Krieg der Wölfe von Blue ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 Neues Leben -------------------------------- Eine leichte Frühlingsbrise fegte durch das Südtal und trug den Geruch von frischen Kräutern, Gras, Blumen und verschiedenen Tieren mit sich. Der große See glitzerte wie ein Diamant in der Sonne und an seinem Ufern lagerten die Wölfe des Rudels dieses Tales und genossen die Stille des Tages. Südlich des Sees lag ein Bau unter den Wurzel einer mächtigen Eiche verborgen. Vor seinem Eingang lief ein kräftiger, schwarzer Wolf nervös auf und ab. Ab und zu blieb er stehen und spähte in den Bau. Als er nichts hörte, seufzte er und lief weiter auf und ab. Er merkte nicht, dass sich ihm ein anderer Rüde näherte. Dieser war genauso kräftig wie er, und sein bläuliches Fell glänzte nur so vor Gesundheit. Um seine Augen herum war sein Fell weiß und auf der Mitte der Stirn war ein kleines Dreieck zu sehen. Neben ihm war eine weiße Wölfin, die dicht an seiner Seite lief. Beide beobachteten eine Weile den schwarzen Wolf, bis der bläuliche Rüde ihm mit der Vorderpfote ein Bein stellte. Belustigt sah er zu, wie der schwarze Rüde in den dreckigen Staub fiel und vor sich hin fluchte. “Bei Free, was soll das werden?”, knurrte er und sah den jüngeren Rüden ernst an. “Nun, Shadow”, begann der Rüde zu sprechen und dabei schwang seine Rute fröhlich an seinen Flanken endlang. “Ich wollte dich davon abhalten, Furchen in den Boden zu laufen.” “Aber…”, fiepte Shadow und sah ängstlich zu dem Bau hinüber. “Ist es normal, dass es so lange dauert?” Die Wölfin lächelte und sah ihn freundlich an. “Ice ist nicht die erste Wölfin, die Junge zur Welt bringt. Hab Geduld. So eine Geburt braucht seine Zeit.” “Lee hat recht”, erwiderte der Rüde und sah bewundernd auf seine schöne Gefährtin. “Ice wird dir sagen, wenn es so weit ist und du dann feststellen kannst, dass deine Nachkommen so hässlich sind wie du.” “Na warte, Saphir, das war dein letzter frecher Satz, den du zu mir gesagt hast!”, knurrte Shadow und sprang seinen jüngeren Bruder an. Beide balgten sich auf dem Boden herum und bissen sich gegenseitig in die Flanke, ohne dabei jedoch den anderen ernsthaft zu verletzen. Im gleichen Augenblick erschien eine erschöpfte braune Wölfin im Eingang des Baus. Shadow war sofort bei ihr und schaute sie fragend an. Die Wölfin trat zur Seite und gab den Weg frei. Shadow schluckte und ging vorsichtig hinein. Lee blieb mit Saphir vor dem Bau und wartete. Shadow war der Alpha dieses Rudels, und er hatte das Recht, seinen Nachwuchs vor den anderen zu sehen. Die blauen Augen des Alphas gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit des Baus. Er lief zielsicher zur Schlafkammer und betrat diese dann mit leicht zitternden Läufen. Seine Gefährtin huschte an ihm vorbei und legte sich auf die Schlafstelle, die aus Fell, Gras, Blättern und Moos bestand. Sofort wimmerte dort ein kleines bläuliches Fellbündel nach seiner Mutter, als es bemerkte, dass da ein Fremder in seine kleine Welt eingedrungen war. Shadows Blick war voller Liebe, als er sah wie der kleine Welpe sich an das Bauchfell seiner Mutter drückte und nach Geborgenheit suchte. “Shadow, das ist deine Tochter”, sagte Ice und blickte ihren Gefährten liebevoll an. “Sie ist wunderschön”, stammelte der Rüde. Er legte sich zu seiner Gefährtin und betrachtete seine Tochter. “Wie wird sie heißen?” “Nun, ich dachte, dass du das Recht haben solltest, ihr einen Namen zu geben.” Shadow sah eine Weile auf die kleine Wölfin, die nun gierig die Muttermilch trank. “Sie hat die gleiche Fellfarbe wie Saphir und Aviar”, sagte Ice sanft. “Ja, und wie unsere Mutter”, ergänzte Shadow. Der schwarze Rüde sah seine einzige Tochter lange an. Er war der Meinung, dass es ein Namen sein sollte, der im Rudel bald in aller Munde sein würde - ein Name, der zu ihr passte. “Blue… genau, nennen wir sie Blue. So wie einen meiner Vorfahren.” “Blue… ja, das ist ein schöner Name”, stimmte Ice ihm zu. “Aber nun lass doch einmal Saphir und Lee herein, ich meine, dein Bruder hat wohl auch das Recht, seine Nichte zu sehen.” Verlegen legte Shadow seine Ohren an und nickte. Mit schwerem Herzen löste er sich von seiner kleinen Familie und schritt nach draußen. Saphir spitzte sofort seine Ohren und blickte seinen Bruder an. “Und was ist es? Wie viele sind es, und wann darf ich ihnen das Jagen beibringen?” “Nana, Saphir, dafür ist es noch zu früh, würde ich sagen”, grinste der Alphawolf. “Aber zu deinen Fragen: Ice brachte nur einen Welpen zur Welt, eine kleine Wölfin, die den Namen Blue tragen wird. Zeige ihr deinen Respekt, Saphir, denn sie wird das Rudel bald führen.” “Noch ist sie ein Welpe, aber ich werde ihr alles beibringen, was ich weiß. Wenn sie dann die Alphawölfin sein soll und sie es sich verdient hat, wird sie ihn von mir bekommen”, sprach der Rüde und blickte ernst auf seinen Bruder. Lee lächelte ihn sanft an und trat dann als Erste in den Bau, um das neue Mitglied des Rudels zu begrüßen. Fernab von Shadows Bau lag das Revier des Nachbarrudels. Eine endlose Öde mit kein bisschen grünem Gras oder Bäumen, die ein bisschen Schatten hätten spenden können. Dieses Revier war eine tote, trostlose Gegend. Der Fluss, der sich durch dieses Tal schlängelte war braun vom Schlamm, den er mit sich führte, und nur wenige Fische tummelten sich in den Fluten. Die Wölfe hier sahen genauso aus wie Beute. Mager und stumpfes Fell besaßen sie. Ihr einziger Lebensinhalt war das Kämpfen, sei es ums Überleben oder ein Kampf im Namen ihres Alphas gegen Shadows Rudel. Vor seinem Bau saß der Alpha des Schattenrudels. Seine eiskalten grünen Augen überblickten sein Revier. Er knurrte bei dessen Anblick und wandte sich ab. Er ging in seinen Bau, um nach seiner Gefährtin zu sehen. Die dunkle Wölfin sah ihn beschämt an und widmete sich wieder ihrem Wurf, den sie gerade zur Welt gebracht hatte. Der schwarze Alpha besah die Jungen und knurrte erzürnt auf. Neben zwei kleinen Welpen, die sich gerade an den Bauch ihrer Mutter drängten, lagen noch drei weitere Welpen