Der Untergang von Emeranea von CAMIR (Ein Augenzeugenbericht) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Disclaimer: Meiiiiins, meins, meins.... Alles meine Ideen, ich bin niemandem mehr Rechenschaft schuldig - und den Mythos um Emeranea habe ich mir ausgedacht. (Der Disclaimer bleibt nur aus meiner alten Zeit des Fanfictionschreibens übrig... Nostalgie *schnüff*...) Author's Note: Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist und bleibt ein Zufall... Selbst wenn ich durch selbige in irgendeiner Weise inspiriert worden sein sollte, was natürlich nicht der Fall ist, wo denkt ihr hin? "My wishes are paramount, aren't they?" *muahaha* (Ist ein Insider....) I wish, they were, I really do... Gewidmet ist sie: Meinen Eltern und dem Dorschmann Jan auch wenn es sie überhaupt nicht interessiert, dem sich pummelnden und unglaublich hilfreichen Alex (danke für deine vernichtenden Kritiken, das meine ich ernst...), Dennis (Eternal Darkness Buhuuuu!), dem Kathi (P'inz F'ido... *muhar* - danke für deinen tollen Entwurf von Arianne *knuffz*), Stefan und Nicole (und ja, du kriegst die Fortsetzung). Und nach wie vor meiner niemals endenden und unglaublich inspirierenden Winamp Playlist... (Ich sage nur: In the year 2525...und in diesem Fall auch Donovans: "Atlantis" - nein wirklich.) Ebenfalls gewidmet: einer verrückten Besitzerin eines Dalmatinermischlings , die es kilometerdick hinter den Ohren hat (schwarzer Spitzen-BH, "schwarze Messen"... *dreckig lach*) und die sich garantiert in dieser Geschichte nicht wiederfinden wird. (Der Name ist nur der Redaktion (und einer Reihe anderer Leute) bekannt, hyaaargh, hyaaaaargh, hyaaargh....) ------------------------------------------------------------------------------- Die Taverne ist schmutzig. Wenn ich schmutzig sage, dann meine ich auch genau das. Trotzdem hindert mich dieser Umstand nicht daran, auf meinem abgewetzten hölzernen Hocker sitzen zu bleiben, das Treiben zu beobachten und mir einen Krug Met nach dem anderen zu bestellen. Es ist draußen bereits dunkel geworden und die meisten Gäste sind schon gegangen, nur ein paar hartnäckige, so wie ich, sind geblieben. Die Öllampen, die an der Decke hängen, geben lediglich ein gedämpftes, flackerndes Licht ab, das den Raum so gut, wie überhaupt nicht ausleuchten kann. Wenn ich es mir recht überlege, ist das vielleicht auch ganz gut so, allerdings bin ich nach zwei Krügen Met nicht mehr ganz in der Verfassung überhaupt noch groß zu überlegen. Mein Kopf schwimmt. Hinter mir höre ich das laute Gegröle der anderen Gäste, die so wie ich erkannt haben, daß man Kummer und Sorgen zumindest temporär im Alkohol ersäufen kann. Trotzdem sitze ich alleine am Tisch. Ich weiß genau, daß man mir hier reserviert begegnet, aber solange ich für das, was ich mir bestelle, zahlen kann, läßt man mich in Frieden - auch wenn ich die Blicke der anderen Männer bisweilen auf mir spüren kann. Ich ignoriere sie vollends, schließlich ist der gefüllte Krug vor mir viel zu verlockend. Mit zitternden Händen ergreife ich ihn und setze ihn, einiges verschüttend an meinen Mund. Als das Getränk meine Kehle herunterrinnt, fühle ich mich sogleich besser. Die Leichtigkeit, die ich schon zuvor beim Trinken verspürt habe, setzt erneut ein und mit einem Mal fühle ich mich wieder glücklich. Nach einigen Sekunden verfliegt dieses Gefühl wieder, wie auch bereits