Golden Sun von abgemeldet (The golden Age) ================================================================================ Kapitel 20: Heimkehr -------------------- Heimkehr Vor etwa einer Woche waren die Schicksalskinder von Imil aus aufgebrochen. Als einzigen Hinweis auf die noch verbleibenden Schicksalskinder hatten sie den Brief von Gilbert und Livas Vision. Liva selbst wurde nun auch schon eine ganze Woche von Cranshaow festgehalten. Nun waren sie gerade auf dem Weg nach Lemuria, einem Ort, der umhüllt von einem dichten, undurchdringlichen Nebel war, denn dort sollte sich ein weiteres Schicksalskind befinden. Das Schiff folgte bis zu einem besonderen Abend klar dem Kurs nach Lemuria. An diesem Abend verkündete Garem auf einmal: „Ich habe eine Bitte, könnten wir einen Zwischenstopp in Izumo einlegen?“ Die Übriggebliebenen schauten ihren Mitstreiter fragend an, denn es war nicht Garems Art um etwas zu bitten, meistens behielt er seine Wünsche für sich und versuchte sich erst um die der anderen zu kümmern. Selbst Tamiko wusste nicht im Geringsten, was ihr Verlobter wollte. „Was für eine Bitte hast du denn, mein Freund?“, fragte Gabriel. „Eigentlich wollte ich dies erst nach unserer Reise tun, aber in einer so ungewissen Zeit will ich dem Vorbild von Adreanna und Gabriel folgen. Ich möchte nach Izumo zurückkehren und meine Verlobte heiraten!“ „Was?“, fragte Tamiko verwirrt, sie wusste zwar, dass der Tag kommen würde, an dem sie heiraten würden, aber sie hatte gedacht, dass noch ein oder zwei Jahre vergehen würden, bis es soweit wäre. Das Garem so plötzlich heiraten wollte, war ein richtiger Schock für sie. „Ich möchte dich nun heiraten, Tamiko. Es tut mir Leid, dass ich dich nicht vorher gefragt habe, aber ich hatte meine Gründe dafür.“ „Aber was ist mit den Vorbereitungen der Hochzeitsfeier, die brauchen etwas an Zeit! Außerdem habe ich noch kein Hochzeitskleid.“ Tamiko versuchte die Hochzeit zu verschieben und ihren Liebsten umzustimmen, aber der war ganz begeistert von seiner Idee und fügte seinen Worten hinzu: „Wir brauchen doch keine große Hochzeitsfeier zu machen, deshalb muss man auch nicht so viel vorbereiten. Dein Kleid kann doch Oka nähen, du wolltest sie doch schon immer als Brautjungfer haben und nun da sie zurück ist, kann sie diese Arbeit übernehmen. Ich denke sie würde sich darüber freuen.“ Garem guckte seine kleine Schwester angespannt an. Diese sah ihren Bruder an und danach Dragan, der sie anlächelte und nickte. „Geht klar, ich nähe das Hochzeitskleid, aber ich brauche Stoff.“ „Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen, mir ist es in Imil gelungen echte Kinu zu besorgen, woraus du das Kleid schneidern sollst.“ „Garem, echte Kinu ist ungeheuer teuer, soviel hättest du nicht ausgeben brauchen, immerhin trage ich das Hochzeitskleid nur an einem Tag.“, sagte Tamiko. „Geld spielt dabei keine Rolle, ich würde all mein Geld für dich ausgeben, nur um dich an diesem besonderen Tag glücklich zu machen. Mach dir ums Finanzielle keine Sorgen.“ „Garem, ich finde es völlig in Ordnung, wenn du jetzt heiraten willst, von mir werdet ihr keine Einwände bekommen.“, antwortete Gabriel auf Garems anfängliche Frage. „Hätte ich etwas dagegen, wäre ich ungerecht, immerhin habt ihr mir erlaubt Gabriel zu heiraten. Außerdem lernen wir dann eure Familien kennen, wenn sie in Sicherheit sind.“, erwiderte Adreanna, die bei dem Gedanken an ihre Familie traurig wurde. Gabriel sah, dass es ihr nicht gut ging und nahm seine Frau in den Arm. „Was ist mit dir, Avil? Ist es dir auch Recht? Ich meine…“ Bevor Garem zu Ende reden konnte, winkte sie ab und nickte nur. „Nett, dass ich nicht gefragt werde, aber wieso sollte ich etwas gegen die Hochzeit meines Schatzes haben?