im Nest. Diese jedoch waren tot. Sagus, der Gott des verfluchten Tals, war wohl der Meinung gewesen, dass sie nicht würdig waren zu leben. “Wofür bist du nütze, Neera? Schaffst es nicht, gesunde Welpen zur Welt zu bringen?!”, schnauzte der Wolf seine Gefährtin an. “Aber Randur, wenn Sagus es nicht so wollte”, sagte diese kleinlaut und leckte über den Rücken des kleinen Rüdens, der gerade von seiner Schwester weggeschubst worden war. “Er hat uns zwei gesunde Welpen beschert.” “Ich hoffe, dass sie nicht so feige werden wie du dumme Wölfin”, murrte Randur. Nach und nach trug er die toten Welpen hinaus. Neera wusste, was mit den toten Körper ihrer Kinder nun geschehen würde. Die Schattenwächter würden sie fressen. Die Schattenwächter waren eine Gruppe von mehren Wölfen, die ihrem Alpha treu ergeben waren und dafür sorgten, dass Randurs Gesetze eingehalten wurden. Die Alphawölfin sah ihre beiden verbliebenen Welpen an. Die Wölfin war fast schwarz, um die Augen herum waren aber noch dunklere Markierungen mit vier kleinen punkten unter ihnen zu erkennen. Ihr gab sie den Namen Somber und den Rüden, der so schwarz wie sein Vater war, nannte sie Ray. Am Fluss des verfluchten Tals, der von den Wölfen der Fluss der Tränen genannt wurde, lag ein Bau, gut getarnt unter einem verdorrten alten Baum. Vor seinem Eingang saß ein Rüde. Sein Fell war so golden wie die Ähren, die sich im Sommer sanft im Wind hin und her wiegten. An seinen Hinterläufen waren drei braune Streifen zu sehen. Sein Fell war struppig und glanzlos. Seine Rippen stachen hervor und ließen das Tier älter aussehen, als es eigentlich war. Tränen liefen dem Wolf über die Wangen, und er sah mit glasigen Augen in seinen Bau. In Inneren lag eine Wölfin. Sie war tot. Sie hatte den Kampf ums Überleben verloren. “So musst du wenigstens nicht mehr leiden”, murmelte der Rüde traurig und sah zu seinen Pfoten. Dort lag dicht an ihn geschmiegt ein Welpe, der alt genug war, um auch ohne Muttermilch leben zu können. Sein Vater hatte ihm den Namen Helios gegeben. Helios' Fell war goldener als das seines Vaters, und seine Ohren waren an den spitzen braun. Ganz vorsichtig packte der Rüde seinen Sohn am Nackenfell und trug ihn fort. Wehmütig blickte er noch einmal zurück zu seinem Bau, der nun das Grab seiner Gefährtin geworden war. Er würde nie wieder hierher zurückkehren. Kapitel 2: Kapitel 2 Rebellen ----------------------------- Mehr als drei Monate waren vergangen, seit die Welpen geboren worden waren. Der Sommer hatte Einzug gehalten, und die Sonne heizte das Land auf. In der warmen Sommerluft schwirrten Bienen, Schmetterlinge, Fliegen und andere Insekten herum. Selbst die Wölfe waren faul und lagen im Schatten der Bäume. Auch Saphir gehörte angesichts der Hitze zu den Faulenzern. Der Rüde lag in der Sonne und hatte seine Augen geschlossen. Gleichmäßig hob und senkte sich sein Brustkorb. Plötzlich zuckte er im Schlaf und fuhr sich mit der Pfote über seine Narbe, die sich links unter seinem Auge quer über die Wange zog. Ein leises klägliches Winseln des Rüden war zu vernehmen. “Lee…”, fiepte er leise. Er war so tief in seinem Traum gefangen, dass er die beiden Fellbündel nicht bemerkte, die sich ihren Weg durch das hohe Gras bahnten. “Meinst du, das ist eine gute Idee, Blue?”, flüsterte die kleine Wölfin, deren Fell genauso bläulich war wie das ihrer Freundin. “Er schläft doch.” “Ach, keine Angst, Aya”, sagte Blue und wedelte ihrer kleinen Rute. “Er liebt es, mit uns zu spielen.” Saphir schreckte aus seinen Traum hoch. Er schüttelte den Kopf, um die letzten dunklen Gedanken zu vertreiben. Der Wolfsrüde blickte über das Tal und seufzte traurig. Die beiden Beobachter bemerkte er gar nicht. “ANGRIFF!”, kläffte Blue. Zusammen mit Aya sprang sie auf ihren Onkel, und die beiden bissen ihn mit ihren kleinen scharfen Zähnchen in seine Pfoten. “Hilfe, kleine Welpen wollen an mein Leben!”, jaulte der Rüde auf. Dann fiel er um und blieb regungslos liegen. Aya und Blue sahen sich fragend an. Blue ging um ihn herum und setzte sich vor seinem Kopf hin. Sie stieß mit ihrer Pfote gegen seine Nase. “Ist er kaputt?”, fragte Aya. “Ich weiß nicht.” Blue runzelte die Stirn und stieß noch mal gegen seine Nase. “Saphir… lebst du noch?” Blitzschnell und ohne die geringsten Vorwarnung hob Saphir seinen Kopf und stieß seine Nichte um. Diese rollte erschrocken und winselnd durch das Gras und blieb dann auf dem Rücken liegen. Verdutzt sah sie den Rüden an, der nun auf sie zugelaufen kam. “Selbst wenn ich es wäre, so hätte ich keine Ruhe vor euch”, sagte er grinsend. “Onkelchen, spielst du mit uns?”, fragte Blue. “Oh ja, bitte, Saphir”, quengelte Aya. “Ich soll mit euch spielen?” “Oh ja! Mama sagt, das fördert die geistige Entwicklung, und so werden wir eines Tages große Jägerinnen sein!”, rief Blue und wedelte dabei fröhlich mit ihrer kleinen Rute. “Fördert die geistige Entwicklung?!”, dachte Saphir. “Ice, du hast mir da vielleicht etwas eingebrockt!” “Also gut”, sprach er laut und blickte zum Wald. “Wer als Erster im Wald ist, hat gewonnen.” Der Rüde gab das Startsignal, und die beiden Welpen rannten los. Saphir jedoch drehte sich grinsend um und verzog sich wieder auf seinen Schlafplatz. “Das war nicht nett.”, sagte eine Stimme anklagend. Saphir drehte leicht genervt seinen Kopf zur Seite und blickte auf seinen Bruder, der dort stand. “So hat man auch seine Ruhe vor den Plagegeistern, Shadow.” “Sei doch nicht so”, sagte der Alpha und kam näher. “Sie sind unsere Zukunft, und ohne sie gibt es kein Rudel.” Saphir sah verbittert zu Boden, und seine Ohren hingen herab. Seine Augen waren auf einmal voller Trauer. “Oh, verzeih, Bruder”, fiepte Shadow. “Ich habe nicht an Lee gedacht.” “Schon gut, Shadow.” Saphir erhob sich und trabte davon. “Ich werde mit einigen anderen des Kampftrupps die Grenze ablaufen, vielleicht kommt mir ein Schattenwolf zwischen die Zähne.” Ohne auf eine Antwort zu warten, lief er los, und Shadow blieb alleine zurück. “Ach Saphir… tu nichts Unüberlegtes. Lee ist tot, aber du hast ja noch mich