zuvor, und statt dessen wird mir schwindlig. Ungeschickt setze ich das Gefäß ab und sinke in mich zusammen. Ich möchte weinen, fühle mich aber zu elend und kraftlos dazu und so verharre ich einfach in meiner momentanen Position, bis die Übelkeit und das Schwindelgefühl verfliegen, was allerdings nach meinem dritten Krug nicht mehr geschieht. Ich packe ihn erneut, verschütte dieses Mal trotz meiner zitternden Hände nichts mehr und trinke ihn mit einem Zug leer. Es tut einfach gut... Bevor er mir aus der Hand fällt setze ich ihn unsanft auf den Tisch auf und wische mir mit meinem rechten Arm den Mund ab. Noch einen! Ich möchte die Hand heben und einen weiteren Behälter Met bestellen, aber mein Arm und meine Stimme versagen mir den Dienst. Ich kenne dieses Gefühl bereits von den unzähligen anderen Abenden, die ich hier schon verbracht habe und lasse mich bereitwillig fallen. Tatsächlich, kurz darauf falle ich in tiefen Schlaf - aaaaaah süßes Vergessen... ...um nach einer mir unbekannten Zeitspanne wieder von dem geduldigen Wirt der Taverne wachgerüttelt zu werden. Es ist ein altbekanntes Ritual und jeder kennt seinen Part. Meine Lider sind schwer und es bereitet mir Mühe sie zu öffnen. Als es mir schließlich doch gelingt, werde ich von dem dunklen Licht der heruntergebrannten Öllampen geblendet. Ich habe Kopfweh und mir ist übel. Auch dieser Teil ist mir nicht ganz unbekannt, ist es doch jede Nacht das gleiche Spiel. "Es tut mir leid, dich wecken zu müssen, aber ich mach' den Laden jetzt dicht..." "Ist in Ordnung..." murmele ich, noch immer nicht ganz wach, und versuche mich aufzurichten. Er hilft mir auf die Füße und klopft mir auf die Schulter. "Nimm's nicht so schwer..." Hat der eine Ahnung! Ich entscheide mich dafür, ihn mit alledem nicht zu belasten und nickte daher nur. Dann ergreife ich mein Bündel und wanke aus der Taverne auf die Straße. Die kühle Nachtluft des kleinen Fischerdorfes ist sehr angenehm und hilft mir, meine Sinne wieder zusammenzubekommen. Anstatt zu meiner Herberge zurückzukehren, schlendere ich noch ein wenig durch die nächtlichen Gassen und sehe mir die dunklen Häuser an. All die Narren, die hier so friedlich schlafen haben keine oder nur wenig Ahnung, von dem was passiert ist. Ist vielleicht auch besser so... Nach einiger Zeit des Umherwanderns komme ich an den Marktplatz in dessen Mitte ein Springbrunnen mit kunstvoll gefertigten Steinstatuen steht. Ich verlangsame meinen Schritt, um mir den Brunnen näher anzusehen und bin beeindruckt. Steinerne Pferde stehen wild aufbäumend auf einem Gekränz von Blüten und Ornamenten. Um ehrlich zu sein hätte ich den hiesigen Künstlern nicht ganz so viel zugetraut - aber auf der anderen Seite könnte mir meine Wahrnehmung einen Streich spielen. Ich bin noch nicht ganz nüchtern. Erschöpft lasse ich mich auf den Brunnenrand sinken und tauche meine Hände in das kühle Naß, um dann durch mein Gesicht und meine Haare zu fahren. Das kalte Wasser tut gut und hat eine belebende Wirkung. Was für eine Ironie: ich versuche mein komplettes Leben in Alkohol zu betäuben und freue mich dann doch jedes Mal wieder, wenn meine Lebensgeister zurückkehren. Wie dem auch sei: die Nacht ist jung und ich verspüre keinen Drang, mein Zimmer aufzusuchen. Statt dessen bleibe ich sitzen und lasse meine Blicke über den leeren Platz schweifen. Ich bin mir sicher, daß hier an den