Prisoner of the Mummytomb 2 von Phoebe_maus (kommt noch) ================================================================================ Kapitel 6: Das Portal --------------------- Thea starrte die Katze noch immer an, unfähig sich zu bewegen. Diese rührte sich ebenfalls nicht vom Fleck. Ihr Schwanz jedoch zuckte hin und her, als erwarte sie Einlass. Das aber war zu viel des Guten. Ihre Mom hätte sie getreten, da sie allergisch auf Katzenhaare reagierte. Was wollte die Katze eigentlich von ihr? Hatte sie Hunger? Plötzlich schoss ihr ein längst verdrängter Gedanke ins Gedächtnis. Dieser führte sie Jahre zurück. Vor ihrer damaligen Ägypten-Reise. In einer besonders stürmischen Nacht, als sie nicht einschlafen konnte und eine Katze gegen ihr Fenster geknallt war ... Aus irgendeinem Grund hatte die Katze auf ihrer Türpforte, die gerade anfing seelenruhig ihr Fell abzuschlecken, unheimliche Ähnlichkeit mit der damals. Unsinn! Thea schüttelte sich, um diesen absurden Gedanken zu verdrängen. Leider war da noch etwas anderes. Etwas, weit weg von ihrem Bewusstsein, was sie nicht fassen konnte. Doch dieses seltsame Gefühl, was sie in Gegenwart dieser Katze überkam, war real. Dasselbe Gefühl wie damals. Es löste wieder dieses Kribbeln unter ihrer Haut aus, als flöße ihr Blut schneller als sonst. Einer Gänsehaut gleich, überzog es ihren Körper und brachte sie zum Frösteln. Doch es war ihr keineswegs unangenehm. Es wurde sogar von einer warmen Welle getragen. Trotzdem war dieses Gefühl sehr eigenartig. Das Tier setzte sich plötzlich in Bewegung und ging auf sie zu. Thea fuhr aus ihren Gedanken und versuchte die Katze, mit ihrem Bein, sanft wieder aus der Tür zu drängen. Leider war diese flinker und huschte um ihre Beine herum. Schon war sie die Treppen hoch gerannt und um die Ecke verschwunden. Thea, der Panik nahe, schmiss die Haustür zu und hastete dem Tier nach. Oben angekommen empfing das kleine schwarze Ding, Thea mit ruhig zuckendem Schwanz. Sie kam neben ihr laut atmend zum Stehen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. „Du – bist – mir ja – eine“, schnaufte Thea und holte tief Luft. Vielleicht war es keine so gute Idee, sie hineinzubitten, doch in dem Moment wünschte sie sich nichts sehnlicheres. Thea schloss die hölzerne Wohnungstür auf und trat ein. Die Katze folgte ihr ohne Aufforderung und lief zielsicher den Flur entlang. Sprang die Stufen zum nächsten Stock hoch und blieb vor Theas Zimmer sitzen. Thea folgte ihr und sah sie stirnrunzelnd an. Schon etwas merkwürdig, dass das Tier den genauen Weg zu ihrem Zimmer kannte. Als ob sie Gedankenlesen könnte. Ein winziger Impuls ließ Thea daraufhin zusammenzucken. Dieser Gedanke des gedankenlesenden Kätzchens kam ihr auf einmal gar nicht mehr so absurd vor. Hastig schüttelte sie sich und versuchte an etwas normales zu denken. Warum dachte sie so etwas dummes? Tiere, die Gedanken lasen. Unsinn! Die schwarze Katze saß noch immer vor der Tür und musterte das Mädchen neugierig. Nun stand sie auf und rieb ihren Körper an dem Holz der Tür. Das war die Aufforderung, doch endlich diese zu öffnen. Thea setzte sich fast überhastet in Bewegung und fand sich Sekunden später auf ihrem Bett sitzend wieder. Das Tier wuselte in ihrem Zimmer umher, als hätte es noch nie einen Kleiderschrank, einen Schreibtisch mit PC oder so etwas wie ein Bett gesehen. Oder es roch in allen Ecken anders. Tiere