After The Fall von JoeyB (Spencer x Tala) ================================================================================ Kapitel 10: End --------------- Tala brachte eine weite Strecke zwischen Spencer und sich, bevor er endlich anhielt und sich auf eine Treppe sinken ließ. Er befand sich am Rande der Moskauer Innenstadt und saß vor dem Hauseingang einer Arztpraxis. Vor ihm erstreckte sich ein typisches Bild für einen frühen Morgen: Es waren nicht ganz so viele Autos unterwegs wie sonst und auch die Passanten tauchten nur vereinzelt auf. Trotzdem lag eine gewissen Hektik in der Luft. Aber das war wohl etwas, was nie aus einer Großstadt verschwinden würde. Tala rutschte an die Seite der Treppe und lehnte sich gegen das kühle Metallgeländer. Er schloss die Augen und atmete langsam ein und aus, bis sich sein Herzschlag etwas reguliert hatte. Er besaß zwar eine gute Kondition, aber er hatte während des Laufens nicht die Nerven dazu gehabt, auf eine regelmäßige Atmung zu achten. Weshalb hätte er sich diese Mühe auch machen sollen? Er hatte andere Probleme gehabt! Das, was ihn am meisten beschäftigt hatte, war, dass Spencer ihn hätte verfolgen können. Er hatte beinahe damit gerechnet, Schritte hinter sich zu hören, und auch jetzt blickte er sich, nachdem er wieder ruhig atmete und das Pochen in seinem Kopf verschwunden war, aufmerksam in der Straße um. Doch Spencer war nicht hier. Er hatte ihn laufen lassen. Tala nickte sich leicht selber zu. Er war froh darüber, dass er Spencer jetzt nicht auch noch sehen musste. Der Schrecken saß noch zu tief in ihm. Spencer hatte ihn geküsst. Geküsst. Auf den Mund. Und er hatte ihn dabei angefasst. Zärtlich, liebevoll, vorsichtig. Und seine Stimme hatte so weich und verletzlich geklungen. Tala hatte sich einen kurzen Moment lang in seine Kindheit versetzt gefühlt. Der Ton in Spencers Stimme war ihm aus der Ferne noch vertraut vorgekommen. So hatte der Blondschopf früher immer mit ihm geredet. Und jetzt, da Tala Spencers Worte im Sinn hatte, erinnerte er sich daran, dass Spencer ihn früher auch oft angefasst hatte. Er hatte ständig den Arm um Tala gelegt und ihm durch die Haare gewuschelt. Wie oft hatte er Talas Hand in seine eigene genommen und ihn in fröhlichen Momenten einfach an sich gedrückt? Warum war Tala nie aufgefallen, dass Spencer ihn damals beinahe komplett für sich beansprucht hatte? Er war beinahe krankhaft eifersüchtig geworden, als sich Tala mit Ian angefreundet hatte. Doch Tala hatte das immer als eine enge Freundschaft verstanden und nicht als Liebe. Konnten kleine Kinder überhaupt schon lieben? Oder spann sich Spencer bloß etwas zusammen? Doch auch, wenn er sich in Gedanken gegen diese Vorstellung sträubte, wusste Tala, dass Spencer nicht gelogen hatte. Er hatte Tala schon als Kind geliebt. Und er hatte es ihm oft genug zu verstehen gegeben. Tala war bloß zu blind gewesen, um diese Hinweise zu sehen. Und jetzt war irgendwie alles zu spät. Spencer hatte doch selbst gesagt, dass sie vermutlich niemals wieder Freunde sein würden. Und es gab nichts in Tala, das dieser Aussage irgendwie widersprechen wollte. Er seufzte leise und stand wieder auf. Er ging ein paar Schritte in eine zufällige Richtung, ohne sich wirklich umzusehen. Er verstand sich gerade selber nicht. Er wusste einfach nicht, was er fühlen sollte. Sollte er Spencer dafür hassen? Irgendwie war ihm dieser Gedanke zuwider. Außerdem schlich sich immer wieder Spencers trauriger Blick in seinen Geist. Er wollte Spencer gar nicht hassen. Ihn verachten? Nein, das auch nicht. Angst vor ihm haben? Sich vor ihm ekeln? Tala verwarf diese Gedanken. Das war doch alles Schwachsinn. Es fiel ihm schwerer, als er gedacht hatte, negative Gefühle für Spencer zu empfinden. Er hatte sich so oft von dem Älteren provozieren lassen, aber wirklich gehasst hatte er ihn nicht. Er hatte Wut empfunden, Resignation, vielleicht