Children of Elements von chaoticgirl (Buch I - Freundschaft) ================================================================================ Kapitel 9: Heimkehr ------------------- Jemand ging durch den Wald. Er erreichte den Waldrand und sah hinunter auf ein Dorf. Oder auf das, was von dem Dorf noch übrig geblieben war. Überrascht und entsetzt starrte Fynn auf das Bild der Zerstörung, das sich ihm bot. Die meisten Häuser waren eingedrückt, als hätte sich etwas Großes darauf gesetzt, überall liefen Menschen durch die Gegend, versorgten Verletzte, halfen eingeschlossenen oder, unter Trümmern begrabenen Menschen, fingen Vieh ein, das davonlief. Steine, die früher wohl mal ein Brunnen gewesen waren, lagen herum, in der Mitte dessen, was einmal ein Marktplatz gewesen war und nun mehr einem Schlachtfeld glich, war nur noch ein großes Loch zu sehen, aus dem die Dorfbewohner mit Eimern Wasser schöpften, um Wunden zu säubern oder ihren Durst zu stillen. Es war kein großes Dorf gewesen, nur etwa dreißig bis vierzig Häuser, schätzte Fynn. Warum sollte es jemand angreifen und zerstören? Plötzlich ertönte ein Fanfarenstoß und die Menschen blickten auf. Eine große Reiterschar ritt auf den ehemaligen Marktplatz. Die Reiter waren edel gekleidet, viele trugen Rüstungen und große Schwerter. Fynn duckte sich hinter einen Busch und beobachtete das Geschehen durch die Zweige. „Was ist hier passiert?!“, rief eine herrische Stimme, die sogar noch bei Fynn auf der Anhöhe deutlich zu hören war. Stimmengewirr erhob sich. „Ruhe!“, rief der Besitzer der Stimme, ein großer Mann mit einem Kinnbart, der keine Rüstung sondern schöne Stoffgewänder trug. „Du da, komm her und berichte mir!“, befahl er und zeigte auf einen unverletzten Mann, der wie ein Bauer gekleidet war. Der Angesprochene wischte sich den Schweiß von der Stirn und begann zu erzählen. Es wäre ein ganz normaler Tag gewesen, doch plötzlich, wie aus dem Nichts, wäre ein Drache angeflogen gekommen, der das Dorf zerstört hätte. Er hätte sich auf Häuser gesetzt und sie mit seinem Gewicht erdrückt, mit einem einzigen Schlag seines Schwanzes hätte er die Marktstände und den Steinbrunnen zerfetzt, er hätte laut gebrüllt, sodass man dächte, einem würden die Ohren abfallen. Schon nach weniger Minuten wäre der Angriff vorbei gewesen und der Drache wäre wieder davongeflogen. Doch er, der Bauer, hätte noch etwas entdeckt, bevor der Drache über dem Wald verschwunden wäre. Ein Mensch! Ein Mensch hätte auf den Rücken des Drachen gesessen. Und nicht nur irgendein Mensch, nein, es wäre der Fürst Adui gewesen! Fürst Adui! Jetzt, wo der Mann den Namen erwähnte, fiel Fynn etwas ein. Hieß nicht der Fürst, dem sein Vater diente Adui? Der Fürst, der Xankir mitgenommen hatte?! Dann war der Drache…! „Wie sah der Drache aus?“, fragte der gut gekleidete Adlige den Bauern. „Grün ist er gewesen.“ So schnell wie er nur konnte, rannte Fynn zu Rorax und Nexel zurück. Er konnte immer noch nicht glauben, was er da gehört hatte. Xankir! Sein Xankir, der gutmütigste Drache, den er je kennen gelernt hatte, hatte ein ganzes Dorf zerstört! Er verfluchte Fürst Adui in Gedanken tausendmal! Was hatte dieses Monster mit seinem Freund gemacht?! Die beiden Drachen, die geduldig an einem kleinen See gewartet hatten, sahen überrascht auf, als Fynn schwer keuchend durch das dichte Gestrüpp stolperte, das rund um den See wucherte und ihn für Menschen nur schwer zugänglich machte. Erschrocken sprangen sie auf und spreizten ihre Flügel, bereit zur Flucht „Was ist los, wirst du verfolgt? Spring schnell auf!“, rief Rorax. Fynn lehnte sich jedoch nach Atem ringend an einen Baum und winkte ab, woraufhin sich die Drachen beruhigten und ihre Flügel wieder zusammenfalteten. „Was war los? Warum bist du denn so gerannt? Und hast du in dem Dorf erfahren, wo wir überhaupt sind?“, erkundigte sich Rorax, trat auf den Menschen zu und rieb seinen Kopf an dessen Schulter. Fynn holte tief Luft und richtete sich auf. „Nein. Das Dorf war zerstört.“ Kurz erzählte er, was er gesehen und gehört hatte. Nexel schüttelte den Kopf und knurrte. „ ‚Das ist der verrückteste Mensch, von dem ich jemals gehört habe. Warum zerstört er einfach so ein Dorf? Völlig ohne Grund?’ “, übersetzte Rorax. „Das ist jetzt nicht wichtig. Wir können nichts mehr für dieses Dorf tun. Konzentrieren wir uns darauf, endlich Xankir zu befreien“, erwiderte Fynn grimmig. „Könnt ihr ihn noch riechen? In welche Richtung müssen wir fliegen?“ Ohne zu zögern spreizte Nexel einen Flügel und zeigte in Richtung des zerstörten Dorfes. „Dann los!