Photophobia von Chi_desu (a fear of light (die Angst vor dem Licht)) ================================================================================ Kapitel 14: Mendaciloquent -------------------------- mendaciloquent – Able to tell artful or skilled lies (in der Lage sein, besonders geschickte Lügen zu erzählen) "Ist es klug, ihn unbewacht zurückzulassen?" Es war die einzige Frage, die Watari stellte und als Ryuuzaki nicht darauf antwortete, gab er sich mit der Stille zufrieden. Ryuuzaki wusste selbst nicht, ob er das Richtige getan hatte. Seitdem Light und er diesen Plan ausgetüftelt hatten, hatte er darüber nachgedacht, wie er in dieser Situation reagieren würde. Bis zum Schluss hatte er keine zufriedenstellende Antwort gefunden, deswegen hatte er eben einfach seinem Instinkt vertraut und Light zurückgelassen. Es war eine emotionale Entscheidung gewesen, und das machte ihm etwas Sorgen. So frustrierend das war, letzten Endes hatte er eine so wichtige, vielleicht sogar lebenswichtige, Entscheidung aus einem Bauchgefühl heraus getroffen. Am Ende war es vielleicht ganz gut so. Wenn Light Kira war, wäre es sicher keine gute Idee, ihn mit Higuchi in Kontakt zu bringen. Und wenn er es nicht war, hätte ihn das hier nur unnötig in Gefahr gebracht. Schließlich war Higuchi ein Killer, trotz des gut durchdachten Plans gab es immer noch ein großes Risiko. Und diese Entscheidung hatte noch einen Vorteil. Im entscheidenden Moment würde Light ihn nicht ablenken. Mit etwas Abstand zwischen ihnen war Ryuuzaki sich sicher, dass er in dieser Sache objektiv würde urteilen können. Wenn Light nicht neben ihm saß, würde es definitiv leichter, zu entscheiden, ob Kira mit Higuchi endgültig dingfest gemacht war oder eben nicht. Aber eine Frage ließ Ryuuzaki nicht los. Was, wenn Light… Kira… es genau so geplant hat? Wenn das hier Teil seines Plans ist, überträgt sich Kiras Macht vielleicht auf ihn, während ich nicht da bin. Wer weiß, was er in meiner Abwesenheit alles anrichten kann? Der Gedanke, dass Light vielleicht in Kürze Ls Tod ungestört planen und vorbereiten könnte, war erschreckend. Es war jedenfalls nicht ganz auszuschließen. Er konnte jetzt nur noch hoffen, dass Light in seiner Abwesenheit nicht die Gelegenheit haben würde, irgendetwas Dummes zu tun. Und er musste darauf vertrauen, dass sein Instinkt ihm im Notfall den richtigen Weg weisen würde. Wenn er sich verändert, werde ich es merken. Dann wird einer sterben, er oder ich. Fassungslos blickte Ryuuzaki abwechselnd das Notizbuch in seinen Händen und den Todesgott auf der Straße an. Er hatte sich so einiges ausgemalt, wie Kira wohl tötete, aber der Gedanke, dass es ein schnödes Notizbuch war, wäre ihm nie gekommen. In seinem Kopf rasten die Gedanken. Würden die Morde jetzt wirklich aufhören? Wahrscheinlich nicht. Was alles nach Kiras Plan verlaufen? Und wie passte Light Yagami da hinein? Er schaute zu, wie man Higuchi in Handschellen legte und verhaftete. Er brauchte mehr Zeit zum Nachdenken. Dieses Notizbuch war der Quell allen Übels. Es musste vernichtet werden, aber nicht, bevor alle Fragen beantwortet waren. Der Todesgott spreizte seine Flügel und Ryuuzaki erschrak, als das Wesen plötzlich auf ihn zugeflogen kam. Seine Finger umklammerten das dünne Heft und er schluckte. Etwas Übernatürliches konnte man nicht bekämpfen, darum hatte er sich bis dato geweigert, daran zu glauben. Der Shinigami kam an den Helikopter und seine gruseligen Augen musterten Ryuuzaki und das Notizbuch in seinen Händen. "Da du jetzt das Death Note hast", sagte er, "werde ich dir folgen." Ryuuzaki reckte das Kinn in die