auch Sorge. Aber nie etwas schlimmeres. Und er konnte sich nicht vor Spencer ekeln. Klar, dieser Idiot hatte ihn einfach so geküsst. Zweimal sogar. Und er hatte ihn angefasst. Aber das hatte Tala seelisch nicht aufgewühlt. Kognitiv hatte ihn dieser Moment aufgebracht. Wenn er darüber nachdachte, dass Spencer ihm schon seit Jahren nachstellte und sich vermutlich auch keine sehr sauberen Gedanken machte... Aber emotional war Tala nicht überrascht gewesen. Und das war es, was ihn am meisten verwirrte. Er hatte sich bei dem Kuss nicht geekelt, überhaupt nicht. Kein klitzekleines bisschen. Im Gegenteil. Wenn er ganz ehrlich zu ihm war, dann hatte es ihm... gefallen? Nein, gefallen war zu stark ausgedrückt. Aber er hatte keine negativen Gefühle empfunden. Tala schluckte leicht. Vielleicht hatte es ihm doch gefallen. Sonst hätte er Spencer doch eher weggestoßen. Sonst hätte er sich vielleicht nach dem Kuss über die Lippen gewischt. Sonst hätte er... Hatte es ihm wirklich gefallen? War das die Antwort auf diese Unsicherheit, die er seit Wochen schon verspürte? War die Antwort wirklich, dass er Spencer doch noch mochte? Und dass er ihn mehr mochte als früher? Er hatte sich so oft von Spencer provozieren lassen, weil... Ja, warum eigentlich? Es waren Spencers Augen gewesen,. Und sein Lächeln. Und seine Stimme. Spencer hatte immer wieder Talas Blut zum Kochen gebracht und ihn mit unerschöpflicher Energie gesegnet. Energie, die er dazu verwendet hatte, Spencer zu bestrafen und ihn immer wieder fertig zu machen. „Oh Gott, was rede ich mir das eigentlich ein?“, fragte Tala ernst, woraufhin sich eine ältere Frau fragend nach ihm umdrehte, bevor sie etwas schneller weiterging. „Das ist doch nicht möglich.“ Er lachte kurz auf. „Das ist 'n Scherz!“ Aber ihm war nicht zum Lachen zumute. Sein Verhalten hatte Spencer dazu gebracht, zu trinken. Weil er mit seinen Gefühlen nicht klar gekommen war, hatte er Spencer zum chronischen Trinker gemacht. War das nicht irgendwie total sinnlos? „Ja, es ist sinnlos“, beantwortete Tala die Frage für sich selbst und setzte sich auf eine kleine Mauer, die einen winzigen Vorgarten vom Bürgersteig abgrenzte. Er zog die Beine an seinen Körper heran und legte den Kopf nachdenklich auf seinen Knien ab. War er wirklich so ein Idiot? Er hatte das Gefühl, noch immer Spencers Lippen auf seinen eigenen spüren zu können. Und von ihm sanft über den Nacken gestreichelt zu werden... In seiner Erinnerung war dieser Moment irgendwie magischer, als er tatsächlich gewesen war. Und in seiner Vorstellung waren Spencer Augen noch trauriger und grauer. Und trotzdem regten sie wieder Gefühle in Talas Innerem. Waren das wirklich seine Gefühle? Hatte er Liebe mit Hass verwechselt und Spencer dadurch in den Wahnsinn getrieben? Tala lachte wieder leise auf. „Das ist verrückt“, murmelte er. Dennoch schwand sein Lächeln wieder aus dem blassen Gesicht und er schloss die Augen. Was sollte er denn jetzt tun? Er musste mit Spencer reden, auf jeden Fall. Um ein Gespräch würden sie nicht herum kommen. Und was sollte er ihm sagen? Sollte er ihm sagen, dass er sich vertan hatte? Dass er seine Gefühle einfach umgekehrt und an ihm ausgelassen hatte? Dass er noch einmal von ihm geküsst werden wollte? Das konnte er doch nicht machen! Vielleicht sollte er es langsam angehen und sich entschuldigen. Er stand auf und blickte auf die Uhr. Es war jetzt beinahe eine Dreiviertelstunde her, dass er Spencer alleine im Park zurück gelassen hatte. Vermutlich war Spencer selbst noch ein wenig aufgewühlt. Vielleicht sollte Tala ihm und auch sich selbst einen Moment zum Besinnen geben. Er ging die Straße entlang und beschloss, einen etwas längeren Weg nach Hause zu nehmen. Er würde mit Umweg in etwa einer Stunde dort ankommen. Dann konnte er mit Spencer reden. Wie es weitergehen sollte? Das wusste er nicht. Er ging absichtlich fern