Wie Schwarz und Weiß von schmoergelmotte ================================================================================ Kapitel 19: Aufgeflogen ----------------------- N'Abööööönd *gähn* *reinkuller* Hier Kapitel 19. Natürlich etwas länger als das Vorherige XD Es war interessant zu lesen, wen ihr als den "Ertapper" vermutet habt und wie viele Carolina, also Michis Schwester, im Sinn hatten. Nun, jetzt könnt ihr ja lesen, ob ihr richtig lagt, oder nicht XD Eine kleine Vorwarnung: Da ich im Moment im fliegenden Wechsel meiner Reisen bin, hab ich mir das Kapitel NICHT noch mal durchgelesen und auch kein anderer. Seid also nachsichtig, wenn ihr Fehler finden sollten und tut so, als wäre alles richtig ;) Kapitel 19: Aufgeflogen Erschrocken löste Michael sich von Thomas; schubste ihn im Reflex leicht von sich. Mit bebendem Herzen drehte er sich um. Seine Augen weiteten sich schließlich, als er die Person vor sich erkannte. Strubbelige, bunte Haare; zerschlissene, schwarze Kleidung. Die dunkel umrandeten, blauen Augen sahen ihn ebenso entsetzt an. Lara. Der Schock schien sich durch alle Glieder zu ziehen und Michael hatte das beklemmende Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Ein riesiger Kloß schien sich in seinem Hals zu bilden und egal, wie oft er versuchte, diesen runterzuschlucken, schien er sich immer wieder neu zu bilden. Er wusste nicht, was er sagen sollte, geschweige denn erklären sollte, was eigentlich nichts zu erklären übrig ließ. Lara hatte ihn in einem ziemlich eindeutigen Szenario erwischt. Ausreden gab es dafür wohl nicht. Zittrig atmete er ein, bemerkte wie Thomas, der wie Lara neben ihm zur Salzsäule erstarrt war, sich wieder regte. Nur langsam wanderten Michaels Augen von dem entsetzten Anblick seiner Freundin zu dem jungen Mann, welcher das Gesicht leicht gesenkt hielt. Er wirkte teilnahmslos; tief in Gedanken versunken. Schließlich räusperte Thomas sich. „Ich… ich geh… dann wohl mal besser.“ Michael nickte nur. So sehr er Thomas’ Nähe auch genoss, in dieser Situation konnte er sie nun wirklich nicht gebrauchen. Mit seinem Blick folgte er dem Größeren, wie dieser sich an Lara vorbeidrängte, welche ihm unwillkürlich auswich und Platz machte, ohne den nun eher verwunderten als entsetzten Blick von Michael zu nehmen. Er sah, wie Thomas sich fahrig eine Zigarette anzündete und schließlich in eben jener Seitengasse verschwand, aus der er vorher gekommen war. Kaum war er außer Sicht- und anscheinend auch außer Hörweite, öffnete Michael den Mund, um etwas zu sagen, doch Lara kam ihm zuvor. „Ich… ähm… also ihr…“ Sie schien nicht richtig zu wissen, was sie sagen sollte und wäre die Situation nicht so prekär, hätte Michael sich dies sicherlich im Kalender angestrichen. Denn Lara wusste sonst (fast) immer etwas zu sagen und meistens dazu sogar noch mit einem Wortschatz, der sie recht gebildet wirken ließ. „Jaaaah“, begann Michael schließlich und zog das einsilbige Wort endlos lang. Nervös ließ er seine Zähne auf den metallenen Ring in seiner Lippen klacken und versenkte seine leicht schwitzigen Hände in seinen Hosentaschen. „Ich wusste nicht, dass du…“, sagte Lara und drehte ihre Hand im Gelenk, als wollte sie dadurch Zeit schinden, um die richtigen Worte zu finden. „…also… dass du auf Männer stehst…“ Anscheinend hatte sie beschlossen, Thomas zunächst außen vor zu lassen und mit einer neutralen Feststellung zu beginnen. „Nicht, dass es schlimm ist“, erklärte sie dann hektisch und ging einen Schritt auf ihn zu. „Ganz und gar nicht. Also ich… ähm… find es okay. Es ist nur… überraschend.