Mutation - Kapitel 3 von Toraina ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Kapitel 3: Erinnerungen Endlich war Sonja wieder wach. Christian stützte sie, und die Beiden gingen ins Treppenhaus, wo Xylon lag. Ally hatte sich gegen die Wand gelehnt und öffnete gerade ihren Verband wieder. Das Bein hatte eine heftige blaurote Verfärbung. Sonja schien wirklich ziemlich kräftig zugetreten zu haben. Der große Braunhaarige hockte mit dem Rücken zu Sonja und kümmerte sich um seinen Kumpel. Es war ihr, als wehte ein kalter Hauch von ihm herüber. Das Mädchen war wieder nach unten gegangen, nachdem die Rothaarige mit ihr gesprochen hatte. Sie wirkte sehr besorgt. Sonja war der Meinung, sich jetzt wieder genug unter Kontrolle zu haben um alleine gehen zu können. So stieß sie sich von Chris ab und ging schwankend zu dem verletzten Blonden. Als sie sich neben Nightwind hockte, schaute er sie nicht an, sondern tat so, als wäre er weiter mit Xylon beschäftigt. Sonja musterte ihn von der Seite und schaute sich dann die Wunden von dem halbwachen Verwundeten an. Sie entdeckte ein Metallstück, welches noch in seiner linken Schulter steckte. Fachmännisch entfernte sie es unter den staunenden Blicken der anderen. Bis auf Nightwind natürlich. Er verzog keine Miene und stellte kühl fest: "Wohl eine ärztliche Ausbildung gemacht, hm?" Sonja nickte knapp und zog Xylon dann sein T-Shirt aus. Dabei kam auf seinem Brustkorb eine Tätowierung zum Vorschein, die wohl einen Engel darstellen sollte. Sie riß das T-Shirt in Stücke und verband damit die blutenden Stellen, nachdem sie diese eingehend begutachtet hatte. Nightwind hob eine Augenbraue: "Krankenschwester?" "Nein, nur Aushilfe." Seit wann interessierte sich Nightwind für solchen unwichtigen Kram? Ally wurde mißtrauisch. Das war doch gar nicht seine Art? Oder vermutete er wieder irgend etwas, was die anderen noch nicht sahen? Seine Spekulationen waren meist richtig gewesen, also mußte Ally abwarten, bis er mit der Sprache herausrückte. "Chris, schau' doch mal, wo Linn bleibt. Eigentlich müßte Tom in seinem Zimmer sein, solange kann das doch nicht dauern." Chris nickte und ging sofort los. Er hätte eh' keine Sekunde länger hier bleiben wollen. Nightwind machte ihn nervös, obwohl er ein Geschäft mit ihm abwickeln wollte. Aber das konnte warten. Xylon hatte immer noch starke Schmerzen, aber er war froh endlich Nightwinds Gesicht zu sehen. Und das war schon etwas besonderes. Aber wer war die junge Frau, die ihn da gerade verband? Eine Krankenschwester? Hatten sie den Notfalldienst angerufen? Ach, das ging ja gar nicht, die Tür war ja noch zu. Dennoch sah sie professionell aus. Sie machte ihre Sache gut, aber irgendwas irritierte Xylon an ihr. Vielleicht das getönte Haar. Nein, es war etwas anderes. Sie war auch so eine aufgedonnerte Kuh. Xylon mochte so etwas nicht. Vielleicht lag das daran, das Rio immer solche Mädchen mit nach Hause gebracht hatte. Rio, Xylons größerer Bruder, war sowieso immer total durchgeknallt gewesen. Aber seit der Sache mit Cel sah Xylon ihn nicht mehr als seinen Bruder an. Dieser Mann war ein Monster. So etwas konnte nicht mit ihm verwand sein! Die Schmerzen erinnerten Xylon wieder an damals. Damals, als er in der Arena lag und von seinem eigenen Bruder zu Brei geschlagen wurde. Und das alles nur wegen einem Mädchen! Er hätte nie gedacht, dass jemand so weit gehen konnte. Er hätte es vor allem nicht von sich selbst geglaubt. Aber Liebe kann einen zu vielem fähig machen. Sogar dazu, jemanden zu töten. Arme Cel. Sobald er hier raus konnte, wollte er endlich wieder zu ihrem Grab gehen. Selbst wenn der Sicherheitsdienst ihn dabei schnappen würde, es war ihm egal. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Komm schon, Xylon. Das wird bestimmt lustig!" Die eigentlich schwarzhaarige Cel hatte ihn mit ein paar Streicheleinheiten überredet. Sie war der festen Überzeugung gewesen, dass er nicht nur trainieren sollte, sondern endlich auch mal an einem Turnier teilnehmen mußte. "Du bist soooo gut. Die anderen haben doch überhaupt keine Chance gegen dich." Sie hatte Recht, er war in seinem Umkreis der Beste, aber ein guter Kumpel von ihm stolperte nach einem gewonnenen Turnier von einer Prügelei zur nächsten. Und das war genau das, was Xylon vermeiden wollte. Nicht, das er Angst gehabt hätte, aber er hatte schon genug Probleme mit dem Sicherheitsdienst und wollte nun nicht auch noch durch Schlägereien auffallen. Er war zwar in den meisten Bars dafür bekannt, impulsiv und leicht reizbar zu sein, aber dennoch trauten sich viele nicht, sich mit ihm anzulegen. Seit er einem Freund die Schulter ausgerenkt hatte, weil dieser seine Freundin sexuell belästigt hatte, waren alle auf der Hut, sogar sein bester Kumpel Roger. Nun fuhren sie also mit Rogers Wagen zur Arena, dem berühmtesten Schaukampfplatz ganz Bey-Kongs. Die Arena sah aus wie ein neumodisches Kollosseum. Es war wirklich gigantisch. Der Gedanke an all die Fanatiker, die den Kämpfen zusehen würden, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken. Wie konnte jemand nur Spaß daran haben zuzusehen, wie sich andere die Köpfe einschlugen? Xylon hatte mit dem Boxen angefangen, um seine Aggressionen abzubauen. Mittlerweile war für ihn ein ehrenhafter Sport daraus geworden. Er kannte die Regeln auswendig und war verpflichtet fair zu kämpfen. Sonst warf ihn sein Lehrmeister raus. Und das wollte Xylon auf jeden Fall verhindern. Ihm lag viel an dem Verein und an seinem Meister. Er wollte ihn auf keinen Fall enttäuschen. Deshalb hatte er ihn auch vorher gefragt, ob er an dem Turnier teilnehmen durfte. Xylon hatte durch seine Fairneß den Titel Erzengel erhalten. Sein Meister hatte ihn zwar als vorbildlich eingestuft, aber kannte auch Xylons fehlende Kontrolle über seine Wut. Er bezeichnete ihn immer als impulsiven, aber guten Schüler. Xylon hatte das Thaiboxen so ernst genommen, dass er sogar sein ganzes Erspartes in ein Fitneßstudio steckte. Eben in diesem Fitneßstudio hatte er Cel kennengelernt. Sie war begeistert von seinen Künsten. Mittlerweile waren die Beiden knapp zwei Jahre zusammen. Für Beide war es die bislang längste Beziehung. Aber sie war noch immer so frisch wie am ersten Tage und das war gut so. "Bist du aufgeregt?" fragte Cel freundlich. Xylon starrte immer noch das riesige Gebäude an, welches auf einem großen Hügel stand, was es noch majestätischer machte. "Etwas..." Sie lehnte ihren Kopf gegen seinen und sagte: "Glaubst du, das du jemanden Bekannten treffen wirst?" Xylon zuckte mit den Schultern. Aus seinem Verein würde zumindest niemand hier sein. Der Meister sah es nicht gern, wenn seine Schüler sich untereinander duellierten. Das gab nur Streitereien und unnötige Konkurrenzkämpfe. "Vielleicht welche von den Skins." vermutete Xylon. "Hoffentlich nicht, die sind immer so brutal." Seufzte Cel. "Wenn du Angst hast, dann drehen wir wieder um." Entgegnete Xylon. "Nein, nein. Du schaffst das schon. Es war ja meine Idee." Aber sie hatte recht. Es war bei den Skins normal, dass jemand von denen wegen Körperverletzung angezeigt wurde. Letztes Jahr hat ein ,Last-Skin', einer der unerfahreneren Schüler jemanden das Genick gebrochen gehabt. Aber am schlimmsten waren die Skins, wenn sie einen über den Durst getrunken hatten und von Kneipe zu Kneipe torkelten und Ärger suchten. So etwas wäre einem der Angels nie passiert. Die Angels gelten als nette, hilfsbereite Beschützer. Zwar legen auch die Angels sich manchmal mit dem Sicherheitsdienst an, aber im allgemeinen sind sie vorbildlich. Eben wie Engel. Der Titel Erzengel war schon ziemlich weit oben. Xylon fehlte nur noch ein ganz entscheidender Aspekt, wie sein Meister meinte, und er selbst könnte zum Meister werden. Xylons Bruder war nie so weit gekommen und er hatte ständig den Kodex der Angels mißachtet. Er war ewig ein Son of Angel, ein Engelssohn, geblieben. Das war der niedrigste Ausbildungsstand und demütigend, wenn der jüngere Bruder viel besser war. Also war Rio zu den Skins gegangen und hatte gefunden, was er gesucht hatte: Brutalität. Mittlerweile hatte sich Rio den Titel Sudden Death, was soviel hieß wie plötzlicher Tod, angeeignet und trieb mit ein paar anderen Skins sein Unwesen. Er war schon so etwas wie ein Großmeister in seinem Verein, aber Xylon sah ihn nie als wirklichen Thaiboxer an. Seit Rio zu den Skins gewechselt hatte, war die brüderliche Beziehung sehr labil geworden. Sie wurden nur noch von der gemeinsamen Einsamkeit zusammengehalten. Ihre Eltern hatten sie immerhin einfach ausgesetzt. Roger parkte das Auto und die Drei stiegen aus. Durch die, für Angels typische, silberschwarze Kleidung, erkannten einige Kenner Xylon und schienen Respekt vor ihm zu haben. Auch ein Skin war in der Menge und schien auf andere Mitglieder zu warten. Er verspottete Xylon, was ihn aber noch nicht interessierte. Das Mädel am Eingang, welches die Platzkarten verteilte, wollte sogar ein Autogramm. Man sah ja nicht alle Tage einen Erzengel. Zumal noch nie ein Angel in der Arena gekämpft hatte. Xylon war sozusagen die Premiere. Aber es hatte auch seine Gründe, warum sich die Angels bis jetzt geweigert hatten, zur Arena zu