Markttagen die Hölle los ist und an allen anderen Tagen scheint hier die ideale Versammlungsstätte für die Frauen und ihre Kinder zu sein. Wie schön, kein Teil davon zu sein! Darüber bin ich längst hinaus! Was gehen mich die Geschicke dieses Volkes an? Ich gebe zu, sie sind bereits recht fortgeschritten, aber was verloren ist, bleibt auf ewig verloren! Die Holzhütten, die diesen Ort umrahmen sind dunkel und wirken ein wenig unheimlich. Einzig das Mondlicht erhellt den Platz ein wenig. Ich kann schon nicht mehr erkennen, wohin die schmalen Gassen zwischen den Gebäuden führen. Ich fühle mich alleine, irgendwie isoliert, als wäre ich der einzige Mensch auf dieser Welt. In gewisser Weise trifft das ja auch zu. Ich spüre, wie mir die Männer aus dem Weg gehen, mich jedoch mustern, wenn sie denken ich würde es nicht registrieren und ich bemerke die kalte Reserviertheit der Frauen, die mit jemandem wie mir nicht viel anfangen können. Einzig die Kinder sind noch unbedarft, bis auf die Tatsache, daß sie feststellen müssen, daß ich anders bin, als ihre Mütter. Ich verziehe meinen Mund zu einem bitteren Lächeln. Natürlich! Natürlich bin ich anders als ihre Mütter, wahrscheinlich komplett anders, als jede Frau hier. Aber das ist eine andere Geschichte. Ich lege mich langsam auf den Brunnenrand und lasse meinen rechten Arm in das Wasser hängen, während ich die Sterne betrachte, die so weit entfernt ihr ewiges kaltes Licht erstrahlen lassen. Nein, die Sterne haben sich nicht geändert - aber das war es auch schon! Es gab eine Zeit, da hatte ich das Gefühl, diese hellen Punkte am Nachthimmel hätten mir etwas zu sagen, wenn ich nur genau hinhörte. Jeden Abend, wenn ich nicht gerade etwas anderes zu tun hatte, betrachtete ich sie, immer das Gefühl habend, noch etwas Neues zu entdecken. Sie waren und sind auch jetzt noch ein großes Mysterium und wahrscheinlich meine letzten Freunde. Wieder werde ich von dieser großen Traurigkeit gepackt, die ich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder überfallen hat. Sofort sehne ich mich in die Taverne zu meinem Krug Met zurück - meinem Seelentröster. Leider ist der gerade nicht zur Hand und so bleibt mir nichts anderes übrig, als mich meinen Problemen dieses Mal direkt zu stellen. Ein lauter Seufzer entweicht mir und ich atme noch einmal geräuschvoll aus. Ich bin am Leben, gesund und - man sollte es meinen - im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte. Trotzdem fühle ich mich nutzlos und fehl am Platz. Es gibt nirgends einen Ort, an den ich gehen kann und in der Masse untertauchen. Ich werde immer hervorstechen, aus dem einfachen Grund, daß ich mich weigere, mich der patriarchalischen Mentalität dieser Gesellschaft anzupassen. Ich kenne meine Kräfte und meine Fähigkeiten und es gibt nichts, aber auch rein gar nichts, was mich von einem der Männer hier unterscheidet - von meinem Körperbau einmal komplett abgesehen. Momentan ist meine Börse noch gut gefüllt mit Talern, aber Temeth weiß, wie lange das noch so bleibt. So lange ich Geld habe, werde ich wohl keine größeren Probleme bekommen, so lange werde ich akzeptiert, aber wenn ich erst einmal meine letzte Münze ausgegeben habe, dann wird es sehr düster aussehen. Ich widerstehe der Versuchung, mein Bündel zu greifen und mein Vermögen nachzuzählen. Die Nacht ist viel zu schön und klar um sich auch noch darum zu sorgen. Die