empfanden das ja anders, als wir Menschen. Hieß das, in ihrem Zimmer stank es? So, wie die Katze herum schnüffelte, hätte es fast den Anschein erwecken können. Der Tag wendete sich langsam den Ende, draußen war es schon viel drüber geworden. Wolken hatten die Sonne verdunkelt, außerdem lag viel Feuchtigkeit in der Luft, was ein Unwetter ankündigte. Thea schaute aus ihrem einzigsten Fenster, hinaus zu ihrem Baum, der bei Sturm oft gegen ihr Fenster klopfte. Wieder dieser Gedanke. Und das Gefühl. Fast so, als läge dort etwas in ihrem Kopf, an das sie sich nicht mehr erinnern konnte. Man wusste, das da noch was war, dieses Gefühl verkündete, dass man etwas vergessen hatte. Doch was? Es war zum Verrückt werden. Ihr ganzen Leben war sie normal gewesen, doch seit sie diese vermaledeite Reise ins Land des Nils gemacht hatte, schien nichts mehr so zu sein, wie sie es gewohnt war. Dinge geschahen. Seltsame Dinge, die sie sich nicht erklären konnte. Sachen gingen zu Bruch. Vorahnungen. Nicht, dass sie vorher keine gehabt hatte, doch sie wurden bisher immer wahr. Vorahnungen, die sich erfüllten. Nicht nur dieses Gefühl, seit neusten waren da auch Träume, die ihr etwas mitteilen wollten. Doch was? Während sie sich noch das Gehirn zermarterte, hüpfte die Katze, die Thea schon vergessen hatte, auf ihr Bett und näherte sich ihrem Schoß, dessen Beine sich im Schneidersitz befanden. Das Mädchen sah überrascht auf und hob schon eine Hand, um der Katze übers Fell zu streicheln. Doch sie stockte. Auf der Brust war eine senkrechte weiße längliche Form, die sich bis zur Schnauze, um die Augen zu einem Kreis formte. Um den Hals ging eine waagerechte längliche Form, die mit dem Rest Weiß verschmolz. Sehr vage angedeutet, doch es hatte fast die Form eines ... Von unten kam ein leises Knallen. Die Wohnungstür war geschlossen worden. Thea sah auf und zur geöffneten Tür. Ihre Mutter! Die Katze horchte, indem sie ihre Ohren hin und her gleiten ließ, und sprang plötzlich vom Bett in Richtung Tür. Thea beobachtete die Aktion total entgeistert und sprang verzögert vom Bett. Rannte auf die Tür zu und knallte sie kurz nach dem Tier in den Rahmen. Verdammt! Sie hörte die Stimme ihrer Mom durch das Holz, sie rief nach ihr. Unsicher öffnete sie die Tür wieder und ging langsam nach unten. Gleich gab es Ärger, das war vorprogrammiert. Mit gesenktem Kopf betrat Thea die Küche und wagte es nicht, ihre Mom anzusehen. „Wie war dein Tag?“, fragte Mrs. Reymond und packte dabei die vollgestopften Tüten aus, die auf dem Küchentisch standen. Thea trat näher und half ihr dabei. Gleichzeitig schaute sie sich um, auf der Suche nach etwas Schwarzem. „Hm, könnt besser sein“, antwortete Thea, während sie die zwei Packungen Milch in den Kühlschrank verfrachtete. „Das hört sich nicht so begeistert an, war was los -?“ Mrs. Reymond hielt inne. Thea erstarrte, als sie die schwarze Katze erblickte, im direkten Kurs auf die Beine ihrer Mom, die mit dem Rücken zu ihr stand. Diese nieste just in diesem Moment in ihre Hand. Noch einmal. Ein drittes mal. „Taschentuch!“, nuschelte sie und hielt Thea ihre auffordernde Hand entgegen. Schnell hastete Thea zur Handtasche ihrer Mutter und zog ein Kleenix heraus, um es weiter zu reichen. Mrs. Reymond schnappte es sich dankend und nieste ein viertes mal, diesmal ins Taschentuch. Die Katze war indes stehen geblieben und schaute zu der großen Frau empor, als sehe sie etwas interessantes. Dann machte sie kehrt und lief wieder in den Flur zurück. Das war vielleicht auch Thea zu verdanken, die hinter dem Rücken ihrer Mutter, heftig gestikuliert hatte. „Was machst du da?