Angel von abgemeldet ================================================================================ Am Anfang --------- „In der Bibel steht geschrieben, dass der Mensch ein Wesen ist, welches aus der göttlichen Sphäre hinunter auf die Erde gestiegen ist, um dann als Henoch, also als ein Eingeweihter den Weg zurück zum Göttlichen zu suchen, zu finden und später auch zu gehen!“, redete die Religionslehrerin in die Klasse, während sie durch die Reihen lief. „Wie findet man den Weg zu Gott?“, fragte die Lehrerin. Obwohl sie keinen Namen erwähnte, wusste jeder an wen die Frage gerichtet war. Doch die Person, ein Mädchen, in der ersten Reihe, reagierte nicht. Der Kopf lag, umschlungen von ihren Händen, auf dem Tisch und ein leises Zischen konnte vernommen werden. Sie schlief. Sie wurde von ihrer Nachbarin angestupst und schrak auf. „Lena! Dieses Mal hast du geschlafen!“, schrie sie die Lehrerin an, die bereits vor ihr stand, „Raus!“ Ohne jegliche Widerrede packte Lena ihr Zeug und verlies das Zimmer. Ding, Dong! Die Schulglocke. Als Natalja aus dem Klassenzimmer kam, stand Lena schon an der Wand gelehnt und wartete. „Schon wieder rausgeworfen?“, fragt Natalja schockiert. Lena zuckte nur mit den Schultern. „Du musst deine mündliche Prüfung in Reli machen!“, bekräftigte Natalja nochmals. Ohne auch nur eine Reaktion von sich zu geben, hob Lena ihren Rucksack vom Boden und ging vor. Natalja folgte ihr. „Ich stehe in Reli auf`ner Eins, was will man mehr?“, meinte Lena nach einiger Zeit des Weges. „Darum geht es auch nicht!“, konterte Natalja, „Wenn du zu viele Fehlstunden hast, wirst du nicht zur Prüfung zugelassen! Kannst sogar von Glück reden, wenn du nicht von der Schule fliegst. Da hilft dir dein Wissen über den Glauben auch nicht viel weiter.“ Schulterzucken. „Kannst mich auch mal!“, erwiderte Natalja scherzhaft, und erntete ein Lächeln von Lena. Beide machten sich auf den Heimweg. Da Nataljas Bushaltestelle auf dem Weg zum Bahnhof lag, begleitete sie Lena wie jeden Tag und wartete mit ihr, bis der Bus kam. Kaum war Natalja im Bus, machte sich Lena auf den Weg zum Bahnhof. Beim Überqueren der Straße sah sie schon Bylle aus dem Augenwinkel, und hörte sie auch schon ihren Namen rufen. Reflexartig blieb Lena mitten auf der Straße stehen und drehte sich in Bylles Richtung. Lena hörte noch quietschende Reifen. Ein stechender Schmerz im Nacken. Ihr wurde schwarz vor Augen. 1.Treffen --------- Dunkelheit. Lena sah einfach Nichts außer schwarz. Sie bekam Angst. Allerdings weniger vor der Dunkelheit, sondern viel mehr vor der Ungewissheit. Doch dann, eine Stimme. Eine sehr leise Stimme, kaum zu hören. Ihre Gefühle mischten sich. Während die Angst noch herrschte, kam gleichzeitig die Freude hoch. Sie musste an ihre Familie und Freunde denken. Aber ihre ironische Ader verlor sie nicht, denn sie dachte auch an eine deftige Henkersmahlzeit. Jetzt kam auch die Logik wieder und sie merkte, dass sie wegen ihrer geschlossenen Augen nichts sah. Sie versuchte diese zu öffnen. Doch es tat sich nichts. Sie versuchte ihre Hand zu bewegen um zu spüren, ob ihre Augen wirklich geschlossen waren. Doch auch da tat sich nichts. Wieder diese Stimme. Eine Art geflüstertes Gebet, was sie da vernahm. Sie strengte sich noch mehr an, um ihren Körper bewegen zu können. Plötzlich Licht. Ein so helles Licht, dass ihre Augen wehtaten. Sie gewöhnte sich jedoch schnell daran, und sah plötzlich einem Mann direkt in die Augen. Er starrte wahrscheinlich genauso verwundert wie sie. Beide waren auf die Situation nicht gefasst. „Wachen!