Realität wird mich sicher schon wieder früh genug einholen, das hat sie immer getan. Ich lache bitter auf und beschließe dann, es gut sein zu lassen. Meine Zukunft ist nicht rosig, aber meine Gegenwart ist es. Ich ziehe meinen Arm aus dem kühlen Wasser und fahre mir damit über die Stirn, dann bleibe ich ganz ruhig liegen, genieße den Nachthimmel und dämmere vor mich hin... ....... Eine Hand packt mich brutal und holt mich aus meinen Träumereien. Bevor ich reagieren kann, werde ich mit dem Gesicht in das Brunnenbecken getaucht um kurz bevor ich glaube, ersticken zu müssen, wieder herausgezogen und zu Boden gestoßen zu werden. Keuchend und prustend schnappe ich nach Luft und gebe mir Mühe, so schnell wie möglich wieder aufzustehen. Aus dem Augenwinkel registriere ich, daß der Mond ein gutes Stück gewandert ist, der Morgen also nicht mehr allzu fern ist, aber das ist momentan meine geringste Sorge. Die bewaffneten, vermummten Gestalten vor mir, die stellen allerdings in der Tat ein Problem dar. "Was macht eine Frau wie du noch um diese Zeit auf den Straßen?" höre ich einen von ihnen mit unverhohlenem Hohn sagen. Er tritt einen Schritt auf mich zu und irgend etwas sagt mir, daß er es war, der mich ins Wasser getaucht hat. "Das soll unser Goldstück sein?" fragt einer der anderen darauf unsicher. Der erste nickt und geht einen Schritt auf mich zu, um mich zu packen und mir das Messer an die Kehle zu halten. Dies wäre sicher der Moment gewesen in Panik auszubrechen, ich bleibe jedoch aus irgendeinem Grunde seelenruhig. Es ist ja auch alltäglich in der Nacht von Räubern angefallen zu werden, noch dazu mitten in einem kleinen Dorf - vielleicht aber habe ich auch schon so mit mir abgeschlossen, daß mich ein Ereignis wie dieses hier nicht mehr beeindruckt. "Wir haben ja schon einiges von dir gehört..." erklärt mir derjenige, der mich bedroht. "Zum Beispiel, daß du verflucht sein sollst..." "...oder daß du komplett alleine bist. Zumindest wurdest du schon des öfteren einsam in der Taverne beobachtet...," ergänzt ein anderer. Ich nicke. Es ist zwar eine ziemlich dumme Geste, aber irgendwie möchte ich ihnen signalisieren, daß ich zuhöre. "Ich weiß nicht," wirft der Unsichere wieder ein. "Mir gefällt das Weibsstück nicht. Sie verhält sich nicht wie eine Frau und...," er mustert mich, "....besonders hübsch ist sie auch nicht." Na danke! Wenn das nur nicht mal einer zu dir sagt! "Laßt uns lieber eine gewöhnliche Prostituierte suchen und das hier ganz schnell vergessen. Vielleicht ist sie wirklich verflucht? Und ist es uns das wert?" Wenigstens ein Vernünftiger unter diesen Irren. Ich bin neugierig, was sie nun zu tun gedenken und verhalte mich deswegen vorerst noch still. Derjenige der mich bedroht, wohl der Anführer, scheint von dem Vorschlag seines Untergebenen nicht sehr begeistert zu sein und drückt das Messer ein wenig dichter an meine Kehle. Ich spüre, wie es die ersten Hautschichten durchdringt. "Glaubst du wirklich einen solchen Unfug?" knurrt er und sieht mir dann direkt in die Augen. Ich weiche seinem Blick keine Sekunde aus, was ihn anscheinend irritiert. Er wendet sich abrupt um, wobei er mich packt und an seinen Bauch preßt, das Messer nach wie vor an meiner Kehle. "Idiot! Sag mir, wann das letzte Mal eine solche Frau in der Stadt war? Sie hat nicht nur eine gut gefüllte Geldbörse sondern auch einen starken