“, fragte Folore, die gerade hereingekommen war, ironisch. „Ich dachte du hättest am ehesten etwas dagegen, weil du mich so angehimmelt hast?“ „Ach das! Das war nur eine kleine Mädchenschwärmerei! Du dachtest doch wohl nicht, dass ich dich tatsächlich lieben würde? Du bist eher wie ein großer Bruder für mich.“ „Ich kann doch auch nichts sagen, auch wenn ich etwas dagegen haben würde. Ihr ertragt mich, obwohl ich kein Schicksalskind bin.“, sagte Ahri. Auch Athi gab seine Zustimmung, indem er einfach nickte. In letzter Zeit sagte er ziemlich wenig, wahrscheinlich war es eine Bestrafung seinerseits, weil er Liva nicht richtig vor Cranshaow beschützen hatte können. Außerdem war er die ganze Zeit über nervös, vielleicht dachte er, Hoabna würde aus dem Himmel herab gestiegen kommen und ihn als noch unwürdiger erachten, weil er auch diese Aufgabe verpatzte. Er war absolut unfähig. Dajavela war nicht anwesend, sie hatte gesagt, dass sie sich ausruhen müsse, weil es ihr nicht besonders gut ging. Doch eigentlich hatte sie Kummer. Ihr wollte einfach nicht in den Kopf gehen, dass Dragan sie nicht mehr liebte, sondern diese verfluchte Oka. Daja würde ihr dafür am liebsten die Augen auskratzen oder sie einfach über Bord werfen, jedenfalls suchte sie eine Möglichkeit um Oka loszuwerden und den Vater ihres Kindes wieder für sich allein zu beanspruchen. Nur Eoleo wollte nicht, dass sie einen Zwischenstopp in Izumo machten, da er meinte, dass sie doch daran denken sollten, dass sich zwei ihrer Mitstreiter in den Fängen von Cranshaow befanden und dies nicht die Zeit sei, in der man heiraten sollte. Jedoch wurde er überstimmt und so planten sie ihre Reise nach Izumo. Der weitere Abend verlief so wie alle anderen. Erst aßen die Schicksalskider, dann redeten sie miteinander und schließlich bat Dragan Garem darum ihn nach draußen zu begleiten. „Was willst du Dragan?“, fragte Garem seinen Freund. „Ich glaube du hast Recht. Als ich gestern mit Oka alleine war, habe ich noch mal über deine Worte nachgedacht und bin zur Vernunft gekommen. Ich werde bis nach der Hochzeit warten, bis ich mit Oka schlafe und ich will sie erst nach der Beendigung unserer Reise heiraten.“ „Kannst du auch ganz bestimmt so lange warten, auch wenn du noch zehn Jahre warten müsstest?“, fragte Garem freudig. „Ja, ich werde mich gedulden, ich will nicht, dass es so endet wie mit Daja.“ „Du bist ein guter Kerl, Dragan. Ich dachte ihr hättet schon… und dann erfahre ich solch gute Nachrichten. Mensch, ich bin erleichtert! Ich dachte schon, ich hätte es nicht geschafft meinen Pflichten als großer Bruder nachzukommen. Aber nun… ich bin wirklich erleichtert. Danke, Dragan.“ Dragan und Garem guckten beide zufrieden auf das Meer hinaus. Eine Zeit lang verharrten sie schweigend in der Situation, doch dann sprach Garem Dragan an: „Ich weiß, dass du warten willst, aber wie wäre es, wenn wir so eine Art Gemeinschaftshochzeit machen würden? Das würde auch unser Versprechen verstärken. Was hältst du davon, Dragan?“ „Keine schlechte Idee, Garem. Ich werde sofort Oka fragen.“ Dragan verließ das Deck und ließ Garem alleine auf der Backbordseite stehen. Einen Augenblick danach kam Gabriel mit einer schlafenden Adreanna in den Armen aus der Küche und verschwand dann aber wieder unter Deck. Garem fragte sich nur, warum Adreanna in letzter Zeit nur so müde war, nun schlief sie sogar schon morgens ein, obwohl sie erst kurz davor aufgestanden sein müsste. Die Stunden verstrichen und die Schicksalskinder kamen gut auf ihrem Weg nach Izumo voran. Erst als es Abend wurde und fast alle Reisenden auf dem Deck waren, sahen sie ein anderes Schiff. Dieses Schiff rief bei einigen, besonders bei Eoleo, schlechte Erinnerungen wach. Im Gegensatz zu ihrem eigenen