“, schrie er plötzlich laut auf und stürmte zur Tür. In der Zwischenzeit bemerkte sie, dass sie in einer Art Wassertank war. Wobei die Flüssigkeit, die sie umgab, kein Wasser war. Sie konnte atmen. Aber bewegen konnte sie sich immer noch nicht. Die Angst kam wieder. Was hatte sie hier verloren? Wer ist der Mann? Was wird er mit ihr machen? Ich sollte aufhören mich verrückt zu machen!, dachte sie sich. „Holt mir Raphael!“, schrie der junge Mann aus der Tür und richtete somit ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Eine schwarze Lack-Lederweste bedeckte seinen Brustkorb. Passend dazu hatte er auch eine schwarze, nicht zu enge Hose an. Merkwürdig war, dass er barfuss auf dem Marmorboden lief. Seine blonden Haare passten, ihrer Meinung nach, nicht ganz zum Gesamtbild. Er drehte sich zu ihr um. Eine große Narbe, die sein rechtes Auge und die Lippe erfasste, zierte sein Gesicht. Dennoch hatte sein Auge noch die volle Farbe der Iris. Starkes, helles Blau. Bei genauem Hinschauen merkte sie, dass die Narbe nur die Augenbraue, die Wange und die Lippe spaltete, nicht das Auge an sich. Ihr fiel auf, dass sie ihn anstarren musste, da die Narbe so faszinierend war. Sie drehte die Augen weg. Ein Mann in einer Kutte kam herein. Erschrocken blieb er jedoch noch in der Tür stehen und konnte die Augen nicht von Lena lassen. „Was hast du getan?“, schrie er den anderen an. Der andere meinte nur mit ruhiger Stimme: „Wieso muss ich immer was vermasseln?“ Ohne eine Antwort auf die Frage zu geben, ging der Mönch, wie Lena ihn bereits getauft hatte, auf sie zu. „Oh Gott, wir sind erledigt!“, flüsterte er leise, „Ach Michael!“ Der andere reagierte leicht ironisch mit „Was ist den los Raphael?“ So konnte Lena zumindest ihre Namen erfahren. „Sollten wir sie nicht da rausholen?“, fragte Michael. „Bist du verrückt?“, fragte Raphael mit solch einem Entsetzten, dass Lena schon dachte, sie sei eine Krankheit. „Was sollen wir dem lieben Herrn dann sagen?“, fragte er weiter. „Irgendwann kommt es sowieso ans Tageslicht, oder wie willst du den anderen erklären, dass ihre Augen offen sind und sie sie sogar bewegen kann?“, entgegnete ihm Michael. „Sie bewegt die Augen?“, Raphael konnte und wollte es wohl kaum glauben. Zum Trotz bewegte Lena sie erst recht. Er erschrak und trat einen Schritt zurück. Jetzt erst fiel ihr auf, wie kahl und leer der Raum doch war. Keine Möbel, noch nicht einmal ein Fenster war angebracht. An der Decke war eine schlichte Lampe, die knapp den Raum beleuchtete. „Wir werfen einfach eine Decke drüber!“, riss sie der Satz von Raphael aus ihren Gedanken. Sie sah wie Michael seine Augen verdrehte und den Kopf schüttelte. „Außerdem verbieten wir die Besuchszeiten!“, redete Raphael weiter. Redet der von mir?, wurde Lena plötzlich unsicher, ob sie so etwas Schreckliches sei. „Hmm … ewig wirst du es dennoch nicht verbergen können!“, meinte Michael entschlossen und sah sie an. Die beiden wurden ihr langsam unsympathisch. Zudem hatte sie kein Gefühl für die Zeit und wusste nicht, wie lange sie schon hier war. Ihre Gefühle überschlugen sich wieder. Wut mischte sich mit Unwissenheit. Unzufriedenheit mit Angst. Sie wollte einfach aus diesem Bottich. Doch wie auch schon vorher, ließ sich keiner ihrer Körperteile bewegen. Sie versuchte es immer und immer wieder. Doch es tat sich einfach nichts. Nur mit ihren Augen konnte sie machen was sie wollte. Sie bemerkte erst spät, dass sie mittlerweile alleine im Raum war und die zwei Männer gegangen waren. Am liebsten hätte sie geweint. Doch sie konnte die Tränen noch zurückhalten. Sie wurde müde, doch sie kämpfte dagegen an. Aber den Kampf verliert wohl jeder und so schlief sie ein. Befrei dich ----------- Es war wieder Dunkel und sie bekam wieder Angst. Zum Glück ging das Licht wieder an. Michael kam herein. Er setzte sich wieder vor sie und starrte sie an. Das ergärte sie sehr. Er sah sie an, als ob sie etwas Unerreichbares wäre. Sie versuchte wieder sich zu bewegen. Doch schon wieder geschah Nichts. Immer und immer wieder … Nichts! Plötzlich kam noch jemand in das Zimmer. Michael sprang erschrocken auf und schrie: „Raus hier! Hat euch den Raphael nicht gesagt, dass es für die nächsten Tage verboten ist, herein zu kommen?!