Höhe, atmete tief ein und fragte: "Wirst du mir meine Fragen beantworten?" "Soweit ich das kann, ja." Die anderen näherten sich jetzt auch dem Helikopter und lauschten der bizarren Unterhaltung. "Nur die, die das Notizbuch berühren, können dich sehen und hören, richtig?" "Ja." "Auf wessen Seite stehst du?" "Ich bin auf niemandes Seite. Ich bin nur ein Beobachter und der ursprüngliche Besitzer dieses Death Note." "Dann wirst du nicht versuchen, einen von uns zu töten?", fragte Ryuuzaki. "Nein. Ich begleite denjenigen, der das Death Note hat, das ist alles." Das waren gute Nachrichten. "Dann schlage ich vor, wir kehren zum Hauptquartier zurück und stellen Shinigami-san dort unsere Fragen." Die anderen nickten, der Todesgott blieb unbeteiligt. Ryuuzaki klaubte die Schlüssel für die Handschellen aus seiner Hosentasche und übergab sie Lights Vater. "Yagami-san, ich hätte eine Bitte an Sie. Fahren Sie schon vor. Ich habe Raito auf dem Dach des Gebäudekomplexes zurückgelassen. Ich möchte Sie bitten, ihn dort abzuholen und zusammen mit Misa in deren Hotelzimmer zu bringen. Und erzählen Sie den beiden nichts von dem Death Note und dem Shinigami. Sie sollen nur wissen, dass wir Kira gefasst haben." "Aber…" "Bitte", sagte Ryuuzaki eindringlich. Lights Vater nickte und stieg wortlos in eines der Polizeiautos ein. Ryuuzaki blickte den Todesgott wieder an. Er würde so oder so ein paar Extra Runden fliegen müssen, damit Yagami-san genug Zeit hatte, Light wegzubringen. "Ich weiß nicht… kannst… du dem Hubschrauber folgen?" Zur Antwort breitete der Shinigami seine Flügel aus und erhob sich in die Luft. Als die Dachtür endlich aufging, war es nicht die Person, die Light erwartet hatte. Anstelle von Ryuuzaki kam sein Vater, um ihn abzuholen. Im ersten Moment durchfuhr ihn ein eisiger Schrecken. "Vater?", fragte er tonlos. "Was… was ist mit Ryuuzaki? Ist er okay?" "Ja, mach dir keine Sorgen." Erleichtert stand Light auf und beobachtete mit gemischten Gefühlen, wie sein Vater die Handschelle um sein Handgelenk löste. Was hatte das zu bedeuten? "Vater, was ist passiert? Wurde Kira verhaftet? Geht es allen gut?" Sein Vater nickte. "Alle sind wohlauf. Es ist genauso verlaufen, wie ihr es vorhergesagt habt. Wir konnten Higuchi verhaften. Komm mit." Er ging die Treppe hinunter und Light folgte ihm. Irgendetwas stimmte hier nicht. Wenn Kira wirklich verhaftet war, dann passte es aber nicht so ganz ins Bild, dass sein Vater so wortkarg war. Light brannte auf Antworten. "Und weiter? Vater, erzähl mir, was passiert ist!" In dem Moment konnte er die Ungeduld in seiner Stimme nicht ganz verbergen. "Das kann ich nicht." "Wie bitte?" "Ryuuzaki hat es mir verboten. Kira ist gefasst, mehr darfst du zur Zeit nicht wissen." Das war doch einfach nicht zu fassen! Light wusste nicht, wie er reagieren sollte. Wochen-, nein, monatelang hatte er sich das alles angetan und wofür? Damit ihm am Ende nicht einmal gesagt wurde, was nun wirklich hinter dem Namen Kira steckte?! Aber er kannte seinen Vater gut genug um zu wissen, dass er von ihm keine Antworten bekommen würde. Nicht, wenn Ryuuzaki es verboten hatte. "Und wo bringst du mich jetzt hin?", stieß er zornig hervor. Fast rechnete er damit, dass Ryuuzaki ihn gleich wieder in die Zelle würde verfrachten lassen, aber sein Vater antwortete: "Erstmal holen wir Amane." Sie gingen ins Büro und machten Misa los, die seltsamerweise gar keine Fragen zu haben schien, sondern sich einfach nur bei Light einhakte und über die brutale Behandlung jammerte. Danach wurden sie in Misas Hotelzimmer gebracht. Sein Vater bat ihn reichlich wortkarg darum, erstmal