Willen und sie reist vollkommen alleine!" "Aber...." "Kein Aber! Sie ist eben eine Ausländerin. Behandele sie mit dem entsprechenden "Respekt"!" Er nimmt das Messer von meiner Kehle und stößt mich erneut zu Boden, direkt auf seine Kumpane zu. So absurd es klingt, aber ich muß grinsen. Ich senke den Kopf, damit sie es nicht bemerken, aber nichtsdestotrotz bin ich amüsiert. Es ist bei weitem nicht das erste Mal, daß ich in eine solche Situation gerate, aber dieses Mal habe ich ausnahmslos alle Fäden in der Hand. Einer der anderen Räuber ergreift mich und versucht mir die Kleider vom Leib zu reißen und ich muß gestehen, daß mein Humor auch Grenzen hat. Eine davon ist gerade eben erreicht worden. "Es genügt jetzt!" sage ich deshalb laut und sehr zu ihrer Überraschung. "Bitte laßt mich los und verschwindet, bevor es hier ungemütlich wird." Der Anführer grinst breit und tritt auf mich zu. "Hat die Dame vielleicht sonst noch irgendwelche Wünsche?" Er fährt mir mit der Hand über die Wange und streift leicht meine Haare. "Nein," entgegne ich, "nur diesen!" Wie ich mir gedacht habe, fängt er an zu lachen. Er glaubt mir nicht, aber das habe ich auch nicht erwartet. Zumindest habe ich sie gewarnt, doch wie es scheint, muß ich zu härteren Maßnahmen greifen, um einfach in Ruhe gelassen zu werden. Etwas, das ich eigentlich vermeiden wollte.... "Gut," ich fixiere ihn. "Du hast es so gewollt!" Dann schließe ich die Augen und murmele etwas in einer Sprache, die nicht mehr meine eigene ist. Augenblicklich werden sie von einem Windstoß erfaßt und einige Meter von mir fort gepustet und zu Boden geworfen. Nun ist es an mir, zu lachen. Ich beobachte, wie sie mich beim Aufstehen entsetzt anblicken. "Zauberei!" "Hexerei!" "Spuk!" "Sie ist verflucht!" Das sind die letzten Worte die ich vernehme, bevor sie voller Angst das Weite suchen. Zufrieden richte ich meine Kleidung zurecht und nehme mein Bündel wieder auf. Es ist Zeit nach Hause zu gehen, bevor noch großes Aufsehen um den Vorfall gemacht wird. Eigentlich möchte ich meine Kräfte ja geheim halten, aber es sollte sich auch niemand ungestraft mit Arianne Schwarzherz der ehemaligen Hohepriesterin von Emeranea anlegen... Zumindest diesen gemeinen Dieben war es eine Lehre, hoffe ich. Daß es auch mir eine sein würde, wußte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.... Ein lautes, energisches Hämmern an der Zimmertüre reißt mich aus dem Schlummer. "Aufmachen!" Irgendwie habe ich es letzte Nacht zurück in meine Herberge geschafft und mich ins Bett sinken lassen. Um so überraschter bin ich, daß es nun scheinbar jemanden gibt, der dringend mit mir sprechen will. Mürrisch drehe ich mich auf die andere Seite und brabbele etwas in meinen nicht vorhandenen Bart. Ich glaube, es soll so etwas Ähnliches, wie "Herein!" heißen, allerdings bin ich im Halbschlaf nicht wirklich zurechnungsfähig zu nennen. Das Hämmern wird lauter und von draußen kann ich ungeduldiges Murmeln vernehmen. "Aufmachen, habe ich gesagt!" Wahrscheinlich hat niemand mein Genuschel gehört. Unwillig stehe ich auf und ziehe mir schnell ein Hemd über meinen ansonsten leicht bekleideten Körper - eine Tatsache, die ich im Dämmerzustand einfach negiert habe - bevor ich die Tür öffne. Wahrscheinlich sind die draußen stehenden Soldaten der Stadtgarde mindestens genauso überrascht, mich zu sehen, wie umgekehrt. Ich widerstehe