" "Du willst auch nur an die Pläne des dunklen Lords kommen", sagte Simon. "Aber wie stellst du dir das vor? Du musst seine Gedanken beeinflussen, ihn zwingen diese Pläne zu offenbaren, und glaube mir, du musst verdammt gut sein, um auch nur den Versuch zu wagen!" Harry nickte. Er musste begreifen, dass dies kein einfaches Unterfangen war und, dass es Ewig dauern würde, bis er so weit war, wenn er es überhaupt schaffte. "Du brauchst dir darüber aber jetzt noch keine Gedanken machen", beschwichtigte Simon wissend, "Wir fangen ganz einfach an und wenn wir am Punkt fünf angekommen sind, bist du sicher soweit, dass dir der Sprung von der ausgesprochenen zur kognitiv-visuellen Beeinflussung nicht mehr sonderlich schwer fallen wird." Harry konnte den Ausführungen nicht folgen, aber Simon hatte sich bereits erhoben. "Ich denke, wir sollten beginnen", sagte Simon leise und suchte etwas in dem Regal hinter sich. "Ich habe dich viel zu lange mit der Theorie verunsichert." Der Zaubertranklehrer kam schließlich mit dem Denkarium an den Tisch und schob es Theodor zu. "Ich musste Dumbledore übrigens versprechen, dich nie mit diesem Ding alleine zu lassen. Und ich musste versprechen, es wieder zurückzugeben, sobald es nicht mehr gebraucht wird." Simon lächelte und wandte sich an Theodor: "Du weißt, was du tun musst?" Der Slytherin nickte und zog seinen Zauberstab hervor. Seine Hand zitterte, als er die Stabspitze an seine rechte Schläfe setzte. Er schloss die Augen und atmete tief durch. Harry glaubte, dass er sich konzentrierte und erst eine ganze Weile später verschwanden die ersten Erinnerungen in dem schwarzen Gefäß, wo sie silbern schimmernd ihre Kreise zogen. Theodor wiederholte das Ganze viermal, dann legte er seinen Zauberstab beiseite. "Ich bin soweit", sagte Theodor fast flüsternd. Simon nahm es zur Kenntnis und wies Harry und Theodor an, sich einander gegenüber hinzusetzen. "So Harry", sagte Simon und trat neben sie. "Theodor besitzt nicht einmal im Anflug der Gabe der Legilimentik. Das heißt, es kommt ganz auf dich an, was du daraus machst. Konzentrier dich als erstes darauf, was du siehst." Harry starrte in die dunkelgrünen Augen von Theodor. Sie waren klar, aber unergründlich. Er gab sich alle Mühe, irgendein Gefühl zu erkennen, doch selbst die Angst, die er oft genug in diesen Augen gesehen hatte, schien verschwunden zu sein. Es dauerte eine ganze Weile bis Harrys Augen anfingen zu schmerzen. Er blinzelte und gab den Versuch auf. "Ich - ich…", stammelte er. "Schon OK", wehrte Simon ab. "Schließ deine Augen für einen Moment, um sie zu entlasten!" Harry folgte der Anweisung und sobald er sie schloss spürte er Erleichterung und das Gefühl, wie die innere Anspannung wich. Er fühlte Simons kühle Hand, die seinen Kopf etwas anhob. Einen Moment schrak Harry zusammen. "Keine Angst", hörte er Simons beruhigende Stimme in seinem Kopf. "bleib so in dieser Haltung. Wenn du die Augen wieder öffnest, wirst du Theos Augen sehen, halte dich am ersten Eindruck fest!" "Jetzt öffne sie wieder!", befahl Simon für beide Schüler hörbar und Harry folgte mit einem leichten Blinzeln der Aufforderung. Sein Blick fixierte die grünen Augen und jetzt war es Nervosität, die Harry wahrnahm. Theo war nervös, vielleicht auch ein wenig ängstlich. "Halte dich daran fest!" Krampfhaft versuchte er der Aufforderung Folge zu leisten, doch der erste Eindruck von Theodors Gefühlen verblasste schnell und es war wieder nur Theodor, der vor ihm saß. "Versuch es noch mal", sagte Simon leise. "Das Gefühl ist noch da, du musst es nur suchen und ihm folgen!" Harry nahm seine Brille ab und strich mit seinen Fingern über die geschlossenen Lider. Dann versuchte er es erneut. Dieses Mal war die Nervosität zum Greifen nahe und Harry versuchte weiter in Theodors Kopf einzudringen. Es gelang ihm, wenn auch nur schwer. Ganz vage sah Harry einzelne Bilder, die er kaum zu deuten vermochte. Er sah Simon in der Schuluniform und