“ Die junge Frau fuhr zusammen und starrte verschüchtert auf den Boden. Sie versuchte ein „Entschuldigen Sie!“ zu stammeln, doch man konnte sie kaum verstehen. „Dumme Gans, verschwinde endlich!“ Lena gefiel es überhaupt nicht, wie Michael mit dem armen Mädchen umsprang. Es schien, als ob sie ihrer regelmäßigen Arbeit nachging, denn sie wollte anscheinend aufräumen, da sie einen Putzlappen in der Hand hielt. Kaum wollte das Mädchen sich umdrehen um zu gehen, fuhr Michael sie wieder an: „Wehe, du sagst jemandem, was du hier gesehen hast! Dann wirst du dein restliches Leben nicht mehr glücklich, und deine Familie erst recht nicht!“ >Dieser Ton! Es geht auch netter!< dachte sich Lena. Kaum wollte Michael schon wieder los schreien, platze „Sei nicht so unfreundlich!“ aus ihr heraus. Alle drei waren ziemlich überrascht, dass Lena auf einmal auch reden konnte. Das Mädchen machte sich schnell aus dem Staub. Michael dagegen starrte sie weiterhin an. „Wachen!“, rief er wieder, „Holt mir Raphael!“ „Schrei nicht so!“, klagte Lena. Sie hatte schon immer sensible Ohren. Selbst, wenn ihre Eltern nur laut miteinander diskutierten, konnte sie die Lautstärke nicht ertragen. „Außerdem könntest du etwas freundlicher sein.“, ließ sie ihrer Wut freien Lauf, „Wer zum Teufel seid ihr? Und wo bin ich hier? Wann komme ich endlich nach Hause? Ich will hier doch nur raus!“ Raphael kam in das Zimmer. Er zuckte zusammen, als er Lena wie ein Wasserfall reden hörte. Die Flüssigkeit störte sie auch anscheinend nicht beim Reden. Er sah zu Michael hinüber. Doch dieser war mindestens genauso verblüfft wie er selbst. „Was ist mit ihr los?“, fragte er Michael. „Ruhe!“, schrie Lena, „Hat dir deine Mutter keine Manieren beigebracht? Wenn jemand redet, hört man ihm gefälligst zu und unterbricht nicht!“ „Verzeiht mir!“, rechtfertigte sich Raphael, „Jedoch müsstet IHR doch wissen, dass wir keine Mutter haben.“ Lena stockte. „Das tut mir natürlich Leid!“, entschuldigte sich jetzt Lena, „Ich hoffe sie hatte einen schnellen und schmerzlosen Tod.“ Er grinste, schaute jedoch verwirrt. „Nein, MeLady, wir hatten doch nie eine Mutter, wir haben nur einen Vater.“, erklärte Michael. Lena verstand nicht: „Was? Aber jeder hat doch eine Mutter.“ „Wir nicht!“, erläuterte Raphael weiter, „Wir sind Engel!“ Lena dachte, sie wollten sie auf den Arm nehmen. Doch beide machten ein Gesicht, als ob sie ihr Leben auf diesen Satz verwetten würden. Sie konnte es dennoch nicht glauben. „Was ist den mit euch los, MeLady?“, frage Raphael behutsam nach. „MeLady?“, wunderte sich Lena, „Ich heiße Lena.“ „Bitte?!“, die Verwunderung konnte klar und deutlich in Michaels Tonlage erkannt werden. Lena wurde erbost: „Mein Name ist Lena!“ „MeLady!“, bezeugte Raphael. „Lena!“, schrie sie zurück. „Seid Anbeginn der Zeit wart ihr die MeLady, und so bleibt es auch!“, meinte Michael und stürmte aus dem Raum. Raphael und Lena blieben verwirrt zurück. „Verzeiht mir!“, auch er verließ den Raum. Lena wurde dadurch noch wütender. Ihr platzte der Kragen, und plötzlich konnte sie ihren Zeigefinger bewegen. Die Freude war übergroß. Das Glasgefäß platzte plötzlich und sie landete unsanft auf ihrem Allerwertesten. Sofort versuchte sie aufzustehen. Aber sie fiel auch wieder unsanft. Ihre Beine waren viel zu schwach. Sie fragte sich, wie lange sie schon in dem Gefäß war. Ihr ganzer Körper fiel in sich zusammen. Er war viel zu schwach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)