Under control von Rachelle_Jade ================================================================================ Kapitel 20: The Swizz --------------------- Aufgeregt stand sie vorm Spiegel. Sah sie gut aus? War sie hübsch genug? Heute sollte ein besonderer Abend werden. Heute endlich sollten alle wissen, dass Tai und sie ein Paar werden. Es würde alles ganz offiziell werden. Wie lange schon hatte sie sich auf diesen Tag gefreut? Beinahe ein halbes Jahr. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, als sie an ihr erstes Treffen dachte. Beide waren so verkrampft und schüchtern gewesen. Wieder einmal strich sie ihren Rock glatt. Das tat sie immer, wenn sie nervös war. Ihre Haare trug sie hochgesteckt. Nur einige Strähnchen hingen ihr ins Gesicht. Sie wusste, dass er es mochte, wenn sie ihre Haare so trug. Noch einmal atmete sie tief durch und griff dann nach ihrer rosafarbenen Handtasche. Ein kurzer Blick genügte und sie wusste, dass sie alle wichtige dabei hatte. "Also.. auf in den Kampf..!" Sie lächelte ihrem Spiegelbild noch einmal zu und verließ dann das Haus. Natürlich hatte sie ein Taxi bestellt, um zu der Party zu gelangen. Niemals würde sie mit dem Fahrrad zu einer Veranstaltung fahren. Gerade hielt das Taxi vor ihr an. Sie stieg hinten ein und holte erstmal wieder ihren Handspiegel heraus, bevor sie dem Fahrer die Adresse mitteilte. Mit flinken Fingern zog sie ihren Lipgloss nach. Ähnlich aufgeregt wie jetzt war sie gewesen, als Tai ihr vor drei Monaten ein Geschenk überreicht hatte. Er hatte sich tatsächlich die Mühe gemacht, es auch noch zu verpacken. Mit großen erwartungsvollen hatte er sie angeschaut, während sie langsam versucht hatte das Papier zu lösen. Als sie erkannte, um was es sich handelte, hatte sie erschrocken die Hand vor ihren Mund gehalten. Er hatte sie ganz ernst mit seinen braunen Augen angeschaut: "Du weißt genau, wie viel mein Wappen mir immer bedeutet hat.. und genau so viel bedeutest du mir heute. Deswegen gebe ich es dir, damit du darauf aufpassen kannst." "Madam? Wir sind da." Von der Stimme des Taxifahrers wurde Mimi wieder in die Gegenwart gebracht. "Oh ja.. Entschuldigung." Hastig bezahlte sie und stieg aus dem Wagen. Sie stand nun vor einem großen Einfamilienhaus. Einer ihrer Schulkameraden schmiss hier ne Party. Die laute Musik dröhnte bis nach draußen. Ohne sich weitere Gedanken zu machen, betrat Mimi das Haus. Ihre Augen durchsuchen den großen Partyraum. Wo war er? Wo war ihr geliebter Wuschelkopf? Hier und da grüßte sie einige Mädchen aus ihrem Cheerleaderteam. Lautes Gejohle war aus der Küche zu hören. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie ihn dort finden würde. Und tatsächlich, wer saß auf dem Tisch mit Sonnenbrille und gestikulierte wild vor seinen Kumpels rum. Ihr Taichi. Sie sammelte ihr ganzes Selbstbewusstsein und ging lächelnd auf ihn zu. "Hey.." Sanft berührte sie ihn an der Schulter. Der Angesprochene drehte sich abrupt um. "Zuckerschnecke!", begrüßte er sie eine Spur zu laut. Mimi hatte das Gefühl, dass Tai anscheinend schon länger hier war und schon einiges an Alkohol getrunken hatte. Mit seinem rechten Arm zog er sie an sich und drückte ihr einen schmierigen Kuss auf die Wange. Tais Kumpels nickten anerkennend. Fast jeder von ihnen träumte davon einmal Mimi so nahe zu sein. Sie war einfach das beliebteste Mädchen an der Schule und wer durfte sie anscheinend seine Freundin nennen? Natürlich Taichi. Dieser sprang nun vom Tisch und zog Mimi noch einmal dichter an sich. "Wollen wir tanzen?", flüsterte er in ihr Ohr. Sie nickte erfreut und ging voraus in den größeren Raum. Dabei konnte er natürlich nicht sehen, wie er seinen Freunden den Daumen hochhielt, als Zeichen seines Erfolgs. Sie zog ihn nun also mit auf die Tanzfläche. Eigentlich war sie verwundert darüber wie gut er noch tanzen konnte, obwohl er gerade weniger gegangen und mehr hinter ihr her getorkelt war. Während sie mit ihm tanzte, fühlte sie