“ Thea fuhr erschrocken herum. „Nichts.“ Nichts konnte man das zwar nicht nennen, doch eigentlich hätte ihrer Mutter ein Licht aufgehen müssen. Selbst nach dieser Niesattacke. Doch, sei es wegen dem vielem Stress, den sie auf Arbeit ausgesetzt war, oder der Müdigkeit, sie ließ sich nichts anmerken. Es war absurd zu glauben, dass ihre eigene Tochter etwas mit ins Haus schleppte, worauf sie allergisch reagierte. Sei es ein Junge, dessen Gattung Mensch im Leben des Kindes eh Mangelware war, oder ein Tier. Ersteres wünschte sie ihrer Tochter zwar, denn jeder sollte mal glücklich sein, andererseits war Thea in einem Alter, wo man diverse Bedürfnisse verspürte. Sich dies vorzustellen, war für eine Mutter nicht leicht. Selbst ihr Vater sprach ungern darüber. Aufgeklärt war sie, keine Frage, aber es sollte bitte noch ein paar Jährchen dauern. Lieber später als früher. Mrs. Reymond packte gerade die letzte Joghurtpackung in den Kühlschrank und sah sich wieder nach ihrer Tochter um, die sich sehr merkwürdig benahm. „Was suchst du denn eigentlich?“, fragte sie und strich sich eine dunkelbraune Strähne ihres langen Haares aus dem Gesicht. Thea fuhr wieder herum. Sie stand in der Öffnung zum Flur und hatte bis eben verstohlen um die Ecke gespäht. Jetzt sah sie ihre Mutter unschuldig an. „Nichts, ich überleg nur, was ich noch machen könnt“, antwortete sie schnell. „Du kannst mir ja beim Abendessen helfen.“ Schon bereute Thea, überhaupt etwas gesagt zu haben. Kochen war nun wirklich nicht ihre Stärke. „Da fällt mir ein, ich wollt mich noch mit Holly treffen, wegen morgen.“ Typisch Thea, doch ihre Mutter war nicht überrascht, schließlich kannte sie sie lange genug. „Komm aber nicht zu spät, um sieben gibt’s Essen“, ermahnte sie. „Ok“, murmelte Thea und verschwand aus der Küche. Ihr Weg führte sie jedoch ins Wohnzimmer, in die sie das Tier hatte verschwinden sehen. Es war nicht sonderlich groß, da bräuchte sie sicher nicht lange suchen. Ihr Blick fiel auf das kleine Sofa, dort lag sie ausgestreckt und mit geschlossenen Augen auf dem Polster. Als Thea näher kam, sah die Katze auf und miaute zur Begrüßung. „Wolltest du nicht gehen –?“ Thea erschrak, als ihre Mom ins Zimmer platzte und diese Worte regelrecht heraus nieste. Die Katze sprang wieder vom Sofa und verschwand unter den runden Holztisch. „Mein Gott, war hier ne Katze, oder was?“, schniefte Mrs. Reymond in ihr Taschentuch. Thea bibberte in ihrem Inneren und hoffte inständig, dass ihr Gesichtsausdruck nicht zu geschockt aussah. „Nein, wie kommst du darauf?“, erwiderte sie und packte geistesabwesend eine Zeitschrift vom Haufen auf dem Tisch. „Die wollt ich Holly mitbringen.“ Mrs. Reymond trat näher und runzelte die Stirn. „Seit wann interessiert sie sich für das Altertum?“ Theas Blick fiel auf das Cover, auf dem mit großer Schrift ‚Das Mittelalter’ zu lesen war. In Gedanken schall sie sich für diese Dummheit. Nie im Leben würde sie ihr abnehmen, dass ihre Freundin plötzlich konvertiert war. Holly war ein Mensch, nun ja, sie hielt viel vom Äußeren. Ihrem Äußeren. Sie las viel, logisch, doch mit Sicherheit nie solche Sachen, wie es Thea gerne tat. Holly war mehr der Typ Mensch, der sich sein Wissen aus dem Fernseher holte. Lesen, in dem Sinne, war ihr zu anstrengend. Bücher, Romane, kein Problem, aber Wissenschaft in geschriebener Form, ein Einschlafmittel. Thea überlegte hastig, dann fiel es ihr ein. „Da ist ein Bericht über das alte Ägypten drin. Sie meinte, dass sie nicht ins kalte Wasser springen wollte. Etwas Insiderwissen, du verstehst?