“ Michael starrte sie für einen Moment perplex an, fühlte sich allerdings etwas erleichtert, nachdem er ihre Wörterflut in seinen leeren und gleichzeitig überfüllten Kopf bekommen hatte. „Äh ja… ja, gut. A-aber… ich bin nicht schwul, okay? Wenn überhaupt bi“, erzählte er ihr unnützerweise. Lara nickte langsam. „Schon klar, ich denke, das… ähm… Problem liegt auch eher… nun, die Tatsache, dass du mit einem Mann ausgehst, ist denkbar unkompliziert“, gab sie ihm ihr Verständnis – und da waren sie wieder: Diese Wörter (‚denkbar unkompliziert’), wo Michael erst einmal nachdenken musste, was sie nun genau von ihm wollte. „Patrick hätte da sicherlich kein Problem mit. Nur… ähm… dieser Rosner…“ „…ist nicht ganz das, was man von mir erwarten würde?“, führte Michael ihren Satz zu Ende und versuchte dabei absichtlich ein wenig ihren Stil zu treffen. Er hatte das Gefühl, sein Herz würde laut und pochend in seinem ganzen Körper schlagen. Das Gefühl legte sich auch nicht, als er sie schmunzeln sah. „Nein, nicht so wirklich. Um ehrlich zu sein, dachte ich gerade, ich würde halluzinieren!“, erklärte sie ihm und biss sich auf die vollen Lippen. Seufzend ließ Michael sich auf den Boden gleiten, lehnte sich an eine Hauswand. „So abwegig?“, fragte er sie aufschauend. Wie komisch ihre Beziehung war, wurde ihm mit einem Mal wieder bewusst. Ihm war regelrecht elendig zumute. „Na, wie würdest du gucken, wenn ich mit einem Naziweib rumknutschen würde.“ Michael verzog schlagartig das Gesicht. „Bah, nee, die sind doch alle hässlich!“ Lara lachte laut auf und setzte sich schließlich neben ihn, ließ ihr linkes Knie gegen sein rechtes stupsen. Langsam wanderten Michaels grüne Augen zu ihr, als er seine Arme auf seine angewinkelten Knie stützte. „Du wirst es keinem erzählen, oder?“ Leise und unsicher drangen diese Worte aus ihm. Lara schüttelte den Kopf, garantierte ihm so ihr Schweigen. Beruhigt lehnte Michael seinen Kopf gegen die Backsteine und schloss die Augen. Einige Momente saßen sie still einfach nur da, ehe Lara die Ruhe unterbrach. „Aber warum Rosner?“ Michaels Lippen verzogen sich zum ersten Mal, seit sie ihn ertappt hatte, zu einem Grinsen. „Das hab ich mich am Anfang auch gefragt!“, gab er zu und warf einen Stein an die gegenüber liegende Hauswand. „Er ist nicht so scheiße, wie du denkst.“ Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern und Michael war sich sicher, dass es etwas über Thomas’ Einstellung sein würde, doch sie schloss ihn wieder ohne ein Wort zu sagen und er war ihr dankbar dafür. Leicht umständlich angelte er nach der Einkaufstüte und versuchte sich dabei so wenig wie möglich zu bewegen. „Andererseits… warum Patrick?“, fragte er sie schließlich und hoffte, sie nun zu erwischen, doch er wurde enttäuscht. Natürlich wusste sie eine Antwort darauf. „Weil er ohne mich vollkommen hilflos wäre.“ Michael lachte und stand auf; klopfte sich instinktiv die Hose ab. „Du gehst also nur aus Mitleid mit ihm?“ Grinsend hielt er ihr seine Hand hin, welche sie auch nahm, sodass er sie hochzog. „Sicher, was dachtest du denn?