Schiff war dieses viel größer. Außerdem konnte man gut erkennen, dass dieses Schiff nur durch reine Windkraft und nicht durch Psynergie angetrieben wurde. Aber am auffälligsten war immer noch die Piratenflagge auf dem mittleren Mast. Bei dem Schiff handelte es sich um die Obaba, dem Schiff von Eoleo. Dieser stand entsetzt auf. Was hatte Odja-Dja hier zu suchen, wo sie doch in der Westlichen See hatte bleiben sollen? Diese Frage sollte sich beantworten lassen, sobald das Schiff sie eingeholt hatte, denn obwohl ihres mit Hilfe ihrer Psynergie fuhr, war das Segelschiff schneller. „Was ist das für ein Schiff?“, fragte Athi. „Das ist die Obaba, Athi.“, antwortete Gabriel, der mit Adreanna in der Nähe von diesem stand. „Woher kennt ihr ein Piratenschiff?“, fragte Athi. „Diese Frage lässt sich ganz einfach beantworten! Die Obaba gehört mir!“, sagte Eoleo, der nun auf der anderen Seite bei Athi, Adreanna und Gabriel stand. „Wenn es dein Schiff ist, wieso bist du dann überhaupt hier, Pirat?“ „Weil ich nun mal hier sein muss, denn schließlich habe ich mehr Recht dazu als du. Du bist noch nicht einmal in der Lage ein Mädchen zu beschützen, du Schwächling!“ „Das stimmt nicht, er hat weitaus mehr Recht dazu hier zu sein als du. Immerhin beschützt er Liva immer noch, aber sie ist einfach so stur und du hast schon deine Prüfung abgelegt, also brauchen wir dich gar nicht mehr. Du kannst also mit deinem Piratenabschaum abhauen und dich nicht mehr blicken lassen. Wir brauchen dich nicht!“, schrie Garem Eoleo an. „Seht ihr das alle so?“, fragte Eoleo mit bleichem Gesicht. Fast alle nickten. „So ist das also, wenn ich hier nicht erwünscht bin, werde ich eben wieder mit der Obaba segeln. Ich werde versuchen nie wieder euren Weg zu kreuzen.“ Mit diesen Sätzen hatte die Obaba ihr eigenes Schiff eingeholt. Eoleo drehte sich zu diesem und rief: „Odja-Dja!“ Auf der Obaba, die sich schon zum Kampf vorbereitet hatte, stand Odja-Dja am Bug, als sie Eoleo rufen hörte. Schnell rannte sie in die Mitte und sah ihrem Bruder genau in die Augen. „Eoleo… Mein Bruder!“, rief sie zurück. Sie ließ anordnen eine Planke zwischen die beiden Schiffe zu legen und ging mit in paar Piraten hinüber. Drüben angekommen umarmte sie ihren Bruder. „Odja-Dja, was machst du hier in der Östlichen See?“, fragte Eoleo sie. „Ich habe ein Schiff seit Naribwe, das vor einem Monat losgefahren ist, verfolgt. Es war auf dem Weg nach Bilibin, haben jedenfalls die Passagiere gesagt, die wir nicht getötet haben und ich glaube ihnen.“ „Du hast Passagiere gefangen genommen? Warum glaubst du ihnen? Hätten sie dich nicht belügen können?“ „Es waren nur zwei Passagiere, die ich gefangen genommen habe. Der eine ist ein Mensch aus Naribwe, eigentlich recht unbedeutend, aber seine Verlobte trug um ihren Hals die Herrschaftsblume von Bilibin. Vielleicht ist sie die lang gesuchte Tochter von Lord und Lady McCoy. Und wir hoffen, dass wir eine Belohnung bekommen!“ „Meinst du nicht eher Lösegeld?“ „So kannst du es auch nennen, aber ‚Belohnung’ klingt besser.“ „Du scherzt, Odja-Dja. Ich als Kapitän der Obaba möchte, dass du die zwei auf dieses Schiff bringst und nie wieder versuchst Lösegeld zu erpressen! Ich finde es nicht richtig Menschen wie Vieh zu behandeln!“ „Mensch, Eoleo, kannst du dir nicht das Gold und die Juwelen vorstellen…“ Odja-Dja fing an zu träumen, sie hatte sich schon lange ein Leben in Reichtum vorgestellt. „Das ist typisch für Piraten, immer nur Geld und Edelsteine im Kopf, aber dabei nicht auf Gerechtigkeit und die Würde der Menschen achten!“, schrie Athi Odja-Dja an. Diese zog ihr Schwert und hielt es Athi an den Hals. Odja-Dja musterte ihn und sagte: „Auch wenn wir verschiedene Ansichten haben und du mich beleidigt hast, töte ich dich nicht, denn du gefällst mir!