“ Natürlich war das gelogen. Sie hoffte jedoch inständig, dass sie ihr das abkaufen würde. „Na, dann fängt sie ja einen Tag vor der Abreise, recht früh an“, sagte Mrs. Reymond nur und zuckte mit den Schultern. Thea atmete auf, obgleich sie den Blick nicht von der Türecke abwenden konnte, an welcher das Tier sich gerade nieder gelassen hatte und sich putzte. Dabei sah sie Thea fast zustimmend an. „Was wollt ihr denn noch machen, schließlich geht es doch morgen recht früh los?“, wollte sie wissen und drehte sich schon zum Gehen um. Ein plötzlicher Schrei ließ sie aber in ihrem Vorhaben zusammen zucken. Hastig drehte sie sich zu ihrer Tochter um und musterte sie empört, dann nieste sie erneut. Thea wusste nicht, was sie sagen sollte. Gerade noch hatte sie einen Schrei vorgetäuscht, nur, damit sich ihre Mutter nicht umdrehte und die Katze bemerkte. Schnell, aber bedacht, deutete sie neben sich an die Wand, vor dem das Sofa stand. „Was ist da?“, fragte Mrs. Reymond leicht genervt. „Eine Spinne. Ja, was für ein fettes Ding, bitte mach sie weg!“, flehte Thea, in gespielter Aufregung. Das konnte sie gut, jahrelang erlernt bei ihrer besten Freundin. Mrs. Reymond verdrehte theatralisch die Augen und sah sich die Wand und die Region hinter dem Sofa genauer an. „Du mit deiner Spinnen-Phobie.“ Thea nickte noch zustimmend, dann sauste sie schon leise durchs Zimmer, packte die regungslos dasitzende Katze, und rannte zur Tür. Schnell schob sie das Tier hinaus und schloss hastig die Tür, als ihre Mutter um die Ecke kam. „Da war nichts, hast dich sicher verguckt“, sagte sie und putzte sich noch einmal kräftig die Nase. „Wieso atmest du so schnell?“ Thea verschluckte sich fast an ihrem Speichel und suchte nach einer passenden Antwort, doch ihr fiel absolut nichts ein. Ihre Mutter war jedoch schon in der Küche verschwunden, ohne auf ihre Antwort zu warten. Erleichtert atmete Thea auf und zog sich mit klopfenden Herzen ihre Schuhe an, darauf nahm sie die dünne, braune Regenjacke vom Bügel und öffnete wieder die Tür. Vorsichtig spähte sie hindurch, stellte ich Bein dazwischen, für den Fall, das jemand eindringen wollte. Keine Katze. Sicher wartete sie unten vor der Tür. „Bis später“, rief sie und schloss die Tür hinter sich. Dass sie die Zeitschrift vergessen hatte, fiel ihr nicht mal auf. Auf dem Weg nach unten hörte sie die Haustür zuschlagen, es war später Nachmittag, sicher war das ihr Vater. Oh nein, hoffentlich hatte er die Katze nicht gesehen. „Hallo, mein Schatz“, rief er von der nächsten Treppe. Es war wirklich ihr Vater. Kurzes braunes Haar und die unverkennbare Brille. „Willst du noch weg?“ Blöde Frage, natürlich wollte sie noch weg, warum sonst ging sie hinunter. „Ja, zu Holly“, sagte sie zaghaft, in der Hoffnung, nichts von einer Katze zu erfahren, die ihm entgegen gekommen war. „Dann viel Spaß.