hierzubleiben und abzuwarten. Light wusste, dass er keine Wahl hatte, aber wäre Ryuuzaki jetzt hiergewesen, er hätte ihm persönlich den Hals umgedreht. Nachdem sein Vater gegangen war, fing Misa an zu quasseln, aber Light konnte ihr nicht zuhören. War er jetzt wieder der Hauptverdächtige? War das der Grund für diese dämliche Geheimniskrämerei? Was hatte Ryuuzaki vor? Was hatte er herausgefunden? Wie geht es jetzt weiter? Rem war ein wenig erstaunt. Sie stand mitten in einem fremden Zimmer, umringt von Polizisten und diesem "L", mit dem Yagami Light so viele Probleme gehabt hatte. Der beobachtete sie aus dem Augenwinkel und stellte ihr hin und wieder eine auf den ersten Blick harmlose Frage. Bei den ersten paar Fragen war Rem ins Schwanken geraten. Weil sie so harmlos klangen, war sie versucht, ehrlich darauf zu antworten. Erst hinterher merkte sie, welch tiefere Absicht dahinterstand. Sie musste sich zusammennehmen, um Misa nicht in Schwierigkeiten zu bringen. Aber Misa war nicht hier und Yagami Light auch nicht. Er hatte ihr nicht viel über seinen Plan erzählt, aber sie begann sich zu fragen, ob er das hier tatsächlich einkalkuliert hatte. Er hatte doch gesagt, er würde Higuchi töten und das Death Note wieder in seinen Besitz bringen. L hatte bereits verkündet, dass Light weder von dem Death Note noch von Rem etwas erfahren sollte. Das konnte kaum Teil seines Plans sein. Aber Rem zwang sich, ruhig zu bleiben. Sie würde abwarten und sehen, was weiter passieren würde. Sie wollte so gerne nach Misa sehen. Die Befragung dauerte mehrere Stunden und hinterher wirkte L nicht gerade begeistert. Die wichtigen Fragen hatte Rem ihm auch nicht beantwortet. Alles, was Misa hätte belasten können, würde er von ihr nicht erfahren. Am Ende des Tages fragte einer der Männer L: "Und, Ryuuzaki? Was sagst du?" L kaute an seinem Daumen und überlegte. Schließlich warf er Rem einen sehr eigenartigen Blick zu und antwortete: "Wir haben Kira gefasst. Diese Regeln schließen aus, dass Yagami Light und Amane Misa je ein Death Note benutzt haben." Rem atmete erleichtert auf. Das war gut. Wenn L bei dieser Überzeugung bliebe, wäre alles in bester Ordnung. Er wandte sich an einen der Männer. "Ich hätte trotzdem eine Bitte an Sie, Yagami-san." "Ja?" "Ich möchte Kameras in Raitos Zimmer installieren lassen. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme. Ich bin inzwischen fast zu hundert Prozent überzeugt, dass Ihr Sohn nicht Kira ist. Es würde mich einfach beruhigen, wenn ich ihn noch eine Weile beobachten könnte." "Ryuuzaki, ich verstehe das nicht. Diese Regeln in diesem Buch beweisen, dass er nicht Kira sein kann. Hundertprozentig. Wozu die Kameras?" L zögerte. "Wie gesagt, das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme. Wir wissen noch nicht alles über dieses Death Note, der Shinigami konnte uns nur sehr wenige Fragen beantworten. Derzeit aber sieht es so aus, als könnte man damit nur Menschen beeinflussen, die kurz darauf sterben. Wenn dem so wäre, bliebe immer noch die Frage offen, warum Amane-san die Videobänder des zweiten Kira abgeschickt hat. Ich möchte einfach sichergehen, dass mir nichts entgangen ist. Ich bitte Sie, erlauben Sie mir, Raito ein paar Tage lang zu überwachen. Danach betrachte ich diesen Fall als abgeschlossen und Ihr Sohn ist frei von jeglichen Anschuldigungen." Lights Vater nickte langsam. "In Ordnung." L wirkte zufrieden. "Bitte gehen Sie nach Hause und sorgen Sie dafür, dass die gesamte Familie es für eine Weile verlässt. Ich werde in der Zeit die Installation der Kameras veranlassen. Sobald das erledigt ist, kann