“, sie steckte ihr Schwert weg und drehte sich zu den Piraten um, die mitgekommen waren: „Habt ihr nicht gehört, was der Kapitän angeordnet hat? Los, bringt die Geiseln hier rüber!“ „Odja-Dja, ich fahre nun wieder mit euch mit. Ich werde endlich wieder Kapitän der Obaba sein.“, sagte Eoleo. „In Ordnung, dann komm!“ Odja-Dja gucke noch einmal Athi an, zwinkerte ihm zu und verließ das Schiff. Eoleo ging auf Avil zu, legte ihr etwas in die Hand und sagte: „Ich hoffe mein Traum geht in Erfüllung.“, damit ging auch er zur Obaba. Fünf Minuten später wurden die beiden Menschen von Naribwe hinübergebracht; die Planke wurde entfernt und die Schiffe nahmen wieder ihren ursprünglichen Kurs auf. Erst als Eoleo schon weit weg war, öffnete Avil ihre Hand, in dieser lag ein Anhänger mit Kette. Es war genau jener Anhänger, den einst Liva besessen hatte. Die Schicksalskinder versammelten sich um die beiden neuen Mitreisenden. Der junge Mann hatte braue Augen und dazu passende braune Haare. Seine Haut war zudem noch gebräunt, was wahrscheinlich daran liegen mochte, dass er aus Naribwe kam und es in Mittelgondowan bekanntlich sehr heiß und sonnig war. Die Frau an seiner Seite war etwa einen Kopf kleiner als der junge Mann und somit etwa 1,55 m groß. Auch sie hatte eine sonnengebräunte Haut. Aber sie hatte hellblonde Haare und meeresblaue Augen. Irritiert von den starrenden Augen, die auf ihr hafteten, harkte sie sich bei ihrem Geliebten ein und versuchte die Fremden genauso starrend anzugucken, wie auch sie und ihr Begleiter betrachtet wurden. Als ihr Freund merkte, dass sie Angst hatte und alldem nicht traute, lächelte er und fuhr ihr liebevoll durch ihre vollen Haare. „Raja, ich glaube wir brauchen uns nun keine Sorgen zu machen. Ich sehe weder eine Piratenflagge an einem ihrer Mäste, noch sehen diese Leute so finster aus, als hätten sie vor uns umzubringen, zu berauben oder ähnliches. Man muss auch manchmal Fremden blind vertrauen können, um zu überleben. Außerdem glaube ich auch nicht, dass es unser Schicksal ist, hier, zu Beginn unser gemeinsamen Reise, zu sterben. Immerhin müssen wir den einen Ort finden, an dem wir geboren worden sind.“, sagte der Fremdling mit einer besonders klaren und hellen Stimme. „Meinst du? Aber ich kann diese starrenden Blicke nicht ertragen. Es ist so, als hätte ich etwas Schlimmes getan und müsste nun in meiner eigenen Schuld ertrinken!“ „Wir haben aber nichts Schlimmes getan, Raja. Sag nie wieder so etwas! Es ist einfach nicht wahr!“, der Fremdling drehte sich zu Garem um: „Ich schätze dies ist Ihr Schiff. Ich hoffe wir machen Ihnen keine Umstände. Wenn ich mich vorstellen darf, ich war seit jeher Perez und dies ist meine Verlobte, Raja.“ „Verzeihung, aber dies ist nicht mein Schiff und bitte sag ‚du’ zu mir! Auf jeden Fall bin ich der Garem aus Izumo.“ „Izumo? Hast du gehört Ta… Perez? Er kommt aus deiner Geburtsstadt, vielleicht kennt er deine wahren Eltern!“, schrie Raja plötzlich los. „Wie meint sie das? Bist du nicht in Naribwe geboren?“, fragte Tamiko aufgeregt. „Nein, ich bin nicht in Naribwe geboren, genauso wenig wie meine Verlobte, mein Geburtsort liegt im Osten Weyards und ist Izumo!“ „Du heißt bestimmt Takeru?“, fragte Dragan mit einem ernsten Gesichtsausdruck. „Dragan, wovon sprichst du? Es ist einfach unwahrscheinlich, dass er Takeru ist.“, gab Tamiko eine Antwort auf Dragans Frage. „Wieso nicht? Es gibt genügend Beweise. Er hat sicherlich dasselbe Alter wie ich, er hat braune Haare wie ich. Perfekt für eine wirre Vertauschungsaktion, die von meinem Vater durchgeführt worden ist. Außerdem lebte ich in seiner Geburtsstadt und er in meiner. Das kann doch nicht alles Zufall sein, nein, Tamiko, das ist wahrscheinlich Schicksal, ein vorbestimmtes Treffen, das unausweichbar gewesen ist. Außerdem wäre es nicht gut, deine gesamte Familie bei deiner Hochzeit zu haben?