“ Draußen angekommen sah sie sich verstohlen um. Der Busch und Baum waren wie immer. Mussten mal wieder gestutzt werden, doch kein schwarzes Loch war zu erkennen. Keine Katze. War sie vielleicht noch drinnen? Nein, sie war extra noch zu den Kellertüren gelaufen. Da war nichts. Sicher hatte sie jemand rausgelassen. Ist zwischen den Beinen nach draußen geschlüpft. Einige Varianten gingen ihr durch den Kopf, während sie die paar Straßen weiter zu Holly lief. Eigentlich war der Besuch nicht angekündigt, aber das hielt Holly nicht mal davon ab, öfters unangemeldet bei ihr aufzutauchen. Von der Katze blieb keine Spur und fiel kein Wort. Es war soweit. Holly und ihre Familie hatten Thea früh am Morgen abgeholt. Schon seit Stunden saßen sie im Flugzeug nach Kairo. Alles wäre super gelaufen, wenn nicht Hollys Bruder, Jake, auch mit von der Partie gewesen wäre. Seit einer geschlagenen Stunde hatte er Thea in ein übel langweiliges Thema verwickelt: Fußball. Sah sie so aus, als würde sie sich auch nur ein Fünkchen dafür interessieren? Fehlanzeige! Doch er war so hartnäckig und unangenehm aufdringlich, dass sie seit einer halben Stunde schon nur einsilbige Antworten, auf seine Einwürfe über die Auswahl seiner Lieblingsspieler, von sich gab. Holly hatte es bereits aufgegeben, ihm den Mund zu stopfen, es half eh nichts. Niemand konnte den Wasserfall des Jungen stoppen, wenn er erst mal angefangen hatte. Es dauerte nicht mehr lange, dass zeigte der Bildschirm weiter vorne über den Sitzen, auf dem die Flugroute angezeigt wurde. Ein kleines Flugzeug folgte einer gezeichneten Linie. Bald waren sie da. Diese Gewissheit ließ Theas Herz höher springen. Ein anderer Teil in ihr hatte ein wenig Unbehaben. Sie hatte einfach ein seltsames Gefühl im Bauch, vielleicht Neugierde, vielleicht Angst. Neugierde auf das, was sie dort, ein paar tausend Meter unter ihr, erwartete. Als sie mit dem Taxi durch die Straßen fuhren, sah Thea alles wie in Trance. Sie erinnerte sich an die Straßen und an das große Museum, an dem sie gerade vorbei fuhren. Verunsichert holte sie ihr Amulett aus ihrem Pulli und hielt es fest umklammert. Als würde ihr so ein Gegenstand auch beistehen oder helfen können, dachte Thea spöttisch. Aber etwas gab ihr wirklich Kraft, sie wusste nicht was, aber sie fühlte sich schon besser und betrachtete weiter mit der staunenden Holly Kairo aus dem Wagenfenster. Holly regte sich ständig auf, wie heiß es doch hier sei. In Kalifornien war es auch heiß! Im Hotel angekommen ging es ans auspacken und später runter in den riesigen Salon zum Abendbrot. Holly staunte über die Vielzahl an Gerichten und leckeren Nachspeisen und schlang alles mögliche in sich hinein, ohne, wie sonst auch, auf ihre Figur zu achten. Nach identisch verlaufenden Tagen am hoteleigenen Strand, beschlossen Thea und Holly, dem Trist ein Ende zu setzen. Museumstag. Natürlich wollte Holly, wenn sie einmal in Ägypten war, eine Führung von Thea, durch ihre geliebte Archäologie und Mythologie. Das ließ sie sich natürlich nicht zwei mal sagen. Leider aber schloss sich Jake mit an, was Holly nicht gerade passte. Thea hingegen vermutete, dass der Ausflug alles werden konnte, nur nicht langweilig. Die Stufen zum Gebäude ging sie jedoch mit Bedacht und sehr langsam, als fürchtete sie, gleich tot umzufallen. Holly war schon durch das Portal, als Thea erst drei Stufen hinter sich hatte. Durch den Türspalt erschien Hollys Kopf. „Kommst du, oder willst du Wurzeln schlagen?