und Aviar”, sagte er leise. Randur lief mit seinen Schattenwächtern durch sein Revier. Seine Augen waren wie immer eiskalt, und er war angespannt, sehr sogar. Sein Weg führte ihn zu einem der Bauten, die sehr ablegen von den Schlafplätzen der anderen Wölfe lagen. “Bist du sicher dass er hier ist?”, knurrte er einen Wolf an. “Ja, großer Alpha”, sagte dieser mit ängstlicher Stimme. “Seit seine Gefährtin tot ist, lebt er hier mit seinem Sohn.” “Irrtum, er lebte hier. Wenn ich mit Chronus fertig bin, wird er nicht mehr erleben, wie der Mond aufgeht”, grinste Randur mordlustig und beschleunigte merklich seinen Schritt. Der goldene Wolf, dessen Name Chronus war, lag vor seinem neuen Bau in der Sonne. Noch ahnte er nicht, wer auf dem Weg zu seinem Bau war. Aus einem Gebüsch sprang ein Jungwolf mit einem mageren Kaninchen zwischen seinen Kiefern. Wie Chronus' Fell war auch das Fell des jungen Wolfes golden, und seine helleren, klaren grünen Augen sahen seinen Vater erwartungsvoll an. Sachte legte er seine Beute vor seinen Vater. “Ich habe eine Nachricht von Zane an dich, Vater.” “So…”, sagte der Wolf müde und hob seinen Kopf. “Was will er denn, Helios?” “Er sagt, dass er und die Anderen bereit sind, in den Kampf gegen Randur zu ziehen”, antwortete der kleine Rüde und schob das Kaninchen zu seinem Vater. “Aber nur, wenn du sie führst.” Chronus fraß das Kaninchen zur Hälfte auf und ließ den Rest für seinem Sohn übrig. “So weit ist es schon gekommen, mein Sohn. Wir müssen uns gegen unseren eigenen Alpha stellen.” “Randur hat es nicht anders verdient! Er ist grausam und ungerecht, er verdient es nicht, sich Alpha zu nennen!” “Helios, du musst lernen, dass in jeden Wolf ein guter Kern steckt, also auch in Randur. Man muss ihn nur freilegen.” “Schöne Worte, Chronus. Aber das lässt mich vollkommen kalt”, zischte eine Stimme, und Randur trat auf die beiden Wölfe zu. Unbemerkt hatte er sich anschleichen können und behielt die beiden Rüden lange Zeit im Blick. Helios spannte seine Muskeln an, und er stieß ein tiefes, dunkles Knurren zwischen seinen gefletschten Zähnen hervor. Sein Vater hob leicht eine Pfote, und sofort verstummte das Knurren des jungen Wolfes. “Randur, was führt dich in diese trostlose Gegend?”, sprach der Rüde, während er sich voll Mühe erhob. Seine alte Knochen knackten bei dieser Bewegung leise. “Wohl nicht die Jagd, denn hier gibt es weniger als in der Steppe.” “Chronus, alter Jagdgefährte, ich habe ein Gerücht gehört und wollte wissen, ob es wahr ist”, säuselte Randur und schritt um die beiden Wölfe herum. Dabei ließ er den Älteren nicht aus den Augen. Dieser hiel gerade seinen Sohn davon ab, sich auf den Alpha zu stürzen. “Ich hörte, dass du mich, deinen großen Alpha, stürzen willst. Du sollst angeblich diese Rebellen anführen.” “Und wenn es so wäre?”, fragte Chronus ruhig. “Dann wirst du deine Gefährtin gleich wiedersehen!”, heulte Randur auf. Chronus schloss kurz seine Augen und wandte sich dann zu seinen Sohn. “Geh, verlass' dieses Tal!” “Aber Vater!”, fiepte Helios. “Ich kann doch jetzt nicht gehen!” “GEH! NOCH IST DEINE ZEIT NICHT GEKOMMEN!”, rief Chronus und verpasste seinem Sohn einen kräftigen Stoß, um ihn endlich zum Gehen zu bewegen. Schweren Herzens rannte Helios los, die Schattenwächter nahmen sofort die Verfolgung auf. Nur Randur blieb stehen und sah wütend auf sein Rudelmitglied, das, ohne Angst zu zeigen, ihm in die Augen sah. “Bringen wir es zu Ende”, sagte Chronus ruhig. “Ja, und dein Ende wird eine Warnung an alle Rebellen sein!” Ohne weiter zu zögern, griff Randur Chronus an und verbiss sich in dessen Schulter. Der goldene Wolf heulte voller Schmerz auf. Blut floss aus der Wunde und tropfte auf Randurs Zunge, der sogleich seinem Biss verstärkte. Chronus holte mit der Pfote aus und schlug in das Gesicht des Alphas. Verwirrt von den Angriff ließ dieser ihn los und sprang fort. Der ältere Wolf sackte leicht zusammen und knurrte Randur an. Dieser ging sofort wieder auf ihn los und biss zu. Diesmal erwischte er ihn am Nacken und ließ nicht los. Chronus ließ sich nach hinten fallen und begrub Randur unter sich. Erschöpft schleppte Chronus sich ein Stück fort und blieb dann schwer atmend stehen. “Einen schönen Anführer haben sich diese Rebellen ausgesucht!”, rief Randur lachend. “Du kannst dich ja nicht einmal gegen mich verteidigen!” “Ein guter Anführer muss nicht ständig seine Muskeln spielen lassen, was zählt ist das, was er im Kopf hat”, erwiderte Chronus ruhig. “Du kannst mich nicht besiegen, Chronus, dazu bin ich zu stark”, knurrte Randur und griff erneut an. Chronus wollte ausweichen, aber irgendwie konnte er sich nicht mehr bewegen. Wie paralysiert starrte er auf seinen Alpha, der mit aufgerissenem Maul auf ihn zurannte. “Varie…”, murmelte der Rüde bei dem Gedanken an seine tote Gefährtin. Dann hörte man ein Knacken und das Geräusch von Blut, das auf den sandigen Boden floss. Randur hatte Chronus die Kehle durchgebissen und warf ihn wie ein alten Knochen von sich. Keuchend lag Chronus da, und seine Augen wurden glasig. “Vielleicht…”, begann er zu stammeln und zuckte dabei zusammen. “Vielleicht hast du … mich jetzt besiegt. Aber Randur… eines Tages… ist auch deine Zeit… abgelaufen… du wirst meine Worte nicht vergessen.” Mit einem tiefen Seufzer der Erlösung erschlaffte Chronus' Körper, und er lag tot vor seinem Alpha. “Meine Herrschaft wird ewig sein, alter Narr!”, sagte dieser verächtlich und drehte sich weg. Helios war in der Zwischenzeit in die Enge getrieben worden. Er stand am Rand einer Schlucht, und unter ihm tosten die Wassermassen des Flusses, der sich hier seinen Weg durch das Gestein bahnte. Erschrocken drehte sich der junge Wolf um, als die Schattenwächter auftauchten und bedrohlich auf ihn zukamen. “Deine Reise ist zu Ende!”, zischte einer von ihnen bedrohlich. “Genau, also mach keine Faxen und ergib dich”, sagte ein anderer. Helios dachte an die Worte seines Vaters. Er drehte sich um und blickte in die Schlucht. Er schluckte, er wusste, dass das der einzige Weg war. Beherzt sprang er in