“, fragte Dragan Tamiko aufdringlich. Doch diese konnte nicht antworten, da Perez sie nun unterbrach: „Dann bist du also der Sohn von diesem Fremden? Er und meine Mutter… ähm, Verzeihung, Bodil meinte ich, haben mir die Wahrheit gesagt. Daraufhin fragte ich meine Verlobte, ob sie mit mir auf eine Reise gehen wolle um unsere Geburtsorte zu finden. Seitdem ich deinen Vater traf, hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, als könnte ich diesen Mann, einem Fremden, blind vertrauen. Er ist ein so warmherziger Mensch.“ Nun sahen die Schicksalskinder Perez wirklich seltsam an, wie konnte er nur behaupten, dass Cranshaow warmherzig sei? „Perez, sie starren schon wieder. Ich mag das nicht!“, meinte Raja. „Aber Raja, ich sage doch du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Meine Verlobte hier, kommt aus Bilibin. Na gut, genau wissen tut sie das nicht, aber der Anhänger…“, Perez nahm den Anhänger, der an einer Kette um Rajas Hals hing und zeigte diesen den Schicksalskindern, „… gehört der Herrscherfamilie aus Bilibin und das ist der einzige Hinweis auf ihren Geburtsort. „Du hast aber immer noch nicht gesagt, ob du Takeru bist. Oder möchtest du erst unsere Namen wissen?“, fragte Dragan nochmals aufdringlich. Doch bevor Perez überhaupt die Möglichkeit hatte zu antworten, sprach Dragan schon längst weiter: „Ich bin Dragan, Sohn von Cranshaow und Bodil! Dies neben mir ist meine Verlobte Oka, die ich beabsichtige in Izumo zu ehelichen.“ „Wie gesagt, ich bin der Garem aus Izumo. Dies ist Tamiko, meine Verlobte, die ich auch in Izumo heiraten werde.“ „Ich bin Gabriel und komme aus Vale!“ „Ich heiße Adreanna, komme aus Imil und wurde in Contigo mit Gabriel verheiratet.“ „Mein Name ist Dajavela…“ „Na gut, ich habe es verstanden, ihr wollt also unbedingt wissen, ob ich Takeru bin oder nicht. Na schön, ich lasse euch aufatmen und sage euch aufrichtig die Wahrheit, denn ich bin Takeru, Sohn von Sasu und Kushinada aus Izumo. Ich bin seit siebzehn Jahren in der Obhut von Bodil, die mich wie ihren eigenen Sohn erzogen hat und…“, doch weiter sprechen konnte er nicht, denn eine vor Freude weinende Tamiko umarmte ihn. Unter Schluchzern sagte sie: „Ich bin ja so froh, dass ich dich kennen lernen darf, mein Bruder. So lange habe ich auf dich warten müssen. Ich bin deine richtige, leibliche Schwester Tamiko!“ „Ich glaube das ist nun zu viel, ich lege mich ins Bett, es ist schließlich schon spät. Komm mit, meine Verlobte!“, schrie Dragan Oka an. Diese war von dem plötzlichen Ausbruch ihres Liebsten so verwundert, dass sie einige Schritte nach hinten, von Dragan weg, machte. Doch Dragan packte ihr Handgelenk und zerrte sie hinter sich her. „Sie haben keine große Ähnlichkeit.“, murmelte Garem, der erst Dragan hinterher sah, aber dann wieder Takeru ansah. Nachdem Tamiko sich beruhigt hatte, wurden Takeru und Raja auf dem Schiff herumgeführt und sie bekamen ein eigenes Zimmer zugewiesen. So brach die Nacht herein und im Gegenzug für ihre eines verlorenes Reisemitglied, hatten sie nun zwei neue gewonnen. Gegen Ende der Fahrt nach Izumo stieß auch Liva wieder zu ihnen, sie wunderte sich zwar, dass Eoleo gegangen war, aber nach einigen Stunden an Bord des Schiffes verstand sie auch warum. Ihr schien es schon seit längerem so als wäre die Reisegruppe nur noch ein zusammen gewürfelter Haufen, der keinen festen Anführer besaß. Sie glaubte auch nicht, dass wirklich jemand in der Gruppe fähig dazu sei, da es so schien, als würden sich alle nur noch um die eigenen Bedürfnisse kümmern. Des Weiteren kam es ihr so vor, dass sie schon