the hunting von Corpse_Lucile (Die Füße im Feuer) ================================================================================ Kapitel 2: Die Übernachtung --------------------------- Der Abendtisch wurde gedeckt. Eine greise Magd legte ein blendend weißes Tuch darauf. Ein uniformiertes Mädchen, viel gepflegter aussehend als die ältere Schaffnerin, half beim Drüberziehen. Man konnte schlussfolgern, dass sie das Edelmägdlein war. Zwei Kinder betraten den Essensraum. Das kleine Mädchen, dass ein Dirndl trug, hüpfte durch das Zimmer. Der nicht viel ältere Knabe, fein in den Knickerbockern, trug einen Weinkrug zum Tische. Seine Schwester aber lief lebhaft in den Ahnensaal. Doch kaum hatte sie ihn betreten, erblickte sie schreckenstarr den Reiter am Kamin. Ihr rosiges Gesicht wurde mit einem mal bleich wie Schnee. Ihre Augen beschreiben die nackte Angst. Als der Junge sie erblickte, kam er angeschnellt. Es brauchte nicht lange, bis er erkannte, was los war. Auch er erschrak und er zog sie sanft mit sich weg, rückwärtsgehend... ‚...diese Hitze...’ Eine lodernde Flamme zischt. Zwei Füße zucken heftig in der rauchenden Glut... ‚Verdammt! Dasselbe Wappen! Und dieser selbe Saal! Vor drei Jahren... Auf einer Hugenottenjagd... Ihre Folterung... Eine feine, aber sture Adelsfrau... „Wo steckt der Junker? Sprich!“ Sie schwieg. „Gestehe!!“ Sie schwieg. „Gib ihn heraus!!!“ Sie schwieg... Meine Wut stieg. Ich schaute in ihr stolzes, und unbekümmertes Gesicht. Ich zerrte sie hin und her... Die nackten Füße packte ich ihr und streckte sie tief mitten in die Glut... „Gib ihn verdammt noch mal heraus!“ Sie schwieg nur kurz... Sie wand sich und knirschte die Zähne vor Schmerz...’ Seine Erinnerung erblasst ‚Sahst du das Wappen nicht am Tor?! Wer hatte dich in sein Schloss gelassen, Richard?! Du dummer Narr.. Ist er, selbst mit nur einem Tropfen Blutes, noch am Leben, erwürgt er dich! Sein Name...’ Die Schritte, die sich Richard näherten, konnte er nicht hören, denn... „Du träumst, Richard!“ holte Bernhard, der Hausherr, ihn aus seinen Gedanken und Richard erschrak. Bernhard jedoch sagte: „Zu Tische, er ist fertig gedeckt!“ Innerlich zitternd erhob sich Richard von seinem Stuhl und lief, sich ungläubig umsehend, zum Speisesaal. Der Stuhl knarrte auf der Holzdiele, als er am festlichem Tische Platz nahm. Durch dieses Geräusch wurden die Kinder aufmerksam auf Richard. Sie starrten ihn an. Er allerdings schaute nur aus dem Augenwinkel in die Runde. Der Edelmann, der Junge und die kleine Maid waren alle in einer schwarzen Tracht gekleidet. Niemand sprach das Tischgebet. Eine beunruhigende, ja, fast Totenstille breitete sich im ganzen Schloss aus. Richard knetete seine Hände nervös unter dem Tisch, konnte nichts essen. Als dann über seine Stirn ein Schweißtropfen herunterlief, konnte er ihn nur mit Mühe wegwischen. ‚Ich halt’s nicht mehr aus, irgendwas muss passieren!’ dachte er und nahm sich den Krug voll Wein. Gedankenvoll schenkte er sich das Getränk in den Becher. Das Mädchen zuckte kurz, als Richard den Becher übergoss und seine Hand nass wurde. ‚Oh...’ Er stürzte den Trunk mit lautem Schlucken und sein Kehlkopf rutschte im regelmäßigem Takt nach unten und oben. Mit einem Knall stellte er das Glas hin. Gleichzeitig schien er aufzuspringen, da er diesen stickigen Druck nicht aushielt. „Herr, zeigt mir, wo ich übernachten werde! Müd bin ich, wie ein Hund.“ Bernhard erwiderte: „Mein Knecht zeige dir den Weg in das Gästegemach.“ Ein Jüngling in feiner Arbeitskleidung kam herangeschnellt zum Edelherr, um sich von ihn Anweisungen abzuholen. Richard folgte ihm aus dem Zimmer. Doch auf der Schwelle warf er seinen Blick noch mal zurück. Alle saßen noch an den Tisch, der Knabe flüsterte dem Vater ins Ohr. Das Mädchen hatte einen schluchzenden Gesichtsausdruck, ihre Wangen waren angerötet. Als Richard merke, dass der Junge, während er wisperte, ihn anstarrte, zog sich Richard schnell zurück zum Gang. Der Diener leuchtete ihn den Weg, ansonsten war alles stockfinster. Aus dem Fenster blickend, taumelte Richard die Treppe hinauf in das Turmgemach: ein gemütlicher Raum mit Fackel, Bett und Kommode. „Eine erholsame Nacht.“ wünschte der Diener Richard, bevor er den Raum verließ. ‚Ja...’ dachte er zwar, doch sagen konnte er nichts. Stattdessen verriegelte er die Tür fest und prüfte sein Schwer. Das Wappen des Königs war am Griff eingraviert, die Klinge scharf. Die Pistole war auch in Ordnung. Für den Fall, muss er vorbereitet sein. Auch, dass er diese Nacht nicht schlafen wird, ist ihm klar. Der Sturm ist wohl heftiger geworden, bemerkt Richard, denn das Pfeifen ist sehr deutlich zu hören. Die Diele bebt leicht und Richard setzte sich auf das samtverzierte Bett. Noch einmal schaute er sich um, die Treppe kracht. Richard öffnete seine Augen weit... und seine Ohren. Irgendjemand ist doch hier... Schleicht dort ein Schritt?.. „Wer...“ ’...ist da?’ Richard bekam es beinahe mit der Angst zu tun, doch sein Ohr hatte ihn sicher getäuscht, denn niemand war da. Nun saß er da, mit herabhängendem Kopf, seine Hände auf die Knie gestützt. ‚Wach bleiben...’ dachte er und rührte sich nicht. Der Mond blinzelte zwischen den schwarzen Wolken hindurch. Vorüber wandelte Mitternacht. Auf Richards Lidern lastete Blei und schlummernd sank er auf das Bett und schlief. Draußen plätscherte eine Flut aus Regen. ... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)