die Schlucht und in die Fluten des Flusses der Tränen. Sein Körper wurde sofort mitgerissen, und er wurde herumgeschleudert. Das Letzte, das er noch spürte, war ein Schlag gegen seinen Kopf. Dann wurde alles schwarz um ihn. Erschrocken blickten die Schattenwächter in die Schlucht. Nichts war mehr von ihrer Beute zu sehen. “Bei Sagus, was machen wir jetzt?”, fragte einer. “Gehen wir zu Randur”, erwiderte ein weiterer. “Und dann?”, fragte ein dritter. “Dann sagen wir, dass Helios tot ist. Diesen Sturz kann er nicht überlebt haben”, fügte der zweite seinem Vorschlag hinzu. “Und wenn er die Leiche sehen will?”, fragte ein vierter verängstigt. “Dann sagen wir, dass wir sie in den Fluß geworfen haben. Dieser Jungspund würde es ohnehin nicht mehr wagen, dieses Tal zu betreten, selbst wenn er überlebt hätte.” Kapitel 3: Kapitel 3 Das heilige Tal ------------------------------------ Ein großer See glitzerte in der warmen Sonne wie tausend kleine Diamanten. Sanft kräuselte sich das Wasser, als der Wind darüber strich. Am Ufer des Sees, der von Trauerweiden umsäumt war, deren kleine Äste die Wasseroberfläche berührten, tobten einige Welpen ausgelassen herum. Sie liefen um die Wette und kämpften spielerisch gegeneinander, alles war friedlich. Keine Spur von Krieg oder Hass. Auf einem Felsen, etwas abseits von den anderen Wölfen, lag ein großer Wolfsrüde, dessen goldenes Fell in der Sonne glänzte. Immer wieder zuckte das mächtige Tier im Schlaf unruhig zusammen. “Vater…”, winselte er und fuhr sich im Schlaf mit der Pfote über die Schnauze. “NEIN!“ Mit einen Ruck wachte er auch und starrte ins Leere. Zwei Welpen, die nahe bei ihm gespielt hatten, kamen neugierig auf ihn zu. Noch bemerkte der Rüde sie nicht und ließ seinen Kopf auf die Vorderpfoten sinken. “Diesen Traum habe ich ja schon lange nicht mehr gehabt”, sagte er leise und bemerkte dann die beiden Welpen. “Alles in Ordnung, Alpha?”, fragte das kleine Weibchen und wedelte mit der Rute. “Du hast im Schlaf gesprochen, Alpha”, erklärte der kleine Rüde. “Ja, alles in Ordnung… ich hatte nur einem Albtraum”, sagte der Rüde beschämt. Er streckte genüsslich seine Glieder und erhob sich dann. “Helios!”, rief eine Stimme, und eine ältere Wölfin trat zu dem Alpha. Ihr braunes Fell war zwar teilweise schon leicht grau, aber ihre grünen Augen schauten klar wie die Augen einer jungen Wölfin den Rüden an. “Stören die zwei dich?” “Hallo, Isis.”, sagte Helios sanft und stupste die zwei Welpen zärtlich mit der Schnauze an. “Nein, das tun sie nicht.” “So… dann ist es ja gut”, erwiderte die Wölfin. Ihr Blick traf den ihres Alphas, und sie sah ihn besorgt an. “Ist irgendetwas passiert?” “Nein, ich meine, ja. Ich weiß aber nicht, ob es etwas Schlimmes ist.” Helios setzte sich auf, und die beiden Welpen sahen ihn mit großen Augen an. “Wieder dieser Traum?”, fragte Isis. “Nein, diesmal war es ein anderer, ich sah einem mageren goldenen Wolf, der gegen einem anderen mageren Wolf kämpfte. Dieser war schwarz und hatte stechend grüne Augen, sie machten mir Angst.” “Das klingt nach Randur. Aber wieso kannst du ihn so gut beschreiben? Du hast ihn doch nie gesehen.” “Ich weiß es nicht.” “Kommt Randur hierher?”, fiepte einer der Welpen. “Nein, Natu”, antwortete Isis sanft. “Er weiß nichts von diesem Tal und auch nicht von unserem Rudel, du bist hier sicher.” “Wirklich?”, fiepte der andere Welpe. “Ja, ganz sicher, Faye. Doch nun lauft zu eurer Mutter, sie wartet schon auf euch.” Die Wölfin sah zu, wie die beiden zu ihrer Mutter rannten, die sie bereits erwartete. Sie leckte über das weiche Fell der zwei und führte sie dann fort von dem See. Isis drehte sich zu ihrem Alpha und stupste ihn kurz an. “Geh zu Zylo, er wird dir sicher sagen können, was das zu bedeuten hat.” “Meinst du wirklich, er kann mir helfen?”, fragte Helios. “Ja, das kann er sicher”, lächelte sie. “Oder ich schicke dich zu Avalon.” “Blo? nicht!”, rief der Rüde und sprang auf. “Bis ich meine Frage stellen kann, hat er mir sein halbes Leben erzählt, und diese Geschichte kenne ich schon in und auswendig.” “Dann geh zu Zylo, der erzählt nicht so viel”, grinste Isis und lief davon Helios sah ihr nach und seufzte missmutig auf. Drei Jahre war er alt und erinnern konnte er sich an gar nichts mehr. Nur, dass er hier in diesem Tal wieder zu sich gekommen. Die Wölfe, die hier lebten, nannten das Tal das "heilige Tal", denn nach einer Sage wurde hier die große Göttin Jeu geboren und soll auch hier gestorben sein. Die Wölfe hier verehrten die Göttin sehr und lebten nach ihren Gesetzen. Helios war erstaunt gewesen, dass es neben dem damaligen Alpha noch sieben weitere Wölfe gegeben hatte, die die Weisen genannt wurden. Diese und der Alpha ernannten ihn einfach von einem Tag zum anderen zum neuen Alpah des Rudels und überließen ihm die Führung. Bis heute verstand Helios das nicht, und er suchte des Öfteren nach einer Antwort auf diese Frage, doch er bekam sie nicht. Also blieb er, und so langsam wurde das Sonnenrudel seine Heimat. Helios machte sich auf und suchte dann den Weisen Zylo, der ihm sicher sagen konnte, was dieser Traum zu bedeuten hatte. Im Südtal war zur Mittagszeit alles friedlich. Die Wölfe lagen in den Schatten der Bäume und waren zufrieden mit ihrem Leben. Sie vergaßen für kurze Zeit, dass Randur im Nachbartal Pläne schmiedete, um sie zu vernichten. Vor seinem Bau lag Saphir in der Sonne, neben ihm lag eine Wölfin, die so alt war wie er selbst. Auch die Fellfarbe war gleich, nur dass sie vom Kopfansatz bis zur Rute einen weißen Strich auf dem Rücken hatte. Sie hieß Aviar und war Saphirs Zwillingsschwester. Gemeinsam genossen sie den Tag. Blue spähte vorsichtig um einem Baum und beobachtete die beiden Wölfe genau. Die Wölfin war zu einem kräftigten und hübschen Wolf heran gewachsen. Sie zeigte oft, dass sie nicht auf den Kopf gefallen war und zu Recht die Nachfolge ihrer Eltern antreten würde. Sie wartete noch eine Weile und dann schlich sie vorsichtig an den beiden Wölfen vorbei, die fest schliefen. Blue grinste und lief dann mit erhobenen Kopf