bald weniger Schicksalskinder waren als Außenstehende. War es wirklich gut, diese in ihre Geschichte zu verwickeln? Sie glaubte nicht, denn ihnen könnte viel durch Cranshaow widerfahren, denn er wusste ganz genau, wie man die Menschen am meisten verletzen konnte. Doch schlauer war Liva trotz ihres längeren Aufenthaltes bei Cranshaow nicht geworden, was hatte es mit seinem Traum auf sich? Wieso fügte er jedem Leid zu? Sie fand einfach keine Antwort auf diese Fragen. Außer Avil bemerkte niemand, das sich Liva verändert hatte. Man könnte denken, dass sie in den letzten Tagen mental schwächer geworden war, aber das Gegenteil war geschehen, sie war stärker geworden. „Ich sehe Land! Ich sehe unsere Heimat!“, schrie Tamiko, welche die letzten Tage immer am Bug gestanden hatte, um als Erste Izumo zu erspähen. Ganz dicht neben ihr standen Garem, sowie Takeru und Raja. Seitdem diese beiden auf ihr Schiff gekommen waren, hatte sich das Klima in der Gruppe verändert. Tamiko, die noch behauptet hatte, dass sich nie etwas zwischen ihr und Dragan verändern würde, war nun völlig eingenommen von ihrem richtigen Bruder und seiner Verlobten. Sie wollte einfach alles über ihn wissen, wie er bisher gelebt hatte, was er gerade tat und noch viele andere Sachen. Wenn Dragan mal mit Takeru sprach, dann über seine Mutter und seinen Bruder. Doch noch immer wusste Dragan nicht, dass er niemals die Gelegenheit bekommen sollte, seine leibliche Mutter kennen zu lernen. „Ja, Tamiko, ich kann sie auch schon sehen, besonders den großen Festturm, auf dem jedes Jahr zum Freiheitsfest mein Großvater getrommelt hat und du hast jedes Jahr, seit wir verlobt sind, getanzt, wie eine wunderschöne, erblühte Blume. An diese glücklichen Momente werde ich mich immer erinnern können.“, Garem schien total in der Vergangenheit zu sein, bei seinen Worten strahlten seine Augen. „Dies ist meine Heimat. Seit jenem Tag, als der Fremde auftauchte, habe ich mich danach gesehnt, sie endlich sehen zu können. Aber jetzt, wo ich sie vor mir liegen sehe, verspüre ich Angst. Angst davor, von meinen Eltern nicht akzeptiert zu werden oder gar noch Schlimmeres. Doch ich weiß, dass ich nun nicht mehr zurück kann und auch wenn mich alle, außer einer Person, hassen würden, wäre ich doch zufrieden und glücklich, dass ich nicht ganz alleine auf dieser Welt bin. Das gibt mir Hoffnung!“, sagte Takeru stolz. Raja schmiegte sich an ihren Verlobten an: „Ich weiß, dass du diesen Menschen, der dich liebt und verehrt, schon gefunden hast, also mach dir keine Sorgen. Ich bin immer für dich da, ganz egal was kommen mag.“ „Danke, Raja.“ „Takeru, nun da du hier bist, kannst du auch Anführer des Dorfes werden. Ich war nicht sonderlich davon begeistert, man musste auf irgendwelche alten Traditionen achten, die nichts mehr mit uns zu tun haben, man musste auf alle Leute achten und konnte sich erst zuletzt um sich selbst kümmern, man musste ein Vorbild für andere sein. Alles in allem war es eine anstrengende Arbeit, auch wenn man noch gar nicht der eigentlich Anführer war, sondern der zukünftige. Jetzt habe ich zum Glück nicht mehr diese Bürde am Hals und kann endlich frei sein.“, sagte Dragan, der in der Tür zur Küche stand. „Aber ich bin doch gar nicht geeignet für die Position, denn ich weiß nicht das Geringste über das Dorf und über dessen Riten und Traditionen.“, widersprach Takeru. „Du musst der Anführer sein, da es die Aufgabe von ‚Takeru’ ist. Du bist nun einmal Takeru und nicht ich. Wie schade!“, entgegnete Dragan ihm, der dann auch schon wieder verschwand. „Aber…“, fing Takeru an. Garem klopfte ihm auf die Schulter und sagte nur: „Keine Panik, man wird dich akzeptieren. Außerdem wollte Dragan diese Aufgabe nie übernehmen, er ist sicherlich ganz froh, dass du ihm jetzt seine Bürde abnehmen wirst.