Raito nach Hause. Amane-san kann ebenfalls gehen. Es gibt keinen Grund, sie länger hier festzuhalten." Er drehte sich um zu den vielen Bildschirmen und drückte einen Knopf. Ein paar der Monitore gingen flackernd an und auf einem sah man Misa und Light, die auf einer Couch saßen. Light starrte finster ins Nichts und Misa beobachtete ihn strahlend dabei. Rem bedachte Misa mit einem zärtlichen Blick. Light hatte sein Versprechen wahr gemacht, Misa war außer Gefahr. Es war nicht notwendig, ihm seine Macht zurückzugeben. Misa war sicherlich glücklicher ohne ihre Erinnerungen. Es war zwar schade, dass Rem nun nicht mehr bei ihr sein konnte, aber trotzdem war sie zufrieden. L hielt das Death Note hoch. "Ich werde das Notizbuch an einen sicheren Ort bringen lassen. Sie alle muss ich bitten, Stillschweigen zu bewahren, insbesondere auch Raito und Amane-san gegenüber. Wir treffen uns in einer Woche ein letztes Mal hier im Büro, um den Fall offiziell abzuschließen." Etwas hilflos zuckte er die Schultern. "Ich denke… ich denke, wir sind fertig für heute. Sie können gehen." Zornig zog Light sich sein Hemd über den Kopf und warf es in die Ecke. Vor ein paar Wochen hatte er sich auf den Moment seiner Heimkehr so gefreut und jetzt, wo er wirklich wieder hier war, frei von diesen gottverdammten Handschellen, da hasste er es einfach nur. Seine Mutter hatte ihn bereits stürmisch begrüßt, aber ihm war das zu viel geworden und er hatte sich auf sein Zimmer verzogen. Er war momentan einfach zu wütend, um den braven Sohn zu geben. Ryuuzaki war ein verdammter Egoist. Selbst ihm musste klar sein, wie furchtbar die Ungewissheit für Light war. Er wusste ja noch nicht einmal, ob er nun immer noch ein Verdächtiger war oder nicht. Sein Vater hatte kein Wort über den Fall gesagt. Erwarteten jetzt alle von ihm, dass er einfach in sein altes Leben zurückkehrte, ohne überhaupt zu wissen, wie nun der Stand der Dinge war? Jedenfalls hatten sie Kira gefasst, das hielt er für bestätigt. Aber irgendetwas musste noch geschehen sein. Mit einer Festnahme gab sich L doch nicht zufrieden, der würde erst Ruhe finden, wenn er restlos alles in Erfahrung gebracht hätte. Und dazu zählte auch die nicht unbedeutende Information darüber, wie Kira getötet hatte. Light zerrte ein frisches Hemd aus dem Schrank, zog es sich an und ließ sich dann auf sein Bett fallen. Je länger er die Decke anstarrte, desto frustrierter wurde er. Warum sagte ihm denn keiner was? War das jetzt wirklich alles? War er mit der Verhaftung von Kira von allen Verdächtigungen reingewaschen und deshalb wieder hier? Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Ryuuzaki schuldet mir eine Entschuldigung! Wenigstens das. Eigentlich passte das zu L. Der Fall war erledigt und weil sich erwiesen hatte, dass Light Yagami nicht Kira war, war er jetzt überflüssig und man hatte ihn weggeschickt. Dieser Feigling Ryuuzaki hatte sich seiner entledigt, so als wäre er nur noch ein überflüssiges Anhängsel. Dass es so enden würde, hätte er niemals gedacht. Alles, was Ryuuzaki gesagt hatte, war bloß eine Lüge gewesen. Wenn das hier vorbei ist, will ich wissen, was das mit uns ist. Die Antwort darauf hatte Light jetzt jedenfalls. Das zwischen ihnen war nie mehr als eine Lüge gewesen, die Ryuuzaki ihm in der Hoffnung, Hinweise für seine Ermittlungen zu bekommen, erzählt hatte. So wütend war er selten je gewesen. Seine Augen brannten. Ich werde Ryuuzaki nicht mehr wiedersehen. Es sei denn natürlich, er hat mich immer noch unter Verdacht. Sein Stolz verbot ihm, diesen Verlust zu betrauern. Ryuuzaki hatte es in der Hand und wenn der es