“, fragte sie und sah ihre beste Freundin auffordernd an. Kaum etwas hatte sich verändert. Sie kamen in eine große Eingangshalle und konnten in das nächste Stockwerk schauen, was von Geländern abgegrenzt war. Die Führung begann. Die Mumien kamen zum Schluss, da sich Holly besonders davor gegruselt hatte. Trotzdem war sie wie gebannt, da man solches nicht alle Tage zu Gesicht bekam. Jake war in der Zwischenzeit irgendwo zwischen den Sarkophagen und den Statuen verschwunden, was aber keinem besonders auffiel. Als sich Thea an einer besonders schön gefertigten Vase festgeguckt hatte, bemerkte sie, dass auch Holly nicht mehr neben ihr war. Verwundert sah sie sich in der Menschenmenge um. Keine Holly, kein Jake. Nun gut, dann musste sie sich eben allein umschauen. Langweilig würde es auf keinen Fall werden. Sie betrat nach einer Weile einen Teil des Museums, der etwas abgeschirmt von all den anderen Ausstellungsobjekten war. Es handelte sich um einen kleinen Teil Kunstschätze, deren früherer Besitzer nicht bekannt war. Zumindest stand dies auf dem Banner über dem Türeingang, der von zwei mit ägyptischen Hieroglyphen gestalteten Steinsäulen flankiert wurde. Das absolute altertümliche Flair verbreiteten die brennenden Fackeln, umringt von Glas, im Eingang und in dem Raum, was dem ganzen einen Hauch von Erfurcht und Mystischem Tatsch verlieh. Der Raum war nicht besonders groß, aber zog sich in die Länge, wo er am anderen Ende in einem weiteren Ausgang mündete, der zurück in den Raum führte, aus dem Thea gerade kam. Beide Seiten der Wände waren bemalt mit altägyptischen Hieroglyphen und schienen eine Geschichte zu erzählen, die Thea seltsam bekannt vor kam. Auf der linken Seite des Raums lagen und standen in Glasvitrinen diverse Schmuckstücke, reich verzierte Krüge, Kanoben mit den Tierköpfen der alten Götter, Amulette und vieles mehr. Thea wusste, dass sie schon einmal hier gewesen war, auch wenn sich der Ort etwas verändert hatte. „Wow, ist ja stark“, hörte sie eine helle Stimme hinter sich. „Hetz mich nich so!“, ertönte auch eine weitere, aber deutlich tiefere Stimme. Thea drehte sich automatisch um und sah ein kleines rothaariges Mädchen um ein größeres Braunhaariges hüpfen. „Lass den Quatsch, Gin!“, zischte das Größere. Doch das kleine Mädchen, was höchstens elf Jahre war, hörte nicht wirklich, ließ zwar das größere Mädchen stehen, hüpfte aber weiter durch den Raum. Gerade sprang sie an Thea vorbei und rief „Hi!“, während sie sich wie auf einem Trampolin springend weiter durch den Raum bewegte. „Hallo“, sagte Thea verduzt. „Mach bloß nix kaputt!“, rief ihr das andere Mädchen hinterher. Keine Antwort. „Dummes, kleines, Miststück“, murmelte sie verärgert, während sie gemächlich weiter ging. Thea hatte es gehört und schmunzelte. Das Mädchen blieb stehen und sah Thea stirnrunzelnd an. „Hast´n Problem?“, fragte das Mädchen mit bösem Blick aus ihren schwarz umrahmten dunklen braunen Augen. Thea sah sie verdutzt an, nicht wirklich wissend, etwas darauf zu antworten. „Dann ist´s ja gut.“ Etwas überheblich zog sie von dannen. Thea stand wie angewurzelt da und konnte es nicht fassen. Was war denn mit der?, dachte Thea überrascht, doch gleichzeitig verärgert. Noch ein wenig über die Situation eben nachdenkend, lief sie weiter und betrachtete die verschiedenen Schmuckstücke. „Hey, da bist du ja“, hörte sie Hollys Stimme, die eilig auf sie zukam. „Ist das nicht toll hier?“ Sie packte Thea beim vorbeigehen freundschaftlich an den Schultern. „Ich hätte nie gedacht, dass Archäologie hautnah so aufregend sein kann.