wieder diese angenehme Wärme, die von ihm ausging. Es war, als würde ein riesiger Ballast von ihr abfallen. Endlich musste sie nicht mehr ihre Gefühle verstärken. Vorsichtig betrat Sora das Zimmer. Zuerst einmal schaltete sie die Deckenbeleuchtung ein. Wie schon beim ersten Mal war sie wieder verwundert über diese perfekte Ordnung, die man vom alten Taichi Yagami überhaupt nicht kannte. Dies war also das dritte Mal, dass sie sein Zimmer ohne Erlaubnis betrat. Beim ersten Mal hatte sie sich einfach hineingeschlichen und eine Todesangst gehabt, dass er sie erwischen könnte. Das Mal danach hatte seine Mutter sie rein gelassen, aber da hatte sie wirklich nur mit ihm sprechen wollen und nichts angerührt. Das sollte dieses Mal anders werden. Am liebsten würde sie alles durchsuchen, um wenigstens irgendeinen Hinweis zu erhalten, was mit ihm geschehen war. Bedächtig setzte sie sich auf den quietschenden Schreibtischstuhl. Nichts lag auf dem besagten Tisch, nicht einmal ein Kugelschreiber oder ähnliches. Sora öffnete die erste Schublade. Zu ihrer Verwunderung befand sich dort ein Haufen von alten Fußballmagazinen. Es hätte sie nicht gewundert, wenn die Schublade leer gewesen wäre. Neugierig nahm sie den Stapel heraus und nahm einige Ausgaben genauer unter die Lupe. Nichts.. es war einfach nichts auffälliges zu entdecken. Einzelne Zeitschriften blätterte sie durch. Vielleicht war ja irgendwo etwas Wichtiges hineingeschrieben worden... Moment, was war das gewesen? Schnell blätterte sie noch einmal zurück. Ein Foto war zwischen die Seiten gelegt worden. Und darauf zu sehen war ein ihr wohlbekanntes Mädchen: Mimi Tachikawa. Sie lächelte auf dem Bild. Es war ein so echtes Lächeln, wie Sora es schon lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte. Sie trug auf dem Bild ein pinkfarbenes Oberteil zusammen mit einem langen weißen Rock. Dass Mimi überhaupt ein Kleidungsstück besaß, welches über ihre Knie reichte, hätte Sora bis dahin nicht vermutet. Ihre Haare trug sie offen, sie fielen schön über ihre Schultern. Im Hintergrund konnte man ihr Zimmer erkennen. Die Rothaarige war sich sicher, dass das eins der schönsten Fotos war, welche von Mimi existierten. Aber warum besaß Tai ein solches Foto? Sie drehte es um und erkannte am Datum, dass es gerade mal ein halbes Jahr alt war. Was hatte das zu bedeuten? Hieß es nicht einmal, dass Tai und Mimi nur an einem Wochenende mal etwas miteinander gehabt hätten? Steckte etwa mehr dahinter? So gerne Sora das Foto noch weiter begutachtet hätte, wusste sie doch, dass sie noch nach weiteren Hinweisen suchen musste. Also packte sie das Foto wieder zurück in die Zeitung und legte diese zurück mit den anderen in die Schublade. Nun war die zweite Schublade an der Reihe. In dieser befand sich jedoch nichts. Sie war absolut leer. Also öffnete sie die Letzte. Hier fand sie ein Durcheinander von Dosen. Fast schon war sie glücklich über diese leichte Andeutung des alten Chaos in Taichis Zimmer. Neugierig nahm sie eine der Dosen hoch und schüttelte sie leicht. Man konnte hören, wie sich etwas darin bewegte. Vorsichtig versuchte sie sie zu öffnen, aber es funktionierte nicht. Auch nach einigen weiteren Versuchen tat sich nichts. Unruhig blickte Sora kurz auf ihre Armbanduhr. Wie lange war sie nun schon hier? Würde Tai gleich auftauchen? Sie befand sich nun schon gut eine Stunde in seinem Zimmer, deswegen entschied sie sich einfach eine der Dosen mitzunehmen und so verschwand diese einfach in ihrer Handtasche. Sora stand auf und ging nun zu seinem Bett und seinem Nachtschrank herüber. Dieser hatte nur eine Schublade und sie wusste genau, was er dort früher immer aufbewahrt hatte: Sein Digivice und sein Wappen. Gespannt zog sie langsam die Lade hervor. Wenn man seinen Worten glauben schenken konnte, leuchtete sein Wappen ja noch, was sie sich allerdings kaum vorstellen konnte. In der Schublade entdeckte sie das Digivice, aber keine Spur vom Wappen. Darüber war sie etwas