ab von Haltestellen. Die Gefahr, dass ein Bus neben ihm halten könne, war ihm zu hoch. Er wollte erst seine Gefühle beruhigen, bevor er Spencer wieder gegenüber trat. Wer wusste denn schon, wie ihr Gespräch aussah? Wie ihre Zukunft aussah? Es gab drei verschiedene Möglichkeiten: Spencer verzieh ihm und sie würden wieder Freunde werden, vielleicht sogar mehr? Oder er verzieh ihm nicht und sie würden sich für immer hassen müssen. Oder sie entschieden sich, die Sache zu vergessen, und sich gegenseitig mit Gleichgültigkeit behandeln. Jetzt, da er sich Gedanken darüber gemacht hatte, musste er zugeben, dass die ersteM öglichkeit gar nicht mal so schlecht klang. Das war doch möglich. Oder nicht? Auf dem Heimweg zwang sich Tala dennoch, über etwas anderes nachzudenken. Er kaufte sich bei einem Kiosk, der gerade, als er ihn passieren wollte, öffnete, ein Teenie-Magazin, in dem der neuste Klatsch und Tratsch stand. Über sein Team wurde berichtet, dass es Gerüchte über einen Streit gab. Natürlich stand da nichts genaueres, nur dass sich die Fans darüber wunderten, dass sie in den letzten Wochen keine Pressetermine wahrgenommen hatten und auch nicht mehr beim Trainieren zu beobachten waren. Aber da stand keine Silbe von Alkohol oder Mobbing oder ähnlichem. So ein Glück. Während des Gehens las Tala halbherzig die eigentlich ziemlich uninteressanten Artikel und auf den letzten Metern zu ihrer Wohnung brütete er über dem Kreuzworträtsel. Als er die Tür aufschloss und sich im Flur seiner Schuhe und der Jacke entledigte, zog sich etwas in ihm zusammen. Der Moment war gekommen. Der Moment, der vielleicht über sein weiteres Leben entscheiden würde. Auf jeden Fall über die Zukunft seines Teams und sein Verhältnis zu Spencer. Er beachtete den Zettel auf der Kommode, auf den Ian geschrieben hatte, dass Bryan und er unterwegs seien, kaum. Er sah nur Spencers Schuhe unordentlich im Flur stehen und lächelte leicht. „Spencer?“, rief er in die Wohnung hinein und ging durch die Küche, wobei er das Magazin auf dem Tisch ablegte. Er hörte laute Musik aus dem Flur, in dem ihre Zimmer lagen. Vermutlich hörte ihn der Blondschopf nicht, weshalb er auch nicht antwortete. „Spencer!“, rief er also etwas lauter und ging durch den Flur. Er klopfte an Spencers verschlossene Tür, doch abermals reagierte Spencer nicht. Also legte Tala die Hand auf die Klinke und atmete tief durch. Womit sollte er anfangen? Sollte er einen Monolog halten, in dem er Spencer klarmachte, dass er sich mit ihm versöhnen wollte? Oder sollte er ruhig und sachlich mit Spencer über den ganzen Mist reden? Tala fuhr sich nervös durch die Haare. Er sollte es auf sich zukommen lassen. Spencer sollte bestimmen, was nun passieren würde. Das war er ihm schuldig. Tala öffnete die Tür und trat einen Schritt in Spencers Zimmer. Die Musik war unerträglich laut und in der Luft schwebte der stechende Geruch von Erbrochenem. Tala spürte, wie ihm Tränen in die Augen stiegen, als er Spencer regungslos auf dem Boden liegen sah. An seinem Haaransatz klebte Blut; vermutlich war er gestürzt und mit der Stirn aufgeschlagen. Er lag in seinem eigenen Erbrochenem, um ihn herum leere Flaschen. Und obwohl die Zeit stehen geblieben war, pochte die laute Musik erbarmungslos weiter. --- The End --- Das war dann also das Ende der Geschichte. Es tut mir Leid, wenn ihr keine offenen Enden mögt. Ich mag sie nun einmal sehr gerne und... die Geschichte verlief einfach zu märchenhaft, als dass ich sie hätte gut enden lassen können. Ich möchte mich an dieser Stelle für alle Kommentare bedanken. Es ist schön, dass euch die Geschichte (zumindest bis zu diesem Zeitpunkt) gefallen hat und ich bin ehrlich darauf gespannt, wie ihr das Ende fandet. Wenn ihr enttäuscht darüber seid, könnt ihr es mir ruhig sagen. Ich hoffe, wir lesen uns nochmal ;-) Nathera Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)