“, rief Fynn und kletterte auf Rorax’ Rücken. Die drei Verfolger umflogen das kleine Dorf weiträumig, um die Menschen dort nicht noch mehr zu erschrecken und flogen dann auf direktem Wege in die Richtung, die Nexel angezeigt hatte. Unter ihnen ergrünten die Wälder und Wiesen langsam wieder. Der Winter war ungewöhnlich kurz gewesen. Nur eineinhalb Mondperioden lang hatte Schnee gelegen. Fynn richtete sich auf einen weiteren Tag auf einem Drachenrücken ein. Es wurde nur Rast gemacht, wenn es unbedingt nötig war. Seine Augen brannten aufgrund des ständigen Luftzuges, seine Finger schmerzten und waren verkrampft, da er sich ständig an Rorax’ klammern musste, in seinen Ohren pfeifte der Wind unaufhörlich und vom vielen Sitzen konnte er kaum noch sein Hinterteil fühlen. Plötzlich ging ein Ruck durch Rorax’ Körper und er wurde langsamer. Fynn sah auf und erkannte, dass Nexel bereits ein ganzes Stück weitergeflogen war. „Was ist los?“, wollte der Junge wissen. „Sag mal… kommt dir die Gegend hier nicht irgendwie bekannt vor?“, fragte der Drache zurück. Nexel, der inzwischen bemerkt hatte, dass ihm seine Gefährten abhanden gekommen waren, kam zurück und fauchte. Fynn hatte sich umgesehen und plötzlich ging ihm ein Licht auf. „Hey! Wir… wir sind Zuhause!“ Der Feuerdrache sah ihn verständnislos an. „Da! Da drüben ist das Dorf, in dem ich wohne!“, rief der Junge verwundert. „Wie kann das sein? Von hier bis zum Drachenclan haben wir nur etwa einen Tag gebraucht, aber wir verfolgen den Fürsten jetzt schon seit knapp drei Wochen! Das geht doch gar nicht!“ „Wir müssen einen riesigen Umweg geflogen sein. Das ist die einzige Möglichkeit“, meinte der Wasserdrache. „Aber warum sollte Adui einen solchen Umweg machen? Meinst du, er hat geahnt, dass er verfolgt wird und gehofft, wir würden seine Spur verlieren, wenn er nicht direkt zu seiner Burg fliegt?“, fragte Fynn. “Kann sein. Was machen wir jetzt?“ Nexel knurrte. „Gute Idee, wir sollten landen und die Lage besprechen“, sagte der blaue Drache. Sie landeten auf der Lichtung, auf der Fynn mit Jani gespielt hatte, einen Tag, nachdem er sie gefunden hatte. Der Junge kletterte steifbeinig vom Rücken des Wasserdrachen. Die Bäume um sie herum hatten schon wieder ein paar Blätter. Sie sahen sich eine Weile schweigend an. Dann seufzte Nexel und sah Fynn direkt in die Augen. „Ich würde vorschlagen…“, begann dieser zögernd, „… ihr bleibt erst mal hier und ich gehe zu meinen Eltern. Vielleicht kann ich im Dorf etwas erfahren, das uns irgendwie dabei hilft, Xankir zu befreien.“ Die Drachen nickten zustimmend. „Braucht ihr etwas, soll ich euch etwas bringen?“, erkundigte sich der Junge, während er seine Reisetasche von Nexels Rücken zog. Doch die Drach en schüttelten die Köpfe und Rorax antwortete: „Nein, wir kommen zurecht. Komm einfach nur bald wieder, ja?“ Fynn versprach, sich zu beeilen und stapfte durch den Wald Richtung Heimat. Seine Eltern freuten sich sehr, ihren Sohn wieder zu sehen. Fynns Mutter bereitete sofort das Lieblingsessen ihres Jungen zu, während er seinem Vater alles erzählen musste, was er erlebt hatte. Schleunigst dachte sich Fynn ein paar „Erlebnisse“ aus. „… aber sonst ist eigentlich nichts Besonderes passiert. Und was war hier so los, Vater?“ „Tja, bei uns ist alles wie immer gewesen“, sagte seine Mutter, die gerade mit dem Essen herein kam. Die Familie setzte sich und ließ es sich schmecken. Fynn erfuhr, dass Fürst Adui von der Jagd zurückgekehrt war. „Gestern ist er wiedergekommen. Das behaupten zumindest die Dienerinnen aus der Burg. Sie haben ihn zwar nicht gesehen – er will niemanden sprechen, noch nicht mal seinen persönlichen Kammerdiener – aber sie haben ihn reden gehört, im Thronsaal“, berichtete der Vater. ‚Im Thronsaal also, hm? Das ist gut zu wissen“, dachte sich Fynn. „… alle wundern sich, mit wem er redet. Manche glauben, er wäre verrückt geworden. Ich kann mir da auch keinen Reim drauf machen. Sag mal, hörst du mir überhaupt noch zu?“, wollte der Vater wissen. Fynn schrak auf. „Wa…? Oh, ja. Natürlich höre ich dir zu. Es ist nur so, dass ich von der Reise und dem guten Essen sehr müde geworden bin.“ Seine Mutter stand auf. „Das verstehe ich gut. Geh du nur ins Bett und schlaf dich aus. Wir sprechen morgen weiter“, sagte sie bestimmt. Fynn wünschte eine gute Nacht und verschwand in sein Zimmer, wo er sich auch gleich auszog und ins Bett legte. Die letzten drei Wochen der Verfolgung hatten ihn sehr erschöpft und so schlief er bis spät in den nächsten Tag hinein. Er war wieder heimgekehrt. 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