nicht einmal für nötig hielt, sich zu verabschieden, dann würde Light darüber auch nicht traurig sein. Er brauchte diesen exzentrischen Spinner nicht. Aber wieso fühle ich mich dann so verdammt beschissen? Erschrocken setzte er sich im Bett auf, als er hörte, wie jemand hektisch die Treppe hoch gerannt kam. Die Tür flog auf und seine Schwester stand keuchend in seinem Zimmer. Sie starrte ihn an als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen. Sie holte tief Luft. "Du bist wieder da." "Ja. Hallo, Sayu." "Und du bist nicht nur hier, um deine Sachen zu packen?" "Nein, natürlich nicht." Light erinnerte sich dunkel daran, welche Anweisungen Ryuuzaki seinem Vater gegeben hatte. Sie hatten seiner Familie eine ganz schöne Lügengeschichte aufgetischt und er musste es jetzt ausbaden. "Ich hab schon gedacht, dass du nie mehr nach Hause kommst", sagte seine Schwester. Und fügte leiser hinzu: "Du hast mir gefehlt." Ein Lächeln schlich sich wie von selbst auf sein Gesicht. Daran, dass die ganze Sache seiner Familie Kummer bereitet hatte, hatte er bislang nicht gedacht. "Entschuldige, Sayu", sagte er. "Es wird nicht mehr passieren." Genau das nahm er sich wirklich vor. Er musste versuchen, so schnell wie möglich in dieses Leben zurückzufinden und seine Gedanken an Ryuuzaki und Kira ein für alle mal hinter sich zu lassen. "Das sollte es auch besser nicht", sagte sie jetzt und verzog das Gesicht in einem fehlgeschlagenen Versuch, böse auszusehen. "Sonst kriegst du Ärger mit mir." "Keine Sorge." Er stand auf und tippte ihr an die Stirn, wie er es früher als sie jünger gewesen waren immer gemacht hatte. "Jetzt wird alles wieder wie vorher." Es war fast ein nostalgisches Gefühl, als sich die Polizisten um Ryuuzaki in der Hotelsuite für die offiziell letzte Besprechung zum Thema Kira versammelt hatten. Ein sehr wichtiger Teil des Teams fehlte, Light war auf Ryuuzakis Wunsch hin nicht anwesend, aber in seiner Gegenwart hätten sie die wichtigen Dinge nicht besprechen können. "Für die, die es noch nicht wissen: die Kameras in Raitos Zimmer wurden wieder entfernt. Wie erwartet ergaben sich keine weiteren Verdachtsmomente gegen ihn. Yagami-san, Ihr Sohn ist nicht länger ein Verdächtiger. Ich entschuldige mich bei Ihnen und Ihrer Familie für die entstandenen Unannehmlichkeiten." Lights Vater seufzte und nickte dann. "Ich bin einfach nur froh, dass es endlich vorbei ist." "Ich habe das Death Note an einem sicheren Ort versteckt", sagte Ryuuzaki zu allen. Er hatte lange überlegt, ob er ihnen überhaupt erzählen sollte, dass er es nicht vernichten wollte. Aber er brauchte Mitwisser, je mehr desto besser, für den Fall dass etwas – für die anderen - Unvorhergesehenes passieren sollte. "Ich halte es für das Beste, wenn niemand außer mir das Versteck kennt." "Wieso vernichten wir es nicht einfach?", erkundigte Mogi sich. "Dieses Notizbuch ist eine üble Sache und es wäre besser, wenn wir es verbrennen." Ryuuzaki war eigentlich derselben Meinung, aber er konnte das Notizbuch nicht vernichten. Sollte Light Yagami doch Kira sein oder es werden – und die Chancen standen, entgegen dem, was er gerade zu seinem Team gesagt hatte, ziemlich hoch - würde man es brauchen, um ihn zu überführen. Ihm wäre auch lieber gewesen, er hätte es verbrennen oder dem Shinigami zurückgeben können, aber wenn er sich irrte und Light doch wieder zu Kira geworden war, dann nahm er seinen eigenen Tod zwar in Kauf, nicht aber den anderer Menschen. Im Fall der Fälle würden seine potentiellen Nachfolger informiert werden und die würden das Death Note schon finden. Und damit könnten sie Light Yagami