weiter, ohne zu bemerken, dass Saphir gerade träge ein Auge geöffnet und seine Nichte entdeckt hatte. Leise und ohne Aviar zu wecken, folgte Saphir ihr einige Meter, bis er merkte, was sie vorhatte. Blue steuerte auf die Grenze zum Südtal zu, sie wollte ins Nachbartal hinüber gehen. “Wohin des Wegs, junge Wölfin?”, fragte er in einem scharfen Ton. Blue erstarrte in ihrem Lauf und schluckte, ehe sie sich zu Saphir umdrehte, der sie böse ansah. “Nun… ich wollte mich umsehen”, sagte Blue und schlug mit ihrer Rute nervös hin und her. “Und das im verfluchten Tal?”, fragte der Rüde. “Ich wollte halt etwas Anderes sehen als das Südtal”, gab die Wölfin trotzig zurück. “Blue, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass dieses Tal verboten ist?” Blue setzte sich auf ihre Hinterläufe und begann nachzudenken. “So um die zehnmal… heute.” Saphir seufzte und kratzte sich dann mit dem Hinterlauf hinter dem Ohr. “Ich frage mich, nach wem sie kommt”, dachte er. “Sie muss nach Shadow geraten, Ice ist zu vernünftig.” Die Rüde räusperte sich und stand auf. “Komm, Blue.” “Wohin?”, fragte die junge Wölfin aufgeregt. “Zu deinen Eltern.” Blue schluckte und legte schuldbewusst ihre Ohren an. “Muss das denn sein?” “Ja, Strafe muss sein.” Aviar hob verschlafen ihren Kopf, als Saphir an ihr vorbeilief. Dicht hinter ihm war ihre Nichte, die niedergeschlagen aussah. “Wohin wollt ihr, Bruder?” “Zu Shadow und Ice”, erkläte Saphir und sah zu ihr. “Blue wollte aus dem Tal verschwinden.” Blue grummelte vor sich hin und schlug missmutig mit der Rute hin und her. “So ist das also”, lächelte die Wölfin sanft. “Ich komme mit.” “Super! Auch noch Zuschauer!”, stöhnte Blue und folgte dann wieder ihrem Onkel. Shadow lag zusammen mit Ice vor seinem Bau und genoss die Sonne. Die braune Wölfin sah auf, als Saphir mit Aviar an seiner Seite auftauchte. Sachte stupste sie ihren Gefährten an. “Wach auf, wir bekommen Besuch.” Der Rüde gähnte herzhaft und blinzelte verschlafen seine Geschwister an. “Saphir, Aviar, schön, euch zu sehen. Was führt euch zu dieser Stunde zu uns?” “Blue, du bist ja auch dabei”, sagte Ice freundlich, als sie ihre Tochter hinter Saphir erblickte. “Hast du wieder was angestellt?” Die Wölfin trat schüchtern hinter ihrem Onkel hervor und ging zu ihren Eltern. Ice war zu ihr gekommen und leckte ihr sanft über die Schnauze. Shadow sah zu seinem Bruder, der auf einmal seine Endscheidung zu bereuen schien. “Was hat sie diesmal getan?” “Wer?", fragte Saphir verunsichert. “Blue natürlich, du bringst sie nicht umsonst hierher.” “Nun, sie hat sich in der Nähe der Wächter herumgetrieben”, log er. “Sie hat auf die Rüdem eine magische Anziehungskraft, und ehe sie da Unruhe in die Truppe bringt, dachte ich, dass sie lieber bei euch sein sollte.” Shadow grinste und stieß seinen Bruder in die Seite. “Soso, immer so pflichtbewusst.” “Shadow, es ist Krieg, und wir müssen bereit sein”, sagte Saphir sofort. “Ich weiß, aber komm mal mit, Bruder. Ich will auf Patrouille gehen, und du sollst mich begleiten. Wir müssen reden.” “Wenn es sein muss.” Aviar sah zu, wie ihre beiden Brüder zusammen losgingen, und wandte sich zu Ice und Blue hin. Blue lag betrübt neben ihrer Mutter und starrte einen Marienkäfer an, der an einem Grashalm herumkletterte. “Du bist ja sehr still”, stellte ihre Mutter fest. “Ist etwas passiert, Blue?” Die Wölfin hob ihren Kopf und sah die beiden älteren Wölfinnen an. “Ja, Mutter, wieso kämpfen wir?” “Wie kommst du denn jetzt auf so etwas?”, fragte Ice verwirrt. “Diese Frage schwebt mir schon lange im Kopf herum. Ich verstehe es nicht. Wir könnten doch mit Randur nund seinem Rudel in Frieden leben.” “Mit Randur?”, fragte Aviar und schüttelte ungläubig ihren Kopf. “Das würde nie gut gehen.” “Ja, Aviar hat Recht”, bestätigte Ice. “Randur ist noch dickköpfiger als Shadow und würde sich nie unterordnen.” “Wieso muss er sich unterordnen? Er und Vater könnten doch zusammen die Rudel führen.” “Beide zusammen? Mach' keine Witze. Shadow und Randur sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht”, sagte ihre Mutter und blickte sie sanft an. “Du verstehst es jetzt noch nicht, aber wenn du das Rudel führst, wirst du verstehen, warum es so ist.” “Wenn das so ist, dann will ich das Rudel gar nicht führen!”, dachte Blue wütend, erhob sich dann und lief von ihrer Mutter und ihrer Tante fort. Kapitel 4: Kapitel 4 Flucht --------------------------- In verfluchtem Tal lag ein großer Fluss. Die Schattenwölfe nannten ihn einfach den Fluss der Tränen. An seinen Ufern konnten die Wölfe nicht einfach friedlich nebeneinander trinken oder einmal einen Fisch fangen, nein, die Wölfe bekämpfte sich hier bis aufs Blut, um als Erstes an das erfrischende Nass zu kommen - und das, obwohl es hier soviel davon gab, ganz im Gegensatz zur Beute. Blutiger und erbarmungsloser waren die Kämpfe dann, wenn Randur oder einer seiner Schattenwächter am Fluss waren. Die Wölfe erhofften durch diese Kämpfe bei Randur gut dazustehen, um einmal zu den Schattenwächtern gehörenzu können, die hier besser lebten als manch anderer Wolf. Und das ließen sie jeden anderen Wolf spüren. Zwei Wölfe standen dicht nebeneinander und tranken friedlich. Kein weiterer Wolf war weit und breit zu sehen. Der eine Rüde hörte auf zu trinken und sah sich um. Es war ein etwas älterer Rüde, dem schon ein Auge fehlte, und sein rechtes Ohr hing nur noch in Fetzen. Sein stumpfes Fell war braun und an einigen Stellen leicht ergraut. “Zane, hörst du etwas?”, fragte der andere Wolf und hob seinen Kopf. “Nein, Lake", entgegnete Zane freundlich und sah den grauen Wolfsrüden, um dessen grünen Augen das Fell dunkel war, an. Sein Körper war von den rauen Sitten im Rudel gezeichnet, denn er war mit Narben übersäht. “Trink weiter, kein anderer Wolf ist in Sicht.” “Ich dachte schon, da ja sein Bau hier ist”, schnaubte er verächtlich. “Du meinst Greif?”, fragte Zane wissend. “Ja, wie kannst du nur so ruhig bleiben?” “Ich weiß es nicht, aber Greif ist nicht böse, er ließ sich nur verführen.” Zane senkte seinen Kopf und begann