kommen. Es waren viele Vereine anwesend, die keinen wirklichen Kodex hatten. Einige Dinge in deren üblichen Kampftechniken gingen den Angels gegen den Strich. Sie verletzten ihren Ehrenkodex. Der Nachteil war, dass es in der Arena keine Regeln gab. Man hatte gewonnen, wenn der andere entweder aufgab oder nicht mehr fähig war weiter zu kämpfen. Meist ging das soweit, dass erst aufgehört wurde, bis einer ins Krankenhaus mußte. Xylon hatte von alle dem gehört und wußte auch, dass er ebensogut so ein Pflegefall werden konnte, aber allein schon wegen Cel war er fest entschlossen. Cel und Roger begaben sich zu ihren Plätzen. Sie hatten sich Plätze ganz nah am geschehen ausgesucht. Cel hatte extra fünf Wochen vorher bestellt, da eben diese Plätze weggingen wie warme Semmeln. Xylon bekam eine Nummer, wie jeder Kämpfer. In der Umkleide traf er jemanden aus einem befreundeten Verein, einen Flyer. Dieser Verein arbeitete eher an der Wendigkeit der Schüler, als an der Kraft. Der schlanke junge Mann grüßte Xylon mit einem Kopfnicken. Dieser bandagierte seine Fußgelenke und seine Fäuste. Als er dann seine Eisenbeschlagenen Handschuhe hervorholte hörte er hinter sich eine vertraute Stimme. "Na, Kleiner, hast du dich also doch hierher getraut? Bist mutiger als ich dachte." "Tag auch, Rio. Du scheinst ja eine ganze Horde von deinen Leuten mitgebracht zu haben. Wollt ihr euch gegenseitig die Köpfe einschlagen?" Xylons Bruder schaute fast schon neidisch auf die Handschuhe. Solche eisenbeschlagenen Handschuhe durften nur Erzengel tragen. Die niederen Schüler wußten noch nicht, was sie taten, meinte Xylons Meister. "Du kennst doch unseren Wahlspruch. Die Stärksten überleben." Nachdem Xylon seine Handschuhe festgemacht und den richtigen Sitz überprüft hatte, drehte er sich zu seinem vier Jahre älteren Bruder um. Er war nicht viel größer als Xylon und hatte ebenso blondes Haar wie er. Bis auf die Statur hatten sie auch nicht viel mehr gemeinsam. Rio hatte seine Haare stoppelkurz abgeschnitten. Vor ein paar Monaten hatte er noch eine Glatze gehabt. Die schwarze Hose war mit blutroten Totenschädeln verziert und auf seiner Brust war eine ebenso blutrote Tätowierung. Diese sollte wohl einen Totenschädel darstellen, der die ganze Welt auffrißt. Rios Geschmack war eben von der skurrilen Sorte. Unter dem linken Auge war eine etwas ältere Prellung zu sehen. Er schien sich vor einiger Zeit wohl mal wieder geprügelt zu haben. "Warum bist du eigentlich alleine hier? Du hast doch sowieso keine Chance." "Wissen ist Macht." antwortete Xylon nur und erhob sich. Sein Bruder wirkte wie ein Gartenzwerg, wenn er neben Xylon stand, obwohl dieser fast genauso groß war wie Rio. Xylon hatte einfach nur ein paar Muskeln mehr als er. Dennoch wirkte er nicht wie ein Schrank. Ausgeglichene Statur, mehr nicht. Die Nummern wurden aufgerufen und auch Xylons und Rios wurden genannt. Rio hatte die 13. Irgendwie paßte es, denn er würde Xylon ganz und gar nicht Glück bringen. "Man sieht sich." meinte Rio, bevor er ging. "Klar." ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Tom ist nicht da." meinte Linn. Chris stand neben ihr und bestätigte das. Nightwind, der mittlerweile bei Ally stand, vermutete: "Wahrscheinlich ist er unterwegs. Dann kann uns also doch noch jemand hier herausholen." Auch wenn ich nicht glaube, dass er das tun würde, dachte Nightwind weiter. Tom hatte sich nie wirklich um seine Kameraden gekümmert. Tom war noch unmenschlicher als Nightwind, dass wußte sogar er. "Dann können wir nur warten." sagte Ally. "Aber bis jetzt haben wir auch nichts anderes getan." Protestierte Linn und stützte ihre Hände in die Seiten. Sie hatte vollkommen Recht, aber was blieb ihnen schon anderes übrig? Sonja hatte auch nicht viel Lust, hier länger als nötig zu bleiben. "Habt ihr hier nicht irgendwelche Werkzeuge, womit man die Tür aufmachen könnte?" Plötzlich fühlte sie sich ziemlich angestarrt, da alle (bis auf Xylon, natürlich) sie anschauten. Ally nickte: "Wir könnten mal schauen, ob wir was finden. Aber erst sollten wir Xylon in sein Bett bringen, dass ist sicherlich gemütlicher für ihn." "Aber da geht das Licht doch nicht." erwiderte Linn. "Wir sollten ihn vielleicht... wohin bringen, wo wir ihm auch helfen können." Chris nickte: "Sie hat recht. Was haltet ihr von dem Schlafraum ganz oben?" Und ICH darf ihn da rauf tragen, dachte Nightwind, na klasse! Nightwind hob Xylon an und meinte dann: "Chris, du kannst mir mal helfen. Nimm seine Beine." Chris rollte mit den Augen, half ihm dann aber. Linn ging mit um Türen aufzuhalten, wenn nötig. Als Sonja und Ally nun alleine waren, meinte Sonja: "Entschuldige, wegen deinem Bein, aber..." Ja, was? Sie konnte ihr doch nicht erzählen, dass sie eigentlich bei der Armee war und enge Kontakte zum Sicherheitsdienst hatte. Diese kleine Gruppe schien irgendeine Organisation zu sein. Bis sie herausgefunden hatte, worum es eigentlich ging, behielt sie die Wahrheit lieber noch für sich. "...ich hab' mich halt so erschrocken..." Ally lächelte: "Schon gut, es wird schon wieder heilen. Wie heißt du eigentlich?" "Anja." Schoß es aus Sonjas Mund. Das war der Name ihrer Mutter gewesen. "Ich heiße Ally. Das andere Mädchen ist Linn, der Große heißt Nightwind, der andere Große mit den langen Haaren heißt Christian, aber das hat er dir wahrscheinlich schon erzählt, wie ich ihn kenne, und der Blonde heißt Xylon." Nightwind also. Er schien nicht viel von Frauen zu halten, aber gerade das machte ihn so interessant. "Und Tom, der nicht hier ist, kannst du ganz leicht an langen, blauen Haaren erkennen." Tom. Irgend etwas sagte ihr das. Sonja wußte nur noch nicht genau, was. Sie war zu lange Ohnmächtig gewesen. Da Sonja die Stirn runzelte, meinte Ally: "Das war der Typ, der auf dich geschossen hatte." "Und warum?" "Naja... er war... etwas durcheinander... du warst halt einfach zur falschen Zeit am falschen Ort... was hast du da eigentlich gemacht? Ich hab' dich noch nie im ,Blue Devil' gesehen." "Ich wollte einfach mal neue Leute kennenlernen. Hat der Sicherheitsdienst da gar nichts gemacht?" Es war klar, das jede die andere Ausfragen wollte und keiner eine wirkliche Antwort bekam. So antwortete Ally auch nur noch mit einem Schulterzucken. Nachdem sich Beide eine Weile angeschwiegen hatten, fragte Sonja: "Darf ich mal unter die Dusche? Ich muß schrecklich aussehen." Ally nickte und sie gingen dann zusammen nach oben. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Xylons erster Gegner war ein Kinderspiel gewesen, da dieser noch ein Anfänger war. Aber warum bekam er diese Greenhorns? Er war ein Profi! Die Jury sollte ihm gefälligst jemanden geben, der auch eine Herausforderung für ihn war. Rio hatte da mehr Glück, aber seine Art und Weise, wie er kämpfte, war einfach inakzeptabel. Sein Kontrahent kam mit einem gebrochenen Arm davon. Der Flyer hingegen hatte einiges eingesteckt, konnte den Kampf aber dennoch für sich entscheiden. Als nächstes mußte einer der Skins gegen eine Frau kämpfen. Xylon hatte noch nie etwas über sie gehört, aber er sah, dass sie viele verschiedene Kampfsportarten gelernt hatte und nun einen eigenen Mix davon zum Besten geben würde. Der Skin hingegen, ebenfalls ein Sudden Death, weigerte sich. Er meinte, er würde keine Frauen schlagen, aber das sagte er eher als Verspottung der Frau gegenüber. Mit den Worten, dass sie eh' keine Chance hätte und gleich heulend vom Platz laufen würde, startete er dann aber doch das Duell. Sein erster Schlag traf ihren Magen, aber die vermummte Frau stand da, als hätte sie nur eine Mücke gestochen. Sie hielt einigen Attacken stand, ohne mit der Wimper zu zucken. Xylon kannte nur EINE andere Frau, die so immun gegen Schmerzen war, und das war Cel! Irgendwann hörte der Skin auf, sie zu attackieren und meinte verwundert zu ihr: "He, Felsblock, dass hier ist ein Duell! Das heißt, dass BEIDE kämpfen!" Hätte sie nicht diesen schwarzen Schleier vor dem Mund gehabt, hätten wahrscheinlich alle gesehen, dass sie lächelte. Durch seine Unaufmerksamkeit hatte sie die ideale Möglichkeit ihn zu treffen, wo sie wollte. Ihr Arm schnellte hervor und im nächsten Augenblick sah man den Skin fünf Meter weiter auf dem Boden liegen. Er hielt sich die Hände vors Gesicht. Später erfuhr Xylon, dass seine Nase gebrochen war. Hoffentlich mußte Xylon nicht gegen diesen Felsen kämpfen. Dann mußte er höllisch aufpassen! Xylon kämpfte gegen sechs andere, bis er gegen den ersten Skin antreten mußte. Es war nur ein ,Killer', aber das reichte ihm schon. Seinen ersten Hieb konnte Xylon leicht abwehren, aber der nächste traf ihn am Kinn. Es war ein Hieb, den ein Angel nie hätte austeilen dürfen. Xylon war etwas schwindelig, aber er tänzelte mit der gleichen Sicherheit um seinen Gegner, wie zuvor. Er schlug ein paarmal mit seinen eisenbeschlagenen Handschuhen auf die Tätowierte Brust des Skins, was diesem blaue Flecke einbrachte. Xylon wußte, dass die Skins keine allzu gute Kondition hatten, wenn man es mit den Angels verglich, also brachte er ein wenig Abstand zwischen sich und den Killer. Dieser war zwar etwas irritiert, versuchte aber dennoch diesen Abstand wieder zu verkleinern. Wie es sich