“, verriet sie ihm schmunzelnd. Ein leises Kichern kam über ihre Lippen, ehe sie schlagartig still wurde und ihn ernst ansah. „Aber Michi…?“, begann sie vorsichtig und erlangte somit seine gänzliche Aufmerksamkeit. „Irgendwann… werden euch wahrscheinlich auch noch andere erwischen. Eine Beziehung kann man auf Dauer schlecht geheim halten.“ Michaels Stimmung verdüsterte sich wieder. Sowohl ihm als auch Thomas war bewusst, dass dies nicht ewig so klappen konnte und auch wenn er es verdrängte, bereitete es ihm manchmal Sorgen. „Ich weiß“, sagte er und seufzte leise. „Aber bis dahin will ich es einfach nur genießen.“ Er bekam ein Lächeln von ihr, das in gewisser Weise tröstend wirkte. Wortlos hakte sie sich bei ihm unter und sie gingen gemeinsam noch ein Stück, redeten schließlich wieder über belanglose Dinge wie Schule oder Musikbands. Als sich ihre Wege trennten, umarmte sie ihn zum Abschied, wie sie es immer tat, doch diesmal etwas länger. Er nahm an, sie hatte Mitleid mit ihm und er wusste nicht, ob er dies nett finden sollte oder nicht. Nachdenklich ging er langsam nach Hause, wo seine Mutter schon zerknirscht auf ihre Milch wartete. Schließlich hatte Michael sich dazu entschieden, noch bei Thomas vorbeizuschauen. Sein Freund würde sich sicherlich ebenfalls Gedanken über das Geschehene machen und Michael fand es nur allzu fair, wenn er ihm persönlich sagte, dass Lara kein Problem darstellen würde. Immerhin war sie eine Freundin von ihm. Den ersten Schock, erwischt zu werden, hatte er mittlerweile überwunden und so klingelte er mit einem positiven Gefühl an der Haustür der Familie Rosner. Es dauerte nicht lange, bis die Tür sich öffnete und Michael in das Gesicht von Thomas’ kleinem Bruder blicken konnte. Dieser ließ wie schon häufiger zunächst den Blick über Michaels Kleidung schweifen, ehe er mit einem breiten Grinsen zur Seite trat und ihm sagte, dass Thomas oben in seinem Zimmer sei. Wortlos, aber lächelnd schritt er schnell die Stufen der Treppe hoch und lief geradewegs auf Thomas’ Zimmer zu. Die Tür war leicht angelehnt, doch auch ohne den kleinen Spalt hätte man nur allzu deutlich die laute Musik verstehen können. „Durch Stahlgewitter schritt er, mit nordisch wilder Wut. Durch Stürme und Gewitter, er stolz das Heldenbanner trug. Unsterblich. Gefallener Kamerad. Unsterblich…“ Michaels Gesicht verzog sich leicht, auch wenn ihm bewusst war, dass es um einiges schlimmere Lieder dieser Richtung gab. Dennoch behielt er sich Lächeln, als er die Holztür schließlich zur Seite drückte und den Raum betrat. Er fand Thomas auf dem Bett liegend vor; das rechte Bein angewinkelt und sich nachdenklich mit Zeige- und Mittelfinger über die Lippen fahrend. Trotz der lauten Musik schien er Michael bemerkt zu haben; wahrscheinlich durch einen Blick aus den Augenwinkeln. Seine grauen Augen sahen Michael mit einem undefinierbaren Blick an und auf seinem Gesicht zeigte sich keine Regung. Wie selbstverständlich, denn er wusste, dass er es durfte, ging Michael zu der Musikanlage und schaltete diese aus, während der Sänger noch ein „Wo wir heut’ Blumen pflücken, geweiht die Erde durch dein Blut“ aus den Boxen schrie. „Hey“, sagte er in einem sanften Ton und schritt langsam auf das Bett zu, hatte schon vor, sich gleich neben den anderen zu legen, als Thomas sich jedoch erhob und an den Bettrand setzte. Sein Blick war durchdringend, als er in einem harten Ton fragte: „Was hat sie gesagt?