“ In Gedanken dachte sich Takeru nur, dass er noch nicht einmal sicher war, ob er überhaupt in Izumo bleiben wollte, immerhin wollte er doch auch Raja helfen, ihren Geburtsort wieder zu finden. Doch ganz plötzlich wurde er von Tamiko aus den Gedanken gerissen. „Garem, siehst du, dass da am Strand ein Boot liegt? Und daneben liegt auch noch jemand! Vielleicht braucht die Person Hilfe. Wir müssen uns beeilen!“, schrie Tamiko, während sie mit dem Zeigefinger auf den Strand deutete. Die Schicksalskinder versuchten so schnell wie möglich an die Küste von Izumo zu gelangen, damit sie herausfinden konnten, wer da am Strand lag und um dieser Person Hilfe anzubieten. Zuerst konnten die Schicksalskinder nur eine Siluette sehen, aber je näher sie kamen, umso deutlicher nahmen sie die Person wahr. Am Ufer angekommen stieg Tamiko sogleich aus und rannte zu der Gestalt hin, ihr folgten Garem, Takeru und Raja, die zuvor bei ihr gewesen waren. Die Person, die am Strand lag, entpuppte sich als Mädchen, welches einen zierlichen Körperbau und blaue Haare hatte. Tamiko drehte das etwa gleichaltrige Mädchen um festzustellen, dass ihr Gesicht sehr blass war und, dass ihr Haar zerzaust und ungepflegt war. „Hallo, kannst du mich hören?", schrie Tamiko der unbekannten ins Gesicht, Währenddessen waren auch die anderen Schicksalskinder zu den fünfen gestoßen. „Garem, haben wir eine Decke? Sie ist kalt! Wir sind die einzigen, die etwas dagegen unternehmen können!“, sagte Tamiko, die gerade die Hand der Fremden in ihre eigene genommen hatte. Ohne zu antworten lief Garem zum Schiff um eine Decke zu holen und kam kurze Zeit später, mit zwei Decken beladen, zurück. „Hier, Tamiko, wickle sie darin ein! Und dann bringen wir sie am besten nach Izumo, da können wir uns besser um sie kümmern!“ „Ja, das tun wir am besten.“, fügte Dragan hinzu und nahm das Mädchen auf seine Arme, um sie davon zu tragen. Nicht allzu weit entfernt trug sich eine andere Situation zu. Eine junge Frau im Alter von einundzwanzig Jahren suchte verzweifelt nach ihrer Tochter, die sich gerne vor ihrer Mutter versteckte. „Sakura, wo bist du?", rief die Frau, während sie ihre dreijährige Tochter suchte. Obwohl sie überall, hinter jedem Fels guckte, fand sie diese nicht. Erst als sie am Strand ankam, kam die kleine Sakura angerannt. Jedoch war sie nicht alleine, denn es befanden sich außer ihr noch einige Leute am Strand. Unter diesen Leuten waren ihr einige wenige besonders vertraut. „Garem, du bist wieder zu Hause und du hast Tamiko und Takeru wieder mitgebracht! Sasu und Kushinada werden sich freuen!“, schrie die junge Frau förmlich, dann beäugte sie die ganze Truppe und ihre Augen blieben an Oka haften. Ihr kam das Gesicht dieses Mädchens ausgesprochen bekannt vor. „Was ist, Okino, warum starrst du deine Schwester so argwöhnisch an?“, fragte Garem, an dessen einer Hand sich Sakura befand. „Meine Schwester? Oh, mein Gott! Das… ist unmöglich. Ich dachte du wärst tot. Aber nun stehst du vor mir.“ Okino, Garems älteste Schwester, breitete ihre Arme aus und umschlang Oka mit diesen. „Was für eine Freude, ich kann es nicht glauben. Oka! Wenn Mama und Papa davon erfahren, ich glaube, sie werden Luftsprünge machen.“ „Okino, du drückst mich zu fest. Ich bekomme kaum noch Luft.“ „Oh, Verzeihung, ich bin nur so überglücklich.“, sie wandte sich an Sakura: „Guck mal, Sakura, das ist deine Tante Oka, sie war verschwunden, doch jetzt ist sie wieder bei uns.“ „Nicht Tante… Tante ist zu Hause… Onkel auch wieder da!“, erwiderte Sakura auf die Worte ihrer Mutter. „Okino, wir haben jetzt keine Zeit für so etwas, wir haben am Strand dieses Mädchen gefunden und sie ist stark unterkühlt. Wer weiß, wie lange sie dort schon in diesem Zustand gelegen hat.