er schien sich mit Theodor sich zu streiten. Theodor hatte Angst vor dem Siebtklässler und schließlich resignierte er. Wieder wurde das Bild unscharf und Harry sah Simon im Zaubertranklager sitzen. Ihm gegenüber befand sich Theodor. Simon redete auf ihn ein, oder erklärte etwas, dann verschwanden die Konturen und die Gedanken Theodors verschlossen sich ihm, ohne das Harry erfuhr, was er nun genau gesehen hatte. Harry senkte den Kopf. Das Eindringen in die Gedanken anderer war anstrengend und Harry wusste, dass es dauern würde, bis er einen weiteren Versuch wagen konnte. "Das ist schon mal gar nicht schlecht gewesen", sagte Simon und ließ sich wieder auf seinem Stuhl nieder. "Was hast du gesehen?" Nur sehr zögernd beschrieb Harry die beiden Situationen, in denen er Theodor und Simon gesehen hatte. Währenddessen wanderte sein Blick prüfend von einem zum anderen. Simons Blick war kalt und gefühllos, wie er es immer war. Lediglich ein Lächeln verriet, dass er zufrieden mit Harrys Leistung war. Theodor schien dagegen verblüfft zu sein und vielleicht auch erschrocken. Denn auch sein Blick wanderte unruhig von Harry zu Simon. "Willst du es noch einmal versuchen?", fragte Simon ruhig. Harry antwortete nicht sofort. Er nahm sich Zeit, noch einmal in sich hineinzuhorchen. Seine Konzentration hatte sehr gelitten, doch schließlich rückte er seinen Stuhl zurecht und fixierte mit seinen grünen Augen die seines Gegenübers. Diesmal war es nicht schwer, die Lücke zu finden, denn diese dunklen Augen strotzten noch immer von Schock und Verblüffung. Theodor schienen viel Gedanken auf einmal durch den Kopf zu gehen, denn das, was Harry sah, waren oft nur Schatten, die kurz vor Harrys geistigem Auge auftauchten und dann sofort wieder verschwunden waren. "Klammer dich an ein Bild", flüsterte Simons Stimme in seinem Hinterkopf. "Folge ihm!" Harry drohte für einen Moment den Blickkontakt zu unterbrechen um Simons Aufforderung zu widersprechen. Es widerstrebte ihn, noch tiefer in Theodors Gedanken einzudringen, doch dann sah Harry wieder dieses eine Bild, nämlich wie Theodor mit Simon an eben diesem Tisch saß. Wie die anderen Bilder zuvor verschwamm es, bevor weitere Details sichtbar wurden. Was darauf folgte, ging so schnell, dass Harry es selbst nur am Rande wahrnehmen konnte. Es war, als würde er seinen Stuhl verlassen, als würde die Welt, die gerade noch um ihn herum war, verschwinden und er geradewegs in Theodors Kopf gesogen. Dieses Gefühl war überwältigend. Panisch versucht Harry sich dagegen zu wehren, doch er war nicht in der Lage, um Hilfe zu schreien oder seine Hände dazu zu zwingen, sich am Stuhl festzuhalten. Sein Körper gehorchte nicht mehr seinem Befehlen, dafür sah aber sein Auge das Bild, das vorher zu schwinden drohte, in gänzlicher Schärfe und erstmals konnte Harry Stimmen hören. Zerrissen von Faszination und Panik vermochte er nicht diesem Bild seine ganze Konzentration schenken, denn ein Teil seines Verstandes warnte ihn, noch weiter in die Gedanken Theodors einzudringen. Im Entferntesten erinnerte ihn dies an die Erfahrungen mit dem Denkarium. Harry sah sich um und erblickte neben dem ersten Bild unzählige andere. Alle waren gestochen scharf und jedes an sich würde beim näheren Betrachten anfangen, diese Erinnerungen abzuspielen. Harrys Zustand zwischen den Bildern war schwebend und so wirklich konnte er nichts beeinflussen, nicht einmal sein Vorwärtskommen. Die Bilder rauschten weiter an ihm vorbei, gelegentlich klammerte Harry sich an ihnen fest, er bekam kurze Gespräche mit. Ein Gespräch fand zwischen Theodor und seinem Vater statt, eines zeigte den jungen Slytherin alleine in seinem Zimmer, wie er mit seinem Teddy redete. In einem weiteren Gespräch bekam Theodor eine Ohrfeige von einem Mädchen. Harry war nahe daran, zu verzweifeln. Er hatte keine Ahnung, wie er in diesem ganzen Wirrwarr einen Ausgang finden sollte, oder ob es überhaupt einen gab. Was, wenn er in Theodors