“ Schlagartig fühlte Michael sich leicht getroffen und ein mulmiges Gefühl machte sich in ihm breit, auch wenn es keinen Grund dafür gab. „Nichts“, antwortete er und setzte sich dicht neben Thomas aufs Bett, erntete einen fragenden Blick von ihm. „Klar, sie war überrascht, aber es scheint okay zu sein.“ Thomas zog beide Augenbrauen hoch, Skepsis schwankte in seiner Stimme als er sprach. „Aha. Ich hoffe für sie, dass sie es nicht ausplaudert. Und für uns auch.“ Michael rollte leicht die Augen. Es war klar, dass Thomas sofort misstrauisch werden musste. Wahrscheinlich regte der Ältere sich innerlich schon wieder auf und bewahrte nur äußerlich eine ruhige Fassade. „Sie ist verlässlich, okay? Sie hat mir versprochen, dass sie es keinem sagen wird und Lara hält ihr Wort“, entgegnete Michael überzeugt mit fester Stimme und ließ ein leises Seufzen über seine Lippen rollen. „Zur Not schwör’ ich das auch auf das Grab meiner Mutter!“ Thomas sah ihn für einen Moment lang ernst an und versuchte anscheinend, diesen Blick beizubehalten, doch Michael bemerkte, wie die Mundwinkel des anderen schon leicht zuckten und die grauen Augen sich beruhigten. „Deine Mutter… ist doch noch gar nicht tot, Michi“, entgegnete er in einem gewohnt nüchternen Ton, doch das Grinsen, was er zu verbergen versuchte, kam immer mehr zum Vorschein. Michael erwiderte diese Geste. „Irgendwann sterben wir alle mal. Vielleicht fällt sie gerade ganz ungünstig beim Hacken und bricht sich das Genick am Gartenzaun.“ „Mit so was scherzt man nicht“, meinte Thomas, lachte aber. Schelmisch grinsend schubste Michael ihn an, sodass er beim Lachen den Halt verlor und auf die Matratze zurücksank. Langsam, wie ein sich anpirschendes Raubtier, krabbelte Michael über ihn und stützte sich mit den Armen rechts und links von Thomas’ Kopf ab. Dieser schien es trotz seiner verdrehten Haltung amüsant zu finden. „Geschmeidig wie eine Katze“, gluckste Thomas und biss sich auf Lippen, um nicht laut loslachen zu müssen. Michael wackelte belustigt mit den Augenbrauen, beugte sich dann aber vor, um sanft den kahl rasierten Kopf des anderen zu küssen. Die sonst so glatte Haut fühlte sich ein wenig rau und kratzig an seinen weichen Lippen an. „Hm, du bekommst Stoppeln“, stellte er nuschelnd fest; seine Lippen immer noch an der blassen Haut liegend. „Ja, ich hab vergessen, mich zu rasieren“, hörte er Thomas sagen und spürte diesen, wie er sich unter ihm regte, um sich in eine gemütlichere Lage zu bringen. Kurz erhob er sich etwas, um Thomas behilflich zu sein, ließ sich dann jedoch wieder soweit sinken, dass er den warmen Atem des Größeren an seinem Hals und seinem Kinn spürte. „Überall?“, fragte er neckend und sah, wie sich wieder ein Grinsen auf den bleichen Lippen ausbreitete. Er merkte, wie eine Hand seine nahm, sie unter Thomas’ T-Shirt zog und seine Hand auf der flachen, muskulösen Brust zu liegen kam. „Nein, da ist immer noch alles glatt und weich“, hauchte Thomas ihm entgegen. Michael erwiderte darauf nichts, senkte seinen Kopf nur ein wenig, um seine Lippen mit denen des anderen zu vereinen. Es war immer wieder atemberaubend, diese weichen, sinnlichen Lippen zu spüren, denen im Moment der süßliche Geschmack von Cola Cherry anhaftete. Er wusste nicht, wie lange ihr Kuss anhielt, doch er kam ihm ewig und zugleich