wieder zu trinken. Eine Weile sagte keiner von beiden etwas. Sie achteten nur auf die kleinsten Geräusche in der Umgebung. “Sag mal, Zane., sagte Lake schließlich leise. “Bist du sicher, dass es wahr ist?” “Ja, bin ich”, antwortete Zane ebenso leise. “Das ist kein Gerücht, Helios lebt noch.” “Wenn das so ist, warum ist er dann nicht hier? Warum lässt er uns in Stich?”, knurrte Lake erbost. “Ich weiß es nicht, aber es wird einen Grund dafür geben”, erwiderte Zane ruhig. Das Knacken eines Astes ließ beide aufhorchen. Ein Wolf trat ans Ufer des Flusses. Seine grellen grünen Augen funkelten beide Wölfe listig an. Zane und Lake erschauderten. Der Rüde vor ihnen war zwar nur ein Jahr alt, aber gefürchtet. Unbekümmert begann er zu trinken und beachtete sie gar nicht. “Deimos…”, flüsterte Lake verbittert. “Der hat uns gerade noch gefehlt.” “Beachte ihn nicht, dann wird nichts geschehen.” Zane wusste, dass dieser junge Wolf dafür sorgen konnte, dass gleich alle Schattenwächter und Randur ihnen im Nacken sitzen konnten. Deimos war Randurs zweiter Sohn, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, für seinen Vater zu spionieren. “Los, bringen wir ihn um, Zane”, flüsterte Lake. “Keine gute Idee”, erwiderte Zane und deutete kurz mit seinem Kopf auf eine Anhöhe. Dort saßen zwei Schattenwächter und wachten über das Gebiet. “Du meinst doch nicht, dass Deimos alleine hier herum laufen würde.” Lake knurrte leise auf und kratzte sich hinter dem Ohr. “Dann gehen wir fort, dorthin, wo er ist.” “Wir wissen nicht einmal, wo das Rudel ist, in dem er lebt.” Zane blickte gedankenverloren auf sein Spiegelbild in Wasser. Das Geräusch von Pfotengetrappel ließ ihn aufhorchen. Deimos hatte sich genähert und musterte beide voller Interesse. “Na ,ihr zwei, was gibt's denn da zu tuscheln?”, fragte er grinsend. “Das geht dich so viel an wie eine Feldmaus!”, kläffte Lake ihn an. “Hau ab!” “Nana, nicht so laut, Lake. Oder ich vergesse meine guten Manieren.” Der junge Wolf sah missbilligend auf ihn und Zane herab. “Ich kann mich ja irren, aber fiel vorhin in eurer Unterhaltung nicht Helios' Name?” Zane erstarrte kurz, Deimos war länger da gewesen, als ihm lieb war. Er hatte wohl alles gehört. Der alte Rüde dachte nach und schluckte leicht. “Ja, das stimmt”, sagte er ruhig. “Ich habe Lake davon erzählt, wie der große Randur den Rebellenführer Chronus getötet hatte. Und ich erzählte ihm auch von dessen Sohn.” Innerlich war ihm speiübel, so über Randur zu sprechen, aber seit Chronus gestorben war, war der Mut der Rebellen verschwunden, und keine weiteren Versuche wurden unternommen, um Randur zu stürzen. Auch wenn Lake das eine oder andere Mal versuchte, die Rebellen dazu zu ermutigen. “So ist das also”, sagte Deimos lächelnd. “Tja, Vater hat einen großen Sieg davon getragen, und bald wird er auch noch Shadow töten, dann sind wir das mächtigste Rudel auf Euresia.” “Oh ja, alle Wölfe werden Randur zu Pfoten liegen”, murmelte Lake. “Ja, Lake”, sagte Deimos. “Selbst die Götter werden sich vor ihm verneigen.” “Wie du meinst”, schnaubte Lake und drehte sich weg. “Komm, Zane, ich will jagen gehen.” Deimos drehte sich um und lief dann weg. Zane atmete erleichtert auf und blickte zu Lake. “Gehen wir…” “Wohin, Zane?” “Egal, Hauptsache fort von diesem Ort, weg von Randur. Suchen wir Helios.” Lakes Gesicht hellte sich sofort auf. Er wedelte freudig mit seiner Rute und machte sich dann gemeinsam mit dem älteren Wolf auf den Weg. Sie ahnten nicht, dass Deimos nicht wirklich fort war. Der junge Wolf trat aus seinem Versteck hinter einen Gebüsch hervor und grinste. “Vater wird das sicher interessieren.” Zane und Lake durchquerten vorsichtig das Tal. Sie waren nun am schwarzen Wald angekommen. Dieser Wald bestand nur aus toten Bäumen, in deren Ästen Krähen hausten. Tief in seinem Innern lag auch der Bau der alten Wölfin Thryth, die hier eine Art Geschichtenerzählerin und Wahrsagerin war. Auch kannte sie sich gut mit Heilkräutern aus. Sie erzählte den Welpen oft Geschichten und war bei ihnen sehr angesehen. Als beide Wölfe den Wald betraten, hörten sie hinter sich ein lautes Heulen, das von mehren Wölfen stammte. Lake erstarrte und sah zu Zane. “Die Schattenwächter!” “Deimos, dieser Feigling, hat uns doch noch belauscht”, knurrte Zane. “Komm, hinter dem Wald ist das Westtal, dort sind wir erst einmal sicher!” “Sicher? In Lavas Revier?”, keuchte Lake, als er hinter Zane herrannte. “Der ist doch auf Randurs Seite!” “Ja, aber alles ist besser, als von den Schattenwächtern zerfleischt zu werden. Randur schickt uns sicher nicht nur zwei seiner Wölfen auf den Hals.” An Rande des schwarzen Waldes hielt ein brauner Wolf inne. Er sah auf den Wald und dann auf seine Schattenwächter. “Los, hinterher, ihr elenden Wölfe, und wehe, sie entkommen euch!”, rief er. “Jawohl, Greif!” Die anderen Wölfe rannten los. Greif sah ihnen nach und grinste. “Die Jagd ist eröffnet, Zane…” Der Rüde folgte dann seinem Trupp und übernahm wieder dessen Spitze. Zane und Lake rannten voller Panik durch den schwarzen Wald. Aus Angst vor den Schattenwächtern wussten sie nicht mehr, wo vorne und hinten war. Erschöpft brach Zane schließlich zusammen und blieb auf dem trockenen Boden liegen. “Zane!”, fiepte Lake und rannte zu ihm. Er stieß sachte mit seiner Schnauze gegen den älteren Wolf und sah ihn verzweifelt an. “Steh auf und lauf!” “Es geht nicht mehr, mein Junge”, keuchte Zane und hob matt seinen Kopf. “Sagus will wohl nicht, dass ich dieses Tal verlasse.” “Unsinn, du wirst noch viele Tage sehen, du wirst frei sein. Die Grenze ist nicht mehr weit.” “Lake, geh alleine… du bist schneller ohne mich. Ich komme schon zurecht.” Zane sah den Rüden mit ernst an, der erkennen ließ, dass ein Widerspruch nicht geduldet würde. Mit Tränen in den Augen lief der jüngere Wolf fort, während der ältere spürte, wie die Schattenwächter näher kamen und ihn schließlich umkreisten. Zane lag noch am Boden sah sie mit einem gequälten Blick an. Dieser Blick galt wohl eher Greif, der auf Zane zuging. Er blieb neben ihm stehen. Vorwurfsvoll