gerade noch der Versuchung, die Tür vor ihrer Nase wieder zuzuschlagen und atme statt dessen tief durch. "Ja?" sage ich. "Kann ich bei irgend etwas behilflich sein?" Ich versuche freundlich zu lächeln, aber ich glaube, es sieht aus, wie eine Grimasse. Auch gut... Derjenige, den ich anhand seiner Rangabzeichen als ihren Befehlshaber identifiziere, sieht mich durchdringend an und setzt dann einen skeptischen Gesichtsausdruck auf. "Hast du dich letzte Nacht auf dem Marktplatz herumgetrieben, Frau?" "Ich heiße Arianne," helfe ich ihm auf die Sprünge, dennoch habe ich das dumpfe Gefühl, daß ihn das nicht sehr interessiert. Schließlich nicke ich. "Ja, das habe ich. Obwohl ,herumgetrieben' nicht ganz der richtige Ausdruck dafür ist." Er wirft mir einen eisigen Blick zu, ignoriert meinen Einwand jedoch vollends. Dafür setzt er seine Fragerei fort: "Bist du dabei auf jemanden getroffen?" Ich zucke mit den Schultern. "Das kommt darauf an, wie man die Situation sieht. Wenn diese Kerle, die mich vergewaltigen wollten, als jemand zählen, dann wahrscheinlich schon, ansonsten wohl nicht." Er nickt knapp. "Ich verstehe..." Dann herrscht einen Augenblick Stille zwischen uns. Ich weiß nicht recht, wie ich reagieren soll - wenn ich das überhaupt tun sollte - und beschränke mich somit darauf sein Minenspiel zu beobachten, das auf konzentriertes Nachdenken hinweist. Schließlich klärt er mich auf: "Bist du, wie man uns mitteilte, Anwenderin von seltsamen Kräften?" Aha! Darum geht es also! Hat es einen Zweck zu lügen? Einen Moment lang überlege ich es mir ernsthaft, entscheide mich aber dagegen. Früher oder später holen mich meine Fähigkeiten ein, deshalb ist es wohl besser jetzt gleich reinen Tisch zu machen. "Das bin ich in der Tat. Jedoch möchte ich hinzufügen, meine Kräfte nur zur Selbstverteidigung eingesetzt zu haben. Ich war diejenige, die man angegriffen hat!" Kaum habe ich meinen Satz zu Ende gesprochen, weicht er ein Stück vor mir zurück, Ich kann Angst in seinen Augen erkennen und seufze so leise, daß man es nicht hören kann. Warum nur? Warum? Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß man, wie in jeder anderen Kultur in der Kräfte wie meine keine Selbstverständlichkeit sind, einem solchen Phänomen eher mißtrauisch gegenübersteht, trotzdem bin ich der Meinung, man sollte das Unbekannte nicht sofort verurteilen. Dennoch, ich bin unter anderem auf die Gastfreundschaft dieser Leute hingewiesen und kann es mir nicht leisten, sie zu erschrecken, weswegen ich demonstrativ die Arme vor der Brust verschränke. "Ich verstehe, daß diese Situation einigen Klärungsbedarf hat und daß Sie verständlicherweise um die Sicherheit des Dorfes und seiner Einwohner besorgt sind. Aber ich kann Ihnen versichern, es handelte sich um einen einmaligen Zwischenfall." Das Mißtrauen weicht nicht aus seinen Augen, aber irgendwie habe ich das auch nicht wirklich erwartet. Weder er noch ich scheinen so recht zu wissen, wie es nun weitergehen soll. Unter seinen angespannten Gesichtszügen sehe ich sein Pflichtbewußtsein gegen die Angst, die er vor mir empfindet, kämpfen. So ergreife ich erneut das Wort: "Die gesamte Geschichte ist ein wenig verworrener, als es auf den ersten Blick erscheint. Ich bin jedoch gerne bereit - wenn es zur Klärung dieser Angelegenheit beitragen kann - darüber Rechenschaft abzulegen." Er mustert mich, aber offensichtlich