sehr leicht das Handwerk legen. Ryuuzaki dachte an Mello, der sicherlich keine Schwierigkeiten damit hätte, einen Namen in das Death Note zu schreiben. Weil er seine wahren Beweggründe natürlich nicht offenbaren konnte, erwiderte er: "Wir wissen nicht, wie viele Todesgötter noch auf die Erde kommen oder sogar schon gekommen sind. Sollte so eine Sache noch einmal passieren, wäre das Notizbuch sehr hilfreich, um einem neuen Kira auf die Spur zu kommen." "Das stimmt." Ryuuzaki fing zweifelnde Blicke von Lights Vater auf. Er war der einzige, der die Lüge vielleicht durchschaute. Aber er würde sicher nichts dazu sagen. Es war schließlich sein Sohn, um den es ging und auch wenn er der Gerechtigkeit dienen wollte, es ging nichts über die Macht der Verdrängung. Soichiro Yagami würde seinen Sohn erst dann für Kira halten, wenn er stichhaltige Beweise hätte. Die anderen waren zu leichtgläubig, um L zu hinterfragen. Selbst den zweiten Kira hatte Ryuuzaki ihnen ohne große Mühe als ein Trick von Kira verkauft, um die Ermittler in die Irre zu führen. "Die Gerichtsverhandlung für Higuchi hat bereits begonnen. Ich habe keinen Zweifel, dass man ihn am Ende zum Tode verurteilen wird." Er warf dem Todesgott einen vielsagenden Blick zu. "Im Augenblick seines Todes wird das Death Note frei und erst, wenn es wieder jemand berührt, wird derjenige der neue Besitzer. Ich denke, ich werde das so belassen. Dann kann Shinigami-san dahin zurückkehren… naja… woher er gekommen ist." Er wusste, dass die Informationen des Todesgottes nichts wert waren. Schon bei der ersten Befragung war ihm aufgefallen, dass er auf die wirklich wichtigen Fragen nur ausweichende Antworten bekommen hatte. Aus irgendeinem Grund wollte Rem ihm nicht alles erzählen aber Ryuuzaki hatte nicht das Gefühl gehabt, nicht direkt belogen zu werden. Deshalb ging er davon aus, dass zumindest die Informationen über das Death Note, die Rem bereitwillig herausgegeben hatte, der Wahrheit entsprachen. Der Shinigami nickte bedächtig. "Ich gehe zurück in die Welt der Todesgötter, sobald der rechtmäßige Besitzer tot ist. Erst wenn jemand das Death Note berührt, komme ich wieder zurück." Damit war soweit alles geklärt. Ryuuzaki erklärte den Fall Kira für abgeschlossen. Obwohl sie so lange daran gearbeitet hatten, war die Stimmung irgendwie gedrückt. Matsuda war der einzige, der lautstark seine Erleichterung verkündete, vor allem darüber, dass er das ganze heil überstanden hatte. Der Rest wirkte zufrieden, aber keiner war wirklich in Hochstimmung, wie es zum Abschluss eines solchen Falles eigentlich angemessen gewesen wäre. Vielleicht spürten sie, genau wie er, dass etwas an diesem Sieg falsch war. Aber im Gegensatz zu ihm wussten sie nicht, was es war. Ryuuzaki verabschiedete sich förmlich und mit schlichten Worten der Dankbarkeit von seinem Team. Matsuda war offenbar kurz davor, in Tränen auszubrechen, deshalb beeilte er sich, sie alle wegzuschicken. Als sie gingen, rief er Soichiro Yagami noch einmal zurück. "Bitte, richten Sie Raito aus…" Ja, was eigentlich? Es gab nichts, was er sagen konnte. Nichts hätte seine widersprüchlichen Empfindungen richtig ausdrücken können. Es gab keine Worte für das Bedauern, das er über die Trennung empfand. Kopfschüttelnd sagte er: "Nein, ist schon gut." Allein blieb er in seinem Büro zurück, das ihm plötzlich so groß und leer erschien, nur beobachtet von den umheimlichen Augen des Shinigami, der darauf wartete, in seine Welt zurückkehren zu können. Sein rechtes Handgelenk fühlte sich so leicht und irgendwie nackt an. …tbc… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)