blickte er ihn an. “Lasst Lake nicht entkommen!”, kläffte er die Wächter an. “Ich kümmere mich um Zane.” Mit einem zufriedenen Blick sah er, wie die Schattenwächter wieder losliefen. “Greif… was ist nur aus dir geworden?”, fiepte Zane kläglich und sah das blinde Augen seines Sohnes an, das mit einer Narbe geziert war. Dies war ein Zeichen von Randur gewesen, um Greif als ranghohen Rüden darzustellen, der nur Randur zu gehorchen hatte. “Harte Zeiten verlangen harte Maßnahmen, Vater”, sagte Greif nur und beäugte ihn kurz. “Nun steh auf, Randur erwartet dich.” Zane erhob sich schwerfällig, seine Glieder zitterten, und er brach wieder zusammen. “Wenn das deine Mutter noch erleben könnte”, seufzte er. “Was dann? Sie hätte ohnehin nichts ändern können, und nun geh endlich!”, knurrte der Anführer der Schattenwächter ihn an. Lake konnte sie sehen: Die Grenze. Schon von Weitem sah er sattes Grün , einen weiten blauen Horizont und weiße Wolken. “Das Westtal”, dachte er und wurde schneller. Er achtete nicht auf den Weg und prallte auf einmal mit einem anderen Wolf zusammen. Er erschrak und wich erstmal panisch zurück. Der andere Wolf sah ihn freundlich an. “Chaos…”, murmelte Lake und sah dann den weißen Wolf flehend an. “Bitte verrate mich nicht.” Chaos hörte die Schattenwächter schon und nickte Lake zu. “Geh schon, ich werde nichts sagen.” Lake schaute ihn voller Dankbarkeit an und rannte fort. Chaos lächelte nur und ging den Schattenwächtern entgegen. Sie umzingelten ihn sofort und knurrten ihn an. “Chaos, hast du Lake gesehen?”, fragte einer von ihnen mit giftiger Stimme. “Lake? Nein, schon lange nicht mehr”, log der weiße Rüde. “Ich sollte ihn vielleicht mal wieder besuchen.” “Ach, dieser Bastard hält uns nur auf”, rief ein anderer Schattenwächter. “Lake ist sonst fort, und wir haben den Salat.” Die Schattenwächter rannten wieder weiter und ließen Chaos zurück. Dieser grinste und sah Richtung Grenze. “Viel Glück… Lake.” Kapitel 5: Kapitel 5 Der vertriebene Alpha und die wandernde Wölfin ------------------------------------------------------------------- Zanes Körper schmerzte wie die Hölle. Getrocknetes Blut vermischte sich mit frischen. Sein vorhandenes Auge starrte seinen Alpha an, an dessen Lefzen noch das frische Blut des Rüdens klebte. Seine Augen starrten ihn mit Abscheu und Verachtung an. Randur wendete sich an Greif, der teilnahmslos beim Bau seinen Alphas saß. “Und wo ist Lake?”, knurrte er ihn an. “Fort… er ins Westtal geflohen, Herr”, erwiderte der Rüde und sah ihn die giftgrünen Augen von Randur. “Es tut mir Leid, ich habe versagt.” “In Westtal also… nun dann soll sich Lava um ihn kümmern., sagte Randur gütig. “Gute Arbeit, Greif.” Der braune Rüde neigte sein Haupt und dankte Randur so für seine Güte. Zaghaft warf er einen Blick zu Zane, der ihn trotz großer Schmerzen anlächelte. Greif war verwirrt, er hatte ihn gezwungen, hierher zu kommen und seinen Sohn zusehen zu lassen, wie sie ihn bestraften, und trotzdem lächelte er seinen Sohn an. “Was wird aus ihm?”, fragte Greif Randur schließlich. “Aus Zane?”, schnaubte dieser und blickte auf den alten Wolf. “Er steht unter Bauarrest, bis ich mir etwas für ausgedacht habe.” Thuringwethil, eine grauschwarze Wölfin, die das ranghöchste Weibchen neben der Alphawölfin Neera und deren Tochter Somber war, bemerkte, dass Greif anscheinend erleichtert war, ds zu hören. Sie legte nachdenklich ihren Kopf schief, blieb aber still. Sie würde ihn später darauf ansprechen. “Greif!”, rief Randur und holte so den Rüden aus seinem Tagtraum. “Ja, Alpha?”, fragte dieser unsicher. “Wo ist Chaos?” “Chaos… den habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Mein Trupp ist ihm aber heute begegnet”, berichtete er. “Wieso lügt er?”, fragte sich Thuringwethil wieder. Sie wusste, dass Greif erst gestern mit Chaos gesprochen hatte. Er verstand sich wunderbar mit dem weißen Wolf - mehr oder weniger jedenfalls. “So… ist dieser Bastard immer noch nicht verreckt”, murmelte Randur. “Aber in Ordnung, geh' nun, Greif. Ich brauche dich zurzeit nicht.” “Sehr wohl”, sagte dieser und neigte sein Haupt. Dann trottete er davon und sah auf Deimos, der grinsend zu seinem Vater gelaufen kam. Der Anführer der Schattenwächter konnte sich beim Anblick des Rüden ein Knurren nicht verkneifen. Kein Wolf hier im Tal konnte Deimos leiden. Diesen kümmerte das jedoch nicht. Greif wollte von nun Deimos im Auge behalten, denn seit Kurzem trieb sich dieser öfters im Westtal umher, was nicht verboten, aber doch ungewöhnlich war. Lake zitterte vor Aufregung, als er durch das saftige, grüne Gras lief. Noch nie hatte er es unter seinen Pfoten gespürt oder gar gerochen. Nur von der Ferne hatte er es immer gesehen. Er wünschte, Zane würde das auch sehen können, und blieb stehen, um einen Blick zurück zu werfen. Die Grenze war schon weit weg, und doch war das Geheul der Schattenwächter noch zu hören. Der Rüde fuhr erschrocken zusammen, als er ein Knacken hinter sich vernahm. Schnell drehte er sich um und japste erschrocken auf. Da standen zwei Wölfe, genauer gesagt eine Wölfin und ein Rüde. Der Rüde war um Einiges größer als er selbst. Sein graues Fell glänzte vor Gesundheit. Die Wölfin war so groß wie Lake. Sie hatte ein dunkelbraunes Fell und ungewöhnliche orangefarbene Augen. Der Schattenwolf erschrak nochmals, als der Rüde einen Schritt auf ihn zu tat. Seine blauen Augen sahen ihn ruhig und ohne eine kleine Spur von Aggressivität an. “Jeu sei mit dir”, sagte er mit tiefer, sanfter Stimme. Lake brauchte einen Moment, ehe er den Mut fand zu antworten. “Sagus sei mit Euch.” Die Wölfin blinzelte den Rüden verwundert an. Dieser nickte ihr sanft zu. “Ich verstehe”, sprach er. “Du bist ein Schattenwolf.” “Ja, ich bin Lake.” “Freut mich. Ich habe lange keine Wölfe mehr aus Randurs Rudel gesehen.” “Ich bin kein Wolf aus dem Rudel dieses Bastards!”, kläffte Lake erbost. “Kein Grund, gleich so wütend zu werden”, mischte sich die Wölfin ein und trat an die Seite des Rüden. “Du bist also Lake. Nun, das hier ist Pride, und ich bin