viel zu kurz vor, als Thomas ihn sanft von sich löste. Sein Blick hatte wieder etwas Ernstes an sich, auch wenn es diesmal nicht so starr wirkte, wie bis vor wenigen Minuten. „Noch mal zurück zu Lara“, begann Thomas und Michael rutschte etwas runter, ließ seine Stirn seufzend auf Thomas’ Brust ruhen. „Du bist ein Stimmungskiller“, murmelte er gegen den dunklen Baumwollstoff. Thomas grinste ein wenig schief. „Ich weiß“, sagte er nur und hielt für einen Augenblick inne. „Nun komm schon, Michael, ich mein’s Ernst…“ Er drückte den Punk mit sanfter Gewalt von sich, sodass sie sich in die Augen sehen konnten und zog sich unter ihm hervor. „Wir müssen vorsichtiger sein“, setzte er erneut an, doch Michael unterbrach ihn. „Ah, noch vorsichtiger also?“ Der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören. Thomas wirkte davon leicht genervt. „Hör auf. Was hättest du denn gemacht, wenn es nicht dieses Punkmädel gewesen wäre, hm? Es hätte sonst wer uns in der Gasse sehen können!“ Michael verschränkte die Arme vor seine Brust. Es war ihm egal, ob er sich nun wie trotziges, kleines Kind benahm. Er fand, Thomas reagierte entschieden zu extrem und er hatte keine Lust, das jetzt mit diesem auszudiskutieren. Lara verstand und verschwieg es. Wo lag das Problem? Um all „die anderen“ konnte sie sich immer noch kümmern, wenn es soweit sein sollte. „Ja und? Dann hätten wir es denen auch erklären müssen. So einfach ist das“, antwortete er eigensinnig und spielte mit dem Piercing in seiner Lippe, wie häufig, wenn er nervös war. Thomas lachte ungläubig auf. „So einfach ist das?“, wiederholte er Michaels Worte und schüttelte den Kopf. „Was hättest du denn erklärt, wenn das einer meiner Kameraden gewesen wäre? Michael, du bist Punk und ein Kerl noch dazu. Ich habe keine Ahnung, was da schlimmer ist, aber sie würden Hackfleisch aus uns machen!“ Michael schnaubte leicht. Ja, er wusste, dass Nazis gegen Schwule waren. Ja, er wusste, dass sie Punks hassten. Aber was hieß das schon? Seine Freunde hassten Nazis auch. So war das eben. „Was ist mit Lehmann? Und den beiden anderen, mit denen du immer rumhängst?“, fragte er und schaute weiterhin uneinsichtig, aber nun auch etwas unsicher zu dem anderen. Thomas zuckte mit den Schultern. „Nils würde wahrscheinlich an einem Herzinfarkt krepieren, bevor er uns umbringen könnte“, meinte er und wäre die Situation nicht so morbid, hätte er lachen müssen. „Christoph und Markus wäre es wahrscheinlich scheißegal, auch wenn sie es pervers finden würden. Ach, denen ist immer alles scheißegal…“ Er schwieg kurz und schüttelte den Kopf. „Aber darum geht es doch gar nicht, Michael. Es geht doch nicht um die Drei, das würde ich gerade selbst noch hinkriegen. Was, wenn uns eins von Scherers Schoßhündchen erwischt? Schon mal dran gedacht?“ Michael schluckte leicht und zog seine Beine an. Er konnte nicht verhindern, sich unwohl zu fühlen und merkwürdiger Weise auch verstoßen. „Ja, ob du’s glaubst oder nicht, habe ich!“ Als ob ihm das alles hier gleichgültig wäre. Das war es ihm ganz bestimmt nicht, denn sonst hätte er dieser komplizierten Geschichte schon längst ein Ende gesetzt. Es war beleidigend und das machte ihn wütend. Als ob nur Thomas sich Gedanken machen würde; er selbst ließ es sich eben nur nicht anmerken. „Aber es geht dich nicht immer nur um deine Scheiß-Nazis!