“, sagte Garem ernst. Okino ging auf Dragan zu und fühlte die Stirn des Mädchens. Was Garem gesagt hatte, stimmte. „Wir müssen sie schnell ins Dorf bringen!“ Etwa fünf Minuten später lag das bewusstlose Mädchen auf dem Bett von Dragan. „Takeru, was ist geschehen?“, fragte Sasu, der sich zur Zeit ihrer Ankunft im Haus befunden hatte. „Ich weiß es nicht, aber wir brauchen mehr Decken und wärmere Kleidung, damit ihre Temperatur steigt und sie bei uns bleibt und nicht ins andere Reich hinüber gleitet.“, sagte Dragan, der gerade in seinem Zimmer nach Decken suchte. „Dragan, wie wäre es mit warmen Wickeln? Wenn du mir zeigst, wo sich die Küche befindet, könnte ich welche machen.“, bot Dajavela ihre Hilfe an, doch nicht Dragan, sondern Tamiko begleitete sie in die Küche und half ihr bei den warmen Wickeln. „Sag mal, Takeru, warum hat sie dich gerade ‚Dragan’ genannt?", fragte Sasu neugierig. „Für so etwas habe ich nun keine zeit, wenn du mit jemanden reden willst, dann rede mit deinem Sohn.“, bei diesen Worten zeigte Dragan auf den echten Takeru. „Mein Sohn? Aber du bist mein Sohn!“ „Nein, bin ich nicht. Und siehst du nicht, dass sie in Lebensgefahr schwebt? Möchtest du für ihren Tod verantwortlich sein? Ich glaube kaum, also geh mir aus dem Weg.“ Kurze Zeit später kamen Daja und Tamiko aus der Küche zurück und brachten die Wickel mit. Nach und nach wurde das Mädchen wärmer und auch die Spannung, die im Haus geherrscht hatte, legte sich wieder, so dass die Schicksalskinder auch anderen Tätigkeiten nachgehen konnten. Garem, Tamiko, Okino, Oka und Sakura gingen zu dem Haus, in dem Garem mit seinen Eltern und Geschwistern lebte. Ahri, Adreanna und Gabriel sagten, sie würden sich etwas im Dorf umschauen. Avil, Liva und Athi wollten sich im örtlichen Gasthaus ausruhen. Währenddessen wollte Sasu ein Gespräch mit Takeru und Raja führen. Zurück blieben so nur Dragan, Daja und Folore, die sich noch weiter um die Bewusstlose kümmerten. „Folore, Daja, wollt ihr etwas zu essen oder zu trinken?“, fragte Dragan nach einiger Zeit des Stillschweigens. „Nein, ich will nichts, ich möchte mich eher für einen Augenblick hinlegen, der Tag war einfach anstrengend.“, sagte Folore. „In Ordnung, du kannst in unserem Gästeraum schlafen. Dieser Raum befindet sich auf der anderen Seite des Hauses, wenn du aus meinem Zimmer herausgehst einfach geradeaus.“ „Danke, Dragan, ich würde aber auch gerne ins Gasthaus zu Avil, Liva und Athi gehen.“ „Meinetwegen, mach was du willst. Möchtest du etwas essen?“, fragte er Daja. „Ja, gerne. Und ich hätte auch gerne etwas zu trinken.“ Dragan stand auf und kam kurze Zeit später mit einem Krug Wasser und einem Früchteteller wieder. „Wie geht es dir, Daja?“, fragte Dragan, als er sich wieder ans Bett setzte. „Mir? Wieso fragst du, interessiert es dich oder willst du nur höflich sein?“ „Natürlich ist es mir wichtig, immerhin bist du die Mutter meines Kindes! Denkst du wirklich ich sei so kaltherzig?" „So kamst du auf jeden Fall rüber, du willst mein… unser Kind doch gar nicht akzeptieren. Du hasst es jetzt schon!“ „Nein, ich hasse es nicht, Daja, weder das Kind noch dich!“ „Aber akzeptieren kannst du es nicht, oder?" „Doch, ich akzeptiere es. Doch ich konnte es nicht zugeben, denn sonst hätte ich Oka verloren und mein Auftrag wäre sinnlos für mich geworden.“ „Auftrag? Was für ein Auftrag?“ „Ich kann nicht darüber reden, Daja. Es ist nur, ich kann diesen Auftrag nicht ausführen, aber mir bleibt keine Wahl. Es ist einfach hoffnungslos.“ „Hoffnungslos… Dragan, schau!“, stieß Daja auf einmal aus und deutete mit ihrem Finger auf das Mädchen, welches wach in Dragans Bett lag. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)