Larka. Wir sind Streuner.” “Pride… du bist doch...”, japste Lake. “Ich bin, wer ich bin, so wie du der bist, der du bist”, sagte Pride ruhig. Larka blickte zwischen den Rüden hin und her. Sie wusste nicht, was los war, doch es war ihr eigentlich auch egal. Sie wedelte mit der Rute, und ihre Ohre ihren zuckten leicht. “Kommt ihr zwei, wie wäre es, wenn wir jagen gehen und uns dann etwas ausruhen”, schlug sie vor. “Dann kannst du uns von deinem Rudel oder deinem ehemaligen Rudel erzählen, Lake.” Schweigend sah Lake den Rüden an. Dann nickte er stumm. Kurz streckte er seine Glieder, dann folgte er den beiden anderen Wölfen. Die Sonne ging langsam unter, und im verfluchten Tal kehrte langsam Ruhe ein. Die meisten der Wölfe schliefen schon oder mussten Wache halten. Greif lief gemütlich zu seinem Bau, der am Fluss lag. Sein Schritt war federnd und sein Kopf stolz erhoben. Lange schien es, als ob er die Gestalt, die ihm folgte, nicht zu bemerken schien. Doch mit einem Mal verschwand er hinter einem Felsen und kauerte sich dort nieder. Die Schritte wurden immer lauter, und er konnte den Atem des Verfolgers hören. Der Wolf blieb stehen und sah sich um. Er hatte Greif verloren, dabei war er sich sicher, dass er hier irgendwo sein musste. Der braune Rüde wartete, bis der andere Wolf näher kam. Schnüffelnd lief er umher. Dabei waren seine Ohren aufgestellt. Greif spannte seine Muskeln an. Er ließ den Wolf näher kommen. Mit einen Satz kam er aus seinem Versteck. Knurrend und mit gefletschten Zähne drückte er seinem Verfolger zu Boden und starrte ihn kalt an. “Du?”, rief er verwundert und ließ Thuringwethil wieder aufstehen. Die Wölfin rappelte sich auf. Sie schüttelte sich den Staub aus dem Fell und knurrte Greif an. “Ja, du musst ja nicht gleich auf mich losgehen.” “Dann schleich mir nicht so hinterher!”, keifte Greif. “So gereizt heute?” “Das geht dich nichts an!” “So… auch nicht, dass du Randur heute angelogen hast?” Der Rüde starrte die Wölfin erst ganz perplex an, dann setzte er sich und scharrte mit seiner Pfote ungeduldig im Staub umher. “Das ist eine Sache, die mich betrifft”, sagte er ruhig. “Chaos knöpfe ich mir dann schon alleine vor.” “So? Und lässt ihn entkommen wie Lake?” Thuringwethil grinste. “Komm' schon Greif, du wirst langsam weich auf deine alten Tage.” “Ich werde nicht weich”, knurrte er Rüde erbost. “Lake werde ich erwischen, und dann gnade ihm Sagus! Ich werde ihn persönlich umbringen und seinen Kopf Randur bringen!” “Tja, sagen kann man viel”, erwiderte die Wölfin und trabte davon. “Aber ob du es auch machen wirst, ist eine andere Sache.” Sie war schon ein paar Schritte gegangen, da drehte sie ihren Kopf zu Greif. “Keine Sorge, ich werde Randur diesmal noch nichts sagen.” Greif sah ihr nach und seufzte tief. “Wölfinnen, ich werde sie nie verstehen.” Etwas entfernt von Greif, in der Nähe des Jagdreviers der Schattenwölfe, liefen zwei Wölfe durch die Dämmerung. Die Sonne war schon fast am Horizonz verschwunden, und die ersten Sterne leuchteten am Himmel. Es waren eine Wölfin und ein Rüde, genauer gesagt Bruder und Schwester, die zusammen jagen gingen. Eine Weile liefen sie, ohne ein Wort zu sagen, bis die Wölfin entnervt stehen blieb. Sie blickte mit einem vielsagenen Blick auf ihren Bruder. “Was ist den jetzt schon wieder?”, fragte dieser sofort. “Was ist?! Das fragst du noch, Ray?!”, platzte es aus der Wölfin heraus. “Schau dich um, was siehst du?” “Nichts, nur das Revier unseres Rudels, Somber.” “Genau, und nichts zu fressen, seit Tagen gibt es nichts Vernünftiges zu beißen und keinen Wolf, den man zum Kampf herausfordern kann. Das ist einfach zum Kotzen!” Ray legte den Kopf schief. Er hörte kaum zu, was seine Schwester noch so vor sich hin schimpfte. Er kannte das schon. Beide waren von Grund auf verschieden. Sie waren zwar beide Randurs Nachkommen, aber vom Wesen her war Ray ganz anders als sein Vater. Er war sanfter und zeigte Respekt vor anderen Wölfen. Somber war da anders. Sie mochte es zwar auch nicht, wie Randur sich benahm, aber sie sollte trotzdem das Rudel einmal führen. Ein Geräusch ließ beide Wölfe aufhorchen. Und sie blickten zu einem Baumstamm, auf dem Deimos stand und beide belustigt ansah. “Na, ihr Verlierer? Auf der Jagd?” “Verlierer?”, knurrte Somber. “Komm' her, und ich zieh dir das Fell über die Ohren!” “Meinst du, ich bin bescheuert?”, grinste der jüngere Wolf und kratzte sich an der Flanke. “Und Ray ist mal wieder ganz woanders mit seinen Gedanken und weiß nicht, was heute alles los war.” “Was soll hier schon los sein?”, gähnte Ray. “Vater hat seine Wutausbrüche, und das Rudel führt alle seine Befehle durch.” “Und Greif tanzt ihm auf Nase herum”, sagte Somber verächtlich. “Wie immer!” “Nein, ich habe heute dafür gesorgt, dass Zane gefangen genommen und Lake verbannt wurde.” Deimos platzte fast vor Stolz auf seine Taten, und er ließ es sich nicht nehmen, dies vor seinen beiden Geschwistern zu zeigen. “Und du bist stolz auf das, was du getan hast, stimmt's?”, fragte Ray. “Mir wird das hier zu bunt”, sagte Somber. “Ich will mir den Schwachsinn von dieser elenden Ratte, die leider mit uns verwandt sein soll, nicht länger anhören! Ich gehe!” Ohne weiter drauf zu achten, ob die beiden Rüden reagierten oder nicht, ging Somber weiter und war bald verschwunden. Eine Weile streifte Somber umher. Die Sonne war nun vollständig untergegangen. Der Mond stand am Himmel. und die Sterne leuchteten auf die magere Wölfin herab. Sie blickte hinauf. Bald würde Vollmond sein. Bald würde das Rudel zusammenkommen, wie jedes Mal bei Vollmond. Sie würde zusammen zu Sagus heulen, wie es die Wölfe seit je her getan hatten, und sie würden ihn preisen. Sie würden Randur verehren, wie sie Sagus verehrten. Somber hörte ein Geräusch und sah sich um. Ein Wolf stand im Silberlicht des Mondes. Man sah nur den Schatten des anderen Tieres, und seine blauen Augen leuchteten auf. Somber begann zu knurren und spannte ihre Muskeln an. Sie war bereit, anzugreifen, wenn es sein musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)