Xylon gedacht hatte, spielten sie nun also eher ein Wettrennen, als das sie wirklich kämpften. Plötzlich stieß Xylon nach vorne, so dass die Beiden fast zusammengestoßen wären und stellte seinem Gegenüber ein Bein, wich rechtzeitig aus und schlug einmal kräftig auf den Rücken des nun fallenden Skins. Atemlos blieb dieser liegen. Xylon wartete eine ganze Weile, bis er wieder etwas näher kam. Egal wie hilflos der Gegner aussah, ein Angel blieb immer auf der Hut. Nach einer ziemlich langen Zeit, wahrscheinlich fast zehn Minuten, stand der Skin wieder auf. Hätte Xylon statt dessen am Boden gelegen, hätte der Skin höchstwahrscheinlich weiter auf ihn eingeschlagen. Der Skin wußte, welchen Schmerzen er gerade entgangen war, aber er dankte Xylon dafür nicht. Er versuchte wieder den Abstand zu verringern, aber diesmal vorsichtiger. Xylon war zwar nicht so wendig, wie der Flyer, aber er hatte auf jeden Fall mehr Köpfchen, als der Skin. Er rollte sich nach hinten ab, um den Abstand noch größer zu machen, und stand dann wieder auf den Beinen. Sofort hatte er den Skin vor sich, der die Gelegenheit nutzte, um an Xylon heran zu kommen. Genau damit hatte Xylon gerechnet und schlug wieder auf den Oberkörper des Skins ein. Dieser brauchte nun selbst wieder etwas Abstand und schlug Xylon in den Magen. Sein eigentliches Ziel war zwar etwas weiter unten gewesen, aber dieser Treffer ließ Xylon dennoch zurücktaumeln. Das Publikum war teils empört, teils erfreut. Xylons Blick wanderte zu Roger und Cel. Wo war Cel? Er war sich ganz sicher, dass sie bei den letzten Kämpfen noch an ihrem Platz gewesen war! Wo, zum Kuckuck, war sie hingegangen? Xylons fehlende Aufmerksamkeit brachte dem Skin einen guten Bonus ein. Xylon fand sich am Boden liegend wieder. Sein linkes Auge schmerzte und er merkte, wie die Lider anschwollen. Xylon wollte sich gerade wieder aufrichten, als der Skin ihm einen kräftigen Hieb in die Rippen verabreichte. Wütend schaute Xylon den Killer an. Jetzt reichte es. Xylon rollte sich nach hinten ab, um wieder auf die Beine zu kommen. Zwar traf auch der nächste Hieb des Skins, aber die Antwort war viel schlimmer. Xylons Schläge taten zum einen mehr weh, da er seine Spezialhandschuhe trug, und zum anderen wußte er, wo er treffen mußte, um jemanden Bewußtlos werden zu lassen. Sein erster Hieb stieß dem Skin die Luft aus den Lungen, da er genau zwischen die Rippen geschlagen hatte, und der zweite Hieb, den er sofort mit der anderen Hand austeilte, traf die Stirn des Killers, was diesem höllische Kopfschmerzen und einen gehörigen Dusel einbrachte. Als der Skin nun benommen am Boden lag, freute sich Xylon. Er hatte in keinster Weise den Ehrenkodex mißachtet. Während die anderen Kämpfe stattfanden, erholte sich Xylon erstmal. Er wollte gerade anfangen, Cel zu suchen, als er hörte, das Rio wieder an der Reihe war. Er kämpfte gegen den Flyer. Der wendige Kerl war etwas zu groß für einen Flyer, aber das machte sich nur gering bemerkbar. Rio hatte schon öfter gegen Flyer gekämpft, aber die waren bei weitem nicht so gut trainiert, wie sein jetziger Kontrahent. Zwar wußte Rio auch, dass Flyer relativ verletzlich waren, aber er wußte auch genauso gut, dass die verdammt schwer zu erwischen waren. Der Flyer hingegen kannte den Kampfstil der Skins nicht so gut. Er vermutete nur, dass sie nicht mit viel Köpfchen und mit viel Kraft kämpften. Auf einen üblichen Skin hätte das wohl auch zugetroffen, aber dadurch, dass Rio drei Jahre bei den Angels gewesen war, hatte er sich auch ein paar der Kniffe von ihnen abgeguckt. Also waren die Beiden sich eigentlich ebenbürtig. Natürlich war Rio der Erste der versuchte zu treffen. Die Betonung liegt bei versuchte, weil er ihn nicht traf. Er schlug meilenweit daneben. Der Flyer schnellte hervor und stieß Rio etwas an. Er wollte seinen Gegner erst einschätzen, bevor er wirklich anfangen würde zu kämpfen. Der Flyer hatte sogar noch mehr Ausdauer als Xylon, also konnte er sich viel Zeit nehmen. Rio hingegen kannte seine Schwäche schon längst und hatte auch bei den Angels viel an seiner Kondition gearbeitet. Mittlerweile hatte er etwa soviel Ausdauer wie ein geweihter Engel, die Stufe unter dem Erzengel, aber es reichte halt nicht aus für einen Flyer. Er mußte seine Kräfte also sparen. Wieder schwirrte der Flyer um Rio herum und stieß ihn an. Diesmal war es die Kniekehle und so mußte Rio zwanghaft in die Knie gehen. Er stand zwar sofort wieder auf, aber er war sichtlich sauer über diese Demütigung. Xylon hatte das auch immer bei ihm gemacht. Er haßte so etwas wie die Pest. Der Flyer hatte Rios Schwachpunkt gefunden, ohne es zu merken. Aber er würde früher oder später schon feststellen, dass er ihn dort am ehesten treffen konnte. Rio war aber auch dabei, den Flyer zu durchschauen. Dieser war zwar ständig in Bewegung, aber das konnte seine Verletzung, die er sich im vorigen Kampf zugezogen hatte, nicht verbergen. Sein rechter Fußknöchel war mit einer zusätzlichen Bandage versehen und außerdem schien er dadurch nicht ganz so im Gleichgewicht zu sein, wie es zunächst den Anschein hatte. Das Gelenk machte ihm Schmerzen, was er aber zu verbergen versuchte. Aber wenn es um das finden von Schwächen ging, war Rio ein Meister. Als der Flyer wieder auf Rio zuschoß, versuchte dieser ihm gegen sein verletztes Gelenk zu treten. Er verfehlte und bekam einen Hieb gegen die Rippen. Zwar keinen kräftigen, aber er reichte aus, ihn zum taumeln zu bringen. Der Flyer erkannte, dass Rio seinen Schwachpunkt entdeckt hatte und hörte auf, mit dem Gegner zu spielen, sondern schlug nun wirkliche Hiebe. Rio ging wieder in die Knie. Diesmal stand er aber nicht mehr so leicht auf. Es hatte laut geknackt, als der Flyer sein Gelenk getroffen hatte. Rio biß die Zähne zusammen. Er wußte, dass er nach diesem Kampf etwas Erholung brauchte, aber er wollte dennoch unbedingt gewinnen. Also stemmte er sich wieder auf. Etwas wackelig auf den Beinen behielt er den Flyer nun äußerst alarmiert in den Augen. Xylon sah, wie einige andere Skins aggressiv wurden. Sie drohten dem Flyer mit Prügel, wenn er Rio nicht gewinnen lassen würde. Typisch Skins, aber Xylon hatte schon oft von solchen nachträglichen Prügeleien gehört und der Flyer sicher auch. In der Gruppe fühlt man sich halt stärker. Dennoch ließ sich der Flyer davon nicht beeinflussen. Er erwischte Rio nur an der Schulter, da dieser nun endlich sein Ziel gefunden hatte. Der Flyer knickte um und fiel der Länge nach hin. Dann rollte er sich zur Seite und griff nach seinem Gelenk. Der Fuß war total verrenkt und wahrscheinlich war da irgendwas gebrochen. Triumphierend humpelte Rio zu dem Flyer und setzte seinem Schmerz ein Ende, indem er ihn in den Solarplexus traf. Ohnmächtig wurde der Flyer etwas später von Ärzten davongetragen. Die Skins jubelten, aber der Rest des Publikums blieb still. Auch Xylon war erschüttert. Der Flyer konnte seinen Sport erstmal an den Nagel hängen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Linn hatte die ganze Zeit bei Xylon gesessen und war nun auch die Erste, die bemerkte, dass er die Augen öffnete. Die Deckenlampen waren aus, da sie zu grell waren, aber Linn hatte eine kleine Lampe organisiert, die nun in der Nähe des Bettes stand. "Wie geht es dir?" fragte Linn besorgt. Xylon bemerkte wohl erst jetzt, dass Linn überhaupt da war. Er schien irgend etwas zu fragen, aber er war noch zu heiser, als das Linn ihn verstehen konnte. Also bat sie ihm ein Glas Wasser an. Xylon setzte sich mit ihrer Hilfe auf und trank etwas. Außer Linn war auch niemand anderes im Raum. Der Ruhe nach, war es wohl mitten in der Nacht. Xylon versuchte wieder zu Sprache zu kommen und fragte dann immer noch heiser: "Wie lange... hab' ich... geschlafen?" "Zehn Stunden. Das ist eigentlich relativ wenig, wenn man deinen... Zustand bedenkt." Xylon schaute an sich herab. Er sah wirklich ziemlich mitgenommen aus. Wenn's um seine Schmerzen ginge, hätte er gerne noch weiter geschlafen. "Wie spät?" Linn schaute auf ihre Schrottuhr und antwortete dann: "Viertel nach zwei. Aber die Anderen schlafen auch noch nicht." Xylon versuchte, sich gemütlicher hinzusetzen. "Was machen die denn noch...?" Linn stellte das Glas auf ein kleines Tischchen und antwortete: "Ally sitzt mit Anja vor dem Computer und Nightwind und Chris regeln gerade was geschäftliches." "Wer ist Anja?" Linn lächelte: "Das Mädchen, dass Ally getreten hatte." Xylon schien sich nicht erinnern zu können, da er nichts dazu sagte, also erklärte Linn noch mehr: "Deswegen seid ihr doch nach unten gegangen, um Nightwind und das Mädchen zu finden. Die mit den getönten Haaren... in Wirklichkeit ist sie blond, wußtest du das?" Auch noch eine Blondine, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Da hatte Chris ja was zutun. "Und wie lange sitzt du schon hier?" Linn errötete leicht: "Schon die ganze Zeit, seit du hier liegst..." Xylon rollte innerlich mit den Augen. Jetzt hatte er auch noch ein nervendes Anhängsel. Wie sollte er bloß jemals gesund werden mit dieser nervenden Göre? "Chris hat ja eigentlich gesagt, dass ich dich ruhig alleine lassen kann. Aber wer soll sich denn sonst um dich kümmern? Was wäre denn gewesen, wenn du aufgewacht wärest und keiner wäre dagewesen?" Nun, wenn Chris gesagt hatte, sie solle gehen, war es vielleicht gar nicht so schlecht, dass sie trotzdem hiergeblieben war. Mit Chris mußte Xylon sowieso noch ein ernstes Wörtchen reden. Aber erstmal mußte er wieder fit werden. "Hat Christian noch irgend etwas gesagt?" Linn schien es toll zu finden, dass Xylon sich dafür interessierte, was ihr Schwarm Chris so zu sagen hatte: "Er hat eigentlich nur gesagt, dass er mit Nightwind unbedingt sein Geschäft abwickeln muß und das er vielleicht noch mal vorbeischauen will." "Warum?" "Er wollte mit dir reden... glaube ich. Oder einfach nur sehen, wie es dir geht. Freu' dich doch, wenn sich jemand um dich Sorgen macht." "Hm..." Irgend etwas anderes steckte noch dahinter. Aber Xylon wußte im Moment nicht, was es sein könnte. "Möchtest du was essen?" schlug Linn nach einer Weile vor. "Ja, warum nicht. Was hast du denn anzubieten?" "Alles, was du möchtest, ich hab mal bei einem Koch gelernt..." ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Es war spät geworden und die Kämpfer hatten nun Gelegenheit ihre Wunden zu pflegen, oder sich einfach nur auszuruhen. Die Teilnehmer, die noch im Rennen waren, bekamen in der Arena ein eigenes Zimmer. Viele gingen zur ,Taverne', wie der Speisesaal genannt wurde, um sich zu stärken oder sich zu unterhalten. Auch Xylon ging hin, nachdem er seine Wehwehchen versorgt hatte. Das Auge hatte er reichlich gekühlt, und es ging schon wieder etwas besser. Roger und Cel mußten leider wieder nach Hause, aber morgen würden sie pünktlich zu den Kämpfen wieder da sein. Wie üblich saßen die Skins zusammen an einem großen Tisch und tranken. Rio war zwar nicht dabei, aber Xylon wußte, dass das nur an seiner Verletzung lag. Er ging zu den Flyers, die abgesondert in einer Ecke saßen. Die drei unterhielten sich wohl gerade über ihren verletzten Kameraden, der ja nun im Krankenhaus war. Da die Angels und die Flyers fast schon so etwas wie Brüder waren, hatten die drei auch nichts dagegen, dass sich Xylon zu ihnen setzte. Die Flyers hatten einen ähnlichen Ehrenkodex wie die Angels und sie würden wohl auch nie gegeneinander kämpfen, da sie sich gegenseitig respektierten. Dennoch würde Xylon gegen mindestens einen Flyer antreten müssen, da die Jury bei einem Turnier in der Arena keine Ausnahmen machte. Es würde ein absolut fairer Kampf werden, aber er würde verdammt lange andauern. Und Xylon wußte jetzt schon, dass er dabei den kürzeren ziehen würde. Die Flyers schickten immer nur die Besten der Besten zu diesem Turnier. Und die hatten eine perfekte Kondition. Xylon war zwar auch sehr ausdauernd, aber sicher nicht so sehr, wie ein Flyer. Die Frau kam in den Raum und ging zur Bar. Sofort kamen Sprüche von den Skins. Doch die Frau, welche mittlerweile den Spitzname Steinfels bekommen hatte, ignorierte die Beleidigungen einfach. Sie war immer noch ganz und gar in einen schwarzen Kampfanzug gewickelt und trug um den Kopf so eine Art Ninjatuch, so dass man nur ihre bezaubernden, blauen Augen sehen konnte. Ihre Augen erinnerten Xylon an Cel und so stand er auf und ging zu ihr. Einer der Skins verspottete ihn indem er sagte: "Hui, hier kommt der Felsformer. Na, los! Zeig ihr, was ein richtiger Kerl ist!" Xylon antwortete nur mit einem bösen Blick und nahm sich dann einen Barhocker, stellte ihn neben ihren und setzte sich drauf. "Hallo, Xylon." begrüßte sie ihn. "Sie kennen meinen Namen?" "Sicher. Gobrovski hat mir viel von ihnen erzählt." Sie kannte also seinen Meister. Irgendwie wurde Xylon diese Frau immer unheimlicher. "Und was genau?" Trotz ihres Tuches, wußte er, dass sie lächelte: "Viel. Mehr, als sie sich wünschen." Wie sollte er das denn jetzt verstehen? Am besten nicht darüber nachdenken. "Was führt sie hierher?" Sie schaute ihn seltsam an und antwortete mit einer Gegenfrage: "Was führt SIE hierher?" Was für eine dämliche Frage! Dann verstand Xylon. Er hatte ihr eben genau die gleiche dämliche Frage gestellt. "Meine Freundin hat mich... darauf gestoßen. Sie ist der Meinung, ich bin so gut, dass ich es auch mal mit einem Turnier versuchen könnte. Tja, und nun bin ich hier. Und sie?" Sie schlug die Augen nieder und schaute in ihren Cocktail. Dann schaute sie ihn wieder an. "Ich war schon in vielen Städten Bey-Kongs. Nun wollte ich auch in der Arena bestehen. Es ist eben doch etwas anderes, wenn man plötzlich auf so einem bekannten und so angesehenen Platz kämpft. Es ist halt was anderes, als auf einem Sandplatz in der Wüste zu kämpfen, wenn sie verstehen, was ich meine." Xylon lächelte. Er wußte, was sie meinte. In der Halle der Angels ist es auch lange nicht so etwas besonderes, wie hier. Aber der Vergleich, den die Felsenfrau gerade aufgestellt hatte, war etwas zu übertrieben. Die Halle der Angels war auf jeden Fall auch sehr majestätisch. "Werden sie auch gegen ihren Bruder kämpfen, wenn die Jury sie so aufstellt?" Wie kam sie jetzt darauf? Aber sie hatte Recht. Er wußte es noch nicht, ob er das wirklich tun würde. "Ich weiß nicht... was würden sie tun?" "Ich würde kämpfen bis zum Tode. Keine Gnade wegen der Verwandtschaft, er ist grausam. ICH würde ihn töten." Nette Einstellung. Die Frau war wirklich stur wie ein Fels. Und ebenso gnadenlos. "Ich hoffe, ich muß nicht gegen sie antreten." "Wieso? Weil ich eine Frau bin?" "Nein. Sie sind eine gute Kämpferin. Genau das macht mir Sorgen. Haben sie schon einmal gegen einen Flyer gekämpft?" "Schon oft, wieso?" "Und?" "Keine große Sache. Die sind leicht zu durchschauen. Man muß einfach nur wissen, wann die Zuschlagen wollen und kommt ihnen zuvor." Einfach? Die sind so flink, da hat man keine Zeit zu reagieren, dachte Xylon empört. "Das sagen sie so leicht..." "Es ist auch wirklich einfach. Denken sie nur immer daran, dass die Augen der Spiegel der Seele sind." Xylon runzelte die Stirn. Diese Frau war nicht nur unheimlich, sie war auch seltsam. Wo kam sie bloß her, und wer war sie wirklich? "Ich glaube nicht, dass sie so häßlich sind, dass sie sich unter dieser Verkleidung verbergen müssen. Was soll die Maskerade?" Sie legte den Kopf schief und blinzelte einmal: "Wenn ein Kopfgeld auf SIE ausgesetzt ist, sprechen wir uns wieder. Viel Spaß noch." Mit diesen Worten verabschiedete sie sich. Ihren Cocktail ließ sie stehen. Sie hatte kein einziges Mal davon getrunken. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "Das ist vorzüglich, was ist das?" fragte Xylon. Linn lächelte: "Putenfleisch und Erdäpfel mit Buttersoße. Eigentlich was ganz einfaches, aber hier unten gab es nichts besseres. Außerdem ist der Herd totaler Schrott. Du scheinst lange nichts Warmes mehr gegessen zu haben. Jeder normale Mensch kennt dieses Gericht." Linn hatte Recht. Xylons Ernährung war wirklich miserabel. Das war wahrscheinlich auch der Grund, warum seine Muskelkraft nachgelassen hatte. Ohne die richtigen Speisen konnte man noch so hart trainieren und blieb ohne Erfolg. Seit Cels Tod hatte er nicht mehr vernünftig gegessen. Hätte er sich nicht ins Training verzogen, wäre er jetzt wohl ein abgemagerter Bursche. Aber die wenigen Mahlzeiten, die Ally als Pflichtsitzung einberufen hatte, hatten ihn gerade noch über Wasser gehalten. "Danke, das schmeckt wirklich gut. Wärst du so lieb und bringst mir noch was zu trinken? Das Zeug macht ganz schön durstig." Linn strahlte und stimmte zu. Sie ging sofort wieder in die Küche, obwohl es mittlerweile schon halb fünf war. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Sonja saß nun endlich alleine vor dem Computer, da Ally müde geworden und in ihr Bett gegangen war. Nun kramte sie in den Notizen von Nightwind herum. Viel fand sie nicht gerade. Er hatte an einem Fall gearbeitet, indem ein junges Mädchen namens Sinara Atlen an nuklearer Strahlung erkrankt war und wenig später das zeitliche gesegnet hatte. Scheinbar war es ihm darum gegangen, von WO sie die nukleare Verseuchung her hatte. Sonja las auch interessiert den Bericht (welchen er ziemlich sachlich geschrieben hatte), da es doch immer wieder vorkam, dass es hier in der Hauptstadt Strahlung gab. Nie hatte MONOTRON irgend etwas davon an die Öffentlichkeit gelassen. Nichtmal Jordan oder irgendein anderer von seinem Rang wußte davon. All diese Geschehnisse waren verschlossen in einem Computergehirn. Es gab außerdem einen Verweis, der Sonja zu einem Lexikon führte: Mutation [lateinisch -Veränderung-] die, Genetik: (Erbänderung) plötzlich auftretende und dann konstant weitergehende, also erbliche Veränderung der genetischen Information der DNS. Eine Mutation kann spontan (ohne erkennbare Ursache) entstehen (Spontanmutation) oder durch Einwirkung von Mutagenen induziert werden (induzierte Mutation). Aufgrund molekularbiologischer Analysen kann man unterscheiden: Chromosomenmutationen führen zu Umbauten im Chromosom (Chromosomenanomalien). Genmutationen oder Punktmutationen betreffen einzelne Gene; am DNS-Molekül werden nur wenige (Oder nur ein) Basenpaare verändert. - Mutation ist ein grundlegender Evolutionsfaktor, der durch Auslese und ein Zusammenwirken mit anderen Evolutionsmechanismen zur Artbildung beiträgt. Medizin: Stimmwechsel (Stimmbruch) bei Eintritt der Pubertät. Da sie kein Wissenschaftler war, mußte Sonja den Artikel öfter lesen, um ihn wenigstens ein wenig verstehen zu können. Vielleicht konnte Ally ihr mehr darüber erzählen. Morgen würde Sonja sie fragen, aber jetzt war sie zu müde. Sie ging schlafen. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nightwind drehte die seltsame Dose zwischen den Händen hin und her. Wenn Chris die Wahrheit gesagt hatte (und das sollte er auch, sonst würde Nightwind sauer werden, und das wäre überhaupt nicht gut für Christians Gesundheit), dann war diese Dose die Bestätigung für Nightwinds Forschungen. Er hoffte, dass er mit diesem Gegenstand endlich seine Schwester wiederfinden könnte. Nun, die Dose allein brachte natürlich nicht viel, aber ihr Inhalt war wichtig für Nightwind. Es gab ihm (hoffentlich) Hinweise, um Darinas Aufenthaltsort bestimmen zu können. Nachdenklich musterte er die Vertiefungen in seiner Zimmerwand. Seine Hände schmerzten zwar immer noch, aber bei ihm heilte alles relativ schnell. Xylon hatte sich schon oft gewundert, dass ein geschwollenes Auge bei Nightwind bereits am nächsten Tag wieder normal aussah. Aber all diese Fähigkeiten hatten auch ihren Nachteil. Man bekommt nichts, ohne einen Preis dafür zu zahlen. Nightwind war nicht zufrieden mit sich. Er hatte seine ,Mutationen' nicht immer unter Kontrolle, weshalb er andere Menschen eigentlich mied. So wirkte er in sich zurückgezogen und gefühlskalt. Dabei wollte er doch nur, dass er niemanden mit seinen besonderen Fähigkeiten schadete. Deswegen zeigte er kaum Gefühle für andere Menschen, damit sie ihm nicht zu nahe kamen. Er hatte sich an diese Einsamkeit gewöhnt, aber seit diesem merkwürdigen Traum war in ihm wieder alles durcheinander. Schadete er etwa auch anderen, indem er sich absonderte? Es war unmöglich und eigentlich machte er sich auch nichts mehr aus den anderen. Jedenfalls glaubte er das. Sicher, er war besorgt um Xylon gewesen, als er ihn so verletzt gesehen hatte. Und er wäre auch eigentlich lieber bei Ally geblieben, um ihre Wunde zu versorgen, anstatt hinter dieser Anja hinterher zu laufen. Er fragte sich, ob es wirklich Anja gewesen war, von der er geträumt hatte. Es war noch nie vorgekommen, dass fremde Personen in seinem Traum vorgekommen waren und er sie danach leibhaftig gesehen hatte. Aber wem passiert schon so etwas? Was ihn aber am meisten beschäftigte, war, dass er sie verletzt hatte. Es ist ihm erst später bewußt geworden, als er über den Traum nachgedacht hatte. Aber er hatte sie verschreckt. Durch ihn ist die Barriere entstanden. Und zwar in dem Moment, als sein Wille sich wieder eingeschaltet hatte. Er wollte diese Nähe nicht. Aber irgend etwas in ihm zwang ihn dennoch dazu. Es war ein Disput in sich. Ein nie enden wollender Kampf zwischen Wille und Herz. Nightwind strich sich durchs Haar. Er hatte keine Lust diesen Kampf weiter fortzuführen. Er mußte sich um andere Dinge kümmern. Zum Beispiel um die Sache mit seiner Schwester. Aber auch an diese Zeit erinnerte sich Nightwind nicht gerne. Seine damalige Unerfahrenheit hatte er zwar schnell hinter sich gelassen, aber es gab noch ein paar andere Wesenszüge an ihm, die er selbst nicht mochte. * Nightwind war schon fast schwindelig von dem ganzen getanze, aber seine Tanzpartnerin wollte einfach nicht aufhören und wurde immer schneller. "He, es reicht jetzt. Ich kann nicht mehr." keuchte er. Das Mädchen kicherte. Aber sie hörte nicht auf zu tanzen, bis Nightwind einfach stehenblieb. "Was ist? Keine Lust mehr?", sagte sie daraufhin. Nightwind rollte mit den Augen. Er haßte solche Nervensägen. Er hatte von Anfang an gewußt, dass es falsch gewesen war, sich auf diesen Tanz einzulassen. Nightwind drehte sich um und wollte gerade von der Tanzfläche gehen, als das Mädchen ihn wieder am Arm packte und zu sich herumdrehte: "Komm schon, nur noch ein Lied." Bevor er protestieren konnte, befand er sich auch schon wieder im Takt. Das blonde Mädchen riß ihn einfach mit, so dass er überhaupt nicht fähig war aufzuhören, wenn er wollte. In irgendeiner Ecke registrierte er Christian Buckner, der sich gerade an Nightwinds Schwester heran machen wollte. * Nightwind schüttelte den Kopf. Es war nicht Buckner gewesen. Es war dieser andere Typ. Kurze, rote Haare, die er sich zu Stacheln frisiert hatte. Wie hieß der Typ doch gleich? * Jedenfalls fühlte sich Darina sichtlich unwohl. Nightwind schaffte es nun doch, sich aus der Umklammerung von dem zierlichen Mädchen zu befreien und ging mit großen Schritten zu seiner Schwester. "Hallo, Nightwind." Begrüßte der Rothaarige ihn. "Sennel, ich dachte, du wärst durchgefallen?" Sennel lächelte: "Das ist doch trotzdem kein Grund sich den Spaß entgehen zu lassen, oder?" Nightwind schaute seine Schwester fragend an. Diese schüttelte den Kopf. "Laß sie in Ruhe, such dir jemand anderen." Sennel spitzte die Lippen: "Och, sei doch kein Spielverderber." Irgendwo hinter sich hörte Nightwind, wie sein Name gerufen wurde und so blickte er kurz zurück. Das kleine, blonde Mädchen kam auf ihn zu. "Wenn du sie anrührst, dann gibt's Ärger." Warnte Nightwind Sennel noch, bevor er damit beschäftigt war die Blondine davon abzuhalten, wieder mit ihm tanzen zu wollen. Leider schaffte er das nicht und mußte nun noch fast zehn Lieder mit ihr tanzen. Danach hatte sie nämlich eine Freundin gesehen, mit der sie unbedingt den neuesten Klatsch und Tratsch austauschen mußte. * Nightwind betrachtete das Photo, auf dem seine damalige Schule zu sehen war. Seine Schwester war in der Parallelklasse gewesen. Auf einem anderen Photo war Darinas gesamte Klasse drauf. Auch die Blondine, mit der Nightwind getanzt hatte, ging in ihre Klasse. Außerdem war da noch Sina. Sina war erst später nach Feng-Lay gezogen. Sie war immer ein wenig zurückhaltend gewesen und hatte nie viel über sich gesprochen, was Sennel dazu gebracht hatte sie interessant zu finden. Auch Nightwind hatte sich für sie interessiert, obwohl er wußte, dass er so ziemlich keine Chance gehabt hätte, an sie heran zu kommen, da auch er ziemlich schüchtern war. Jedoch hat sich schnell herausgestellt, dass auch sie Interesse an ihm hatte. Das ganze wurde natürlich durch seine Schwester vermittelt. Nightwind hatte eine schöne Zeit mit ihr gehabt. Leider mußte sie ein Jahr vor dem Abschluß die Schule wieder verlassen. Es wurde den Schülern zwar gesagt, dass sie eine schwerwiegende, ansteckende Krankheit hatte, aber Nightwind hatte das nur halbwegs geglaubt. * "Die Ärzte haben alleine mit meinen Eltern geredet. Sie wollten mir nicht sagen, was ich habe. Auch meine Eltern haben mir nicht wirklich gesagt, was es ist. Ich habe Angst, Nightwind. Ich glaube, dass es so schlimm ist, dass ich sterben muß." Nightwind nahm sie in die Arme und tröstete sie. Sina fing an zu weinen. Die Beiden hatten sich mal wieder heimlich getroffen, weil Sinas Eltern ihr verboten hatten, mit anderen Menschen Kontakt zu haben. Wahrscheinlich war ihre ,Krankheit' ansteckend, aber dass war Nightwind egal. Er hatte sich halt verliebt. "Und was wollen sie tun?" Sina schluchzte: "Sie haben gesagt, ich solle mich von meinen Freunden verabschieden, weil wir wegfahren. Wohin haben sie nicht gesagt." * Auch jetzt noch kamen ihm die Tränen. Wie jedesmal, wischte Nightwind sie aus seinem Gesicht. Es war so unfair! Heute wußte Nightwind, was Sina gehabt hatte. Sie war eine Mutantin mit starker Strahlung gewesen und mußte deswegen ,entsorgt' werden. Die Regierung, MONOTRON, hielt nicht viel von Mutanten. Es war Abschaum. Jeder Mutant, der sich in eine Stadt wagte, war lebensmüde. Deswegen waren die Mutanten gezwungen in der Wüste zu Leben. Nightwind hatte Angst selbst einmal so enden zu müssen. Deshalb ging er fast nie aus dem Bunker heraus. Aber bei den Rebellen, die sich selbst auch gerne Menschenrechtler nannten, war er gut aufgehoben. Sie taten alles, um diesen grausamen Morden ein Ende zu bereiten und die selben Rechte für Mutanten wie auch für Nichtmutanten zu erreichen. Nur die sogenannten Magier konnten wirklich mit Willenskraft andere Menschen verletzen. Und bei jedem Mutanten war die Strahlung unterschiedlich. Nightwinds Schwester zum Beispiel hatte eine viel geringere ,Aura' als Nightwind selbst. Wie konnten Menschen nur so grausam sein? Es hatte sich nichts geändert. Selbst der starke technische Rückschlag um 2133 hatte den Haß und die Gewalt nicht bannen können. Waren die Menschen erschaffen worden, um grausam zu sein? Nightwind hoffte, dass es nicht so war. Aber er wollte sich jetzt nicht mit diesem philosophischen Kram auseinandersetzen. Er war müde. Vielleicht dachte er morgen noch mal darüber nach. Jetzt brauchte er erstmal etwas Schlaf. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Nightwind fühlte sich verfolgt. Irgend etwas war hinter ihm, aber er traute sich nicht, nach hinten zu schauen. Die endlos verzweigten Gänge gaben ihm das Gefühl in einem Labyrinth zu sein. Er lief zwar, aber er glaubte nicht von der Stelle zu kommen. Er wäre ewig weiter gerannt, wenn nicht plötzlich eine Tür des Schicksals vor ihm aufgetaucht wäre. Er blieb nur ungern stehen, aber er war nicht sicher, ob er durch die Eisentür gehen sollte. Völlig außer Atem schaute er sich die unwirkliche Welt genauer an. Obwohl sich die Details einem genauen Blick entzogen, spürte er einen eisigen Schauer. Die Wände, welche sich total verdrehten, waren übersät mit Augenpaaren die ihn anstarrten. Er wußte, dass es sich dabei um die Blicke der Frau handelte, die ihm schon im vorigen Traum begegnet war. Nur dieses Mal schien sie nur als Beobachterin an dem Geschehen teilzunehmen. Die Blicke machten ihn mehr als nur nervös. Er fühlte sich unsicher. Er wollte ihr gegenüber keine Schwäche zeigen. Ihm blieb keine weitere Möglichkeit darüber nachzudenken, ob er die Tür nehmen sollte, da hinter ihm nun ein Ohrenbetäubendes Brüllen ertönte. Erschrocken wandte sich Nightwind um. Er stand nun einem riesigem Satz Zähne gegenüber. Die Zähne schienen eine Art Gebiß darzustellen. Die rasiermesserscharfen Zähne schnappten ein paar Mal drohend vor ihm zusammen, so dass er instinktiv zurückwich. Ebenso instinktiv griff er mit einer Hand zur Türklinke und drückte sie herunter. Das Monstrum von einem Gebiß bemerkte seinen Fluchtversuch und schoß auf Nightwind zu. Dieser riß sofort die Tür auf und stolperte hindurch. Nightwind riß die Augen auf. Er lag auf dem Boden und sah, wie die spitzen Zähne auf die Tür zu flogen, welche noch offen war! Nightwind wußte, dass er es nicht rechtzeitig schaffen würde und rollte sich so einfach zur Seite um wenigstens vorerst dem Tod zu entgehen. Das Gebiß verfehlte ihn nur knapp und knallte gegen die nächste Wand. Ein Schatten kam dem Monstrum hinterher und versuchte, es zu zerschlagen. Es schien ein Teil von der Frau zu sein. Auch in diesem Raum gab es ein Augenpaar, welches Nightwind durch die grünblaue Farbe als das der Frau erkannte. Sie schien das Monstrum fürs erste aufhalten zu können, aber etwas irritierte ihn daran. Sie war nur ein Schatten. Nichts, was wirklich etwas ausrichten konnte. Dennoch zerfiel das Gebiß in seine Einzelteile und der Schatten verschwand wieder. Das Augenpaar blieb und schaute Nightwind an. Dieser stand langsam wieder auf und begutachtete die riesigen Zähne, welche verstreut im Raum lagen. sie schienen ihre Form zu verändern und bewegten sich. Nightwind sah, wie sich Gliedmaßen formten. Die Zähne wurden zu Skeletten. Scheußliche Untote. Nightwind konnte sie nicht zählen, aber sie waren überall. Sie kreisten ihn ein und streckten ihre knochigen Hände nach ihm aus. Nightwind fühlte sich eingeengt. Er versuchte den greifenden Händen auszuweichen, aber irgendwann hatten sich die Knochen um seine Handgelenke geschlossen. Obwohl die Skelette keine Muskeln hatten, war ihr Griff sehr stark. Zu stark, als das Nightwind sich befreien hätte können. Sie rissen ihm das Hemd vom Leib und fuhren seltsame Linien seinen Oberkörper entlang. Die spitzen Knochen ritzten tief in seine Haut, so dass er anfing zu bluten. Nightwind war sowieso schon völlig in Panik, aber als einige Skelette ihn an den Armen packten, fing er an wild um sich zu schlagen. Doch die Skelette waren nicht menschlich und so spürten sie seine Hiebe nicht. Sie legten Nightwind auf eine Art Opfertisch, der eben garantiert noch nicht da gewesen war. Nightwind wehrte sich zwar, aber er hatte keine Chance. Er wurde auf die Platte gepreßt und fühlte die Knochigen Hände fast überall an seinem Körper. Die Wunden wurden immer tiefer und Nightwind spürte nun auch die Schmerzen. Die Fingerknochen der Skelette waren mehrere Zentimeter in sein Fleisch gebohrt. Nightwind biß die Zähne zusammen, als die Skelette begannen seine Organe aus ihm heraus zu schneiden. Im wirklichen Leben wäre er wohl schon längst Ohnmächtig geworden. Obwohl er sich bewußt war, dass er träumte, hatte Nightwind große Angst und fühlte die Schmerzen körperlich. Er wollte endlich wieder aufwachen, aber irgend etwas hielt ihn in diesem Traum fest. Das Augenpaar war immer noch da, aber die Frau war wohl unfähig irgend etwas zu tun. Nightwind würde ihr das verzeihen, aber ihm wurde dennoch schlecht, als er sah, wie eines der Skelette sein Herz auffraß. Er spürte, wie das Leben aus ihm wich. * Nightwind erwachte mitten in der Nacht. Er war schweißgebadet und fühlte sich wie gerädert. Sein Körper tat ihm tatsächlich weh und er hatte Schmerzen beim Atmen. Außerdem hatte er hämmernde Kopfschmerzen. Er brauchte eine Schmerztablette, also stand er auf und ging nach oben, in die Küche. Er hatte sich noch nie so elend gefühlt. Eigentlich kann man in Träumen nicht sterben. Im Angesicht des Todes wacht man rechtzeitig auf. Nightwind hatte gefühlt, wie er gestorben war. Und er spürte die Schmerzen immer noch. So einen grausamen Alptraum hatte er noch nie gehabt. Nichtmal, als Sina gestorben war. Nightwind ging gerade leise durch Allys Zimmer, als er spürte, dass ihn jemand beobachtete. Instinktiv blickte er zu den Wänden, aber hier in der Realität gab es kein Augenpaar. Dennoch schien irgendwer da zu sein. Nightwind schaute sich um. Ally lag in ihrem Bett, aber sie schlief tief und fest. Wer beobachtete ihn? Langsam wurde Nightwind nervös. Er wußte, dass er wieder einmal nur durch seine Mutation wahrgenommen hatte, dass ihn jemand anschaute, aber eben diese Fähigkeit hätte ihm auch gezeigt, wer. Nightwind ging vorsichtig weiter, alle Sinne erkundeten aufmerksam die Gegend. Langsam streckte er die Hand nach der Türklinke aus. Und zog sie blitzschnell wieder zurück. Seine gebrochenen Gelenke schmerzten jetzt wieder, aber am schlimmsten tat seine Handfläche weh. Es bildeten sich einige Brandblasen auf seiner Hand. Der Türgriff war total heiß und erst jetzt sah Nightwind, dass er sogar glühte. Als würde jemand einen Flammenwerfer gegen die Tür halten. Irgendwie erinnerte das Nightwind an seinen ersten seltsamen Traum, als er in der Wüste stand. Was hatte das zu bedeuten? Trotz der Schmerzen in der Hand versuchte er es ein weiteres Mal. Denn seine Kopfschmerzen waren stärker. Dieses Mal passierte nichts und Nightwind konnte durch die Tür gehen. Irritiert führte Nightwind seinen Weg fort und ging in die Küche. Er ging zum Arzneischrank und suchte Kopfschmerztabletten. Dann holte er sich ein Glas und füllte es mit Wasser. Gleichzeitig hörte er, wie die Küchentür wieder aufging. Er drehte den Kopf zur Tür, um zu schauen, wer da war. Und beinahe wäre ihm das Glas wieder aus der Hand gefallen. Sonja lächelte etwas, als sie sah, wie Nightwind sie anstarrte. Er hatte sichtlich mühe, seinen Blick von ihr abzuwenden und versuchte krampfhaft, das Glas in seiner Hand zu behalten. Sie lächelte ihn an und ging erst zu dem Schrank neben ihm, um sich ein Glas zu holen und dann zum Kühlschrank um etwas zu trinken zu suchen. Da sie nun eine längere Weile mit dem Rücken zu ihm stand, weil sie sich nicht entscheiden konnte, welches Getränk sie nehmen sollte, spürte sie seine Blicke im Nacken. Nachdem sie sich nun endlich etwas eingegossen hatte, setzte sie sich an den Küchentisch und schaute ihn wieder an. "Kannst du auch nicht schlafen?" Sonja wunderte sich fast über sich selbst, dass sie Nightwind gleich von Anfang an duzte. Aber er war ihr irgendwie vertraut. Nightwind schüttelte nur mit dem Kopf und blieb stehen. Er nahm die Tablette und tat sie in das Wasserglas. Es sprudelte, als sie sich auflöste. Sonja sah, dass Nightwind ebenso durchgeschwitzt war, wie sie. Er war es also wirklich schon wieder gewesen, von dem sie geträumt hatte. Und wieder fragte sich Sonja, ob er das gleiche geträumt hatte. "Schlecht geträumt?", fragte sie geradeaus. Wieder gab Nightwind nur ein Kopfnicken von sich und ignorierte, dass er Stimmbänder hatte. Sonja machte eine einladende Geste zum Stuhl, der ihr gegenüber am Tisch stand. "Setz dich doch." Nightwind zeigte keine Reaktion und schwieg. Sonja würde eine andere Taktik anwenden müssen, wenn sie mit ihm reden wollte. "...Was hältst du von Linn?" Nightwind runzelte die Stirn. Er fragte sich wohl gerade, was diese Frage sollte. Aber er antwortete Sonja nicht. "... ich finde sie ganz schön nervend. Gehört die eigentlich schon lange zu eurer Gruppe?" Nightwind beobachtete die Luftperlen, die langsam in seinem Glas nach oben schwebten. Endlich sagte er etwas: "Sie gehört eigentlich überhaupt nicht zu uns. Wir hatten gerade ein Geschäft mit ihr abgewickelt, als wir bemerkt hatten, dass die Tür verschlossen war..." Sonja hatte das Gefühl, als wollte er noch mehr sagen, aber er schien wohl eher einer dieser Typen zu sein, die nur redeten, wenn man sie etwas fragte. "Was für ein Geschäft denn?" Nightwind gab wieder keine Antwort, aber blickte nachdenklich zu dem Stuhl herüber. "Ist es denn nach deinen Wünschen abgelaufen?" Sie sprach extra direkt ihn an und vermied die allgemeine Anrede. Nightwind schüttelte als Antwort mit dem Kopf und fragte ausnahmsweise auch mal etwas: "Wie bist du eigentlich hierher gekommen?" Sonja zuckte mit den Schultern. Vielleicht brachte sie ihn ja zum reden, wenn sie ihn mit den gleichen Waffen schlagen würde. "Ally hat mir erzählt, dass Tom auf dich geschossen hatte. Im ,Blue Devil'. Was hast du da gemacht?" Warum fragt er sie, wenn er das schon wußte? Sonja schwieg. Mal sehen, wer hartnäckiger war. Aber das Schweigen von Sonja bewirkte nur, dass das Gespräch ganz abbrach. Nightwind fragte nicht weiter und so blieb es still. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Heute war es noch viel voller in der Arena als die vorigen Tage. Das lag wohl daran, dass heute das große Finale stattfinden sollte. Xylon hatte die Hände in den Hosentaschen und lief nervös auf und ab. Cel saß auf einem Stuhl und beobachtete ihren Freund mit verschränkten Armen. "Warum bist du so nervös? Entweder wirst du gegen den schwarzen Wirbelwind oder gegen Rio kämpfen. Das ist doch kein Problem für dich, oder?" Xylon stellte sich vor den Sandsack und schlug auf diesen ein, während er antwortete: "Ich weiß nicht, ob ich gegen Rio eine Chance habe. Und bei dem Mädel bin ich mir nicht so sicher... ob ich gegen sie antreten würde..." Cel sprang wütend auf: "WAS!? Du bist so weit gekommen und würdest auf den Pokal wegen einer FRAU verzichten?" Xylon bedachte den Sandsack mit einem kräftigen Schwinger, bevor er Cel antwortete. "He, ich hab' nicht umsonst vom Meister den Titel des Erzengels bekommen. Ich habe auch so meine Ehre, schon vergessen?" Die Schwarzhaarige verschränkte wieder die Arme und meinte beleidigt: "Aber ich dachte, dein Ruf wäre dir auch wichtig?" Xylon drehte sich zu seiner etwas kleineren Freundin um und strich ihr mit einem Finger über die Wange: "Ja, natürlich, aber am wichtigsten ist mir halt der Verein und die Meinung von Gobrovski." Cel schaute ihn böse an: "Ja, ja. Dein Meister. Aber mit deinem Bruder würdest du kämpfen?" Xylon antwortete nicht, sondern schlug weiter auf den Sandsack ein, der nun unter den Schlägen des kräftigen Blonden zu schwingen anfing. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Linn riß die Tür auf, so dass diese gegen die Wand knallte. "Uuuuuuups, 'tschuldigung.", sagte sie schnell, als sie sah, dass Nightwind und Sonja sich wohl gerade tierisch erschrocken hatten. Dann spazierte sie zum Kühlschrank, um für Xylon etwas zu trinken auszusuchen. Nightwind trank den letzten Schluck aus seinem Glas und stellte es dann ab. Daraufhin ging er aus der Küche ohne irgend etwas zu sagen. Linn hatte nun etwas gefunden und ging dann zum Schrank: "Der ist aber nicht sehr gesprächig, was habt ihr zwei denn hier gemacht?" Sonja stand auf und stellte ihr leeres Glas neben Nightwinds. "Nichts." "Nichts? Das geht aber nicht, man tut immer irgend etwas." Sonja verdrehte die Augen: "Wir haben etwas getrunken, mehr nicht." "Okee, also seid ihr noch kein Paar geworden?" Wie bitte? Sonja versuchte, nicht ganz so verdutzt auszusehen, wie sie wirklich war. "Nein, wie kommst du darauf?" "So etwas kann man den Leuten doch ansehen. Du willst was von ihm, gib's doch zu." Sonja war kurz davor ihren Mund ungläubig aufzureißen, beherrschte sich dann aber. "Nein. Er ist mir zu unmenschlich, außerdem kann ich mir das..." Beinahe hätte sie gesagt, dass sie sich das in ihrem Beruf nicht erlauben kann, aber dann hätte diese kleine Nervensäge wahrscheinlich gefragt, was denn ihr Beruf sei. Genau das konnte sie ihr ja nicht erzählen. "... ich kann mir das nicht vorstellen. Weißt du, ich habe mich nämlich noch nie in irgend jemanden verliebt." "Eeeecht? Geht so etwas überhaupt?" Sonja nickte nur und ging dann auch aus der Küche heraus ohne irgend etwas zu sagen. Die kleine Linn war ihr zu neugierig. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Xylon schlug schon wieder auf den armen Sandsack ein, der aus Protest mittlerweile schon so sehr schwang, dass er Xylon von den Füßen gerissen hätte, hätte er ihn getroffen. Xylon steckte seinen Frust in die Schläge, wodurch sie für ein menschliches Wesen tödlich wurden. Aber der Sandsack hatte so etwas auszuhalten und das tat er auch gerade eben so. Aus den Nähten quoll bereits etwas Sand heraus, aber noch hielten sie den Sack zusammen. "Alles in Ordnung?" Xylon hörte nicht mit seinem Frustabbau auf, aber er brauchte sich auch gar nicht umdrehen, um zu wissen, das Roger ihn angesprochen hatte. Seine rauhe Stimme war halt einmalig. "'türlich." Roger blieb vorsichtshalber außer Reichweite des Sandsacks, ging aber etwas näher an Xylon heran. "Habt ihr euch gestritten?", fragte er direkt. "Nein." Roger erkannte an Xylons Tonfall, dass er gelogen hatte. Aber die Tatsache, das er eben dies getan hatte, bedeutete, dass er nicht darüber reden wollte. Trotzdem mußte er genau das. Er hatte immerhin einen entscheidenden Kampf vor sich, bei dem Depressionen nicht zu gebrauchen waren. "Ich finde, Cel hat recht." Xylon hörte ruckartig auf, den Sandsack zu bearbeiten und drehte sich zu Roger um. Dieser wußte nicht, ob Xylon ein rotes Gesicht vor Wut oder vor Anstrengung hatte, aber er wich dennoch instinktiv einen Schritt zurück, bevor er weiter redete. "Ich finde auch, dass du nicht einfach aufgeben solltest... wegen einer Frau..." Xylon wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Schön, dass ihr euch gegen mich verschwört!", brüllte er fast. Roger zuckte mit den Achseln, als Xylon raus ging. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Linn kam mit dem Getränk in der Hand wieder zu Xylon herein, und ging dann zu ihm. "Hier, bitte." Xylon nahm das Glas und bedankte sich, dann trank er einen Schluck. Linn gähnte laut und sagte: "Es ist jetzt fast fünf, ich gehe jetzt ins Bett..." Xylon nickte, meinte aber: "Und wo willst du schlafen?" "Äh,... das ist eine gute Frage." Sie machte ein nachdenkliches Gesicht, oder jedenfalls sollte es danach aussehen. In Wirklichkeit war sie einfach nur todmüde. Xylon stellte das Glas zur Seite und streckte sich auch, so dass es knackte. Er saß immer noch aufrecht gegen die Wand gelehnt. Linn überlegte kurz und ging dann zu Xylon hin: "Sag' mal, wie macht man bei einem Jungen auf sich aufmerksam?" Xylon hob beide Augenbrauen. Wie sollte er das denn jetzt verstehen? Hatte sie dabei irgendeinen Hintergedanken? "Naja... du solltest vielleicht mit ihm reden, dich häufig in seiner Nähe aufhalten... entweder ist er bereits auf dich aufmerksam geworden, oder du mußt ihn... überreden." "Überreden?" Xylon schüttelte den Kopf. War sie so blöd, oder tat sie nur so? "Ihm Näherkommen... aber du darfst nicht nerven. Wenn Mädchen zu anhänglich werden, kann das auch nach hinten losgehen. Es sei denn, er hat nur Interesse für eine Nacht..." "Hä? Eine Nacht?" Xylon hielt sich die Hand an die Stirn. So blöd konnte sie doch nun wirklich nicht sein, oder? "Na, ein One-Night-Stand!" "Ach so... Ja, das hab' ich auch schon oft gemacht." Jetzt war Xylon baff. Aber als Infoscanner konnte das ja nur bedeuten...... "Für Infos?", fragte er Linn. Linn seufzte und setzte sich neben ihn auf das Bett: "Ja, es ging nicht anders." Armes Ding, jetzt tat sie ihm richtig leid. So ein naives Mädel muß sich also mit den größten Idioten rumschlagen, um an infos zu kommen. Xylon stellte fest, dass seine Hand kurz davor war, ihr tröstend über das Haar zu streicheln. Er zog sie rasch zurück und legte dann den Kopf schief. So übermüdet konnte Linn auch natürlich aussehen. Das sie so mit Make-up zugekleistert war, viel ihm dann gar nicht mehr so auf. "Auch die, die du für uns besorgt hast?" "Ja..." Linn lehnte sich nun auch gegen die Wand. Sie machte ein trauriges Gesicht. Jetzt strich Xylon ihr nun doch übers Haar. "Ich kenne diesen Job. Ich war vor kurzem auch noch Infoscanner... ich weiß, wie hart das ist. Warum hast du damit angefangen?" Linn seufzte wieder und schaute ihm in die Augen, wobei er erkannte, dass ihre sich mit Tränen gefüllt hatten. "Ich brauchte Geld... Wir waren sechs Kinder... Die Mädels wurden los geschickt, um Geld mit Prostitution zu machen... meine Brüder haben Karriere gemacht... meine Schwestern hab' ich nie wieder gesehen..." Sie blickte zu Boden und versuchte ihre Tränen zu unterdrücken. Xylon erhob sich und gab ihr dann ein Taschentuch, mit dem sie nicht nur die Tränen, sondern auch einen Teil ihrer Schminke wegwischte. "...ich wollte nicht zu einer Hure werden... aber selbst durchs Info scannen... ich bin letztendlich ja doch zu einem Straßenmädchen geworden..." "Du kannst ja nichts dafür...", versuchte Xylon sie zu beruhigen. "Es ist so unfair!", heulte sie. Xylon nahm sie in den Arm. Sie hatte recht, aber eigentlich war er müde... andererseits sah sie total süß aus, wenn sie weinte. Linn beantwortete die Umarmung mit einem Schluchzen und kuschelte sich in seine Arme. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ "...RIO TAKESHI UND CEL HYNAO! RIO TAKESHI UND CEL HYNAO BITTE AUF DEN KAMPFPLATZ!" Xylon schaute ungläubig. Wieso wurde Cel aufgerufen? Was wurde hier gespielt? Das konnte doch nicht... Der Blonde sprang auf und sprintete zur Jury. Dort blickte er auf die Bildschirme, auf denen die Reihenfolge der Kämpfer aufgelistet war. Tatsache, Cel war wirklich dran. SIE war also die Maskierte Frau! Aber das konnte doch unmöglich... Xylon schaute nach unten auf den Platz. Die Maskierte kam zuerst in die riesige Arena. War das wirklich Cel? Auch Rio schien ziemlich überrascht zu sein, als er den Namen einem Gesicht zuordnen konnte. Aber die Überraschung wandelte sich schnell in Boshaftigkeit. Es gab also doch noch eine Möglichkeit, seinem Bruder eins auszuwischen. Dieser sprintete wieder nach unten, um seine Freundin von diesem Vorhaben abzuhalten. Sie hatte doch niemals eine Chance gegen Rio! "Cel, warte!", rief er über den ganzen Platz. Die Maskierte reagierte nicht, sondern bereitete sich auf den bevorstehenden Kampf vor. Dabei machte sie einige eindrucksvolle Rückwärtssalti auf ihren nächsten Gegner zu. Rio ging sofort in Deckung und wich ihr mit einem Seitwärtssprung aus. Somit war der Kampf eröffnet. Xylon wurde von einigen Sicherheitsleuten (Es waren bestimmt sechs oder sieben. Weniger hätten ihn wohl auch nicht festhalten können.) aufgehalten, so dass er nicht auf die Kampffläche kam. Cel wirbelte herum und schlug Rio dabei ein paarmal mit den Fäusten in den Magen. Keine Gnade, wie sie es gesagt hatte. Aber Rio war auch nicht gerade in Stimmung, diesen Kampf zu verlieren. Also schlug er zu, was das Zeug hielt. Mit einer vorgetäuschten Ohrfeige riß er ihr das Tuch vom Kopf, so dass ihr langes, schwarzes Haar und ihr hübsches Gesicht zum Vorschein kamen. Xylon rief ihren Namen, aber alles ging bei dem nun allgemeinen Durcheinander unter. Cel katapultierte sich wieder in die Luft und trat Rio mehrmals ins Gesicht. Sie war wendig und ein Leichtgewicht, aber jetzt war ihr Kampf nicht mehr fair. Ihr einstiger Ehrenkodex wurde nun von Haß und Wut unterdrückt. Rios Nase blutete mittlerweile, aber er hatte noch kein bißchen von seiner Standhaftigkeit eingebüßt. Da wo Cel die Schnelligkeit hatte, hatte Rio die Kraft. Wo er hinschlug wuchs kein Gras mehr. Das mußte Cel nun auch feststellen. Der Treffer katapultierte sie erstmal mehrere Meter durch die Luft, aber sie rollte sich geschickt ab, um gleich wieder vorzustürmen. Rio beantwortete dies mit einem weiteren Treffer. Diesmal stürmte sie zwar nicht gleich wieder los, aber sie stand in Sekundenbruchteilen wieder auf den Beinen. Schwer Atmend standen sich die beiden Kontrahenten nun für ein paar Sekunden bewegungslos gegenüber. Xylon hatte sich nun endlich losgerissen und sprang über die Absperrung. Als er mit beiden Füßen wieder auf dem Boden stand, hatte er das Gefühl, dass die Zeit so langsam ablief, dass er dachte, gleich würde sie stehen bleiben. Obwohl in den nächsten Sekunden alles auf einmal passierte, konnte er jede einzelne Bewegung beschreiben, als wäre das alles in einer Minute und nicht innerhalb einiger Sekundenbruchteile passiert. Xylon lief los. Noch während er einen Fuß vor den nächsten setzte, war Rio bereits in der Luft und rollte vorwärts. Cel hatte ebenfalls schon die Schwerkraft für einige Zeit mißachtet und flog auf ihren Gegner zu. Irgendwo am Rand der Absperrung setzten sich einige Sicherheitseinheiten in Bewegung um Xylon aufzuhalten. Immer noch wie in Zeitlupe rannte er auf Cel zu. Der ganze Akt spielte sich irgendwie vor seinen Augen in Zeitlupe ab. Rio setzte kurz mit den Händen auf und katapultierte sich dann, mit den Füßen voraus gegen Cel. Diese bemerkte die Gefahr des Zusammenstoßes zu spät und führte so die Bewegung des Flickflacks zu Ende aus, bevor sie irgendwie reagieren konnte. Und so kam es dann, dass Rio mit seinen Füßen direkt auf ihren Rücken traf. Während Xylon gerade mal einen weiteren Schritt getan hatte, sah er, wie sich die Wirbelsäule von Cel durchbog und brach. Irgendwer schrie. Bevor Xylon merkte, dass er es selbst war, hatte die Anziehungskraft Rio bereits wieder auf den Boden gezwungen. Erst einen Wimpernschlag später wurde auch im Publikum der Lärmpegel drastisch nach oben gezogen. Alles schrie und kreischte, irgendwer rief nach einem Arzt, aber dafür war es schon zu spät. Cel setzte gerade wieder am Boden auf, als Xylon ankam. Xylon ergriff ihre Hand und hielt ihren zierlichen Kopf in der anderen. "Scheiße, verdammt. Du wirst doch jetzt nicht abkratzen?!" schimpfte er sie an. Sie brachte aber nichts mehr hervor, sondern schaute ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Xylon drückte sein Gesicht auf ihre schweißige Brust und fing an zu weinen. Nur noch flüsternd brachte er hervor: "Du darfst jetzt nicht sterben, zum Teufel. NICHT JETZT!" Rio stand teilnahmslos daneben. Eigentlich wäre das die Chance gewesen, Xylon auch noch loszuwerden, aber er wollte ihn lieber erst leiden sehen. Das war viel befriedigender für Rio. Cel griff nach Xylons Schulter und hauchte ihm ins Ohr: "...die Augen... sind.... der... Spiegel..." Mehr brachte sie nicht hervor, da sie nun Blut spuckte. Xylon fing an wie ein kleines Kind zu wimmern: "Nein... CEL! Du mußt leben! Hörst du? LEBEN!!" Xylon würde nie vergessen, wie er förmlich gesehen hatte, wie das Leben aus ihren Augen gewichen war. Danach schloß er ihre toten Augen und heulte sich die Seele aus dem Leib. Aber es war noch nicht zu Ende. Rio legte die Hand auf Xylons Schulter. "Tut mir echt leid." Xylon hörte den Hohn in der Stimme seines Bruders und sprang auf. "DIR TUT ES LEID? DAS IST DOCH NICHT DEIN ERNST?" Rio lächelte. Xylon schlug zu. Rio war zwar im ersten Moment überrascht gewesen, aber eigentlich hätte er sich das denken müssen. Xylon war schon immer jemand gewesen, der schnell ausrastete. Und JETZT hatte er wirklich einen Grund dafür. Xylons Augen waren zwar gerötet und mit Tränen gefüllt, aber Rio konnte jetzt auch den abgrundtiefen Haß erkennen, den er bei ihm früher so vergeblich gesucht hatte. Jetzt würde es auch endlich ein Kampf werden, der nach Rios Regeln ging. Endlich hatte er seinen Bruder soweit, dass er seinen ,Ehrenkodex' mißachten würde, was bedeutete, dass er bei den Angels rausfliegen würde. Also würde Rio auf jeden Fall gewinnen. Entweder würde Xylon verlieren und sterben, oder Rio verlor und Xylon würde rausfliegen. Xylon dachte nicht über den Verein nach. Er war in seinem Zustand überhaupt nicht fähig zum denken. Sein Unterbewußtsein beherrschte ihn nun ganz. Und das einzige Ziel war töten und vernichten. Also warf Xylon seinem älteren Bruder einen Kraftausdruck entgegen und stürmte auf ihn mit fliegenden Fäusten ein. Die Arzthelferin blieb sofort stehen und wartete, bis die beiden kampfwütigen Männer außer Reichweite waren, bevor sie sich der toten Cel widmete. Xylon schlug so schnell hintereinander auf Rio ein, dass der nicht mal Zeit fand zwischendurch Luft zu holen. Xylon war in einem Zustand, den man wohl als Kamikaze bezeichnen konnte. Er schlug drauflos, ohne sich Gedanken um seine eigene Gesundheit zu machen. Aber Rio fand zuerst sowieso keine Möglichkeit zurückzuschlagen. Erst als er seinem jüngeren Bruder mit einem Rückwärtssalto entwischte, fing das Publikum an, Interesse an diesem Kampf zu finden. Es wurde gejubelt oder ausgebuht. Auch die Jury hatte jetzt offiziell den nächsten Kampf ansagen lassen. Rio und Xylon wären nämlich eigentlich wirklich die nächsten Beiden gewesen. Aber bei diesem Kampf ging es nicht nur um irgendeinen Pokal oder Preis, sondern um Rache und um Leben und Tod. Und das zeigten die beiden Takeshi-Brüder auch sehr deutlich. Rio verpaßte dem Erzengel einen tiefen Magenhieb, der beinahe unter die Gürtellinie gegangen wäre, hätte Xylon nicht abgeblockt. Xylon konterte mit einem hohem Schwinger, der das Kinn von Rio traf. Es knackte laut und Rio lag für kurze Zeit am Boden. Xylon hielt sich die linke Faust. Er hatte sich wohl ein paar von den kleinen Fingerknochen gebrochen. Aber er biß die Zähne zusammen und schlug wieder mit der Linken Faust zu. Das war das erste mal, dass er es verfluchte, Linkshänder zu sein. Rio hatte sich mit einer Rolle nach hinten in Sicherheit gebracht, bevor er aufstand. Hätte er das nicht gemacht, hätte Xylon seinen Schädel wahrscheinlich mit dem Fußtritt zermatscht, der jetzt auf den Boden traf. Rio erkannte, dass sein Bruder wirklich ungeheure Kräfte mobilisieren konnte, wenn er RICHTIG sauer wurde. Also mußte Rio höllisch aufpassen, dass er Xylon nicht unterschätzte. Dieser machte zwei große Schritte, bevor er sprang. Dann machte er einen Fußkick, der den Hals von Rio erwischte. Atemlos sank Rio zu Boden. Sein Bruder war ja richtig gefährlich, wenn er sich nicht an den Kodex der Angels hielt! Xylon stand nun neben dem wehrlosen Rio. Dann schossen ihm wieder die Worte von Cel in den Kopf. - Keine Gnade. Er ist grausam. Die Augen sind der Spiegel der Seele. - Xylon trat zu. Egal wohin, er wollte seine Wut, seinen Haß, einfach alles, irgendwie loswerden. Rio stöhnte auf, als Xylon ihm zwischen die Beine traf. Jetzt war eigentlich der Zeitpunkt gekommen, wo er hätte aufgeben müssen. Xylon war immer noch blind vor Wut. Er betrachtete die Glatze seines Bruders, die durch den Schweiß glänzte, als wäre sie poliert. Rio blutete und an sehr vielen Stellen zeigten die blauroten Verfärbungen, dass Fleisch auf Knochen getroffen war. Rio atmete schwer, aber das war ja auch nicht verwunderlich. Jeder Schrank von Mann kann in Ohnmacht fallen, wenn sein bestes Stück zu Brei gemacht wird. Und Rio wurde auch schon blaß. Xylon hob den Kopf wieder und schaute in die Menge. Diese war völlig in Ekstase und rief lauthals: "TÖTE IHN!" Der 18jährige schaute daraufhin zu Cel, die mit einer Trage vom Platz geschafft wurde. Sollte er wirklich seinen eigenen Bruder umbringen? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)