“ Mit diesen Worten verschwand sie den Raum entlang. Thea lächelte und ging langsam weiter. Ihr Blick fiel auf einen Spiegel aus Gold. Er war ebenfalls von Glas umhüllt. Holly war bereits weiter gelaufen, doch Thea blieb plötzlich stehen. Etwas ging von diesem Spiegel aus. Eine magische Anziehung. Langsam ging sie darauf zu. Sein Rahmen bestand zum größten Teil aus Gold und war reich verziert mit Hieroglyphen und Bannsprüchen und endete oberhalb in einer Rundung. Dieser Spiegel musste einer hohen Person gehört haben, vielleicht sogar einer Königin, dachte selbst Thea bei sich. Sie sah auf das Kärtchen, was auf der Glastür klebte. Es war tatsächlich der Spiegel einer königlichen Person gewesen. Leider wusste man nicht, wer es gewesen sein konnte, da man jüngst diesen Spiegel und andere Kostbarkeiten, in einer unbekannten Pyramide fand. Diese soll die Grabstätte einer ebenfalls unbekannten Prinzessin gewesen sein. Dies ist also dein Vermächtnis, dachte Thea und brachte das ganze irgendwie nmit ihren Träumen in Verbindung. „Was soll ich bloß tun?“, flüsterte sie zu sich selbst. Was ist damals wirklich passiert? Wieso habe ich diese Visionen? Wieso ich? Ich bin doch nur Thea, dachte sie etwas verbittert und faltete ihre rechte Hand zu einer Faust, deren Arm nun angespannt neben ihrem Oberschenkel hing. Der Spiegel war fast blind, da er schon über 5000 Jahre alt war, doch Thea fand noch ein paar Stellen, wo sie sich spiegelte. Verträumt sah sie sich selbst ihr langes gewelltes dunkelbraunes Haar richten. Plötzlich fuhr sie erschrocken zurück, denn im Spiegel kämmte sich nun ein Mädchen, dessen Gesicht von einem hellen Schleier verhängt war, ihr langes dunkles Haar mit einem orientalischen Kamm. Die Sichtweise des Spiegels veränderte sich von einer Sekunde zur anderen. Die erblindeten Flächen zogen sich plötzlich im Mittelpunkt des Spiegels zusammen und verschwanden, als hätte jemand in der Badewanne den Stöpsel gezogen. Die Oberfläche des Spiegels war jetzt völlig klar und deutlich konnte nun Thea das Mädchen auf der anderen Seite sehen. Völlig verstört taumelte Thea zurück und presste sich an die gegenüberliegende Wand. Sie konnte nicht fassen, was da gerade geschah. Sekundenspäter fand sie sich auf dem Boden wieder. Zum Glück war gerade niemand in diesem Gang unterwegs, sonst wäre es sehr peinlich geworden. Das Mädchen schien in ihrem Alter zu sein. Sie konnte ihr Gesicht nicht sehen, wegen des Schleiers, doch aus irgendeinem Grund, kam sie ihr bekannt vor. Durch ihr glattes Haar hindurch sah Thea die Umrisse eines breiten Stirnreifs, ein Diadem aus Gold und Lapislazuli. Plötzlich trafen sich ihre dunkelbraunen Augen. Sie schienen etwas warmes auszustrahlen. Ja, sie schienen Thea zu beruhigen. Mit langsamen Bewegungen kroch sie auf den Spiegel zu und richtete sich vorsichtig auf. Ungläubig, beinahe an sich selbst zweifelnd, stand sie ganz dich vor dem Glas der Umhüllung und versuchte sich selbst im Spiegel zu finden. Doch da war nur dieses Mädchen, was ihre Haare kämmte und der Raum hinter ihr. Plötzlich schien sich etwas zu verändern, einige Männer, gekleidet in dunkle lange Kleider, die wie Roben wirkten, betraten den Raum. Thea durchfuhr wieder eine Art Gedankenblitz, der sie Dinge sehen ließ. Sie war wieder zurück auf ihrer Fahrt zu den Pyramiden. Sie sah den zweiten Reisebegleiter vor ihrem inneren Auge. Der Rauch