Gedanken gefangen war und nie wieder herausfand? Jedes Bild hatte ihn tiefer in Theodors Gedankenwelt gezogen. Hier beherrschten die Bilder aus Theodors Kindheit die Szene. Dinge, die ihn geängstigt haben, aber auch fröhliche Erinnerungen. Harry betrachtete gerade ziemlich freudlos einen Gedanken an einen Kindergeburtstag, als eine Hand nach ihm griff. Obwohl Harry keinen Körper zu haben schien, klammerte sich diese Hand fest um ihn und in einem wirbelnden Sturm bunter farbenfroher Bilder, wurde Harry aus dem Kopf und der Gedankenwelt Theodors hinausgezogen. Er spürte, wie sein Körper mit aller Wucht gegen den Stuhl gepresst wurde. Harry schrie erschrocken auf. Im Bruchteil eines Augenblickes sah er noch, wie Simons Körper nach hinten schlug, dann stürzte Simon taumelnd und riss Harry mit vom Stuhl. "Entschuldige", keuchte Simon und setzte sich auf. "Ich habe dir wohl zuviel zugemutet!" Simon reichte Harry eine Hand und half ihm auf. Harrys Körper fühlte sich ungewohnt taub an. Der ehemalige Slytherin bugsierte ihn zurück auf den Stuhl und selbst, noch keuchend, lehnte er sich zurück. "Was … was ist passiert?", brachte Harry mühevoll hervor. "Du bist zu tief eingedrungen und dann warst du weg… also dein Geist war nicht mehr in deinem Körper", erklärte Simon und wandte sich an Theodor, der die beiden blass anstarrte. "Alles OK?" Theodor nickte, doch das Grauen in seinen Augen verschwand nicht gänzlich. "Man kann nicht unbegrenzt in die Gedanken des anderen dringen", sagte Simon, nachdem auch er sich beruhigt hat. "Jeder Legilimentiker hat irgendwo seine Grenze. Wird sie überschritten, kann es schwierig werden, wieder herauszukommen." "Auch für dich?" "Ja, auch ich habe meine Grenzen, auch wenn sie in Dimensionen liegen, die du dir nicht vorstellen kannst. Du wirst lernen müssen, sie zu finden und zu respektieren. Je mehr Okklumentik dein Gegenüber beherrscht, desto niedriger ist die Grenze. Das macht es besonders schwierig." "Wie finde ich die Grenze und wie komme ich da raus, wenn ich noch einmal zu tief drin bin?" Simon schwieg einen Moment. "Du findest die Grenze nur durch sehr viel Erfahrung. Irgendwann wirst du ihre Existenz spüren, aber das dauert. Deine zweite Frage ist schwieriger zu beantworten. Die Gedanken deines Gegenübers sind ständig in Bewegung und sie können die Grenze in beide Richtungen überschreiten. Das heißt, wenn du in einem Gedanken bist, musste du ihn zwingen, der vorrangigste Gedanke zu werden und du kommst wieder heraus oder du springst auf einen anderen Gedanken, der früher oder später wieder an die Oberfläche kommen muss. Am besten ist natürlich, dass es nicht wieder soweit kommt." Simon lächelte und warf einen Blick auf die Uhr. "Es ist spät", seufzte er. "Ihr solltet ins Bett gehen!" Simon stand auf und griff wieder ins Regal um etwas hervorzuholen und gab es Harry. Es war Simons magische Augenbinde. "Das sollte dir helfen, heute Abend den Kopf frei zu machen. Trag sie beim Schlafen und bis zum nächsten Treffen schau dich in deiner Umgebung um und beobachte die Gefühle deiner Mitmenschen … nur beobachten, du sollst ein wenig daran arbeiten, die Türen zu den Gedanken finden!" Simon lächelte und nachdem Theodor seine Erinnerungen wieder aus dem Denkarium gezogen hatte, begleitete der ehemalige Slytherin die beiden Schüler zum Ausgang. "Das war echt unheimlich", sagte Theodor, als die beiden auf dem Weg zum Gemeinschaftsraum waren. "Du hast geschrieen und plötzlich bist einfach so zusammengeklappt. Simon hat mir ganz schnell erklärt, was er tun würde… und dann war auch er weg! Was glaubst du, was ich für ne Angst hatte." "Das kann ich mir vorstellen", sagte Harry. Es war anstrengend gewesen und auch wenn es noch verhältnismäßig früh war, fiel Harry dankbar auf sein Bett. Er legte gerade noch die Augenbinde um und spürte, wie seine Gedanken und Gefühle zum Erliegen kamen. Dann schlief Harry ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)