Enrico als Autor von Marron (Die Geschichte hinter Mariahs Freude) ================================================================================ Kapitel 21: Wiedersehen ----------------------- Missmutig starrte Johnny auf das Display seines Handys. Schon das dritte Mal versuchte Robert, ihn zu erreichen. Wahrscheinlich waren seine Eltern auch schon unterwegs, um ihren feigen Sohn wieder einzufangen, damit er sich gut benehme. Er seufzte und klickte das Gespräch weg. Kaum war das Mobiltelefon jedoch in der Tasche verschwunden, meldete sich der Klingelton erneut. Johnny musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass es Roberts Nummer war. Er hatte sich für jeden Anrufer, den er als wichtig empfand, einen eigenen Klingelton ausgesucht. Für Robert war das dessen Lieblingslied gewesen, weil es eben einfach passte. Wütend fuhr er sich durchs Haar und murmelte: "Lass mich doch endlich in Ruhe!" Aber das Schicksal war nicht ganz so gemein zu dem jungen Schotten. "Hier bist du", bemerkte eine Stimme hinter Johnny. Er wirbelte herum und sah Robert an. Der Deutsche wirkte leicht außer Atem, als wäre er eine weite Strecke gerannt (was auch stimmte, wenn er von der Kirche aus bis zu diesem Park gelaufen war), sein Haar war leicht zerzaust und er wischte sich gerade ein wenig Schweiß vom Gesicht. Selbst das Hemd war aus der Hose gerutscht und hing etwas traurig an dem Lilahaarigen herunter. "Hab ich dich doch noch erwischt." Schlagartig wurde Johnny klar, weshalb Robert so oft angerufen hatte: Er hatte nicht auf ein Gespräch gehofft, er hatte vielmehr den Klingelton als Richtungszeichen hergenommen! "Du wusstest, wo ich bin?", fragte er also nach. Sein bester Freund zuckte mit den Schultern. "Ich habe nur eine Vermutung angestellt. Aber ich kenne dich doch. Bei Stress bist du gerne von Natur umgeben." Daran erinnerte er sich noch? Hatte er das nicht ganz zu Anfang ihrer Freundschaft einmal nur gesagt und danach nie wieder angesprochen? "Das weißt du noch?", stotterte er leicht überfordert. Robert lächelte: "Ja, denkst du etwa, ich vergesse die Dinge, die dir wichtig sind?" Gerade, als Johnny zu einer erfreuten Antwort ansetzen wollte, erklang aus der Ferne eine Kirchenglocke und holte ihn wieder zurück in die Realität. Sein Blick verfinsterte sich und er drehte dem Lilahaarigen den Rücken zu. "Solltest du dich nicht eher um die Gedanken deiner Verlobten kümmern?" Er warf einen Blick auf die Uhr. "Die wird übrigens ziemlich sauer, wenn du nicht bald wieder zurück gehst." "Ihre Gedanken sind mir egal", erklärte Robert sachlich. Wie ein Blitz schnellte Johnny herum und schlug Robert die Faust ins Gesicht - vielleicht nicht ganz so kraftvoll, wie er geplant hatte -, aber durchaus mit dem gewünschten Effekt. Seine Wut verrauchte etwas, als er anklagend meinte: "Du willst also auch noch deine Verlobte vor dem Altar stehen lassen?! Und das, nachdem du mich schon als dein Betthäschen hergenommen und danach nie wieder davon geredet hast?!" "Johnathan", murmelte Robert, zutiefst erschrocken über die Verletztheit, die er sehr wohl im Blick seines Freundes sah, "Ich habe damals einen Fehler gemacht, das stimmt. Aber-" "Einen Fehler?!", fiel Johnny ihm ins Wort, "Ich war also ein Fehler?" Gestresst fuhr sich Robert durch sein Haar und schüttelte den Kopf. "Johnathan", begann er erneut mit Nachdruck, "So meinte ich das nicht." "Und wie dann?!" Unruhig nestelte der Deutsche an seinem Hemdkragen herum. Ihm war das Kleidungsstück auf einmal viel zu eng - obwohl er genau wusste, dass es nur an seiner eigenen Nervosität lag. Dabei berührten seine Hände den immer noch vermurksten Krawattenknoten und er hielt inne, während er darauf sah. Auch Johnnys Blick blieb an dem besagten Teil hängen und er musste ein unerwartet warmes Gefühl niederringen. "Du kannst das immer noch nicht?", meinte der Schotte nun schon wesentlich ruhiger. "Sonst hast das ja immer du gemacht", brummelte der Deutsche als Antwort nur und sah beschämt weg. Johnny rollte mit den Augen und beschloss, sich zumindest so lange zusammenzureißen, bis Robert mit seiner Erklärung fertig war. "Soll ich dir helfen?", fragte er und wartete die Antwort gar nicht erst ab. Er trat näher an Robert heran und löste zuerst einmal vorsichtig das Ungetüm an Knoten auf. Weiter kam er jedoch nicht, da Roberts Hände seine einfingen. "Ich meinte niemals, dass du ein Fehler seiest, Johnny", murmelte der Deutsche liebevoll, "Mein Fehler war, dich danach einfach gehen zu lassen." Unwillkürlich hielt der Schotte den Atem an und sah in Roberts blaue Augen. "Weil...?", fragte er. "Ich bin doch hier, oder nicht? Müsste das nicht deine Frage beantworten, wer mir wichtiger ist?" "Ja, du bist hier", erwiederte Johnny verdattert. Er verstand trotzdem nicht, wie das seine Frage beantwortete. Erst dann fiel sein Blick auf die Uhr. Hatte er sich eben verlesen oder war es wirklich schon so spät? "Die Zeremonie müsste schon längst angefangen haben!", entfuhr es dem perplexen Schotten. "Ja, aber da kann stehen, wer will, ich nicht. Ich will sie nicht heiraten und ich werde es auch nicht tun." Johnnys Blick schwankte zwischen der Uhr und seinem Freund hin und her. "Warum?" "Weil ich mich für dich entschieden habe." Dieser Satz klang so nüchtern und trotzdem so richtig, dass Johnny spürte, wie sich seine Wangen mit Wärme füllten. Sein Herz machte einen Satz, als die Hoffnung wie eine brodelnde Welle in ihm aufstieg. "Aber du hast nie gesagt-" "Ich weiß", nickte Robert und sein Blick wurde traurig, "Ich hätte mit dir reden müssen. Ich hätte ehrlicher sein müssen. Aber ich wusste nicht, wie, verstehst du? Ich konnte doch nicht vor Enrico und Oliver...Und ich habe dich immer nur wütend gemacht, wenn wir allein waren." Roberts Gedanken schnellten zu der Szene kurz vor seinem Unfall zurück und er korrigierte sich: "Also fast immer. Und als ich mit dir sprechen wollte, kam dieser dumme Unfall dazwischen." "Soll heißen?", fragte der Schotte seufzend. "Dass ich gelernt habe. Ich kann nur mich selbst kontrollieren, aber niemanden sonst. Auch die Situation, in der wir jetzt sind, wäre nicht möglich, wenn es anders wäre." Er seufzte und sah den Schotten direkt an. "Ich habe damals nicht mit dir geschlafen, weil ich Lust auf Sex hatte. Wirklich, du musst mir glauben. Ich habe mit dir geschlafen, weil ich dich liebe, Johnny." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)