zieht er mein Angebot tatsächlich in Erwägung. Schließlich nickt er, sichtlich erleichtert. Bevor ich jedoch etwas erwidern kann, verdüstern sich seine Züge erneut. "Deine Kräfte?" fragt er schließlich streng. "Ich gebe mein Wort, ich werde sie auf keinen Umständen einsetzen..." beruhige ich ihn. Ich möchte wirklich keine Bedrohung darstellen, im Gegenteil. Mir liegt sehr viel daran, die Sache so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. "Einverstanden..." "Nur noch eine Kleinigkeit: Ich bitte darum, mir noch etwas Ordentliches anziehen zu dürfen, bevor Sie mich mitnehmen werden." Wie bereits erwähnt - mein Humor hat Grenzen und ich habe kein Interesse daran von der Stadtgarde halbnackt durch den Ort geschleift zu werden. Er nickt erneut knapp und läßt mich in Begleitung eines seiner Männer in mein Zimmer zurückkehren, wo ich mir eilig meine restlichen Kleider, oder besser gesagt, das was davon übrig ist, überziehe. Ich schnappe mir noch schnell mein Bündel, deute meiner unfreiwilligen Begleitung an, fertig zu sein und mache ich daran, mein Zimmer zu verlassen. Kaum bin ich aus der Tür getreten, winkt der Hauptmann einen seiner Untergebenen herbei, der mir Fesseln um die Handgelenke schnürt. Ich lasse es geduldig geschehen, wohl wissend, mein Wort gegeben zu haben. Wenn es diesen Männern ein gewisses Sicherheitsgefühl gibt, so soll es mir recht sein. Man führt mich ab.... .... Ich bin mir nicht ganz sicher, was ich von dieser Garnison halten soll, in die man mich gebracht hat. Sicher, sie ist die einzige des Dorfes und der Garde ganzer Stolz, aber nichtsdestotrotz wirkt das Gebäude ein wenig schäbig auf mich. Ich verdränge sofort die Erinnerung der Garnisonen aus meiner Heimat, um nicht wieder dieses stechende Gefühl des Heimwehs zu spüren. Man zwingt mich noch früh genug, mich zu erinnern. Es muß nicht früher, als notwendig sein, soviel ist sicher... Der Raum des Kommandanten, in den man mich gebracht hat, ist düster und aufgrund der dicken Steinmauern ebenso kühl. Durch ein kleines Fenster recht nah an der Decke, fällt ein wenig Tageslicht herein und malt sich in einem Muster auf dem Boden ab. Die restliche Beleuchtung stammt von an der Wand hängenden Fackeln, die beim Verbrennen ein knisterndes Geräusch von sich geben. Der beißende Geruch von Ruß steht mir schon die gesamte Zeit in der Nase. Ich frage mich ernsthaft, wie man in einer solchen Atmosphäre richtig arbeiten kann, aber möglicherweise ist das alles einfach eine Frage der Gewöhnung... Außer einem massiven hölzernen Tisch, der mich von dem argwöhnisch blickenden Kommandanten trennt, gibt es hier noch zwei robuste, ebenfalls hölzerne Stühle, auf denen wir sitzen und an der Wand hängende Waffen. Ansonsten ist der Raum nicht möbliert. Ich atme einmal tief ein, gespannt, was nun als nächstes passieren würde. Man hat mich alleine mit dem Kommandanten gelassen, der wohl darauf wartet, daß ich ihm meine Geschichte erzählen werde. Wenn ich mir diesen feisten Mann ansehe, bin ich mir jedoch nicht mehr allzu sicher, ob das eine so gute Idee ist, vermutlich bleibt mir jetzt aber keine andere Wahl mehr.... Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück und sieht mich durchdringend an. Und dann fange ich an, zu berichten.... Von daheim.... von früher.... von meiner Heimat.... von Emeranea. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)