seiner Zigarette vernebelte Thea die Sicht auf ihren nächsten Gedanken, der sie zum Eingang der Pyramide ihres Großvaters führte. Langsam verflog der Qualm und gab den Blick auf Männer in dunklen Roben wider. Sie erinnerte sich wieder, wie sie in das innere der Pyramide gingen und sie darin eingeschlossen wurden. Mit dem letzten Bild vor Augen, wie die steinerne Tür sich vor die Öffnung schob, kam sie wieder zu sich. Blinzelnd sah sie um sich. Sie blickte wieder auf das Mädchen, was sich nervös von ihr abgewandt hatte. Plötzlich verschwand das ganze Bild und sie sah nur noch sich selbst und ihr erschrockenes Gesicht. Nein! „Scheiße, komm zurück!“, rief Thea und versuchte den Spiegel zu berühren, doch das Glas war dazwischen. Plötzlich klickte etwas und die Tür schob sich, vor Theas erstaunten Augen, einige Zentimeter auf. Etwas unsicher betrachtete sie das ganze und streckte plötzlich die Hand nach dem Glas aus, um es weiter zu öffnen. Es war wie ein innerer Impuls, der ihr mitteilte, dass sie das richtige tat. Vorsichtig legte sie ihre rechte Hand auf die Oberfläche des Spiegels, doch ihre Hand griff ins Leere. Sie ging direkt hindurch und sobald ihr das klar wurde, zog sie erschrocken die Hand zurück. Da, wo zuvor ihre Hand im Spiegel verschwunden war, war nun eine ovale, wellige, wilde Oberfläche. Wie Wasser, auf das ein Regentropfen traf und nun kreisförmig Wellen schlug und wieder still wurde. „Wow! Ist ja Wahnsinn!“, murmelte Thea heimlich fasziniert. Neugierig ging sie wieder auf den Spiegel zu und streckte ihre Hand erneut aus. Vorsichtig tauchte sie mit den Fingerspitzen in den Spiegel ein und spielte mit den Fingern. Das Gefühl war unbeschreiblich. Als würden alle Zellen in ihr tanzen oder aus einem langen Schlaf erwachen. Wie aus heiteren Himmel verklang dieses Gefühl und wechselte in Angst. Angst vor dem, was nun geschah. Wie ein Blitz traf sie die Erkenntnis, dass etwas Seltsames mit ihr geschah. Die Oberfläche schien ihre Finger anzusaugen, bis ihre Hand ganz verschwunden war. Er hielt sie fest, sie konnte sie nicht bewegen. Voller Entsetzen versuchte sie ihren Arm ziehend zu befreien, doch er hing fest. Panik machte sich in ihr breit, worauf sie gar nicht bemerkte, wie der Spiegel zu glühen begann. Sein Licht ging auf Thea über und umhüllte ihren Geist. Ein grelles gleißendes Licht blendete das Mädchen und fing ihren Körper in sich ein. Sie spürte eine durchdringende Energie die ihre Haut zum Prickeln brachte. Ein warmes, angenehmes Gefühl der Geborgenheit durchdrang ihren Körper und Geist. Es war fast so, als würden alle negativen Gedanken und Gefühle aus ihr raus gesogen. Egal was folgte, irgendetwas sagte ihr, dass ihr nichts passieren würde. Doch war da noch etwas. Ein winziger Funke von Angst und Unbehagen. Sehr klein, wage und beinahe ganz unterdrückt, aber trotzdem da. Sie konnte nichts machen, sich nicht wirklich dagegen wehren, sie wollte es geschehen lassen. Ihr letzter Wiederstand war gebrochen. Sie wurde regelrecht vom Licht verschlungen und verschwand im Spiegel. Entschlüpft durch das Netz der Zeit, was so penetrant an ihr gezogen hatte. In eine ungewisse Welt ... ******************************************************************************* Bin ich nicht gemein ?? (=8 LG, Phoebe ******************************************************************************* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)