erstaunt. Sollte das etwas bedeuten, dass er sein Wappen immer bei sich trug? Er würde wohl kaum die beiden Teile getrennt voneinander aufbewahren, oder? Plötzlich hörte sie, wie die Haustüre laut zugeschlagen wurde. Erschrocken zuckte sie zusammen. Tai war wieder Zuhause. Sie musste schnell verschwinden. Noch wollte sie sich ihm nicht wieder stellen. Der Abend war schon weit voran geschritten. Es war einfach alles perfekt. Keiner hatte irgendwelche abwertenden Kommentare über ihre Beziehung abgelassen. Warum hatten sie nicht bloß schon früher allen davon erzählt? Sie hätten sich vieles sparen können. Mimi schüttelte den Kopf. Nein, darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Jetzt war schließlich alles gut. Verschiedene Mädchen waren zu ihr gekommen und hatten ihr gesagt, wie toll sie es fanden, dass die Beiden ein Pärchen sein. Sie würden so gut zusammen passen und seien das Traumpaar schlechthin. Natürlich war sie stolz darauf. Es erfüllte ihr Herz mit Freude. Doch langsam wurde sie müde und sie fragte sich, ob Taichi mit ihr nach Hause kommen würde. Deswegen war sie schon einige Zeit auf der Suche nach ihm. Endlich erblickte sie ihren dunkelhaarigen Wuschelkopf. Er schien noch immer topfit zu sein, zumindest befand er sich mitten auf der Tanzfläche mit dem Rücken zu ihr. Lächelnd betrachtete sie ihn und war ein bisschen neidisch auf seine Ausdauer. Gerade als sie die letzten Schritte auf ihn zugehen wollte, drehte er sich um, und sie erkannte, dass er nicht alleine auf der Tanzfläche, sondern ein jüngeres Mädchen eng umschlungen mit ihm tanzte. Mimis Herz setzte einige Takte aus. Das konnte nicht wahr sein. Das musste ein Albtraum sein. Wie konnte diese kleine Göre es wagen, sich an ihren, Mimi Tachikawas, Freund ranzuschmeißen? Wütend stapfte sie auf Beide zu und tippte ihm auf die Schulter. Langsam nur bewegte er seinen Kopf in ihre Richtung. "Was hat das zu bedeuten?", zischte sie ihn an. Die Jüngere machte sich sofort von Tai los und verzog sich schnell. "Ganz ruhig,... locker bleiben, Baby..." Fassungslos starrte sie ihn an. Seine Augen waren hinter der Sonnenbrille versteckt. "Was guckst denn so blöd aus der Wäsche?" Er lallte und schwankte etwas. "Ich darf schließlich machen, was ich will oder? Und wenn ich gerade Lust auf die Kleine da hatte, dann nehme ich sie mir... und wenn ich gleich Lust auf dich hab, komm ich wieder zu dir." Mittlerweile hatte jemand die Musik ausgemacht und eigentlich alle Partygäste starrten Tai und Mimi an. Die Dunkelhaarige war nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Alles war soeben zerplatzt. All ihre Träume und Hoffnungen waren zunichte gemacht in nicht einmal fünf Minuten. Unglaublicher Schmerz machte sich in ihr breit. Tai sprach währenddessen weiterhin mit einer abfälligen Stimme: "Ich meine.. es ist ja nicht so, als wenn wir zusammen wären oder so etwas.. wir hatten gestern und heute eine schöne Zeit. Aber das war's auch schon. Mehr nicht.. niemals würde ich mit einer wie dir eine Beziehung eingehen.." Sie stand ihm einfach gegenüber, unfähig ihren Mund überhaupt auch nur zu öffnen. Unsicher stand sie in dem doch recht großen Raum. War das richtig, dass sie hier war? Oder tat sie etwas Falsches? Er war gerade kurz hinausgegangen, um ihr etwas zu trinken zu holen. Ihr Herz fühlte sich schwer an. Ein kleiner Seufzer entwich ihren Lippen. Hikari setzte sich auf das große Bett in der Mitte des Raumes. Sie fühlte sich etwas fremd und war froh, als er endlich wieder kam. "Hier bitte.." Er reichte ihr ein Glas mit Orangensaft hinüber. "Dankeschön.." Hastig trank sie einen kleinen Schluck und behielt das Glas dann in der Hand. Der Blonde legte sich neben sie aufs Bett, während sie weiterhin sitzen blieb. "Nun sag mir doch, warum zieht ihr um...?" Ihre braunen Augen sahen ihn fragend an. Takeru zuckte mit den Schultern. "Meine Mutter wurde von der Firma versetzt." "Aber gibt es denn keine Möglichkeit hier zu bleiben? Ich