“, zischte er Thomas zu und versuchte gar nicht erst zu vertuschen, wie sehr ihn das Gespräch aufwühlte. Instinktiv stand er auf, sah auf Thomas herunter. „Soll ich jetzt einen Kreis von zwei Metern Abstand um dich einhalten, oder was? Das sind ja außer den Drei da nicht mal deine Freunde. Kameraden, ja, ich weiß. Ihr habt euch alle ja so lieb, solange ihr nach der Reihe tanzt. Ein echter Scheißladen seid ihr!“, regte er sich mehr auf, als er eigentlich wollte und sagte in diesem Moment all das, was er einem Nazi schon immer an den Kopf werfen wollte. „Wieso hörst du nicht mit der Scheiße auf, Thomas? Du bist viel zu gut für die.“ Seine Augen suchten den Blick des Größeren und erst jetzt bemerkte er, dass das Grau wieder kühler geworden war und Wut sich darin widerspiegelte. „Du hast mir nicht zu sagen, was ich zu tun oder zu lassen hab, Michael“, erwiderte Thomas nur kalt und Michael wusste, dass er sich wegen ihm zurückhielt, nicht gänzlich auszurasten. „Du wusstest von vorneherein, worauf du dich bei mir einlässt, also beschwer dich jetzt nicht!“ Michael schluckte schwer. „Ach, gib doch zu, dass das immer zwischen uns steht!“, fauchte er, innerlich immer noch brodelnd. „Klar wusste ich, dass Nazi und Punk… dass das… argh, … es wäre alles viel einfacher, wenn du kein Nazi wärst.“ Eigentlich hatte er das so nicht sagen wollen, doch es ihm rausgerutscht, bevor er hatte darüber nachdenken können. Thomas’ Gesicht verfinsterte sich. Es war genau erkennbar, wie sehr er sich zurückhielt, nicht zu schreien, denn seine Gesichtsmuskeln spannten unter seiner Haut. Sein Ausdruck wirkte dadurch wutverzerrt, als er sich zu Michael herunterbeugte. „Von rechts nach links oder von links nach rechts, das ist derselbe Weg“, erklärte er erschreckend ruhig und sachlich, doch wenn man genau hinhörte, konnte man den aggressiven Ton unterschwellig bemerken. Und auch wenn Thomas Recht hatte, sah Michael dies im Moment nicht. Seine Gedanken fokussierten sich nur auf dieses „von links nach rechts“ und genau diese Worte steigerten seine Wut ins Unermessliche. Er sollte ein Nazi werden? Intolerant, ausländerfeindlich, beschränkt – kurz um: einfach nur scheiße im Hirn? „Du tickst ja wohl nicht mehr ganz sauber!“, schnauzte er empört und zornig und entfernte sich einige Schritte von Thomas. „Ich habe nur die Wahrheit gesagt“, erwiderte Thomas in dem gleichen hitzigen Ton und schlug mit der Faust gegen seinen Schreibtisch. Das erschien ihm klüger, als sie auf Michaels Gesicht treffen zu lassen. Die grüngrauen Augen des Punks verengten sich zu Schlitzen. „Oh ja, du bist der Super-Nazi, Thomas“, keifte er. „Mit tollen Sprüchen rum werfen und draufhauen, das könnt ihr! 188, Thomas, schönes Nummernschild – Was ist dir denn lieber? 18 oder 88?“ Thomas’ Gesicht wirkte ausdruckslos. „Weder noch. Das steht für den 18.08., mein Geburtstag, du Arsch“, erklärte er und wirkte seltsam beleidigt. Michaels Augen weiteten sich etwas. Die Wut schwand und ließ ein dumpfes Gefühl über, welches er nicht richtig einordnen konnte. Sein Blick senkte sich, als seine Gedanken um das Gesagte rotierten. „Der… 18.? Aber…“, begann Michael und sein Gehirn schien zu rasen, „… das ist doch erst zehn Tage her…“ Enttäuschung machte sich in ihm breit. „Du hast es mir nicht gesagt“, stellt er ernüchtert fest und biss sich auf die Lippen. Unsicher hob sich sein Blick wieder und er sah, wie auch Thomas zur Ruhe kam. Das schlechte Gewissen war nur allzu deutlich in den grauen Augen zu erkennen. „Ich hab nicht dran gedacht. Meinen Geburtstag hab ich schon ewig nicht mehr wirklich gefeiert und es war nur mein 19.