Enrico als Autor von Marron (Die Geschichte hinter Mariahs Freude) ================================================================================ Kapitel 17: ------------ Die Nachricht, dass Johnny verschwunden war, ohne ihn noch einmal zu sprechen, hatte Robert zutiefst getroffen. In Sophias Schilderung hörte es sich so an, als sei der Schotte wütend, dass er nichts von Roberts Verlobung gewusst habe. Das stimmte auch - nur hatte Sophia es so geschildert, als habe sich Johnny nach der ersten Reaktion sehr gefreut und könne lediglich aufgrund familiärer Umstände nicht länger bleiben. Angeblich müsse er noch seine Eltern darüber in Kenntnis setzen, dass es dem Deutschen weitesgehend gut ging. Ganz, wie Sophia es erwartet hatte, glaubte Robert diese Begründung. Obwohl es ihn sehr verletzte, so eindeutig zu erfahren, dass Johnny keine Gefühle für ihn hegte, war er froh, seinem Freund nichts gestanden zu haben. Wenn er ihn damals nun abgewisen hätte? Dann hätten sie nicht einmal mehr ihre Freundschaft bewahren können. So aber hoffte Robert darauf, dass sie sich wenigstens als beste Freunde noch sehen würden. So dachte er jetzt, als er bei sich zu Hause saß und die letzten Wochen, in denen er keinen seiner Freunde gesehen hatte, noch einmal gedanklich durch ging. Seine Eltern waren hocherfreut gewesen, dass Sophia sich scheinbar mit Roberts Freunden gut verstand. Mit vollem Elan warfen sie sich in die Hochzeitsvorbereitungen, nun, da diese auch offiziell gemacht werden konnten. In weniger als zwei Wochen würde Robert also unter die Haube kommen. Vielleicht war es das Beste, wenn er sich jetzt darauf konzentrierte, wie er demnächst mit seiner Frau umgehen sollte. "Und schon wieder grübelst du vor dich hin, mein Lieber", neckte ihn Sophia, welche neben ihm saß. Robert wurde aus seinen Gedanken gerissen und er lächelte leicht. "Nun, du hast dir eben einen Denker ausgesucht", erwiderte er. Sophia lachte. "Ja, das habe ich wohl. Das ist ja auch unsere stärkste Gemeinsamkeit: Unser Denken. Lass uns beide daran arbeiten, diese Familie in ihren Traditionen und Werten zu erhalten, ja?" Sie klang so ehrlich, dass der Deutsche ihr nur zustimmen konnte: "Ja, ich denke, das ist wirklich das Beste." Sehnsüchtig starrte er auf das Schachbrett, das in einer Zimmerecke auf dem Tisch stand. Er hatte nichts mehr von Johnny gehört und fragte sich, wie es dem anderen wohl ging. Wahrscheinlich saß der Schotte zu Hause fest und ärgerte sich darüber, so viele Pflichten erledigen zu müssen - was auch immer das war. "Sieh zu mir!", bemerkte Sophia und tätschelte ihm die Wange. Sie hatte nicht viel für Schach übrig, es gab andere Spiele, die das Geschick und Strategie erforderten, welche ihr mehr zusagten. Somit hatte Robert keinen Spielpartner mehr und lies es bleiben, Jemand neues zu finden. Stattdessen bemühte er sich, Sophia zuzuhören, als sie zum bereits dritten Mal erzählte, wie die Frauen der Familie zu ihren Männern hielten und so in der Vergangenheit der Ruhm der Familie erhalten blieb. Er wusste nicht, dass seine Mutter durch einen Türspalt lugte und ihn beobachtete. Und er wusste nicht, dass seiner Mutter nicht so recht gefiel, was sie da sah. Johnny hatte nicht mitkommen wollen, aber seine Mutter hatte darauf bestanden. So trug er nun einen Anzug, der an allen möglichen Stellen kniff und kratzte und wünschte sich, er könne einfach von den Feierlichkeiten verschwinden, ohne eine der beiden Hauptpersonen sehen zu müssen. Missmutig sah er sich die reich verzierten Autos an, in welchen sie fahren würden. Seine Laune hatte einen einfachen Grund: Heute war der Tag der Hochzeit. Und Johnny hatte es bisher nicht geschafft, seine Gefühle für Robert zu vergessen. Egal, was er getan hatte, er hatte sich nicht aus dieser Wut und diesem Gefühl, gleich in Tränen auszubrechen, befreien können. Er wusste, wenn er Robert heute sehen würde, wie dieser diese Sophia heiratete, würde er wirklich weinen. Diese Blöße wollte er sich nicht geben - und er wollte Robert nicht das Gefühl geben, dass dieser ihn verletzt habe. An der Kirche angekommen sah er zu seiner Erleichterung, dass die Hauptakteure dieser Sache noch nicht da waren. So schickte er seine Eltern schon einmal vor und gab an, dass er noch etwas frische Luft haben wolle. Natürlich hatte er nicht vor, auch nur einen Fuß in dieses Gebäude zu setzen. Er würde die Zeremonie schlicht schwänzen. Zum letzten Mal sah Robert in den Spiegel und fingerte an seiner Krawatte herum, aber sie blieb lediglich ein unansehnlicher Knoten. Er seufzte leise auf und lies den Kopf hängen. Unwillkürlich wanderten seine Gedanken zu Johnny, welcher ihm sonst immer die Krawatten gebunden hatte. Der Schotte konnte viele Dinge, die man ihm gar nicht zugetraut hätte, so unglaublich gut, während Robert vieles, was selbstverständlich sein sollte, überhaupt nicht hinbekam. Nicht, dass jemand außer den beiden davon wusste, aber... Wenn er jetzt nur daran dachte, wie Johnny immer seine Hände auf die des Deutschen gelegt hatte, sie sanft zur Seite schob und in wenigen Sekunden einen ordentlichen Krawattenknoten band...die Wärme, die er bei jeder Berührung des Schotten verspürt hatte, konnte er immer noch fühlen. Zum hundersten Mal zupfte er an dem Ding um seinen Hals herum, aber es blieb bei einem dicken Knoten, der trostlos vor sich hin baumelte. Beinahe sah es so aus, als habe er sich damit erwürgen wollen. Er schüttelte den Kopf und versuchte, die Gedanken loszuwerden. Daran durfte er jetzt nicht denken! Diese Ehe war wichtig für die Zukunft seiner Familie, er durfte sich nicht blamieren! Plötzlich hörte er eine Stimme, die ihn durch die Türe rief: "Robert, wir müssen reden." 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