meine,... dein Vater ist doch auch noch da.." Der Junge schüttelte den Kopf. "Bei dem kann ich nicht bleiben. Er hat genug Stress mit Matt. Ich meine, er versucht ihm immer überall hinzufolgen und den ganzen Papierkram zu erledigen." Hikari konnte und wollte gar nicht verstehen. Takeru seufzte leicht, während ihr Blick durch sein Zimmer schweifte. Es war alles schon in Kartons abgepackt. Nur das Bett, der Schreibtisch und der Fernseher standen noch. Kein Wunder, dass sie sich eben so verloren und verlassen gefühlt hatte und dieses Gefühl hielt noch weiter an. Behutsam griff er nach ihrer Hand. "Nun stell das Glas doch beiseite.." Kari schüttelte den Kopf und klammerte sich beinahe daran fest. Eine Gänsehaut lief über ihren Rücken bei seiner Berührung. Was war denn bloß mit ihr? "Na ja.. es freut mich zumindest, dass du hier bist. Du und ich.. uns hat immer etwas ganz besonderes miteinander verbunden, oder?" Er machte eine kurze Pause und redete dann weiter: "Verbunden? Eigentlich meine ich eher, dass es uns immer noch verbindet." Sie zog ihre Hand weg. Wie meinte er das? Kurz dachte sie über seine Worte nach. Früher hatte die Beiden wirklich eine Menge verbunden, sie waren die Jüngsten beim ersten Abenteuer in der Digiwelt gewesen. Zudem wurden ihre großen Brüder beste Freunde. Und auch sonst hatten sie viele Sachen gemeinsam erlebt... aber galt das auch noch für heute? Sie dachte an die letzten Monate und spürte ein Stechen im Herzen. Nein, sie war falsch hier. Das fühlte sie ganz deutlich. Kari sprang auf und ließ dabei ausversehen das Glas fallen. Das Geräusch des zersplitternden Glases durchbrach für kurze Zeit die schreckliche Stille. "Entschuldige.. ich muss gehen.." Sie lief zur Tür und drehte sich noch mal kurz zu ihm. "Es tut mir Leid, ich.." Für einen Moment trafen sich ihre Blicke dann verließ sie die Wohnung und rannte die Straße entlang. Das war's. Noch immer herrschte eine tödliche Stille. Sie drehte sich um und schritt davon. Nicht eine einzige Träne hatte er über ihre Wangen rollen sehen. Genau so hatte er seine Mimi eingeschätzt. Sie würde nicht ihren Stolz verlieren, niemals. Seine Blicke hafteten an ihrem Rücken. Er wollte hinter ihr hergehen, sie festhalten, ihr erklären, dass das alles nicht so gemeint war, aber er konnte nicht. Wie festgewurzelt stand er da und blickte ihr hinterher. Natürlich konnte er nicht ahnen, dass kaum als sie sich umgedreht hatte, eine Träne nach der anderen über ihre Wangen liefen. Dafür spürte er nur, dass seine eigenen Augen brannten. Einzelne Tränen bahnten sich ihren Weg gegen seinen Willen. Er durfte keine Gefühle zeigen, zum Glück versteckte seine Sonnebrille diese. Nun war sie endgültig verschwunden. Es fühlte sich an, als würde ihm jemand das Herz aus dem Leibe reißen, währenddessen wurde die Musik wieder eingeschaltet. Die anderen Gäste setzten ihre Gespräche fort oder taten andere wichtige Sachen und er stand noch immer einfach so da. Konnte es nicht fassen, das wirklich getan zu haben, wirklich solche Sachen zu ihr gesagt zu haben, ihr ins Gesicht gelogen zu haben. Langsam setzte er sich in Bewegung in Richtung Küche. Er ignorierte die blöden Sprüche, öffnete den Kühlschrank und nahm eine volle Flasche Wodka heraus. Das war es, was er jetzt brauchte. Ein ziemlich bullig aussehender Typ kam auf ihn zu und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter: "Gut gemacht." Taichi nickte leicht und verließ das Haus. Es war kalt draußen, doch davon spürte er nichts. Der eisige Wind gepaart mit Regentropfen peitschte ihm ins Gesicht. Einige Schritte weiter setzte er sich auf den nassen Bordstein und setzte die Flasche an. Die klare Flüssigkeit rann ihm brennend den Rachen herunter. So war es doch richtig gewesen, oder? Er wollte doch nur das Beste für sie, wollte um alles in der Welt verhindern, dass ihr irgendwie passieren könnte, wollte sie einfach nur beschützen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)