“, versuchte Thomas zu erklären. „Ich hätte es sagen sollen, ich weiß, aber ich war nur mit ein paar Kameraden und den Jungs einen trinken… ach scheiße.“ Michael nickte immer wieder, während Thomas sprach und wirkte leicht abwesend. „Ja, scheiße, genau“, murmelte er und sog tief Luft ein. Er wollte einfach nur noch weg hier und allein sein, denn dieser Streit und diese nachfolgende Enttäuschung machten die Anwesenheit des Größeren unerträglich. „Ich werd jetzt wohl besser gehen“, sagte er und schob seine Hände in die Taschen seiner bunten Hose. Thomas strich sich fahrig über seine Glatze. „Komm schon, Michi, wir sollten das klären.“ „Nein, lieber nicht. Also nicht jetzt. Ich will einfach nur nach Hause, okay?“ Thomas sagte kein Wort, nickte nur. Langsam wandte Michael sich von ihm ab und ging zur Tür. Irgendwo hoffte er, Thomas würde ihn aufhalten und an sich ziehen, doch gleichzeitig war ihm jede Berührung zuwider. „Soll ich dich bringen?“, fragte Thomas, wie Michael fand, unnötigerweise. Ein hohles Lachen kaum aus dem Mund des Punks. „Nein, nachher sieht uns noch jemand zusammen. Du weißt ja, das können wir nicht riskieren.“ Der Kommentar war bissig und Michael war sich dessen bewusst, bereute es auch schon gleich wieder, sagte jedoch nichts und öffnete die Zimmertür. „Ich ruf dich an, okay?“, hörte er Thomas noch hinter sich sagen. Ohne sich umzudrehen antwortete Michael ihm. „Okay, tu das.“ Keiner der beiden verlor noch ein Wort, als Michael aus dem Zimmer verschwand. Auf dem Flur traf er noch Benni, sah diesen aber nicht an, da er sich sicher war, dass man ihre Stimmen im ganzen Haus hatte hören können. Ein warmer Sommerregen begleitete ihn nach Hause, wirkte bei der warmen Luft kühlend, auch für seinen überhitzten Kopf. Dieser Nachmittag war schief gelaufen, wenn man es milde ausdrücken wollte. Aber wenigstens würde Thomas ihn anrufen. Also hatten sie es wohl nicht vergeigt. Seine Schwester hatte ihm mal gesagt, dass sie nach ihrem ersten Streit mit Martin die ganze Nacht geheult hatte. Vielleicht war es also normal, dass man sich nach einem ersten heftigen Streit so mies fühlte. Trotzdem wünschte Michael, das Gefühl würde vergehen. TBC An der Stelle möchte ich mich noch mal wieder für all die Kommis bedanken ^_^ Gratulation übrigens an blutkind, die als Einzige auf die Idee gekommen ist, dass Lara die beiden überrascht haben könnte ^^ Das Lied, was Thomas gerade hört, als Michael bei ihm vorbei kommt heißt "Unsterblich" von Einstufung. Das Lied wurde für einen Film über rechte Jugendliche produziert und die Band existiert nicht wirklich. Ich habe also bewusst keine "echtes" Nazi-Lied darein gesetzt, das war mir zu blöd, aber so was hören die ja doch gerne. Vom Stil her hat das Lied etwas von Rammstein, finde ich persönlich ^^" Sodele, Kapitel 20 ist auch in der Mache und ich hoffe, dass ich es noch irgendwann in meiner Urlaubszeit fertigbekomme und hochladen kann XD~ Über Kommis, Apfelbonbons und Ähnliches freu ich mich natürlich - wie immer - sehr! Grüßchens, Motte Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)